Aktenzeichen W 2 K 19.30959
GG Art. 16a
AufenthG § 59 Abs. 1, Abs. 3, 60 Abs. 7
EMRK Art. 3
VwGO § 102 Abs. 2
Leitsatz
Bei einer Ausreise aus rein wirtschaftlichen Gründen ist ein Asylantrag schon nach dem Regelbeispiel des § 30 Abs. 2 AsylG insgesamt als offensichtlich unbegründet abzuweisen. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Die zulässige Klage, über die gemäß § 102 Abs. 2 VwGO auch in Abwesenheit eines Beteiligten verhandelt werden konnte, ist unbegründet.
Der Bundesamtsbescheid vom 8. Mai 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO.
Auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffen Bundesamtsbescheid, die sich das erkennende Gericht gemäß § 77 Abs. 2 AsylG zu Eigen macht, und auf die Begründung im Beschluss vom 23. Mai 2019 – W 2 S 19.50960 – wird Bezug genommen. Lediglich ergänzend wird ausgeführt:
1. Der Asylantrag des Klägers ist offensichtlich unbegründet.
Gemäß § 30 Abs. 1 AsylG ist ein Asylantrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. Die Beurteilung als offensichtlich unbegründet ist gerechtfertigt, wenn nach der vollständigen Erforschung des Sachverhaltes zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise kein Zweifel bestehen kann und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung des Asylantrags geradezu aufdrängt (vgl. statt vieler: BVerfG, B.v. 25.2.1981, BVerfGE 56, 2016).
Der Kläger hat weder bei den Anhörungen durch das Bundesamt noch in der mündlichen Verhandlung etwas vorgetragen, was auch nur im Entferntesten auf eine individuelle Verfolgung im Sinne von Art. 16a, § 3 AsylG oder einen ernsthaften Schaden im Sinne von § 4 AsylG hindeuten könnte.
Auch den in das Verfahren einbezogenen Erkenntnismitteln lassen sich keine Anhaltspunkte für eine Verfolgung oder individuelle Bedrohung anhand seiner Ethnie, Herkunft, politischen Einstellung, religiösen Zugehörigkeit oder sonstigen denkbaren Anknüpfungspunkte erkennen.
Gemäß § 30 Abs. 2 AsylG ist ein Asylantrag insbesondere dann offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalls offensichtlich ist, dass sich der Ausländer aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.
Der Kläger selbst, hat bei der Anhörung vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung angegeben, er habe die Elfenbeinküste verlassen, weil er dort niemanden mehr habe, es ihm gesundheitlich nicht so gut gegangen sei und er sich in Deutschland habe behandeln lassen wollen. Das Motiv seiner Ausreise war mithin ausschließlich ein wirtschaftliches, so dass sein Asylantrag schon nach dem Regelbeispiel des § 30 Abs. 2 AsylG insgesamt als offensichtlich unbegründet abzuweisen war.
2. Es liegen keine nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG in seiner Person vor. Die Ausreiseaufforderung unter Androhung der Abschiebung in die Elfenbeinküste und die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots sind ebenfalls rechtmäßig.
Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Die Abschiebung eines Ausländers ist danach unzulässig, wenn ihm im Zielstaat unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK droht oder wenn im Einzelfall andere in der Europäischen Menschenrechtskonvention verbürgte, von allen Vertragsstaaten als grundlegend anerkannte Menschenrechtsgarantien in ihrem Kern bedroht sind (vgl. BVerwG, U.v. 24.5.2000 – 9 C 34/99 -, juris Rn. 11). Dabei können unter bestimmten Umständen auch schlechte humanitäre Bedingungen eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen. Ist die schlechte humanitäre Lage weder dem Staat noch den Konfliktparteien zuzurechnen, sondern bedingt durch die allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, kommt eine Verletzung von Art. 3 EMRK nur dann in Betracht, wenn ganz außergewöhnliche Umstände in der Person des Antragstellers vorliegen, die über die allgemeine Beeinträchtigung der Lebenserwartung des Antragstellers im Herkunftsland hinausgehen (vgl. EGMR, U.v. 27.5.2008 – 26565/05, U.v. 28.6.2011 – 8319/07).
Der Kläger trägt in der mündlichen Verhandlung vor, dass er immer noch an ständigen Bauchschmerzen leide. Er sei zwar in Deutschland an einer Nabelhernie operiert worden, aber es könne immer noch passieren, dass er plötzlich das Bewusstsein verliere. Dazu legt er in der mündlichen Verhandlung einen vorläufigen Arztbrief des Leopoldina-Krankenhauses, Schweinfurt, vom 18. Juni 2019 über einen stationären Aufenthalt des Klägers vom 18. bis zum 20. Juni 2019 vor. In diesem Schriftstück wird dem Kläger eine „Gastroenteritis, anamnetisch Z.n. Herniotomie am Nabel 2018“ diagnostiziert. Er sei am 20. Juni 2019 subjektiv beschwerdefrei entlassen worden. Eine Wiedervorstellung sei nicht erforderlich. Als Medikation wurde „Novaminsulfon und Laxofalk“ nur bei Bedarf vorgesehen. Ein eventueller Verlust des Bewusstseins des Klägers wird in diesem Dokument nicht erwähnt. Die vorgetragenen und attestierten Beschwerden im Magen-Darm-Trakt erreichen nicht die für § 60 Abs. 5 AufenthG notwendige Intensität. Die Medikamente, die die Magen-Darm-Beschwerden des Klägers lindern sollen, sind für den Kläger in jedem Land der Erde erreichbar. Außerdem sind nach dem ärztlichen Schreiben die Symptome bereits mit einer leichten Kost und mit ausreichend Flüssigkeitszufuhr behandelbar.
Diese gesundheitlichen Beeinträchtigungen schränken die Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Klägers zur Überzeugung des Gerichtes aktuell nicht entscheidend ein. Der vorgetragene Verlust des Bewusstseins ist nicht glaubhaft und nicht belegt. Derzeit ist nach der ärztlichen Bescheinigung die Einnahme von Medikamenten nicht notwendig. Auftreten und Erscheinungsbild des Klägers in der mündlichen Verhandlung gaben zudem keinen Anlass an seiner Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu zweifeln, so dass auch ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht in Betracht kommt.
Für die aktuellen wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen in der Elfenbeinküste wird nochmals auf die zutreffenden Ausführungen im verfahrensgegenständlichen Bescheid Bezug genommen.
3. Die vom Bundesamt verfügte Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sind nicht zu beanstanden. Die betreffende Entscheidung beruht auf § 34 Abs. 1 AsylG, § 59 Abs. 1 bis 3 AufenthG, § 38 Abs. 1 AsylG, deren Voraussetzungen hier gegeben sind.
4. Schließlich sind auch gegen die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots des § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6 des Bescheids) keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken vorgetragen worden oder sonst ersichtlich. Insbesondere sind keine Ermessensfehler des Bundesamts bei der Bemessung der Frist nach § 11 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 AufenthG zu erkennen.
Somit hat die Klage insgesamt keinen Erfolg.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.