Verwaltungsrecht

Nichtzulassung der Berufung mangels Zulassungsgrund

Aktenzeichen  6 ZB 16.1031

Datum:
20.9.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 52334
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
USG § 13 Abs. 2, § 13c, § 16, § 31 Abs. 1
VwVfG Art. 48
BGB § 117

 

Leitsatz

1 Ein Anspruch auf Verdienstausfallentschädigung nach § 13 Abs. 2 USG wegen eingebüßter Einkünfte infolge des Wehrdienstes erhalten Wehrpflichtige nicht, die lediglich einen Scheinarbeitsvertrag eingegangen sind. (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein nach § 117 Abs. 1 BGB nichtiger Scheinarbeitsvertrag liegt vor, wenn die Beteiligten ein Ziel durch den bloßen Schein des simulierten Rechtsgeschäfts erreichen, die damit verbundenen Rechtswirkungen jedoch nicht eintreten lassen wollen. Ein solches Geschäft ist gegenüber jedermann nichtig (Bestätigung von BayVGH BeckRS 2015, 50395). (redaktioneller Leitsatz)
3 Ein Gericht verletzt seine Aufklärungspflicht grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine anwaltlich vertretene Partei nicht ausdrücklich beantragt hat (stRspr.; BVerwG BeckRS 2012, 51094) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 2 K 15.1400, Au 2 K 15.1557 2016-04-14 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 14. April 2016 – Au 2 K 15.1400 und Au 2 K 15.1557 – wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf insgesamt 37.037,99 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers‚ die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen‚ bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Zwei-Monats-Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe‚ auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist‚ liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. An der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B. v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163/1164; B. v. 23.3.2007 – 1 BvR 2228/02 – BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.
Der Kläger ist Oberstleutnant der Reserve. Nach den vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen war er vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2010 bei der B. Betriebsgesellschaft für rund 3.400 €/Monat (netto) und anschließend bis zum 30. April 2011 bei der Fa. G. GmbH für rund 4.400 €/Monat (netto) beschäftigt. Im Jahr 2012 erhielt er von der Fa. G. GmbH eine Abfindung in Höhe von 30.000 €. In den Jahren 2013 bis 2016 nahm der Kläger als Reservedienstleistender wiederholt an Wehrübungen und besonderen Auslandsverwendungen bei der Bundeswehr teil. Im Anschluss an die jeweiligen Wehrdienstzeiten meldete er sich arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld. Am 1. September 2014 schloss er mit dem Wellnessverlag H., dessen Inhaberin seine Ehefrau ist, einen „Anstellungsvertrag mit einem leitenden Angestellten“, in dem er sich verpflichtete, seine ganze Arbeitskraft dem Unternehmen mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden in der Woche für eine Dozententätigkeit und eine Tätigkeit im Verlagswesen zur Verfügung zu stellen. Hierfür wurde als Vergütung ein Jahresbruttogehalt von 102.000 €, das in 12 gleichen Teilbeträgen jeweils zum Ende eines Monats fällig werden sollte, vereinbart. Tatsächlich wurde der Kläger laut Lohnsteuerbescheinigung lediglich am 8. September 2014 als Mitarbeiter der Firma Wellness Verlag H. tätig. Bereits vom 9. September 2014 bis zum 19. Dezember 2014 leistete er erneut eine Wehrübung bei der Bundeswehr ab. Mit Schreiben vom 5. Dezember 2014 kündigte die Ehefrau des Klägers den Anstellungsvertrag vom 1. September 2014 zum 19. Dezember 2014. Im Anschluss meldete sich der Kläger arbeitslos bis zum 11. Januar 2015 und leistete ab 12. Januar 2015 bis zum 3. Juli 2015 als Reservedienstleistender Wehrdienst ab. Nach einer Besprechung im Landratsamt im April 2015 schloss der Kläger mit dem Wellnessverlag H. nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 8. April 2015 erneut einen Anstellungsvertrag, der auf den 2. Januar 2015 rückdatiert wurde. Dieser sieht eine Tätigkeit des Klägers für den Verlag ab 12. Januar 2015 vor und beinhaltet ebenfalls ein Jahresbruttogehalt von 102.000 €. Ab 4. Juli 2015 meldete sich der Kläger arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld. Im Anschluss absolvierte er Wehrdienst und meldete sich jeweils nach Abschluss der Übungen arbeitslos.
Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid des Landratsamts Günzburg vom 9. September 2015 (in der Fassung des Änderungsbescheids vom 21.10.2015, soweit nicht in der Hauptsache erledigt), mit dem ihm für Wehrdienstleistungen vom 20. Juli bis 21. August 2015, vom 31. August bis 2. Oktober 2015 und vom 19. Oktober bis 18. Dezember 2015 Verdienstausfallentschädigungen jeweils in Höhe (lediglich) der Mindestleistung von täglich 117,88 € nach § 13c Abs. 1 USG gewährt wurden (Nrn. I, II und III). Außerdem wurden der Bescheid vom 7. Oktober 2014 für die Wehrübung vom 9. September bis 19. Dezember 2014 und der Bescheid vom 24. Juni 2015 für die besondere Auslandsverwendung vom 12. Januar bis 3. Juli 2015 jeweils mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen, soweit durch diese Bescheide eine die Mindestleistung in Höhe von 78,75 €/Tag übersteigende Leistung gewährt wurde (Nr. IV). Schließlich wurde die Erstattung der auf Grundlage der zurückgenommenen Bescheide rechtswidrig gewährten Leistungen in Höhe von 28.640,75 € angeordnet (Nr. V).
Hiergegen erhob der Kläger Klagen zum Verwaltungsgericht, mit denen er beantragte, den Bescheid vom 9. September 2015 in Nrn. I, II und III aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger für die Wehrdienste vom 20. Juli bis 21. August 2015, vom 31. August bis 2. Oktober 2015 und vom 19. Oktober bis 18. Dezember 2015 antragsgemäß Leistungen nach den §§ 13 ff. USG zu bewilligen. Außerdem beantragte er, den Bescheid vom 9. September 2015 in Nrn. IV und V aufzuheben.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 14. April 2016 die Klagen als unbegründet erachtet und abgewiesen. Es ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Rückforderung von Leistungen in Höhe von 28.640,75 € nach Art. 48 VwVfG rechtmäßig sei und der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung einer höheren, über die ihm bereits gewährte Verdienstausfallentschädigung hinausgehenden Leistung nach dem Unterhaltssicherungsgesetz habe. Während der streitgegenständlichen Wehrübungen sei der Kläger arbeitslos und somit kein Arbeitnehmer gewesen, dessen Arbeitsverhältnis nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz geruht habe und dem deshalb das entfallende Arbeitsentgelt nach § 13 Abs. 2 USG zu ersetzen gewesen sei. Den zwischen dem Kläger und der Inhaberin der Firma Wellnessverlag H. (die die Ehefrau des Klägers ist) am 1. September 2014 und – rückdatiert – 2. Januar 2015 abgeschlossenen Anstellungsverträgen sei die rechtliche Anerkennung zu versagen. Voraussetzung für die Anerkennung eines Verdienstausfalls im Sinn von § 13 USG sei, dass der Abschluss eines Arbeitsvertrags ernstlich gewollt sei, der Vertrag vereinbarungsgemäß durchgeführt werde und die Vertragsbedingungen angemessen und üblich seien, also einem Fremdvergleich standhielten. Dies sei hier nicht der Fall; vielmehr habe der Anstellungsvertrag ausschließlich dem Zweck gedient, in den Genuss höherer Unterhaltssicherungsleistungen zu gelangen. Nach den vom Gericht eingeholten Informationen bewegten sich Umsatz und Gewinn des Verlags in einem Bereich, der es nicht mehr nachvollziehbar erscheinen lasse, den Kläger als leitenden Angestellten mit einem Bruttojahresarbeitslohn von 102.000 € zu beschäftigen. Die in den Einkommensteuerbescheiden ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb beliefen sich im Jahr 2013 auf einen Verlust von 54 € und im Jahr 2014 auf einen Gewinn von lediglich 440 €. Die Firma verfüge weder über ein nennenswertes Vermögen noch habe sie jemals Angestellte gehabt. Das vereinbarte Gehalt sei für eine Firma mit einer vergleichbaren Geschäftstätigkeit und einem vergleichbaren Geschäftsumfang weder angemessen noch üblich und halte einem Fremdvergleich nicht stand. Die Begründung des Klägers, nach einem „Plan B“ eine Neuauflage von Büchern zu beabsichtigen, einen Internet-Pool-Outletshop zu errichten und Honorar aus einer Beratertätigkeit für ein Hotelbauprojekt in Dubai erwartet zu haben, überzeuge nicht. Weder habe der Kläger Belege für den angeblichen Beratervertrag vorlegen können noch erschließe sich, dass der Kläger für die geplanten Neuauflagen von Büchern bereits vorab Einnahmen in nennenswertem Umfang hätte erzielen können, zumal in den Jahren 2014 und 2015 überhaupt keine Bücher mehr verkauft worden seien. Die vom Kläger dargelegten (künftigen) Einnahmemöglichkeiten erschienen spekulativ und seien nicht durch Tatsachen belegt. Hinzu komme, dass die Firmeninhaberin hinsichtlich des operativen Geschäfts keine bzw. nur geringe Kenntnisse habe und ihre Berufstätigkeit als Halbtagsangestellte in einem Drogeriemarkt nicht aufgeben wolle, um dieser sicheren Einnahmequelle nicht verlustig zu gehen. Das in den Anstellungsverträgen vereinbarte Gehalt sei so bemessen, dass damit der Höchstsatz nach § 13 Abs. 4 USG in Höhe von 184 €/Tag fast erreicht werde. Nachdem der Kläger seit Juli 2011 arbeitssuchend gewesen sei und über kein abgeschlossenes Studium verfüge, erschließe sich dem Gericht auch nicht der Gehaltssprung von knapp 20 bzw. fast 40% im Vergleich zum vorhergehenden Verdienst. Die zeitlichen Zusammenhänge zwischen den Anstellungsverträgen, den vom Kläger absolvierten Wehrdienstleistungen und seinen Arbeitslosmeldungen sprächen ebenfalls für das Vorliegen eines Scheinvertrags. Alle Umstände ließen keinen anderen Schluss zu, als dass der Abschluss eines Arbeitsvertrags im Rechtssinn niemals ernstlich gewollt gewesen sei. Insbesondere sei es zu keinem Zeitpunkt faktisch und finanziell sinnvoll möglich gewesen, das Vertragsverhältnis vereinbarungsgemäß durchzuführen.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Rückforderung von Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz (USG) in Höhe von 28.640,75 € zu Recht erfolgt ist und der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung einer höheren, über die ihm bereits gewährte Mindestleistung hinausgehenden Verdienstausfallentschädigung nach dem USG hat. Den ausführlichen und überzeugenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts, auf die der Senat Bezug nimmt (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO), hält der Kläger nichts Stichhaltiges entgegen, das weiterer Prüfung in einem Berufungsverfahren bedürfte. Vielmehr wiederholt er im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen und setzt den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts lediglich seine eigenen Wertungen entgegen.
Nach § 13 Abs. 1 USG in der Fassung vom 26.8.2008, die nach § 31 Abs. 1 USG in der Fassung vom 29.6.2015 Anwendung findet, erhalten Wehrpflichtige, die infolge des Wehrdienstes Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit oder Lohnersatzleistungen einbüßen, eine Verdienstausfallentschädigung nach § 13 Abs. 2 oder 3 USG. Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz während des Wehrdienstes ruht, wird das entfallende Arbeitsentgelt ersetzt (§ 13 Abs. 2 Satz 1 USG). Liegen die Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 USG nicht vor, erhält der Wehrpflichtige für jeden Wehrdiensttag 1/360 des Arbeitslohns, der in dem Jahr erzielt wurde, das dem Kalendermonat vor der Einberufung vorausgeht, nach Abzug der entrichteten Steuern vom Einkommen und der Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Sozial- und Arbeitslosenversicherung (§ 13 Abs. 3 Satz 1 USG). Unterschreiten die Leistungen nach den §§ 13 bis 13b USG zusammen den Betrag, der sich für den Wehrpflichtigen aufgrund seines Dienstgrades und Familienstandes nach der als Anlage beigefügten Tabelle ergibt, wird die Tabellenleistung gewährt. Diese Mindestleistung steht auch Wehrpflichtigen zu, die keine Leistungen nach den §§ 13 bis 13b USG erhalten (§ 13c Abs. 1 USG). Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Kläger kein „Arbeitnehmer“ im Sinn des § 13 USG ist und ihm deshalb nur die Mindestleistung nach § 13c USG zusteht und daher über die Mindestleistung hinausgehende in der Vergangenheit bereits bezahlte Unterhaltssicherungsleistungen zu erstatten sind. Bei den zwischen ihm und dem Wellnessverlag H. geschlossenen „Anstellungsverträgen“ vom 1. September 2014 und dem auf den „2. Januar 2015“ rückdatierten Vertrag vom 8. April 2015 handelt es sich nämlich um nach § 117 Abs. 1 BGB nichtige Scheinarbeitsverträge.
Gemäß § 117 Abs. 1 BGB ist eine Willenserklärung, die gegenüber einem anderen nur zum Schein abgegeben wird, nichtig, wenn dies mit dessen Einverständnis geschieht. Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Beteiligten ein Ziel durch den bloßen Schein des simulierten Rechtsgeschäfts erreichen, die damit verbundenen Rechtswirkungen jedoch nicht eintreten lassen wollen (BAG, U. v. 21.4.2005 – 2 AZR 125/04 – juris Rn. 21; U. v. 22.9.1992 – 9 AZR 385/91 – juris Rn. 13). Wird ein Scheingeschäft vorgenommen, so ist es gegenüber jedermann nichtig (BayVGH, B. v. 22.6.2015 – 15 ZB 13.1915 – juris Rn. 18; Ellenberger in Palandt, 74. Auflage 2015, § 117 Rn. 7 m. w. N.).
Gemessen hieran ist mit dem Verwaltungsgericht davon auszugehen, dass die zwischen dem Kläger und dem Verlag seiner Ehefrau geschlossenen „Anstellungsverträge“ derartige Scheinarbeitsverträge darstellen. Dies ergibt sich – unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens im Zulassungsantrag – aus einer Gesamtschau folgender Umstände: Der Kläger hat sich in den Anstellungsverträgen dazu verpflichtet, eine „Dozententätigkeit und Tätigkeit im Verlagswesen“ zu übernehmen und seine ganze Arbeitskraft dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Hierbei handelt es sich um einen Dienstvertrag im Sinn des § 611 Abs. 1 BGB. Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Es kann hier schon nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger ernsthaft seine ganze Arbeitskraft dem Verlag seiner Ehefrau zur Verfügung stellen wollte. Nach der von ihm selbst dem Verwaltungsgericht vorgelegten Aufstellung vom 25. Februar 2016 hat der Kläger die Zeiten ab dem 16. September 2013 bis heute durchgehend entweder als Reservedienstleistender verbracht oder sich arbeitslos gemeldet und Arbeitslosengeld bezogen; lediglich am 8. September 2014 stand er für einen einzigen Tag seinem Arbeitgeber Wellnessverlag H. zur Verfügung. Abgesehen davon hat die Ehefrau des Klägers als Inhaberin der Firma Wellnessverlag H. den Anstellungsvertrag vom 1. September 2014 bereits mit Schreiben vom 5. Dezember 2014 zum 19. Dezember 2014 gekündigt. Den auf den 2. Januar 2015 rückdatierten Vertrag hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht selbst als „pro forma“ bezeichnet. Deshalb habe er aus dem Vertrag auch keine Arbeitsleistungen für den Verlag erbracht, seine Ehefrau als Firmeninhaberin habe solche auch nicht gefordert.
Zudem war der Verlag finanziell von vornherein nicht dazu in der Lage, dem Kläger das vereinbarte Jahresbruttogehalt von 102.000 € in 12 gleichen Teilbeträgen jeweils zum Monatsende zu überweisen. Das ergibt sich aus den vom Verwaltungsgericht eingeholten Einkommensteuerbescheiden des Finanzamts, wonach die Ehefrau des Klägers als Inhaberin des Verlags im Jahr 2011 lediglich 1.959 €, im Jahr 2012 2.111 €, im Jahr 2013 – 54 € und im Jahr 2014 440 € Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hat. Die Ehefrau des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung als Zeugin ausgesagt, dass weder die Firma noch sie selbst größere Vermögenswerte besitzen. Wenn aber – mit Ausnahme des 8. September 2014 – die beiden wesentlichen Grundpflichten eines Dienstvertrages, nämlich einerseits die Leistung der versprochenen Dienste und andererseits die Zahlung der vereinbarten Vergütung von vornherein faktisch und finanziell unmöglich erfüllbar waren, handelt es sich um Scheinarbeitsverträge im Sinn des § 117 Abs. 1 BGB. Dass die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund den Anstellungsvertrag vom 1. September 2014 nicht beanstandet hat, sondern davon ausgegangen ist, dass ein wirksames sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis eingegangen worden sei, ändert hieran nichts.
An der Einstufung der Anstellungsverträge als Scheinarbeitsverträge ändert sich auch nichts dadurch, dass der Kläger im Jahr 2014 einen sogenannten „Plan B“ entwickelt hat und von ihm geschriebene Fachbücher zu Schwimmbadbau und „Pool Know How“ durch Neuerscheinungen ersetzen wollte, die Erstellung eines Internetshops „Pool-Outletcenter“ plante und als Berater und Projektant für ein Hotelbauprojekt mit Wellnessbereich in Dubai zu arbeiten beabsichtigte. Zu letzterem hat der Kläger nach einem Aktenvermerk über eine Besprechung im Landratsamt im April 2015 selbst vorgetragen, dass das Projekt in Dubai „noch nicht sicher“ gewesen sei und er sich, als das Angebot zur Wehrübung gekommen sei, für die „einfachere Art und Weise, Geld zu verdienen, entschieden“ habe, nämlich den Auslandseinsatz (Akte des Landratsamts, S. 77). Bei dem vom Kläger entwickelten „Plan B“ handelt es sich insgesamt gesehen um vage Absichtserklärungen und Hoffnungen für die Zukunft, die bislang in der Realität nicht umgesetzt wurden. Der Kläger ließ seinen Ankündigungen keine konkreten Taten folgen, sondern verbrachte die letzten drei Jahre – bis auf einen einzigen Tag – lückenlos abwechselnd mit Reservedienstleistungen und Arbeitslosmeldungen. Dass er in der Vergangenheit ein Fachmann für die Bereiche Schwimmbad und Wellness gewesen sein mag, hierzu verschiedene Fachbücher und Fachbeiträge geschrieben und Bauprojekte und Beratungen durchgeführt hat, ändert daran nichts.
Hinsichtlich der nach § 16 Abs. 1 USG zu erstattenden Leistungen kann sich der Kläger mit Blick auf die Vorschrift des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG nicht auf Vertrauensschutz berufen.
2. Soweit der Kläger als Verfahrensmangel rügt, das Verwaltungsgericht hätte den Sachverhalt weiter aufklären und Beweis erheben müssen, kann das die Zulassung der Berufung ebenfalls nicht rechtfertigen. Ein Gericht verletzt seine Aufklärungspflicht grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine anwaltlich vertretene Partei nicht ausdrücklich beantragt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, B. v. 16.4.2012 – 4 B 29.11 – BayVBl 2012, 640; BayVGH, B. v. 31.8.2015 – 6 ZB 15.36 – juris Rn. 21). Der durch einen Rechtsanwalt vertretene Kläger hätte in der mündlichen Verhandlung einen Beweisantrag (§ 86 Abs. 2 VwGO) zu Protokoll stellen können (vgl. § 105 VwGO i. V. m. § 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO); das ist jedoch ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 14. April 2016 nicht geschehen. Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten, vor allem das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern sich dem Verwaltungsgericht eine weitere Aufklärung zu den vom Kläger aufgeworfenen Fragen hätte aufdrängen sollen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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