Verwaltungsrecht

Mitwirkungsverpflichtung

Aktenzeichen  B 6 S 18.264

Datum:
21.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 53811
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 48 Abs. 3 S. 1, § 46 Abs. 1, § 49 Abs. 2
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
AsylG § 67 Abs. 1 S. 1 Nr. 6
VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4
VwZVG Art. 21a S. 2

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung bzw. die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der von ihm erhobenen Klage gegen die Anordnung der Beantragung eines Heimreisedokuments, der Vorlage einer Bestätigung über die Antragstellung, der Vorlage des Dokuments nach Ausstellung und die Zwangsgeldandrohung.
Der Antragsteller, iranischer Staatsangehöriger, reiste am 22.01.2016 ohne Visum und Reisepass oder andere Ausweispapiere ins Bundesgebiet ein. Er wurde am 23.02.2016 dem Landkreis … zugewiesen, stellte am 23.05.2016 einen Asylantrag und erhielt anschließend für die Durchführung des Asylverfahrens Aufenthaltsgestattungen.
Mit Bescheid vom 26.07.2016 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) seinen Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziff. 2), erkannte weder die Flüchtlingseigenschaft noch den subsidiären Schutzstatus zu (Ziff. 1 und 3) und stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen (Ziff. 4). Weiter forderte die Behörde ihn auf, die Bundesrepublik Deutschland 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen, widrigenfalls er in den Iran abgeschoben werde (Ziff. 5). Schließlich befristete sie das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziff. 6).
Die dagegen am 15.08.2016 erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Bayreuth mit Urteil vom 04.04.2017 ab (B 2 K 16.31100). Einen Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ab (Az. 14 ZB 17.30619). Die Rechtskraft trat am 14.07.2018 ein, so dass der Kläger seit 14.08.2017 vollziehbar ausreisepflichtig ist. Seit dem Erlöschen seiner Aufenthaltsgestattung wurde der Antragsteller geduldet und erhielt entsprechende Bescheinigungen.
Am 10.08.2017 wurde er auf seine Passpflicht hingewiesen und bei einer Vorsprache am 05.09.2017 über seine Mitwirkungspflicht bei der Passbeschaffung belehrt. Die Abgabe einer Freiwilligkeitserklärung verweigerte er, einen Antrag auf Ausstellung eines Passersatzpapiers füllte er nicht aus. Daraufhin forderte die Regierung von O. – Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) den Antragsteller mit Schreiben vom 05.09.2017 auf, bis 29.09.2017 beim zuständigen Iranischen Generalkonsulat die Ausstellung eines Reisepasses zu beantragen und stellte ihm dazu Kopien der von ihm vorgelegten Dokumente (ID-Card Iran, Militärausweis Iran und Personenstandsurkunde Iran) zur Verfügung. Dieser Aufforderung kam er nicht nach. Mit Bescheid vom 30.10.2017 lehnte die ZAB die Erteilung einer Ausbildungsduldung ab und berief sich zur Begründung darauf, der Antragsteller habe trotz Aufforderung keinerlei Bemühungen unternommen, um sich einen Pass oder Passersatz zu besorgen.
Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 23.02.2018 verpflichtete der Antragsgegner den Antragsteller, bis zum 23.03.2018 unter Vorlage der beigefügten Kopie der iranischen ID-Card bei der zuständigen Auslandsvertretung des Iran die Ausstellung eines zur Einreise in den Iran berechtigenden Dokuments (z.B. Reisepass) zu besorgen (Ziff. 1). Weiter verlangte sie, dass der Antragsteller bis spätestens 28.03.2018 eine Bestätigung der Antragstellung für den Reisepass bei der ZAB vorzulegen habe (Ziff. 2). Darüber hinaus ordnete die Behörde an, dass der Antragsteller einen Reisepass oder ein Passersatzpapier innerhalb von drei Werktagen bei der ZAB abzugeben habe (Ziff. 3). Für den Fall, dass er die aufgeführten Verpflichtungen nicht fristgemäß erfüllen sollte, drohte die Behörde ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 300 EUR an (Ziff. 4). Schließlich ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung der Ziffern 1, 2 und 3 des Bescheides an (Ziff. 5).
Die Passverfügung sei eine die Ausreise fördernde Maßnahme gegenüber dem vollziehbar ausreisepflichtigen Antragsteller, der seine Passpflicht bislang nicht erfüllt habe. Die mit der Anordnung verbundene Kontaktaufnahme mit der iranischen Auslandsvertretung sei zumutbar, weil der Antragsteller laut Bescheid des Bundesamtes weder von staatlichen Behörden verfolgt worden sei noch sich auf Abschiebungsverbote berufen könne. Damit gehe das öffentliche Interesse an der Beendigung seines strafbaren Aufenthalts ohne Pass seinem Interesse, keinen Pass zu beantragen, vor. Die Pflicht zur Vorlage einer Bescheinigung über die Beantragung eines Reisepasses ergebe sich aus seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht. Weiter sei der Antragsteller verpflichtet, einen ausgestellten Reisepass der Behörde auszuhändigen, weil die Einbehaltung des Dokuments für die Durchführung der Aufenthaltsbeendigung erforderlich sei.
Ein Zwangsgeld von 300 EUR für jede einzelne verlangte Handlung werde angedroht, weil kein milderes, ebenso effektives Zwangsmittel zur Verfügung stehe. Die Höhe des Zwangsgeldes bewege sich im unteren Bereich des gesetzlichen Rahmens.
Den Sofortvollzug ordnete die Behörde an, weil es unter Berücksichtigung der bereits seit über sechs Monaten bestehenden Ausreisepflicht und der damit verbundenen Pflicht, von sich aus einen Reisepass zu beantragen, nicht hinnehmbar sei, dass die rechtswidrige und strafbare Passlosigkeit, die eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung unmöglich mache, aufgrund der Erhebung der Klage gegen den Bescheid bis zu einer gerichtlichen Entscheidung im Klageverfahren fortdauere, die zeitlich noch nicht absehbar sei. Demgegenüber sei kein Interesse des Antragstellers, das über das generelle Interesse daran, dass seine Klage aufschiebende Wirkung entfalte, hinausgehe, vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich.
Mit Telefax vom 15.03.2018 haben die Prozessbevollmächtigen des Antragstellers Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben und beantragt, den Bescheid vom 23.02.2018 aufzuheben. Dieses Verfahren wird unter dem Az. B 6 K 18.265 geführt. Mit Schriftsatz vom 20.04.2018 haben sie außerdem beantragt, dem Antragsteller für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Herrn Rechtsanwalt …, …, beizuordnen. Die dafür erforderlichen Unterlagen wurden bislang nicht vorgelegt.
Mit gleichem Telefax vom 15.03.2018 haben sie gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung wird ausgeführt, die Verpflichtung zur Beantragung eines zur Einreise in den Iran berechtigenden Dokuments sei unzumutbar und damit rechtswidrig.
Die iranische Auslandsvertretung stelle einen Reisepass nur aus, wenn der Antragsteller zuvor im Verfahren eine Freiwilligkeitserklärung abgegeben habe. Dazu sei der Antragsteller nicht bereit. Er wolle nicht freiwillig in den Iran zurückkehren, weil er sich aufgrund seiner Konversion zum Christentum bei einer Rückkehr in erheblicher Gefahr sehe. Wenn er aufgefordert werde, dennoch die Erklärung abzugeben, fordere ihn der Antragsgegner damit zum Lügen auf und verstoße nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gegen sein allgemeines Persönlichkeitsrecht. Gebe er gezwungenermaßen die wahrheitswidrige Erklärung ab, erschleiche er sich ein iranisches Dokument, das deswegen ungültig sei. Darüber hinaus werden die iranische Auslandsvertretung ohnehin Verdacht schöpfen, dass er in Wahrheit nicht freiwillig zurückkehre, wenn er den Mitarbeitern den streitgegenständlichen Bescheid vorlege, der eine Zwangsgeldandrohung für den Fall vorsieht, dass er nicht fristgemäß den Reisepass beantragt.
Die Beantragung eines Passes sei ihm weiterhin nicht zuzumuten, weil er sich, wie vorgelegte Fotos bezeugten, im Rahmen einer angemeldeten Demonstration in Frankfurt/Main am 03.02.2018 regimekritisch gegen den iranischen Staat geäußert habe.
Schließlich sei ihm die Passbeantragung auch aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar. Vom 13.09.2017 bis 30.10.2017 und erneut vom 05.02.2018 bis 14.02.2018 habe sich der Antragsteller zur stationären Behandlung im Bezirkskrankenhaus …aufgehalten. Beim zweiten Krankenhausaufenthalt seien laut einem vorgelegten „Vorläufigen Arztbrief“ des Bezirkskrankenhauses vom 14.02.2018 eine rezidivierende depressive Störung (ICD -10 F 33.2) und eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10 F 43.1) diagnostiziert worden. Der Antragsteller habe bei der Aufnahme unter einer schweren Episode seiner depressiven Störung gelitten, weil er eine Vorladung zur Polizei … für den 06.02.2018 erhalten hatte, die ihn an die Verhaftung ihm bekannter Christen im Iran erinnert habe. Suizidgedanken habe er jedoch zu keinem Zeitpunkt geäußert.
Der ihn seit 01.12.2016 behandelnde Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Dr. S. aus T. habe im Anschluss daran in einem ärztlichen Attest vom 12.03.2018 ausgeführt, der Besuch der Vertretung seines Heimatlandes zur Beantragung von Ausweisdokumenten, der mit der Abgabe einer Freiwilligkeitserklärung einhergehen müsste, würde aktuell voraussichtlich zu einer erneuten akuten Verschlechterung des depressiven Zustandsbildes führen und sei deshalb aus medizinscher Sicht gegenwärtig nicht zu empfehlen.
Auch die Vorlage einer Bescheinigung über die Antragstellung dürfe nicht angeordnet werden. Die einschlägige Befugnisnorm erlaube nur anzuordnen, einen Pass zu beantragen und ihn nach Ausstellung der Ausländerbehörde auszuhändigen. Zudem hänge es nicht von ihm, sondern von der iranischen Ausländerbehörde ab, ob die Bescheinigung erteilt werde.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller dürfe nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte gezwungen werden, im Rahmen des Passantragsverfahrens gegen seinen Willen eine Freiwilligkeitserklärung abzugeben. Auch eine Bestätigung über die Antragstellung habe verlangt werden können. Die iranische Botschaft stelle entsprechende Bescheinigung in gängiger Praxis aus.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachund Streitstandes wird auf die Gerichts- und die beigezogene Behördenakte verwiesen.
II.
1. Der Antrag, der auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage lautet, ist gemäß § 122 Abs. 1 VwGO, § 88 VwGO nach dem erkennbaren Begehren des Antragstellers auszulegen als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die für sofort vollziehbar erklärte Verpflichtungen, bis 23.03.2018 ein Heimreisedokument vorzulegen, bis 28.03.2018 eine Bestätigung über die Antragstellung beizubringen und ein ausgestelltes Heimreisedokument binnen dreier Werktage dem Antragsgegner auszuhändigen, sowie und als Antrag auf Anordnung der aufschiebende Wirkung der Klage gegen das angedrohte Zwangsgeld. Der so verstandene Antrag hat insgesamt keinen Erfolg.
a) Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ziffern 1 – 3 ist zulässig, insbesondere statthaft.
Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist statthaft, wenn in der Hauptsache eine Anfechtungsklage statthaft ist. Eine Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO ist nur dann statthaft, wenn sich der angefochtene Verwaltungsakt noch nicht erledigt hat, weil es ansonsten an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
Die Anfechtungsklage gegen die Ziffern 1 bis 3 des Bescheides hat sich nicht erledigt, weil der Antragsteller die auferlegte Verpflichtungen nicht erfüllt hat und damit die mit dem Bescheid verbundene Beschwer, die den Rechtsgrund für das geforderte Verhalten bildet, nicht entfallen ist (vgl. dazu VG Ansbach, B. v. 28.05.2018 – AN 17 S 18.00716 – juris Rn. 21f.).
Die Ziffern 1 bis 3 haben sich insbesondere auch nicht durch Zeitablauf erledigt, weil die darin bestimmten Fristen ersichtlich nicht so zu verstehen sind, dass mit ihrem Ablauf die auferlegten Verpflichtungen nicht mehr zu erledigen wären. Vielmehr bringt die Zwangsgeldandrohung (Ziff. 4) zum Ausdruck, dass die Verpflichtungen auch nach Ablauf der gesetzten Fristen, die systematisch zur Zwangsgeldandrohung gehören, fortbestehen.
b) Der Antrag ist aber in vollem Umfang unbegründet.
aa) Der Antrag ist unbegründet, soweit er auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 15.03.2018 gegen Ziffern 1 bis 3 des Bescheides vom 23.02.2018 gerichtet ist.
aaa) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffer 1 bis 3 des Bescheides vom 23.02.2018 (Ziff. 5) ist formell rechtmäßig. Insbesondere wurde das besondere Interesse am Sofortvollzug ausreichend begründet.
Gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere (öffentliche; vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen.
Eine ordnungsgemäße Begründung setzt voraus, dass das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes bezogen auf die Umstände des konkreten Falls dargelegt wird. Sie kann durchaus knapp gehalten sein, sofern aus ihr nur hervorgeht, dass und warum die Verwaltung im konkreten Fall dem Interesse am Sofortvollzug Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Antragstellers einräumt. Eine inhaltliche Kontrolle, ob die von der Verwaltung angeführten Gründe zutreffend sind, erfolgt dagegen an dieser Stelle nicht (BayVGH, B. v. 03.05.2018 – 20 CS 17.11797 – juris Rn. 2).
Die Begründung des Antragsgegners genügt diesen Anforderungen. Die Behörde hat einzelfallbezogen ausgeführt, der Sofortvollzug werde angeordnet, damit der ausreisepflichtige Antragsteller sich nicht wie schon in den letzten über sechs Monaten bis zu einer zeitlich nicht absehbaren Entscheidung über seine Klage weiterhin im Bundesgebiet aufhalte, ohne seiner Verpflichtung nachzukommen, von sich aus ein Reisedokument zu beantragen.
bbb) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Verpflichtung zur Vorlage eines Reisedokuments (Ziff. 1) ist materiell rechtmäßig.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz. 2 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage wiederherstellen, wenn die Klage aufgrund der besonderen Anordnung der sofortige Vollziehung von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung hat. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht insbesondere eine summarische Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache vorzunehmen und bei offenen Erfolgsaussichten das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs mit dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides abzuwägen.
Nach summarischer Prüfung erweist sich Ziffer 1 des Bescheides als rechtmäßig, so dass die dagegen gerichtete Anfechtungsklage voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird.
Rechtsgrundlage der Verfügung ist § 46 Abs. 1 AufenthG i. V. m. § 48 Abs. 3 Satz 1
AufenthG. Gemäß § 46 Abs. 1 AufenthG kann die Ausländerbehörde gegenüber einem vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer Maßnahmen zur Förderung der Ausreise treffen. Nach § 48 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 AufenthG ist der Ausländer verpflichtet, an der Beschaffung eines Identitätspapiers mitzuwirken, wenn er keinen gültigen Pass oder Passersatz besitzt. Dazu hat er die von der Vertretung des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, geforderten und mit dem deutschen Recht in Einklang stehenden Erklärungen im Rahmen der Beschaffung von Heimreisedokumenten abzugeben (§ 49 Abs. 2 Alt. 2 AufenthG).
Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschriften sind erfüllt.
Der Antragsteller ist vollziehbar ausreisepflichtig. Das Bundesamt hat mit Bescheid vom 26.07.2016 seinen Asylantrag abgelehnt. Diese Entscheidung ist unanfechtbar, seit der Bayerische Verwaltungsgerichthof den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil abgewiesen hat, mit dem das Verwaltungsgericht Bayreuth die dagegen gerichtete Klage abgewiesen hat. Damit war seine Aufenthaltsgestattung erloschen und er wurde vollziehbar ausreisepflichtig (§ 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AsylG, § 50 Abs. 1 AufenthG, § 58 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AufenthG). Die getroffene Anordnung dient der Förderung seiner Ausreise. Die Beantragung eines zur Einreise in den Iran berechtigenden Dokuments kann von ihm verlangt werden, weil er keinen Pass oder Passersatz besitzt und deshalb verpflichtet ist, an der Beschaffung eines Identitätspapiers mitzuwirken, auch wenn die Beschaffung des Dokuments vor allem dazu dient, die Beendigung seines Aufenthalts zu ermöglichen und zu sichern (OVG Lüneburg, B. v. 27.09.2016 – 13 ME 155/16 – juris Rn. 9; Möller in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 48 AufenthG Rn.30).
Darüber hinaus hat der Antragsgegner auch dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung entsprechend gehandelt und insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet. Die Anordnung ist geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne.
Eine getroffene Maßnahme ist geeignet, wenn dadurch der angestrebte Erfolg zumindest gefördert werden kann (Sachs in: Sachs, Grundgesetz, 8. Aufl. 2018, Art. 20 GG Rn.150).
Angestrebter Erfolg ist hier die Aufenthaltsbeendigung des Antragstellers, zu der der Antragsgegner gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 AufenthG verpflichtet ist. Der Antragsteller, der den für einen Aufenthalt im Bundesgebiet als iranischer Staatsangehöriger gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erforderlichen Aufenthaltstitel nicht besitzt, ist gemäß § 50 Abs. 1 und 2 AufenthG verpflichtet, das Bundesgebiet zu verlassen. Der Antragsgegner ist verpflichtet, ihn abzuschieben, weil seine Ausreisefrist abgelaufen ist und die Ausreise des mittellosen Antragstellers, der zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird, der Überwachung bedarf (§ 58 Abs. 1 Satz 1 AufenthG, § 58 Abs. 3 Nr. 4 und 7 AufenthG).
Die Abschiebung kann nur durchgeführt werden, wenn er dem Antragsgegner einen Reisepass vorlegt. Denn nur mit Reisepass ist die Einreise in den Iran möglich (Lagebericht Iran, Stand Dezember 2017, S. 24).
Die Maßnahme ist erforderlich, weil kein milderes Mittel mit gleicher Wirksamkeit zur Verfügung steht (Sachs, a.a.O. Rn. 152).
Die ZAB hat den Antragsteller kurz nach der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung am 10.08.2018 (auch) auf Farsi über seine Pflicht bei der Beschaffung eines Passersatzpapieres mitzuwirken, belehrt. Zudem hat sie ihn am 05.09.2017 mit Fristsetzung bis 29.09.2017 vergeblich aufgefordert, einen Reisepass zu beantragen.
Die Anordnung ist schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die damit verbundenen Beeinträchtigungen stehen nicht außer Verhältnis zum verfolgten Zweck und sind deshalb bei einer Gesamtbewertung angemessen und dem Antragsteller zumutbar (Sachs, a.a.O. Rn. 154). Sie sind insbesondere nicht schon von vornherein unzumutbar, weil dem Antragsteller damit keine erkennbar aussichtslose Handlung abverlangt wird (BVerwG, B. v. 26.06.2014 – 1 B 5/14 – juris Rn. 7; st. Rspr.). Denn die iranischen Auslandsvertretungen stellen ohne weiteres Reisepässe aus, wenn die geforderten Voraussetzungen vorliegen.
Das öffentliche Interesse daran, den bestehenden Zustand, dass der Antragsteller sich entgegen § 3 Abs. 1 AufenthG ohne Pass oder Passersatz im Bundesgebiet aufhält, zu beenden und damit auch die gesetzlich gebotene Beendigung seines Aufenthalts voranzutreiben, sein privates Interesse daran, kein Heimreisedokument in Händen zu haben, um sich auf diese Weise weiter faktisch im Bundesgebiet aufhalten zu können.
Die dagegen vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.
Der Antragsteller macht zunächst geltend, die Verpflichtung, einen Reisepass zu beantragen, sei rechtswidrig, weil die Islamische Republik Iran für die Ausstellung eines Reisepasses verlange, dass er schriftlich erkläre, er wolle freiwillig in sein Heimatland zurückkehren. Die Abgabe dieser Freiwilligkeitserklärung sei ihm nicht zuzumuten, weil er nicht wirklich zurückkehren wolle.
Gemäß § 49 Abs. 2 Halbs. 2 AufenthG ist jeder Ausländer verpflichtet, die von der Vertretung des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, geforderten und mit dem deutschen Recht in Einklang stehenden Erklärungen im Rahmen der Beschaffung von Heimreisedokumenten abzugeben.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, auf die die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers Bezug genommen haben, wird mit der Verpflichtung, eine Freiwilligkeitserklärung ein Verhalten verlangt, das in den unantastbaren Kernbereich seines Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG eingreift. Eine Erklärung, er kehre aus freien Stücken in sein Heimatland zurück, könne von niemandem verlangt werden, der den entsprechenden Willen nicht besitze; ansonsten wäre er zum Lügen gezwungen. Ein gegenteiliger Wille könne von ihm auch nicht verlangt werden. Denn die Ausübung von Zwang, um dies zu erreichen entspräche einem dem Grundgesetz fremden totalitären Staatsverständnis (BSG, U.v.30.10.2013 – B 7 AY 7/12 R – BSGE 114, 302/309 = InfAuslR 2015, 26/29 jew. Rn. 26 – 28 im Zusammenhang mit einer Leistungsminderung nach § 1a AsylbLG gegenüber einer Maliererin).
Dieser Rechtsauffassung folgt das Gericht im Einklang mit der ober- und höchstrichterlichen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht (zur Auseinandersetzung mit dem BSG vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v.15.02.2017 – OVG 3 B 9.16 – juris Rn. 27- 30).
Die Abgabe der Freiwilligkeitserklärung, die die Islamische Republik Iran als Ausdruck ihrer Personalsouveränität von ihren Staatsangehörigen im Rahmen des Reisepasserteilungserteilungserfahrens verlangt, steht im Einklang mit der deutschen Rechtsordnung, insbesondere mit der Menschenwürdegarantie und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
Die Abgabe der Freiwilligkeitserklärung ist vereinbar mit der Menschenwürdegarantie gemäß Art. 1 Abs. 1 GG.
Die Behandlung des Menschen durch die öffentliche Hand, die das Gesetz vollzieht, indem sie z.B. die gesetzliche Pass- und die Ausreisepflicht eines Ausländers durchsetzt, ist nur dann ein Eingriff in die Menschenwürde, wenn dabei die Verachtung des Wertes, der dem Menschen kraft seines Personseins zukommt, zum Ausdruck kommt. Ist der Mensch dagegen bloßes Objekt des Rechts, weil er sich ohne Rücksicht auf seine Interessen fügen muss, liegt darin keine Verletzung der Menschenwürde (BVerfG, U. v. 15.12.1970 – 2 BvF 1/69 u.a. – BVerfGE 30, 1/25f. = NJW 1971, 275/279).
Dem vollziehbar ausreisepflichtigen Antragsteller wird zwar angesonnen, auch wenn es seinen Interessen nicht entspricht, einen Reisepass zu beantragen und in diesem Rahmen die von iranischer Seite verlangte Freiwilligkeitserklärung abzugeben. Dadurch wird er aber nicht in seiner Menschenwürde verletzt. Denn die Abgabe der Freiwilligkeitserklärung kann als höchstpersönliche Handlung nicht erzwungen werden oder gegen seinen Willen durchgesetzt oder strafrechtlich sanktioniert werden (BVerwG, U. v. 10.11.2009 – 1 C 19.08 – BVerwGE 135, 219/223f. = NVwZ 2010, 918/919 jew. Rn. 17 m. w. N.). Eine Weigerung hat deshalb (lediglich) aufenthaltsrechtliche Konsequenzen. Ihm ist zwar wegen der tatsächlichen Unmöglichkeit seiner Abschiebung weiterhin gemäß § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG eine Duldung zu erteilen. Es darf ihm aber weder die Ausübung einer Erwerbstätigkeit erlaubt (§ 60 a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 AufenthG) noch eine Ausbildungsduldung erteilt werden (§ 60 a Abs. 2 Satz 4 AufenthG). Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG steht dann entgegen, dass er nicht unverschuldet an der Ausreise gehindert ist (§ 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG).
Die Passbeschaffungspflicht, die es mit sich bringt, dass der Antragsteller gegen seinen inneren Willen eine Freiwilligkeitserklärung abgibt, verletzt auch nicht sein allgemeines Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art.1 Abs. 1 GG.
Zwar ist der Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit eröffnet. Das Grundrecht findet jedoch seine Schranken im Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung, d.h. der Gesamtheit der formell und materiell rechtmäßigen Rechtsordnung. Dazu gehört auch § 49 Abs. 2 AufenthG als Konkretisierung der Ausreisepflicht nach § 50 Abs. 1 AufenthG. Deshalb sind die widerstreitenden Belange der Handlungsfreiheit des Antragstellers und seine Handlungspflicht zur freiwilligen Ausreise im Wege der praktischen Konkordanz in Einklang zu bringen. Dabei ergibt sich, dass die Verpflichtung zur Abgabe einer Freiwilligkeitserklärung mit der Handlungsfreiheit vereinbar ist. Wenn dem Antragsteller zugemutet wird, freiwillig in seine Heimat zurückzukehren, wird ihm auch zugemutet, alles dazu Erforderliche zu tun. Mag dem Antragsteller als abgelehntem Asylbewerber auch nach seinem Empfinden die Freiwilligkeitserklärung subjektiv als erzwungene Lüge und damit als unzumutbar erscheinen, so ist sie doch objektiv mit den Maßstäben des deutschen Rechts vereinbar. Denn der fehlende innere Wille oder gar der ausdrückliche Widerwille sind ausländerrechtlich unbeachtlich (BVerwG, U. v. 10.11.2009 – 1 C 19.08 – BVerwGE 135, 219/223 = NVwZ 2010, 918/918f. jew. Rn.14f.), sonst könnte Deutschland seine Rechtsordnung nicht mehr durchsetzen. Jede andere Auffassung würde die Erfüllung von Rechtspflichten in das Belieben des Einzelnen stellen und den Antragsteller, der seine rechtmäßige Ausreisepflicht missachtet dadurch begünstigen, dass der deutsche Staat auf Maßnahmen zu ihrer Durchsetzung verzichten müsste (Dietz, EuGRZ 2011, 365/369).
Zudem beinhaltet die Freiwilligkeitserklärung keine Loyalitätsbekundung gegenüber dem iranischen Staat. Vom Antragsteller wird lediglich verlangt als Ausdruck seiner Ausreisebemühungen eine Erklärung abzugeben. Dagegen wird er nicht gezwungen, einen entsprechenden Willen im Sinne eines „Heimreisewunsches“ zu bilden (OVG Berlin-Bbg, U.v.15.02.2017 – OVG 3 B 9.16 – juris Rn. 30).
Weiter beruft sich der Antragsteller darauf, ihm sei die Antragstellung in der iranischen Auslandsvertretung im Hinblick darauf nicht zumutbar, dass er 03.02.2018 an einer regimekritischen Demonstration teilgenommen habe.
Zwar ist es einem Ausländer, dessen Asylantrag Erfolg hatte oder der Abschiebungsschutz genießt, nicht zumutbar, in der Heimatvertretung einen Reisepass zu beantragen und damit im Ergebnis den Schutz des Verfolgerstaates in Anspruch nehmen (BayVGH, B. v. 18.01.2011 – 19 B 10.2157 – juris Rn. 30-32). Anders ist aber die Passbeantragung durch den Antragsteller zu beurteilen, dessen Anträge auf Asyl und auf Abschiebungsschutz rechtskräftig abgelehnt wurden. Diese Entscheidung ist für die Ausländerbehörde bindend, auch wenn der Antragsteller weiterhin befürchtet, als Christ bei einer Rückkehr in den Iran verfolgt zu werden. Befürchtet er bei seiner Rückkehr Schwierigkeiten, weil er nach Ablehnung seines Antrages durch die Teilnahme an einer Demonstration einen Nachfluchtgrund geschaffen hat, kann er einen Asylfolgeantrag stellen. Von der Pflicht in der Auslandsvertretung vorzusprechen, entbindet die Teilnahme an der Demonstration dagegen nicht.
Hinzu kommt, dass im Regelfall nicht davon auszugehen ist, dass einem Ausländer in seiner Heimatvertretung gravierende Beeinträchtigungen drohen, die über eine bloße, als unangenehm befürchtete Konfrontation hinausgehen (Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Jan.2018, § 82 Rn.66 a). Tatsächliche Anhaltspunkte, dass demgegenüber eine konkrete Gefährdung des Antragstellers aufgrund der Vorsprache nach der Teilnahme an der Demonstration ausnahmsweise anzunehmen wäre, wurden nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.
Schließlich macht der Antragsteller geltend, es sei ihm aus gesundheitlichen Gründen unzumutbar, einen Reisepass im Iranischen Konsulat zu beantragen. Denn dann drohe eine akute Verschlechterung seiner wiederkehrenden depressiven Störung, weil er befürchte, wenn er den geforderten Antrag stelle und die Freiwilligkeitserklärung abgebe, werde er in den Iran abgeschoben.
Mit den vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen kann der Antragsteller jedoch nicht den Nachweis führen, dass gesundheitliche Gründe die Erfüllung seiner Mitwirkungspflicht ausschließen. Das Bezirkskrankenhaus …, wo er am 05.02.2018 schon stationär aufgenommen worden war, als er erst mündlich davon erfahren hatte, dass er einen Reisepass beantragen soll, hat eine Suizidabsicht am 14.02.2018 aufgrund der drohenden Passbeantragung ausdrücklich verneint. Sein behandelnder Arzt hat am 12.03.2018 lediglich attestiert, ein Besuch der Vertretung des Heimatlandes sei „aus medizinischer Sicht gegenwärtig nicht zu empfehlen“.
Auch wenn das Risiko besteht, dass sich seine depressive Störung in hinzunehmenden Maße verschlechtert, weil mit der Beantragung des Reisepasses die Abschiebung näher rückt, ist ihm damit die Mitwirkungshandlung auch aus medizinische Sicht zumutbar.
ccc) Auch die Anordnung, eine Bestätigung über die Antragstellung vorzulegen (Ziff. 2), ist nach summarischer Prüfung rechtmäßig.
Die Vorlage dieser Bescheinigung ist eine Maßnahme, die genauso wie die Verpflichtung, einen Reisepass zu beantragen und ihn auszuhändigen, eine Maßnahme zur Förderung der Ausreise gemäß § 46 Abs. 1 AufenthG, bei der der Antragsteller im Rahmen seiner Pflicht, ein Identitätspapier zu beschaffen, gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 AufenthG mitzuwirken hat. Sie bezweckt, dass die Ausländerbehörde, wenn der Antragsteller bei der Auslandsvertretung den Antrag gestellt hat, zeitnah darüber von der angegangenen Auslandsvertretung informiert wird. Dies ist insbesondere auch deshalb sachdienlich, weil die Vorlage des Dokuments aufgrund der Bearbeitungszeit einige Zeit auf sich warten lassen wird. Zudem dient die Vorlagepflicht dazu, dass die Behörde entscheiden kann, ob sie wegen der nicht fristgerechten Nichterfüllung der Verpflichtung zur Antragstellung ein Zwangsgeld festsetzt. Schließlich ist mit der Bitte, dass die Mitarbeiter des Konsulats eine entsprechende Bescheinigung ausstellen, auch keine größere Belastung für den Antragsteller verbunden.
Der vom Prozessbevollmächtigten des Antragstellers angeführten gegenteiligen Rechtsauffassung, die Bescheinigung trage zur Beschaffung und Aushändigung eines Passes nichts bei, so dass die Anordnung unverhältnismäßig sei (OVG Bautzen, B. v. 29.11.2011 – A 2 A 272/11 – juris Rn. 27-29 zu § 15 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 6 AsyVfG) folgt das Gericht deshalb nicht.
Die Erfahrungen im Umgang mit dem iranischen Generalkonsulat zeigen im Übrigen, dass die Bescheinigung bei Antragstellung ohne weiteres ausgestellt wird, so dass auch der weitere Einwand des Antragstellers, es stehe nicht in seiner Macht, ob die Bescheinigung ausgestellt werde, nicht durchschlägt.
ddd) Schließlich ist auch die Anordnung, einen iranischen Reisepass, wenn er erteilt wurde, der Behörde auszuhändigen, nach summarischer Prüfung rechtmäßig. Denn gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ist ein Ausländer verpflichtet, seinen Pass auf Verlangen der Ausländerbehörde der Ausländerbehörde auszuhändigen und vorübergehend zu überlassen, soweit dies zur Durchführung von Maßnahmen nach dem AufenthG, also auch der Aufenthaltsbeendigung, erforderlich ist.
bb) Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 4 des Bescheides vom 23.02.2018 ist zulässig, aber unbegründet.
aaa) Der Antrag ist statthaft, weil gemäß Art. 21a Satz 1 VwZVG Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden. Damit entfällt die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Zwangsgeldandrohung kraft Gesetzes gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO mit der Folge, dass gemäß Art. 21a Satz 2 VwZVG in Verbindung mit § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen kann.
bbb) Anders als im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 VwGO die sofortige Vollziehung des Verwaltungsaktes der Regelfall, d.h. grundsätzlich besteht ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug. Vorliegend überwiegt das Interesse des Antragstellers daran, ausnahmsweise bis zur Entscheidung in der Hauptsache vom Vollzug der Zwangsgeldandrohung verschont zu bleiben, nicht ausnahmsweise das Vollzugsinteresse, weil die Zwangsgeldandrohung nach summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage allem Anschein nach rechtmäßig ist und der Antragsteller dadurch nicht in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Gemäß Art. 19 Abs. 1 VwZVG können Verwaltungsakte vollstreckt werden, wenn die sofortige Vollziehung angeordnet ist (Nr. 3). Gemäß Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 Abs. 1 VwZVG kann die Vollstreckungsbehörde den Pflichtigen durch ein Zwangsgeld zur Erfüllung anhalten, wenn die Pflicht zu einer Handlung, einer Duldung oder einer Unterlassung nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit erfüllt wird. Gemäß Art. 36 Abs. 1 VwZVG müssen die Zwangsmittel schriftlich angedroht werden (Satz 1). Dabei ist für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen ist, innerhalb welcher dem Pflichtigen der Vollzug billigerweise zugemutet werden kann (Satz 2).
Gemessen daran ist die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 4 des Bescheides vom 04.06.2018 rechtmäßig. Die zu Recht für sofort vollziehbar erklärten Anordnungen in den Ziffern 1 bis 3 sind vollstreckbar, Außerdem entspricht die Zwangsgeldandrohung in Verbindung mit Ziffern 1 bis 3 des Bescheides vom 23.02.2018 insoweit dem Erfordernis des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG, als die Fristsetzungen rechtssystematisch der Zwangsgeldandrohung zuzuordnen sind.
2. Als unterliegender Teil trägt der Antragsteller gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Die Festsetzung des Streitwertes für die Passverfügung richtet sich nach § 63 Abs. 2 und 3, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG (hälftiger Regelstreitwert im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes; vgl. VGH BW, B. v. 10.07.2006 – 11 S 1228/06 – juris Rn.1f.).

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