Aktenzeichen M 23 E 18.1325
VwZVG Art. 9
BayVwVfG Art. 42a Abs. 3
VwGO § 123
Leitsatz
1 Nur ein vollständiger Genehmigungsantrag löst die Frist des § 15 Abs. 1 S. 2 PBefG aus. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2 Aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 S. 3 PBefG („mitzuteilenden Bescheids“) folgt, dass der Zwischenbescheid bekanntzugeben ist und insoweit eine rein behördeninterne Dokumentation nicht genügt. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, der Antragstellerin Genehmigungsurkunden zum Verkehr mit Taxen mit den Ordnungsnummern … … … … … … … … … … … … … … … mit einer Laufzeit bis zum Abschluss des Widerspruchverfahrens, längstens jedoch bis zum 15. Dezember 2018 auszuhändigen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
III. Der Streitwert wird auf 105.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist bei der Antragsgegnerin seit April 2000 mit einem „Betrieb eines Taxiunternehmens“ gewerberechtlich gemeldet. Die Genehmigung zum Verkehr mit Taxen wurde der Antragstellerin zuletzt mit Bescheid vom 18. Februar 2013 für den Zeitraum … März 2013 bis … Februar 2018 erteilt.
Das Konzessionsunternehmen umfasste 15 Genehmigungen zum Verkehr mit Taxen mit den Ordnungsnummern … … … … … … … … … … … … … … … Am … November 2017 beantragte die Antragstellerin die neuerliche Erteilung der Genehmigungen zum Verkehr mit Taxen. Hierbei legte sie eine Vielzahl an Unterlagen vor, u.a. übermittelte sie am … November 2017 eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der … BKK per Email an die Antragsgegnerin, die sie im Original am … Januar 2018 nachreichte. Im Rahmen der Antragstellung erklärte die Antragstellerin, dass sie weder vorbestraft sei noch ein Ermittlungsverfahren gegen sie laufe. Ein Strafbefehl sei ebenfalls nicht gegen sie verhängt worden (Bl. 94 d.A.).
Der von der Antragsgegnerin eingeholte Auszug aus dem „Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde nach § 30 Abs. 5 BZRG“ vom … Oktober 2017 ergab für die Antragstellerin hingegen folgende Eintragungen:
– Strafbefehl des Amtsgerichts … vom … März 2014, rechtskräftig seit … April 2014:
Geldstrafe 160 Tagessätze zu je 100,00 Euro;
Drei sachlich zusammentreffende Vergehen der Steuerhinterziehung in zwei Fällen, davon rechtlich zusammentreffend mit je zwei weiteren Vergehen der Steuerhinterziehung, sowie in einem weiteren Fall davon rechtlich zusammentreffend mit einem weiteren Vergehen der Steuerhinterziehung.
– Strafbefehl des Amtsgerichts … vom … Dezember 2016, rechtskräftig seit … Dezember 2016:
Geldstrafe 300 Tagessätze zu je 150,00 Euro;
Steuerhinterziehung in 4 tatmehrheitlichen Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit jeweils 2 weiteren Fällen der Steuerhinterziehung.
Mit Bescheid vom … Januar 2018 ordnete die Antragsgegnerin eine Betriebsprüfung an. Die Betriebsprüfung fand am selben Tag statt und ergab keine gravierenden Beanstandungen.
Die Antragsgegnerin hörte die Antragstellerin mit Schreiben vom 14. Februar 2017, ihr am 17. Februar 2017 zugestellt, zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags auf neuerliche Erteilung der Genehmigungen zum Verkehr mit Taxen an.
Hierauf sprach die Antragstellerin am 19. Februar 2018 bei der Antragsgegnerin vor und teilte u.a. mit, dass eine Ablehnung des Antrags für sie der finanzielle Ruin wäre. Die Antragstellerin nahm mit Schreiben vom 20. Februar 2018 weiter Stellung und führte insbesondere aus, die rückständigen Zahlungen an das Finanzamt seien fristgerecht und vollständig überwiesen worden, ebenso die festgesetzte Geldstrafe. Auf Basis der Anschuldigungen der Steuerhinterziehung im ersten Verfahren und um vorzubeugen, habe sie unverzüglich gehandelt und die Fahrzeuge mit dem „Keyssystems“ von Taximaster ab März 2014 ausgerüstet. Weiter teilte die Antragstellerin mit, dass sie mit einer Verkürzung der Laufzeit auf drei und weniger Jahre einverstanden sei, damit sie den Betrieb übertragen könne. Wenn dies nicht möglich wäre, könne man einen Betriebsleiter bestellen und sie würde zurücktreten. Hierzu bot sie an, zwei näher bezeichnete Personen als Geschäftsführer zu bestellen. Auf Wunsch des Bevollmächtigten der Antragstellerin fand am 23. Februar 2018 um 9:30 Uhr bei der Antragsgegnerin ein Gesprächstermin statt.
Mit Bescheid vom 23. Februar 2018 verlängerte die Antragsgegnerin die Frist für die Bearbeitung des Antrags vom 23. November 2017 auf neuerliche Erteilung der Genehmigung zum Taxiverkehr bis zum 31. März 2018. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass aufgrund der strafrechtlichen Verurteilungen der Antragstellerin eine umfangreiche rechtliche Beurteilung des Sachverhalts erforderlich sei. Dieser Bescheid, der sich in einem Kuvert mit der Aufschrift „Förmliche Zustellung“ befand und der im Adressfeld die Angabe „Einwurfeinschreiben“ enthält, wurde von einer Mitarbeiterin der Antragsgegnerin am 23. Februar 2018 um 12:50 Uhr in den Briefkasten des Bevollmächtigten der Antragstellerin eingelegt. Hierzu wurde ein „Zustellnachweis für Einschreiben nach Art. 4 Abs. 2 VwZVG“ von der Mitarbeiterin der Antragsgegnerin ausgefüllt (Bl. 164 d.A.).
Mit Bescheid vom 23. Februar 2018, dem Bevollmächtigten der Antragstellerin am 2. März 2018 zugestellt, lehnte die Antragsgegnerin den Antrag vom 23. November 2017 auf neuerliche Erteilung der Genehmigungen zum Verkehr mit Taxen ab. Die rechtskräftigen Strafbefehle wegen Steuerhinterziehung würden die persönliche Zuverlässigkeit der Antragstellerin tangieren und ließen an einer ordnungsgemäßen Ausübung des Gewerbes zweifeln. Die Verurteilung resultiere aus der Führung des Taxiunternehmens. Zudem sei dabei zu bewerten, dass die Antragstellerin in ihrem Antrag von 23. November 2017 ihre Verurteilungen verschwiegen habe. Komme eine Bewerberin bereits im Antragsverfahren ihrer Mitwirkungspflichten in für sie nachteiligen Fällen nicht nach, sei davon auszugehen, dass sie auch im Betrieb ihre Pflichten nicht erfüllen werde.
Hiergegen legte der Bevollmächtigte der Antragstellerin am 8. März 2018 Widerspruch ein, über den nach Aktenlage bislang nicht entschieden wurde.
Am 13. März 2018 beantragte die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO aufzugeben, die Genehmigungen zum Verkehr mit Taxen mit den Ordnungsnummern … … … … … … … … … … … … … … … … … zu Gunsten der Antragstellerin über den 28. Februar 2018 hinaus bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu verlängern bzw. neu zu erteilen und die entsprechenden Genehmigungsurkunden an die Antragstellerin herauszugeben.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Ablehnung sei ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig. Die Antragstellerin führe zumindest ab März 2014 (Einführung des so genannten Keyssystems zur genauen Erfassung der Umsätze) ihren Betrieb ordnungsgemäß unter Einhaltung sämtlicher relevanter Vorschriften. Eine von der Antragsgegnerin im Januar 2018 durchgeführte Betriebsführung sei ohne Beanstandung verlaufen. Die Antragstellerin sei zuverlässig. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bestünden keinerlei Bedenken gegen die ordnungsgemäße Betriebsführung. Der Bescheid sei weiter ermessensfehlerhaft. Zudem habe die Antragsgegnerin nicht innerhalb der Dreimonatsfrist des § 15 PBefG über den Antrag der Antragstellerin entschieden, so dass Genehmigungsfiktion eingetreten sei. Der Bevollmächtigte der Antragstellerin habe das Verlängerungsschreiben vom 23. Februar 2018 erst am 26. Februar 2018 erhalten. Die Postleerungszeiten der Kanzlei lägen während der Woche zwischen 9:00 Uhr und 10:00 Uhr. Für den Eintritt der Genehmigungsfiktion komme es nach § 15 PBefG auf den tatsächlichen Zugang (Mitteilung) an. Im Übrigen bestünde auch kein sachlicher Grund für die Fristverlängerung. Die Antragstellerin habe ihren laufenden Betrieb zum … Februar 2018 eingestellt. Die weiterlaufenden Kosten wie z.B. Fahrerlöhne, Miete für die Geschäftsräume und Finanzierungskosten für die Fahrzeuge seien immens. Es sei deshalb erforderlich, durch Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung die Antragstellerin in die Lage zu versetzen, ihren Betrieb bis zur Entscheidung in der Hauptsache fortführen zu können, um die Unkosten mit Einnahmen kompensieren zu können. Der Bevollmächtigte der Antragstellerin legte hierzu eine eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin vor, wonach sie 42 Taxifahrer beschäftige. Der Betriebssitz koste monatlich 3.300 Euro Miete und könne aufgrund einer Befristung erst zum Dezember 2019 gekündigt werden. Die Finanzierungskosten für die Fahrzeuge würden monatlich ca. 5.000 Euro betragen.
Mit Schriftsatz vom 13. April 2018 beantragte die Antragsgegnerin, den Antrag abzulehnen.
Die Antragsgegnerin führte insbesondere aus, dass aufgrund des erfolgten Verlängerungsbescheids vom … Februar 2018 die Genehmigungsfiktion nicht eingetreten sei. Dieser Bescheid sei durch eine Mitarbeiterin des Kreisverwaltungsreferats persönlich am … Februar 2018 in den Briefkasten des Bevollmächtigten eingeworfen worden, da der Bevollmächtigte nicht angetroffen worden sei (Art. 5 Abs. 2 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG).
Am 14. Mai 2018 fand ein Erörterungstermin vor dem Berichterstatter statt.
Den Parteien wurde Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme bis 4. Juni 2018 gegeben.
Die Antragsgegnerin führte mit Schreiben vom 25. Mai 2018 insbesondere aus, dass eine gütliche Einigung nicht in Betracht komme. Eine Genehmigungsfiktion sei nicht eingetreten, da erst am 19. Januar 2018 die Originalbescheinigung der … BKK bei der Antragsgegnerin eingegangen sei und somit die Fiktionsfrist erst am 20. Januar 2018 zu laufen begonnen habe.
Der Bevollmächtigte der Antragstellerin legte mit Schriftsatz vom 24. Mai 2018 eine eidesstattliche Versicherung seiner Mitarbeiterin vor, wonach diese am 26. Februar 2018 die Post aus dem Briefkasten geholt habe und eine Zustellung vom 23. Februar 2018, 12:50 Uhr vorgefunden habe. Sie habe den Umschlag geöffnet und gestempelt, allerdings vergessen, den Eingangsstempel vom 23. Februar 2018 auf den 26. Februar 2018 umzustellen, weswegen dann auf dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 23. Februar 2018 das gestempelte Datum handschriftlich auf den 26. Februar 2018 korrigiert worden sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat zum Teil Erfolg.
1. Der Antrag nach § 123 VwGO ist zulässig und begründet, soweit die Antragstellerin die vorläufige Herausgabe der im Tenor näher bezeichneten Genehmigungsurkunden begehrt.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dies setzt gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO voraus, dass die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch (ein subjektiv öffentliches Recht auf das begehrte Verwaltungshandeln) und einen Anordnungsgrund (die besondere Eilbedürftigkeit) glaubhaft macht. Ist der Antrag auf eine – wenn auch zeitlich begrenzte – Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, sind an die Glaubhaftmachung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch erhöhte Anforderungen zu stellen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt dann nur in Betracht, wenn ein Obsiegen der Antragstellerin in der Hauptsache bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und der Antragstellerin ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten.
Die Antragstellerin hat insofern sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund in ausreichendem Umfang glaubhaft gemacht; das Herausgabeverlangen ist im Antragsbegehren enthalten.
a) Die Antragstellerin dürfte in einem noch anzustrebenden Hauptsacheverfahren mit ihrem Begehren, von der Antragsgegnerin die näher bezeichneten Genehmigungsurkunden erneut zu erhalten, voraussichtlich erfolgreich sein. Ebenso dürfte der gegen die Versagung erhobene Widerspruch, über den nach Aktenlage noch nicht entscheiden wurde, voraussichtlich ebenfalls erfolgreich sein, da aufgrund der wohl eingetretenen Genehmigungsfiktion kein Raum mehr für die Versagung bestehen dürfte.
Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) wird eine Genehmigungsurkunde erteilt, sobald die Entscheidung über den Antrag unanfechtbar geworden ist. Im vorliegenden Fall dürfte – was in der Hauptsache abschließend zu klären sein wird – aller Voraussicht nach die Genehmigungsfiktion des § 15 Abs. 1 Satz 4 PBefG eingetreten sein, so dass der Antragstellerin mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Anspruch auf Aushändigung der Genehmigungsurkunden zusteht.
Nach § 15 Abs. 1 S. 2 PBefG ist über den Genehmigungsantrag innerhalb von drei Monaten nach Eingang bei der Genehmigungsbehörde zu entscheiden. Kann die Prüfung des Antrags in dieser Zeit nicht abgeschlossen werden, ist die Frist vor ihrem Ablauf in einem der Antragstellerin mitzuteilenden Zwischenbescheid um den Zeitraum zu verlängern, der notwendig ist, um die Prüfung abschließen zu können (Satz 3). Die Verlängerung der in Satz 2 bezeichneten Frist darf höchstens drei Monate betragen (Satz 4). Die Genehmigung gilt nach § 15 Abs. 1 S. 5 PBefG als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist versagt wird. Das dürfte hier der Fall gewesen sein. Denn der Antrag dürfte bereits am 23. November 2017 vollständig gewesen sein und dürfte somit die Frist des § 15 Abs. 1 S. 2 PBefG in Gang gesetzt haben. Im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes geht das Gericht weiter davon aus, dass diese Frist während ihres Laufs von der Antragsgegnerin nicht rechtzeitig verlängert worden sein dürfte.
Die Dreimonatsfrist zur Entscheidung über den Antrag der Antragstellerin dürfte hier bereits – so wie auch von der Antragsgegnerin im Verlängerungsbescheid vom 23. Februar 2018 und in der Antragserwiderung vom 13. April 2018 angenommen – am 23. November 2017 zu laufen begonnen haben. Nur ein vollständiger Antrag löst die Frist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG aus. § 12 PBefG bestimmt, welche Angaben der Antrag enthalten muss und welche Unterlagen ihm beizufügen sind (vgl. BayVGH, B.v. 7.12.2016 – 11 ZB 16.1703 – juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 8.5.2008 – 11 CS 07.2935 – juris Rn. 16; NdsOVG, U.v. 22.1.2014 – 7 LB 70/10 – juris Rn. 39; zuletzt VGH BW, U.v. 27.10.2016 – 12 S 2257/14 – juris Rn. 27 m. w. N.). Die Vollständigkeit der Unterlagen bei Antragstellung am 23. November 2017 wird – mit Ausnahme der Unbedenklichkeitsbescheinigung der … BKK vom … November 2017 – von der Antragsgegnerin nicht in Zweifel gezogen. Nach den vorliegenden Unterlagen hat die Antragstellerin diese Bescheinigung der … BKK der Antragsgegnerin am 23. November 2017 per E-Mail übermittelt und am 19. Januar 2018 das Original nachgereicht. Der Antragsgegnerin lagen somit sämtliche von der Antragstellerin beizubringenden Antragsunterlagen am 23. November 2017 vor. Dass die Unbedenklichkeitsbescheinigung der … BKK am 23. November 2017 nur per E-Mail und noch nicht im Original vorlag, dürfte wohl den Fristbeginn entsprechend der ratio legis des § 15 Abs. 1 Satz 4 PBefG im Sinne einer Verfahrensbeschleunigung nicht gehemmt haben. Die Übermittlung dieser Bescheinigung per Email wurde – entsprechend der Gepflogenheiten im modernen Geschäftsverkehr – von der Antragsgegnerin ursprünglich auch nicht beanstandet. Die Antragsgegnerin dürfte gleichwohl in der Lage gewesen sein, den Antrag und die Genehmigungsvoraussetzungen ab dem 23. November 2017 zu prüfen. Von einer Vollständigkeit der Antragsunterlagen am 23. November 2017 ging im Übrigen wohl auch die Antragsgegnerin aus, da andernfalls der Verlängerungsbescheid vom 23. Februar 2018 überflüssig gewesen wäre. Das im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens erstmalige Rekurrieren der Antragsgegnerin auf die verspätete Vorlage des Originals der Unbedenklichkeitsbescheinigung der … BKK ist ersichtlich von dem Bemühen getragen, einen späteren Fristbeginn zur Vermeidung des Eintritts der Genehmigungsfiktion zu rechtfertigen. Unerheblich im Rahmen des Fristbeginns dürfte dabei auch der Umstand sein, dass die Antragstellerin bei dem Verlängerungsantrag vom 23. November 2017 fälschlicherweise die Vorstrafen verschwiegen hat, denn der Antragsgegnerin waren diese Vorstrafen selbst bereits seit 16. Oktober 2017 bekannt, so dass die diesbezüglichen falschen Angaben der Antragstellerin nicht kausal für eine verzögerte Bearbeitung gewesen sein dürften.
Die am 23. November 2017 in Lauf gesetzte Entscheidungsfrist ist von der Antragsgegnerin wohl nicht rechtzeitig verlängert worden. Denn die Verlängerung ist nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 Satz 3 PBefG nur mittels eines Zwischenbescheids möglich, der vor Ablauf der Dreimonatsfrist der Antragstellerin mitzuteilen gewesen wäre. Aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 3 PBefG („mitzuteilenden Bescheids“) folgt, dass der Zwischenbescheid bekanntzugeben ist und insoweit eine rein behördeninterne Dokumentation nicht genügt. Vorliegend dürfte der Zwischenbescheid vom 23. Februar 2018 der Antragstellerin wohl nicht vor Ablauf der Dreimonatsfrist bekanntgegeben worden sein. Zwar ist eine Zustellung des Zwischenbescheids nicht durch Rechtsvorschrift vorgeschrieben. Die Antragsgegnerin dürfte hier aber nach Art. 1 Abs. 5 Alt. 2 VwZVG zumindest konkludent die Zustellung des Zwischenbescheids angeordnet haben, mit der Folge, dass sich die Bekanntgabe des Zwischenbescheids dann nach den Zustellungsvorschriften des VwZVG richtet. Für eine behördliche Anordnung der Zustellung des Zwischenbescheids spricht zum einen die Verwendung des Kuverts „Förmliche Zustellung“ (vgl. Anlage 4 der Antragsschrift) zum anderen aber auch das von der Antragsgegnerin ausgefüllte Formblatt „Zustellnachweis für Einschreiben“ (Bl. 164 d.A.). Die Antragsgegnerin hat wohl am 23. Februar 2018 – wenn auch fälschlich als Einwurfeinschreiben bezeichnet – versucht, als Behörde nach Art. 5 VwZVG zuzustellen. Zwar wäre hierbei nach Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VwZVG i.V.m. § 178 Nr. 2 ZPO, § 180 ZPO eine Ersatzzustellung durch Einlage in den Briefkasten der Kanzlei zulässig. Allerdings ist nach Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 VwZVG zum Nachweis der Zustellung der Grund für die Ersatzzustellung in den Akten zu vermerken. Dies dürfte hier nach Aktenlage nicht erfolgt sein. Dem sich in den vorgelegten Behördenakten befindliche „Zustellnachweis“ lässt sich kein Grund für die Ersatzzustellung entnehmen, so dass der Zwischenbescheid am 23. Februar 2018 aufgrund dieses Verstoßes gegen zwingende Zustellungsvorschriften wohl nicht wirksam zugestellt worden war. Eine Heilung durch einen „tatsächlichen Zugang“ nach Art. 9 VwZVG dürfte hier wohl erst am 26. Februar 2018 erfolgt sein. Denn der „tatsächliche Zugang“ i.S. des Art. 9 VwZVG liegt bei einem Verstoß gegen zwingende Zustellungsvorschriften wohl erst in dem Zeitpunkt vor, in dem der Empfänger das Dokument tatsächlich in die Hand bekommen hat (so BFH zur weitgehend inhaltsgleichen Vorschrift des § 189 ZPO, U.v. 28.7.2015 – VIII R 2/09 – juris; GrS BFH, B.v. 6.5.2014 – GrS 2/13 – juris), so dass hier der Verlängerungsbescheid – ausgehend von den Angaben in der eidesstaatlichen Versicherung der Mitarbeiterin des Bevollmächtigten der Antragstellerin – erst am 26. Februar 2018 tatsächlich im Sinne des Art. 9 VwZVG zugegangen sein dürfte.
Zu diesem Zeitpunkt war die Dreimonatsfrist des § 15 Abs. 1 S. PBefG bereits abgelaufen, so dass nach Art. 42a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG die beantragte Genehmigung mit Ablauf des 23. Februars 2018 als erteilt gelten dürfte.
b) Die Antragstellerin hat zur Überzeugung des Gerichts auch einen Anordnungsgrund ausreichend glaubhaft gemacht. Aus ihren Ausführungen in der eidesstattlichen Versicherung vom … März 2018 ergibt sich hinreichend detailliert und für das Gericht nachvollziehbar, dass die Antragstellerin weiterhin hohe monatliche Betriebskosten (ca. 8300 Euro monatlich für Betriebssitz und Finanzierungskosten der Fahrzeuge) hat, die ohne ausreichende Einnahmen zu ihrem finanziellen Ruin führen können, so dass eine Dringlichkeit für die begehrte Anordnung besteht.
c) Eine Interessensabwägung im Übrigen steht der einstweiligen Anordnung nicht entgegen. Eine generelle Unzuverlässigkeit der Antragstellerin trotz fehlender bzw. unzutreffender Angaben bei der Antragstellung liegt nicht offensichtlich auf der Hand. Die Straftaten beruhen auf längere Zeit zurückliegenden Sachverhalten. Die Antragstellerin hat in der Folge ihre Fahrzeuge technisch mit einem System ausstatten lassen, um Manipulationen der Fahrer zumindest deutlich zu reduzieren. Eine aktuell von der Antragsgegnerin im Januar 2018 vorgenommene Betriebsprüfung hat keine gravierenden Beanstandungen ergeben.
d) Da somit voraussichtlich die Genehmigungsfiktion eingetreten sein dürfte, hat die Antragstellerin nach § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG, Art. 42a Abs. 3 BayVwVfG einen Anspruch auf Herausgabe der Genehmigungsurkunden im tenorierten Umfang. Um die Hauptsache nicht vollumfänglich vorwegzunehmen, gleichwohl aber dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes Genüge zu tun, erfolgte die Tenorierung zeitlich beschränkt bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens, längstens für ein halbes Jahr bis zum 15. Dezember 2018.
2. Soweit der Antragstellerin die vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Verlängerung bzw. Neuerteilung der Genehmigungen zum Verkehr mit Taxen begehrt, ist der Antrag nach § 123 VwGO unzulässig. Aufgrund der nach Einschätzung des Gerichts ohnehin eingetretenen Genehmigungsfiktion besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für dieses weitergehende Begehren. Der Bevollmächtigte der Antragstellerin hat trotz Erörterung des Gerichts unverändert an der Antragstellung festgehalten. Der Antrag war daher insoweit abzulehnen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. dort Nr. 1.5 und Nr. 47.4).