Verwaltungsrecht

Nigeria – Offensichtlich unbegründeter Asylantrag

Aktenzeichen  M 28 S 17.36255

Datum:
24.7.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 143163
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 36

 

Leitsatz

In Nigeria besteht grundsätzlich in vielen Fällen die Möglichkeit, staatlicher Verfolgung oder Repressionen Dritter durch Umzug in einen anderen Teil Nigerias auszuweichen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er verließ Nigeria am 17. Juli oder im Oktober 2010 und reiste zunächst über Niger nach Libyen, wo er sich ca. ein Jahr aufhielt. Im Jahr 2011 reiste er weiter nach Italien, wo er bis zum 17. April 2014 lebte. Von Italien aus reiste er über Österreich am 18. April 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein (alles eigene Angaben). Am 2. Mai 2014 stellte er einen Asylantrag.
Bei der Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 17. November 2016 gab er zur Begründung des Asylantrags im Wesentlichen Folgendes an: In Nigeria lebten seine Frau und drei gemeinsame Kinder. Außerdem lebten in Nigeria seine Mutter sowie zwei Brüder und fünf Schwestern, sein Vater sei verstorben. In Libyen habe er auf der Baustelle gearbeitet. In Italien habe er eigentlich als Ingenieur arbeiten wollen, aber er habe im Catering und später auf dem Häuserbau gearbeitet. In Nigeria habe er insgesamt zwölf Jahre die Schule besucht und Automechaniker studiert. Ab 2005 bis 2010 habe er im eigenen Geschäft mit seinem Vater gearbeitet. Weil er nicht genug Geld verdient habe, habe er ab 2007 auch in der Community gearbeitet. Er habe sich mit dem Problem des Konflikts um Land befasst. Es habe Probleme geben können für Leute, die in seinem Job gewesen seien. Drei Freunde von ihm seien wegen derselben Tätigkeit umgebracht worden. Ihm sei das Auto und das Geschäft in Brand gesetzt worden. Sie hätten auch seinen Vater umgebracht, er sei am 19. Mai 2010 erschossen worden. Dann habe er das Land verlassen, weil er um sein Leben habe rennen müssen. Er sei mit ein paar Freunden nach Libyen gegangen, um Geld zu besorgen für seine Familie. Die Arbeit bei der Community sei kein Arbeitsverhältnis, sondern eine Art Jugendarbeit als Hilfe für die Gemeinde gewesen. In Fällen, in denen ein Grundstück an mehrere Käufer verkauft worden sei, habe er Unterlagen gesammelt, um an ein Gericht zu schreiben. Der schuldige Verkäufer finde heraus, wer das Gericht anschreibt und mache Probleme. Während der Woche habe er in Vollzeit bei seinem Vater gearbeitet. Das andere sei nebenbei gewesen. Da sie nicht bezahlt worden seien, hätte er immer nur dann für die Community gearbeitet, wenn er Zeit gehabt habe. Das Bundesamt befragte den Antragsteller ergänzend u.a. dazu, ob, von wem und auf welche Weise er selbst bedroht worden sei, ferner zum vorgebrachten Tod des Vaters sowie zu der Frage, was er im Falle einer Rückkehr zu befürchten habe.
In der Folgezeit übermittelte der Antragsteller dem Bundesamt Nachweise über die Geburt einer Tochter in Deutschland.
Mit Bescheid vom 20. März 2017, zugestellt am 21. März 2017, lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1.), auf Asylanerkennung (Ziffer 2.) sowie auf subsidiären Schutz (Ziffer 3.) jeweils als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4.), forderte den Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, andernfalls werde er abgeschoben (Ziffer 5.) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 12 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6.). Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen offensichtlich nicht vor. Der Antragsteller sei in keiner flüchtlingsrechtlich relevanten Eigenschaft, wie diese in § 3 AsylG dargelegt sei, zielgerichtet betroffen. Soweit der Antragsteller vorgetragen hat, dass er in Nigeria nicht genügend Geld verdiente, um seine Familie zu ernähren, habe das flüchtlingsrechtlich keine Relevanz. Das Vorbringen des Antragstellers, er habe für die Community gearbeitet, um seine Familie zu ernähren, sei gegensätzlich zu dem späteren Vorbringen, es habe sich gar nicht um ein Arbeitsverhältnis gehandelt. Der Vortrag des Antragstellers, drei seiner Freunde seien umgebracht worden, ebenso sei sein Vater getötet worden und sein Auto und Geschäft abgebrannt worden, sei in Gänze oberflächlich und nicht substantiiert. Der Antragsteller habe von keiner einzigen konkreten, gegen seine Person zielgerichteten Bedrohung oder Verfolgungshandlung berichtet. Die von ihm aufgezählten Vorkommnisse erfüllten in ihrer Schwere keinesfalls die Anforderungen, die an Handlungen im Sinne des § 3 AsylG gerichtet sind. Im Gegenteil, bei der konkreten Befragung des Antragstellers, um die Ereignisse zu konkretisieren, habe er ausweichend geantwortet und nicht dazu beigetragen, die Vorgänge klarer zu beschreiben. Der Antragsteller habe selber darauf verwiesen, dass ihm eine interne Fluchtalternative gemäß § 3 e AsylG zur Verfügung gestanden habe. Grundsätzlich bestehe in vielen Fällen die Möglichkeit, staatlicher Verfolgung oder Repressionen Dritter durch Umzug in einen anderen Teil Nigerias auszuweichen. In einer Gesamtschau sei davon auszugehen, dass eine persönliche Verfolgung oder Bedrohung des Antragstellers in seinem Heimatland Nigeria nicht einmal ansatzweise gegeben sei und der Antragsteller ausschließlich aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation sein Heimatland verlassen habe. Sein Antrag sei somit als offensichtlich unbegründet abzulehnen. Dem Antragsteller drohe offensichtlich kein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 AsylG. Die engeren Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter lägen somit nach Ablehnung des internationalen Schutzes offensichtlich auch nicht vor. Abschiebungsverbote lägen nicht vor. Hinsichtlich des § 60 Abs. 5 AufenthG komme in erster Linie eine Verletzung des Art. 3 EMRK in Betracht. In Bezug auf Gefahren einer Verletzung des Art. 3 EMRK, die individuell durch einen konkret handelnden Täter drohten, sei keine andere Bewertung als bei der Prüfung des subsidiären Schutzes denkbar. Die derzeitigen humanitären Bedingungen im Nigeria führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür vom EGMR geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass für Rückkehrer in Nigeria die Möglichkeit besteht, ökonomisch eigenständig alleine zu leben und auch ohne Hilfe Dritter zu überleben. Der Antragsteller sei gesund und arbeitsfähig. Er sei in Nigeria und auch in anderen Ländern in der Lage gewesen zu arbeiten. Es sei dem Antragsteller zumutbar, dass er in Nigeria wieder eine Arbeit annehme, sich selbst eine Lebensgrundlage schaffe und seine Familie unterstützte. Auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände der Antragsteller sei die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch die Abschiebung nicht beachtlich. Dem Antragsteller drohe auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würde. Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG zu erlassen. Die Ausreisefrist von einer Woche ergebe sich aus § 36 Abs. 1 AsylG. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG werde nach § 11 Abs. 2 AufenthG auf 12 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Der Antragsteller habe ein minderjähriges Kind im Bundesgebiet.
Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller durch seine Bevollmächtigte am 28. März 2017 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragte,
den Bescheid des Bundesamtes vom 20. März 2017 aufzuheben sowie die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Antragsteller als Asylberechtigten anzuerkennen und die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise subsidiären Schutz zu gewähren, weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Diese Klage, über die noch nicht entschieden ist, wurde zunächst unter dem Aktenzeichen M 21 K 17.36252 und wird nunmehr unter dem Aktenzeichen M 28 K 17.36252 geführt.
Ferner ließ er ebenfalls am 28. März 2017 beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung anzuordnen.
Zur Begründung ließ der Antragsteller u.a. vortragen, im Rahmen des Eilantrags sei allein über die Frage zu entscheiden, ob der gestellte Antrag zu Recht als offensichtlich unbegründet abgewiesen worden sei. Der Sachverhalt sei nicht ausreichend aufgeklärt worden, insbesondere sei nicht aufgeklärt worden, welche Gefahren sich der Antragsteller bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland aussetzen würde. Nachdem der Vater ermordet worden sei, bestehe die Gefahr, dass auch Übergriffe gegen den Antragsteller selbst stattfinden werden. Der Antragsteller verfüge in Nigeria über keinen Familienverband mehr, zu welchem er zurückkehren könne. Es sei nicht davon auszugehen, dass er den Lebensunterhalt für sich und seine Kinder erwirtschaften könne.
Mit Schreiben vom 3. April 2017 legte das Bundesamt dem Gericht seine Akten vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung zulässig (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 AsylG; § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i.V.m. § 36 Abs. 3 AsylG), jedoch unbegründet.
Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (Art. 16 a Abs. 4 Satz 1 GG, § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG). Ernstliche Zweifel liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird (BVerfGE 94, 166, 194). Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig (§ 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG).
Die Androhung der Abschiebung unter Bestimmung einer Ausreisefrist von einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung stützt sich auf die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet (§ 34 Abs. 1 i.V.m. § 36 Abs. 1 AsylG). Das Gericht hat daher die Einschätzung des Bundesamts, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen. Maßgeblich ist dabei, ob sich diese Einschätzung im Ergebnis als tragfähig und rechtmäßig erweist. Darüber hinaus hat das Gericht gemessen am Maßstab der ernstlichen Zweifel auch zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG verneint hat (vgl. zum Ganzen: Marx, Kommentar zum AsylG, 9. Auflage 2017, § 36 Rdnr. 43, 56 f. jew. m.w.N.).
Vorliegend bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffen Bescheids vom 20. März 2017. Das Bundesamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Bundesamt keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG festgestellt hat. Dem Antragsteller droht offensichtlich weder im Hinblick auf die allgemeine Situation in Nigeria noch aufgrund besonderer individueller Umstände eine asylerhebliche Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG sowie der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG und § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG.
Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Ausführungen im Bescheid des Bundesamts 20. März 2017 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist noch Folgendes auszuführen:
1. Der Antragsteller hat sich zur Begründung seines Asylantrags zum einen auf wirtschaftliche Gründe berufen: So hat er in der Anhörung beim Bundesamt etwa ausgeführt, er habe nicht genug Geld verdient und deshalb ab 2007 auch in der Community gearbeitet, ferner, er sei mit ein paar Freunden nach Libyen gegangen, um Geld zu besorgen für seine Familie. Auch lässt er in der Antragsbegründung u.a. vortragen, er verfüge in Nigeria über keinen Familienverband mehr, es sei davon auszugehen, dass er den Lebensunterhalt für sich und seine Kinder nicht erwirtschaften könne. Aus diesem Vorbringen ergeben sich schon im Ansatz und ganz offensichtlich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass beim Antragsteller eine asylrelevante und asylerhebliche Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG sowie der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG und § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen könnte. Insbesondere bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller im Falle einer Rückkehr nach Nigeria in eine derart schlechte wirtschaftliche Lage kommen könnten, dass ausnahmsweise in seinem außergewöhnlichen Einzelfall aufgrund schlechter humanitärer Bedingungen bzw. einer mit hoher Wahrscheinlichkeit bestehenden extremen Gefahrenlage ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG bzw. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Betracht zu ziehen wäre (dazu BVerwG, U. v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris Rn. 23 – 26 sowie Rn. 38). Der Antragsteller ist erwerbs- und arbeitsfähig. Er hat in Nigeria insgesamt zwölf Jahre die Schule besucht und den Beruf des Automechanikers erlernt. Er hat von 2005 bis 2010 im eigenen Geschäft mit seinem Vater gearbeitet, während seines ca. einjährigen Aufenthalts in Libyen auf der Baustelle gearbeitet sowie während seines knapp dreijährigen Aufenthalts in Italien im Catering und später im Häuserbau gearbeitet. Anders als er in der Antragsbegründung vortragen lässt, verfügt er in Nigeria über familiären Rückhalt, weil dort u.a. seine Mutter sowie zwei Brüder und fünf Schwestern leben. Bei dieser Sachlage bestehen auch unter Berücksichtigung der derzeitigen humanitären und wirtschaftlichen Bedingungen in Nigeria (vgl. dazu den Bescheid, § 77 Abs. 2 AsylG) ganz offensichtlich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller nicht in der Lage wäre, sich in Nigeria eine zumindest existenzsichernde Lebensgrundlage zu schaffen (ebenso in vergleichbaren Fällen: VG Augsburg, B. v. 13.6.2017 – Au 7 S 17.33192 – juris Rn. 30; B. v. 8.6.2017 – Au 7 S 17.32413 – juris Rn. 28; VG Bayreuth, B. v. 4.4.2017 – B 4 S 17.30876 – juris Rn. 34; VG Aachen, B. v. 20.3.2017 – 2 L 103/17.A – juris Rn. 32 ff.; VG Minden, U. v. 14.3.2017 – 10 K 2413/16.A – juris Rn. 34 ff.). Dies gilt auch, wenn man zusätzlich seine Familie, insbesondere seine in Nigeria lebenden Kinder in den Blick nimmt (vgl. VG Augsburg, U. v. 23.3.2017 – Au 7 K 16.30983 – juris Rn. 48).
2. Zum andern hat sich der Antragsteller darauf berufen, er sei wegen seiner Tätigkeit für die Community gefährdet. Er habe sich im Rahmen einer Art Jugendarbeit als Hilfe für die Gemeinde mit dem Problem des Konflikts um Land befasst. In Fällen, in denen ein Grundstück an mehrere Käufer verkauft worden sei, habe er Unterlagen gesammelt, um an ein Gericht zu schreiben. Es habe von den schuldigen Verkäufern ausgehende Probleme geben können für Leute, die in seinem Job gewesen seien. Drei Freunde von ihm seien umgebracht worden. Sie hätten auch seinen Vater umgebracht, er sei am 19. Mai 2010 erschossen worden. Ihm sei das Auto und das Geschäft in Brand gesetzt worden. Dann habe er das Land verlassen, weil er um sein Leben habe rennen müssen. Auch aus diesem Vorbringen ergeben sich aus diversen Gründen ganz offensichtlich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass beim Antragsteller eine asylrelevante und asylerhebliche Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG sowie der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG und § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen könnte. Insoweit wird zunächst nochmals auf die detaillierten und überzeugenden Ausführungen des Bundesamts im Bescheid vom 20. März 2017, S. 3 ff., verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist Folgendes herauszustellen:
a) Es ist schon durchaus fraglich, ob der Antragsteller tatsächlich eine derartige Tätigkeit für die Community ausgeübt hat. Beim Bundesamt hatte er zunächst vorgebracht, er habe im eigenen Geschäft mit seinem Vater nicht genug Geld verdient, um seine Familie zu ernähren, daher habe er auch in der Community gearbeitet. Im weiteren Verlauf der Anhörung meinte er hingegen, die Arbeit bei der Community sei nur nebenbei gewesen, da sie nicht bezahlt worden sei, habe er nur für die Community gearbeitet, wenn er Zeit gehabt habe. Dies ist offensichtlich widersprüchlich und begründet berechtigte Zweifel am Wahrheitsgehalt der Angaben des Antragstellers.
b) Selbst wenn man die Tätigkeit des Antragstellers für die Community als wahr unterstellen wollte, könnte dem Antragsteller ganz offensichtlich nicht geglaubt werden, dass er wegen dieser Tätigkeit asylrelevant und asylerheblich verfolgt, bedroht oder gefährdet worden sein könnte:
Zu Recht weist das Bundesamt darauf hin, dass schon die angebliche Tötung der drei Freunde, die ebenfalls für die Community gearbeitet hätten, nicht glaubwürdig ist: Das diesbezügliche Vorbringen des Antragstellers ist äußerst detailarm, der Antragsteller erwähnt diese gravierenden Ereignisse nur mit einem Satz, ohne konkrete Einzelheiten zu nennen. Unglaubwürdig ist auch das Vorbringen des Antragstellers, die angebliche Tötung seines Vaters sei auf die Tätigkeit des Antragstellers bei der Community zurückzuführen. Der Antragsteller hat keinen plausiblen Grund genannt, warum die „schuldigen Verkäufer“, die sich an der Tätigkeit des Antragstellers für die Community gestört haben sollen, deswegen nicht etwa den Antragsteller, sondern dessen Vater umgebracht haben sollen. Auf Nachfrage des Bundesamts hat der Antragsteller auch einräumen müssen, er wisse gar nicht, wer seinen Vater umgebracht habe, sein „Verdacht“ sei es, dass es „unsere Gegner“ gewesen seien, ferner sagte er im weiteren Verlauf der Anhörung, das Ziel der Leute sei er gewesen, er habe in dem Community-Team gearbeitet und nicht seine Familie, die deshalb nicht in Gefahr sei.
Ist mithin schon die angebliche Tötung der drei Freunde und des Vaters wegen der Community-Tätigkeit nicht glaubwürdig, so gibt es erst Recht keinerlei Anhaltspunkte, welche die Annahme rechtfertigen könnten, der Antragsteller selbst sei wegen seiner angeblichen Tätigkeit für die Community asylrelevant und asylerheblich gefährdet, bedroht oder verfolgt gewesen: Diesbezüglich hat der Antragsteller trotz zahlreicher Anstoßfragen des Bundesamts nichts Substantielles vorgetragen. Im Gegenteil: Auf die Anstoßfragen (z.B. von wem und auf welche Weise er bedroht worden sei) hat er ausweichend, unkonkret und detailarm geantwortet, wie im Bescheid S. 3 f. überzeugend näher dargelegt wird (§ 77 Abs. 2 AsylG). Wenn der Antragsteller tatsächlich von den „schuldigen Verkäufern“ konkret gefährdet, bedroht oder verfolgt gewesen wäre, dann hätte er hierzu weitaus substantiierter vortragen können.
c) Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass selbst bei Wahrunterstellung des gesamten Vorbringens des Antragstellers ganz offensichtlich aus rechtlichen Gründen die Annahme einer asylrelevanten und asylerheblichen Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG sowie der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG und § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG ausscheiden würde:
Der Antragsteller kann gemäß Art. 16 a Abs. 2 GG i.V.m. § 26 a Abs. 1 AsylG schon deshalb offensichtlich nicht als Asylberechtigter anerkannt werden, weil er nach eigenem Vortrag u.a. über Italien und Österreich eingereist und daher über sichere Drittstaaten im Sinne des Art. 16 a Abs. 2 GG i.V.m. § 26 a Abs. 2 AsylG nach Deutschland gelangt ist. Darüber hinaus kann gemessen am Vortrag des Antragstellers von einer (vom Staat ausgehenden) politischen Verfolgung im Sinne des Art. 16 a GG offensichtlich nicht die Rede sein.
Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 ff. AsylG scheidet schon deshalb offensichtlich aus, weil die angebliche Verfolgung nicht an flüchtlingsrelevante Verfolgungsgründe im Sinne der §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 b AsylG anknüpfte. Ferner besteht jedenfalls in Fällen wie dem Vorliegenden – nichtstaatliche Bedrohung durch einzelne „schuldige“ Verkäufer von Grundstücken – zur Überzeugung des Gerichts eine interne Fluchtalternative (§ 3 e AsylG). Wie sich aus dem Lagebericht Nigeria des Auswärtigen Amts vom 21. November 2016, S. 17, ergibt, besteht grundsätzlich in vielen Fällen die Möglichkeit, staatlicher Verfolgung oder Repressionen Dritter durch Umzug in einen anderen Teil Nigerias auszuweichen. Der Antragsteller kann sich in einer (anderen) Großstadt Nigerias niederlassen, wo er von den „schuldigen Verkäufern“ mit asylrechtlich hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht ausfindig gemacht werden kann. Im Fall des Antragstellers sind auch die Voraussetzungen des § 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG erfüllt. Insbesondere ist gemessen an der individuellen Situation des Antragstellers (dazu oben 1.) davon auszugehen, dass der Antragsteller auch in einem anderen Landesteil in der Lage sein wird, für sich und seine Familie eine existenzsichernde Lebensgrundlage aufzubauen.
Subsidiärer Schutz (§ 4 AsylG) oder nationale Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG scheiden schon deshalb auch in rechtlicher Hinsicht aus, weil – wie eben dargelegt – eine inländische Fluchtalternative besteht.
3. Das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamts ist jedenfalls gemäß § 30 Abs. 1 AsylG gerechtfertigt. Die Rüge in der Antragsbegründung, der Sachverhalt sei nicht ausreichend aufgeklärt worden, insbesondere sei nicht aufgeklärt worden, welche Gefahren sich der Antragsteller bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland aussetzen würde, ist unberechtigt. Vielmehr hat das Bundesamt ausweislich der vorgelegten Behördenakte insbesondere im Rahmen der Anhörung am 17. November 2016 den Sachverhalt umfassend aufgeklärt. Der Antragsteller wurde 227 Minuten lang angehört (ohne die Zeit der Rückübersetzung), ihm wurden zahlreiche Fragen gestellt, darunter eine Vielzahl von Anstoß- und Rückfragen, u.a. auch zu den Gefahren einer Rückkehr in sein Heimatland. Der Umstand, dass der Antragsteller oftmals nur vage, detailarm und unsubstantiiert geantwortet hat, geht zu seinen Lasten (vgl. § 25 Abs. 1 und 2 AsylG).
Nach alldem war der gemäß § 83 b AsylG gerichtskostenfreie Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen