Aktenzeichen M 15 S 16.30379
VwGO VwGO § 80 Abs. 5
Leitsatz
Der Antragsteller hat das Verfahren so zu betreiben, dass er für die Behörde postalisch erreichbar ist. Kann eine Sendung dem Asylbewerber nicht zugestellt werden, so gilt die Zustellung gem. § 10 Abs. 2 S. 4 AsylG mit der Aufgabe zur Post als bewirkt, selbst wenn die Sendung als unzustellbar zurückkommt. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der am … geborene Antragsteller ist nach eigener Angabe senegalesischer Staatsangehöriger. Er reiste im Oktober 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 23. Oktober 2013 einen Asylantrag. Hierbei wurde er formularmäßig auch in der Sprache Wolof gegen Empfangsbestätigung über die Zustellungsvorschriften des § 10 Asyl(Vf)G und deren Folgen belehrt und darauf hingewiesen, dass er dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) jeden Wohnortwechsel unverzüglich mitteilen müsse, auch wenn die neue Unterkunft von einer staatlichen Stelle zugewiesen worden sei.
Mit Bescheid vom 25. Oktober 2013 hat die Regierung von Oberbayern dem Antragsteller als Wohnsitz eine Wohnung in der … Straße … in … zugewiesen. Ausweislich einer Bestätigung der Meldebehörde vom 25. Februar 2015 ist der Antragsteller am 23. Februar 2015 in die …-Straße … in …, laut einer Meldebescheinigung vom 29. Februar 2016 am 10. Juni 2015 in die …-Straße … in … umgezogen.
Mit an die Anschrift …-Straße … in … adressiertem Schreiben vom 24. November 2015 hat das Bundesamt den Antragsteller zu einer persönlichen Anhörung am 7. Dezember geladen. Am 30. November 2015 kam das Schreiben als unzustellbar zurück. Den Anhörungstermin hat der Antragsteller nicht wahrgenommen.
Daraufhin hat das Bundesamt dem Antragsteller mit an die selbe Anschrift adressiertem Schreiben vom 8. Dezember 2015 mitgeteilt, dass er den Termin am 7. Dezember 2015 unentschuldigt nicht wahrgenommen habe und ihm Gelegenheit gegeben werde, innerhalb eines Monats nach Zugang dieses Schreibens zu den Asylgründen Stellung zu nehmen. Außerdem wurde der Antragsteller aufgefordert, Tatsachen vorzutragen, die bei einer Entscheidung zur Anordnung und/oder Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots als schutzwürdige Belange zu berücksichtigen wären. Dieses Schreiben kam am 14. Dezember 2015 ebenfalls ohne Zustellvermerk an das Bundesamt zurück.
Mit wiederum an die oben genannte Anschrift in … adressiertem Bescheid vom 22. Januar 2016 hat das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und den Asylantrag (Nr. 2) als offensichtlich unbegründet abgelehnt, den Antrag auf subsidiären Schutz abgelehnt (Nr. 3), festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4) und den Antragsteller aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche ab Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen (Nr. 5). Ferner hat das Bundesamt gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG das Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet und dieses auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet (Nr. 6). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 7).
In den Gründen wird ausgeführt, es habe nach Aktenlage entschieden werden können, da der Antragsteller dem Termin zu seiner Anhörung unentschuldigt fern geblieben sei und sich auch innerhalb der ihm gesetzten Frist zur Stellungnahme nicht geäußert habe. Gemäß § 30 Abs. 3 Nr. 5 AsylG sei ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn der Antragsteller seine Mitwirkungspflichten gemäß §§ 25 Abs. 1, 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 AsylG gröblich verletzt habe, es sei denn, er habe die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten. Hinweise auf relevante Entschuldigungsgründe lägen hier nicht vor.
Ausweislich der Postzustellungsurkunde, die am 3. Februar 2016 an das Bundesamt zurückkam, konnte der Bescheid nicht zugestellt werden, weil der Antragsteller unter der angegebenen Adresse nicht zu ermitteln war.
Am …. Februar 2016 hat der Antragsteller durch seine Bevollmächtigten Klage erheben (Az. M 15 K 16.30378) und gleichzeitig beantragen lassen,
gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der
Klage anzuordnen.
Gleichzeitig hat die Bevollmächtigte des Antragstellers hilfsweise die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Der Antragsteller habe sich ausschließlich in Unterkünften der behördlichen Zuweisung aufgehalten. Am 26. Februar 2016 habe der Antragsteller das als Anlage beigefügte Schreiben des Landratsamtes vom 22. Februar 2016 erhalten, mit welchem ihm mitgeteilt worden sei, dass seine Gestattung erloschen sei. Erst anlässlich seiner hierauf erfolgten Vorsprache bei der Ausländerbehörde sei dem Antragsteller der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamts ausgehändigt worden, was dieser unter dem 29. Februar 2016 eidesstattlich versichert hat. Eine weitere Begründung von Klage und Eilantrag wurde angekündigt, ist jedoch bislang nicht erfolgt.
Die Antragsgegnerin hat die Akten vorgelegt, aber keinen Antrag gestellt und sich auch nicht zur Sache geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten dieses Verfahrens sowie des Klageverfahrens (Az. M 15 K 16.30378) verwiesen.
II.
Der Antrag ist bereits unzulässig. Der hier gestellte Antrag nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist zwar statthaft, da der in der Hauptsache erhobenen Klage nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 75 Abs. 1 AsylG keine aufschiebende Wirkung zukommt.
Indes hat der Antragsteller den Eilantrag nicht innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes und damit nicht fristgerecht im Sinne von § 36 Absatz 3 Satz 1 AsylG gestellt.
Der streitgegenständliche Bescheid ist dem Antragsteller spätestens am 3. Februar 2016 zugestellt worden. Der Bescheid der Beklagten war gemäß § 31 Absatz 1 Satz 2 AsylG dem seinerzeit nicht anwaltlich vertretenen Antragsteller persönlich zuzustellen, wobei die Antragsgegnerin von der in § 3 Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) vorgesehenen Zustellmöglichkeit mit Zustellungsurkunde Gebrauch gemacht hat. Dabei muss der Antragsteller gemäß § 10 Absatz 2 Satz 1 AsylG Zustellungen unter der letzten Anschrift, die der Antragsgegnerin aufgrund des Asylantrags oder seiner Mitteilung bekannt ist, gegen sich gelten lassen, wenn er für das Verfahren – wie hier zunächst – weder einen Bevollmächtigten bestellt noch einen Empfangsberechtigten benannt hat oder diesen nicht zugestellt werden kann. Das Gleiche gilt gemäß § 10 Absatz 2 Satz 2 AsylG, wenn die letzte bekannte Anschrift durch eine öffentliche Stelle mitgeteilt worden ist.
Vorliegend war der Antragsgegnerin zuletzt die Anschrift …-Straße … in … bekannt geworden, unter der der Antragsteller ausweislich der vorliegenden Meldedaten vom 23. Februar bis 10. Juni. 2015 gewohnt hat. An diese Anschrift ist der streitgegenständliche Bescheid auch adressiert worden.
Kann eine Sendung dem Asylbewerber nicht zugestellt werden, so gilt die Zustellung gemäß § 10 Absatz 2 Satz 4 AsylG mit der Aufgabe zur Post als bewirkt, selbst wenn die Sendung als unzustellbar zurückkommt. Aufgrund dieser Bestimmungen gilt der Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. Januar 2016 als spätestens am 3. Februar 2016 an den Antragsteller zugestellt, da auf der an diesem Tag an die Antragsgegnerin zurückgelangten Postzustellungsurkunde vermerkt ist, dass der Antragsteller unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln war. Dabei wird die Unzustellbarkeit durch die bei den Verwaltungsakten befindliche Kopie der Postzustellungsurkunde gemäß §§ 173 VwGO, 418 Absatz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) bewiesen. Die Postzustellungsurkunde ist – auch nach der Privatisierung der Deutschen Bundespost – eine öffentliche Urkunde mit der sich aus § 418 Absatz 1 ZPO ergebenden vollen Beweiskraft. Diese Beweiskraft erstreckt sich dabei vorliegend darauf, dass der Antragsteller unter der genannten Anschrift nicht zu ermitteln war, was sich im Übrigen auch aus seinem eigenen Vortrag und der Meldelage ergibt.
Schließlich ist der Antragsteller auch im Sinne von § 10 Absatz 7 AsylG schriftlich und gegen Empfangsbestätigung auf diese Zustellungsvorschriften hingewiesen worden.
Die einwöchige Antragsfrist hat demnach gemäß §§ 57 Absatz 2 VwGO, 222 Absatz 1 ZPO und 187 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) spätestens am 4. Februar 2016 zu laufen begonnen und endete gemäß §§ 57 Absatz 2 VwGO, 222 Absatz 1 ZPO, 188 Absatz 2 BGB mit Ablauf des 10. Februar 2016.
Der von der Prozessbevollmächtigten hilfsweise gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in die einwöchige Antragsfrist nach § 60 Absatz 2 VwGO ist abzulehnen.
Gemäß § 60 Abs. 1 VwGO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Vorliegend trifft den Antragsteller an der Versäumung der Antragsfrist ein Verschulden. Der streitgegenständliche Bescheid konnte ihm deshalb nicht zugestellt werden, weil er dem Bundesamt seine Adressänderungen nicht mitgeteilt hat, obwohl er über die für ihn daraus folgenden Nachteile belehrt worden ist. Darüber hinaus sind keine weiteren Gründe ersichtlich, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen könnten.
Schließlich wurden bislang auch in der Sache keine Gründe vorgetragen, die eine Aussetzung der Abschiebung nach dem strengen Maßstab des § 36 Abs. 4 AsylG rechtfertigen würden.
Daher war der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO abzulehnen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
…