Aktenzeichen M 4 S 16.31403
Leitsatz
Den Antragsteller trifft im Asylverfahren eine Mitwirkungspflicht dahingehend, dass Namensänderungen mitgeteilt werden müssen. (redaktioneller Leitsatz)
Verwendet der Asylantragsteller im Laufe des Verfahrens auch wieder einen “alten” Namen, so hat er sich Zustellungen unter allen angegebenen Namen zurechnen zu lassen. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Die Antragsteller (Eltern Antragsteller … …) begehren einstweiligen Rechtsschutz gegen einen Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt), mit dem ihr Asylbegehren als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist.
1. Die im Oktober 2015 in das Bundesgebiet eingereisten Antragsteller geben an, die irakische Staatsangehörigkeit zu besitzen.
Am … 2015 stellten sie einen Asylantrag. Die Antragsteller … geben dabei (mehrfach durch ihre Unterschrift bestätigt) als Familiennamen … bzw. „ …“ an. Unter diesen Personalien wurden sie mit PZU vom … 2016 zur Anhörung vor dem Bundesamt am … 2016 geladen. Mit Schreiben vom … 2016 beantragten die Antragsteller … den Familiennamen auf „…“ bzw. „…“ zu ändern. Die Antragsgegnerin änderte daraufhin die Personaldaten und gab der Antragstellerin mit Schreiben vom … 2016, zugestellt am 12. April 2016 mit den neuen Personalien, Gelegenheit ihre Asylgründe innerhalb eines Monats vorzutragen. Der Anhörung blieben die Antragsteller fern; schriftlich haben sie sich auch nicht geäußert.
Mit Bescheid vom 13. Mai 2016, den Antragstellern zugestellt am 10. Juni 2016, lehnte das Bundesamt sowohl den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter (Ziffer 2. des Bescheids) als auch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1. des Bescheids) als offensichtlich unbegründet ab, ebenso wurde der Antrag auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus als unbegründet abgelehnt (Ziffer 3. des Bescheids). Das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG wurde verneint (Ziffer 4. des Bescheids), der Antragsteller wurde zur Ausreise aufgefordert, die Abschiebung wurde bei nicht fristgerechter Ausreise angedroht (Ziffer 5. des Bescheids). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet (Ziffer 6. des Bescheids).
Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sei als offensichtlich unbegründet, die Zuerkennung des subsidiären Schutzes als unbegründet abzulehnen. Die Antragsteller hätten ihre Mitwirkungspflichten gröblich verletzt (§ 30 Abs. 3 Ziff. 5 AsylG).
Auf die Begründung des Bescheids wird im Einzelnen verwiesen.
2. Am 15. Juni 2016 erhoben die Antragsteller gegen den Bescheid des Bundesamtes Klage (…).
Mit dieser wird unter Aufhebung des Bescheids die Verpflichtung der Beklagten, den Antragstellern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen bzw. bei ihnen das Vorliegen von Abschiebungsverboten festzustellen, verfolgt.
Über die Klage ist noch nicht entschieden.
Gleichzeitig wurde im vorliegenden Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Abschiebungsandrohung anzuordnen.
Zur Begründung wurde vorgebracht, die Antragsteller hätten die Ladung zur Anhörung und die Aufforderung sich schriftlich zu äußern nicht erhalten. Sie hätten ihre Mitwirkungspflichten nicht verletzt. Vorgelegt wurde unter anderem ein Telefax an das Bundesamt vom … 2016, nach dem die Antragsteller eine Adressänderung unter ihren „alten“ Personalien mitteilen und ein Telefax an das Bundesamt vom … 2016 mit den neuen Personalien.
Die Antragsgegnerin hat sich im Verfahren nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte des Bundesamtes Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig, er bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Der Eilantrag richtet sich ausdrücklich nicht gegen die Einreise- und Aufenthaltsverbotsentscheidung in der Ziffer 6 des Bescheids des Bundesamtes, sondern nur darauf, dass das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gegen die kraft Gesetzes ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung in Ziffer 5. des Bescheids anordnen soll.
Dieser Antrag ist zulässig, da nach § 75 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) i. d. F. d. Bek. 2. September 2008 (BGBl I S. 1798), zuletzt geändert durch Art. 1 Nr. 50 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I. S. 3474), Klagen gegen ablehnende Asylentscheidungen nur im Falle einer mit der Ablehnung verbundenen Ausreisefrist von 30 Tagen (§ 38 Abs. 1 AsylG) aufschiebende Wirkung haben. Dies ist nach § 36 Abs. 1 AsylG bei den als offensichtlich unbegründeten abgelehnten Asylanträgen der Antragsteller nicht der Fall, der Antrag richtet sich zulässig damit auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung (§ 36 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 AsylG).
Der Antrag wurde rechtzeitig innerhalb der Wochenfrist des § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG gestellt.
2. Der Antrag ist unbegründet.
a) Nach § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG i. V. m. § 30 Abs. 1 AsylG darf die Aussetzung der Abschiebung in den Fällen, in denen der Asylantrag und der Antrag auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden sind, nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Diese ernstlichen Zweifel liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Abschiebungsandrohung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (grundlegend zur Ablehnung des Asylantrags als „offensichtlich unbegründet“ und zum Umfang der gerichtlichen Prüfung: BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166/189 ff. = juris Rn. 86 ff.).
Anknüpfungspunkt zur Frage der Bestätigung oder Verwerfung des Sofortvollzugs durch das Gericht muss daher die Prüfung sein, ob das Bundesamt den Antrag zu Recht als offensichtlich abgelehnt hat und ob diese Ablehnung auch weiterhin Bestand haben kann.
Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch die Einschätzung des Bundesamtes, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, zum Gegenstand der Prüfung zu machen. Dies ist zwar der gesetzlichen Regelung des § 36 AsylG nicht ausdrücklich zu entnehmen, jedoch gebieten die verfassungsrechtlichen Gewährleistungen der Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) die diesbezügliche Berücksichtigung auch im Verfahren nach § 36 AsylG (vgl. zur Rechtslage nach dem dem Abschiebungsverbot gemäß § 60 AufentG entsprechenden § 51 Ausländergesetz 1990: BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166/221).
b) Nach der Maßgabe dieser Grundsätze bestehen vorliegend keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen, an die Ausreisefrist von einer Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG) anknüpfenden Abschiebungsandrohung. Das Gericht folgt zunächst den Ausführungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ergänzend wird ausgeführt:
aa) Die Antragsteller haben ihre Mitwirkungspflichten gröblich verletzt; ein Nichtvertreten ist nicht erkennbar (§ 30 Abs. 3 Nr. 5 AsylG). Es ist Aufgabe der Antragsteller, ihr Asylverfahren unter den richtigen Personalien zu betreiben. Die Antragsgegnerin hat die Antragsteller unter den ihr von den Antragstellern genannten Personalien zur Anhörung geladen und nach dem Antrag auf Änderung der Personalien, die Antragsteller unter den neu mitgeteilten Personalien zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert. Soweit die Bevollmächtigte vorträgt, beide Schreiben hätten die Antragsteller nicht erreicht, weil sie falsch adressiert gewesen seien, ist/wäre dies auf eine gröbliche Verletzung der Mitwirkungspflicht der Antragsteller zurückzuführen. Wenn die Antragsteller im Laufe des Verfahrens mehrfach ihren Namen ändern, müssen sie sich Zustellungen unter den jeweils angegebenen Namen zurechnen lassen. Es mutet schon sehr befremdlich an, wenn die Antragsteller am … 2016 eine Namensänderung beantragen und im Telefax vom … 2016 wieder ihren „alten“ Namen verwenden und dann das Schreiben vom … 2016 am … 2016 per Telefax zu übermitteln (jeweils persönlich unterschrieben).
bb) Die Ablehnung mit der Folge des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung erfasst auch die Verneinung des subsidiären Schutzes und des Vorliegens von (nationalen) Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Auch insoweit hat der Antragsteller bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung nichts vorgetragen.
cc) Damit ist insgesamt die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassenen Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden. Die gesetzte Ausreisefrist entspricht der Regelung in § 36 Abs. 1 AsylG.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).