Verwaltungsrecht

Offensichtlich unbegründeter Asylantrag

Aktenzeichen  Au 1 K 17.30243

Datum:
24.3.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 3, § 4 Abs. 1, § 29a, § 30 Abs. 3 Nr. 1
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
GG GG Art. 16a Abs. 3

 

Leitsatz

1. Der Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft stellt grundsätzlich einen unteilbaren Streitgegenstand dar, über den nur einheitlich entschieden werden kann, auch wenn mehrere Staaten als Verfolgerstaaten in Betracht kommen. Offen bleiben kann die Frage der Staatsangehörigkeit des Ausländers nur, wenn hinsichtlich sämtlicher in Betracht kommender Staaten die Gefahr politischer Verfolgung entweder bejaht oder verneint werden kann.  (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Asylbewerber, der selbst durch seine unterschiedlichen Angaben dafür gesorgt hat, dass seine Identität und Staatsangehörigkeit ungeklärt ist, muss konkrete Nachweise vorlegen. Bis dahin ist von einer ungeklärten Identität und Staatsangehörigkeit aufgrund einer Täuschung durch den Asylbewerber auszugehen. (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Verpflichtungsklage auf Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG hinsichtlich solcher Staaten, bezüglich derer im Bescheid des Bundesamts weder eine negative Feststellung getroffen noch eine Abschiebung angedroht worden ist, wäre bereits unzulässig, da insoweit schon das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige – insbesondere fristgemäß erhobene (vgl. § 74 Abs. 1 Hs. 2 AsylG) – Klage ist unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG, auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG und die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) hat. Der Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Gericht bezieht sich auf die zutreffende Begründung des angegriffenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG) und führt ergänzend noch folgendes aus:
1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft liegen offensichtlich nicht vor.
a) Ein Asylantrag ist insbesondere dann offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 bis 5 AsylG oder des § 29a AsylG erfüllt sind oder wenn nach vollständiger Erforschung des Sachverhalts an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen im Bescheid keine Zweifel bestehen. Die Ablehnung als offensichtlich unbegründet ist daher gerichtlich nicht zu beanstanden, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) diese Voraussetzungen vorliegen und sich nach allgemein anerkannter Auffassung die Abweisung des Rechtsschutzbegehrens dem Gericht geradezu aufdrängt. Aus den Gründen des Bescheides muss sich dabei klar ergeben, weshalb das Bundesamt zu dem Ergebnis kommt, dass die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie auf Asylanerkennung nicht nur schlicht, sondern offensichtlich unbegründet sind. Ferner dürfen keine ernstlichen Zweifel daran bestehen, dass kein Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes besteht und nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (vgl. BVerfG, U.v. 7.11.2008 – 2 BvR 629/06 – juris m.w.N.).
b) Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Kläger gab während des Asylverfahrens zunächst an, sein Herkunftsland sei Senegal, später machte er geltend, mauretanischer Staatsangehöriger zu sein. In beiden Fällen ist die Klage jedoch als offensichtlich unbegründet abzuweisen.
aa) Bei dem Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft handelt es sich, auch wenn mehrere Staaten als Verfolgerstaaten in Betracht kommen, grundsätzlich um einen unteilbaren Streitgegenstand, über den nur einheitlich entschieden werden kann. Denn der aus der Flüchtlingseigenschaft folgende Abschiebungsschutz aus § 60 Abs. 1 AufenthG kann nicht losgelöst von der Frage der Staatsangehörigkeit des Ausländers und der Schutzgewährung durch den Staat der Staatsangehörigkeit bzw. – bei Staatenlosen – durch den Staat des gewöhnlichen Aufenthalts beurteilt werden (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 8.2.2005 – 1 C 29/03 – BVerwGE 122, 376 – juris Rn. 13). Offen bleiben kann diese nur, wenn hinsichtlich sämtlicher als Staat der Staatsangehörigkeit in Betracht kommender Staaten die Gefahr politischer Verfolgung entweder bejaht oder verneint werden kann. Daraus folgt in verfahrensrechtlicher Hinsicht, dass der Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG – anders als der Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG – nicht isoliert, bezogen auf einen einzelnen Abschiebezielstaat, geprüft und abgeschichtet werden kann. Vielmehr sind alle Staaten in die Prüfung einzubeziehen, deren Staatsangehörigkeit der Betroffene möglicherweise besitzt oder in denen er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Dies gilt unabhängig davon, in welchem Stadium des asylrechtlichen Verfahrens sich der Betroffene auf die Staatsangehörigkeit eines Staates und eine ihm dort drohende politische Verfolgung beruft. Daraus folgt zugleich, dass ein Rechtsschutzinteresse eines Klägers an der begehrten Feststellung zu § 3 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich eines Staates, als deren Staatsangehöriger er sich betrachtet, nicht mit dem Argument verneint werden kann, dass sich die (negativen) Feststellungen zu § 3 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG im Bescheid des Bundesamtes nur auf einen anderen Staat beziehen und dem Kläger im Bescheid eine Abschiebung nur in einen Staat, nicht dagegen in einen anderen Staat angedroht worden ist (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 2.8.2007 – 10 C 13/07 u.a. – BVerwGE 129, 155 – juris Rn. 9; U.v. 12.7.2005 – 1 C 22/04 – juris Rn. 10; U.v. 8.2.2005 – 1 C 29/03 – BVerwGE 122, 376 – juris Rn. 15; VG München, B.v. 3.4.2012 – M 15 S. 12.30156 – juris Rn. 12; G.v. 23.6.2009 – M 11 K 09.50124 – juris Rn. 17).
bb) Sofern der Kläger die senegalesische Staatsangehörigkeit besitzt, folgt die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet aus § 29 a Abs. 1 AsylG.
Nach Art. 16a Abs. 3 Satz 3 GG, § 29a Abs. 1 AsylG wird vermutet, dass ein Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne von Art. 16a Abs. 3 GG, § 29a Abs. 2 AsylG i.V.m. der Anlage II zum AsylG nicht verfolgt wird, es sei denn, die von ihm angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG oder ein ernsthafter Schaden im Sinne von § 4 Abs. 1 AsylG droht. Kann der Ausländer die Vermutung nicht widerlegen, sind sowohl der Asylantrag als auch die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 AsylG bzw. auf Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG gemäß § 29a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abzulehnen.
Der Kläger hat bei der Asylantragstellung und auch noch während des Asylverfahrens angegeben, im Senegal geboren worden zu sein und die senegalesische Staatsangehörigkeit zu besitzen. Erst im Laufe des Verfahrens machte er geltend, er habe die mauretanische Staatsangehörigkeit. Sofern angesichts dieser Angaben davon auszugehen ist, dass der Kläger – wie anfänglich behauptet – Senegalese ist, so stammt er aus einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 GG, § 29a Abs. 2 AsylG i.V.m. der Anlage II zum AsylG. Verfolgungshandlungen hinsichtlich des Senegal hat er nicht geltend gemacht, so dass sowohl der Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 AsylG als auch der Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG gemäß § 29a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abzulehnen sind.
cc) Auch im Hinblick auf die im Laufe des Asylverfahrens vom Kläger unter Auswechslung seiner Angaben zu seiner Herkunft behauptete mauretanische Staatsangehörigkeit, ist der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen. Das Gericht ist auch nach Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass der Kläger – seine mauretanische Staatsangehörigkeit unterstellt – Mauretanien nicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung verlassen hat.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (§ 3 AsylG).
Erhebliche Zweifel an den vom Kläger angegebenen Fluchtgründen ergeben sich schon aus der Tatsache, dass er bei der Einreise selbst angegeben hatte, in … Senegal, geboren zu sein und die senegalesische Staatsangehörigkeit zu besitzen. Auch bei der Asylantragstellung am 20. April 2015 wurden diese Angaben wiederholt. Sollte der Kläger tatsächlich aus Mauretanien stammen und dort aus dem Gefängnis wegen einer drohenden Hinrichtung geflohen sein, so gibt es schlechterdings keinen Grund, warum der Kläger dann sowohl bei der Einreise als auch bei der Asylantragstellung einen falschen Geburtsort und eine falsche Staatsangehörigkeit angegeben haben soll. Hinweise darauf, dass es irgendeinen Bezug zu Mauretanien geben könnte, gab der Kläger weder bei der Erhebung der persönlichen Daten anlässlich seiner Einreise am 26. Januar 2015, noch bei der Aufnahme des Asylantrags am 20. April 2015 noch bei der Befragung zu seinem Reiseweg. Die in der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung, er habe den Senegal als Herkunftsland angegeben, weil er von dort die Reise nach Europa angetreten habe, überzeugt demgegenüber nicht – abgesehen davon, dass auch diese Begründung nicht erklärt, warum der Kläger einen falschen Geburtsort genannt haben sollte.
Darüber hinaus ist das Fluchtvorbringen unglaubhaft. Es ist völlig unglaubhaft, dass der Vater des Klägers von der Regierung hingerichtet worden sein soll, weil ein brasilianischer Tourist ihn zum Christentum habe bekehren wollen. Ebenfalls unglaubwürdig ist, dass deswegen auch der Kläger verhaftet und nach zwei Tagen hingerichtet werden sollte. Nach den aktuellen Erkenntnissen des Auswärtigen Amts (Stand März 2017) ist in Mauretanien die Todesstrafe seit 1987 nicht mehr vollstreckt worden. Auch amnesty international bestätigt, dass in Mauretanien seit mehr als 20 Jahren keine Hinrichtungen mehr vollstreckt wurden und ein De-facto-Hinrichtungsmoratorium besteht. Zwar seien im Dezember 2014 ein Blogger wegen Abfalls vom Glauben und im Juli 2015 zwei Männer, die ein Mädchen vergewaltigt hatten, durch ein Gericht zum Tode verurteilt worden, die Todesstrafen seien aber nicht vollstreckt worden. Auch werde die Menschenrechtslage in Mauretanien durch den UN-Menschrechtsrat regelmäßig begutachtet (Amnesty Report 2016 Mauretanien). Es ist daher völlig unglaubwürdig, dass der Vater wegen des Kontakts zu einem brasilianischen Touristen von der Polizei mitgenommen, zum Tode verurteilt und innerhalb von zwei Tagen hingerichtet worden sein soll. Ebenso unglaubhaft ist, dass nach weiteren zwei Tagen auch der Kläger hätte hingerichtet werden sollen.
(2) Der Asylantrag wurde zu Recht auch nach § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
Nach dieser Vorschrift ist ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzuweisen, wenn ein Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert. Dieser Vorschrift liegt nach dem Willen des Gesetzgebers die Erwägung zugrunde, dass ein individuelles Verfolgungsschicksal nur festgestellt werden kann, wenn die Identität und die Staatsangehörigkeit des Verfolgten bekannt sind, und dass ein politisch Verfolgter in Deutschland um Asyl nachsucht, weil er auf den Schutz deutscher Behörden vertraut. Es ist dem Ausländer daher zuzumuten, spätestens gegenüber dem für die Entscheidung zuständigen Bundesamt seine Identität darzulegen oder seine Angaben dazu zu machen (vgl. BT-Drs. 12/4450, S. 22). Die Täuschung setzt ein vorsätzliches Handeln voraus und kann darin liegen, dass ein Irrtum durch unwahre Behauptungen hervorgerufen oder ein beim Bundesamt für … bereits bestehender Irrtum aufrechterhalten wird (vgl. Schröder, in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, § 30 AsylG, Rn. 24). Verschleiert der Asylbewerber seine wahre Identität und Staatsangehörigkeit, in dem er bewusst versucht, beim Bundesamt für … einen Irrtum über diese persönlichen Merkmale hervorzurufen oder aufrechtzuerhalten, dann trifft ihn die qualifizierte Ablehnung seines unbegründeten Asylantrags. Klärt der Asylbewerber den von ihm zu verantwortenden Irrtum über seine Identität oder Staatsangehörigkeit auf oder trägt er die zunächst verweigerten Angaben nach, dann steht dies einer Anwendung des § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG entgegen. Die Korrektur muss bis zum Ende der Anhörung beim Bundesamt für … erfolgen. Sobald das Bundesamt für … auf anderem Wege die Identität und Staatsangehörigkeit eines Asylbewerbers herausgefunden hat, kommen dessen nachträgliche Aufklärungsversuche zu spät (VG Regensburg, B.v. 7.2.2017- RN 5 S. 17.30264 – juris Rn. 18).
Gemessen an diesen Vorgaben hat der Kläger bei der Asylantragstellung Personalien und eine Staatsangehörigkeit angegeben, von der er später behauptete, diese seien falsch gewesen. Allein durch diese neuerliche Behauptung kann der Kläger aber nicht glaubhaft machen, dass seine ursprünglichen Angaben falsch waren und die neuen nunmehr der Wahrheit entsprechen. Zur Klärung von Identität und Staatsangehörigkeit ist in einem solchen Fall mehr notwendig als die bloße Behauptung des Asylbewerbers. Der Asylbewerber, der selbst durch seine unterschiedlichen Angaben dafür gesorgt hat, dass seine Identität und Staatsangehörigkeit ungeklärt ist, kann diese Unklarheit nicht durch eine bloße Behauptung beseitigen, dazu muss er vielmehr Nachweise vorlegen. Solange dies nicht geschehen ist, ist von einer ungeklärten Identität und Staatsangehörigkeit aufgrund einer Täuschung durch den Asylbewerber auszugehen und der Anwendungsbereich des § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG eröffnet.
2. Hinsichtlich der Ablehnung der Gewährung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) bestehen ebenfalls keine rechtlichen Bedenken, da das Fluchtvorbringen des Klägers nicht glaubhaft ist. Es wird auf die unter Ziffer 1. ausgeführten Urteilsgründe und die zutreffenden Ausführungen im Bescheid des Bundesamts vom 10. Januar 2017 Bezug genommen, denen das Gericht folgt (§ 77 Abs. 2 AsylG).
3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Feststellung, dass nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
a) Da der gegenständliche Bescheid des Bundesamtes allein eine Abschiebung des Klägers nach Senegal androhte, kommt es für das Vorliegen von Abschiebungshindernissen auch ausschließlich auf die Situation hinsichtlich Senegals an. Das folgt schon aus der Tatsache, dass eine Klage auf Verpflichtung zur Feststellung von verfolgungsunabhängigen Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG hinsichtlich solcher Staaten, bezüglich derer im Bescheid des Bundesamts weder eine entsprechende negative Feststellung getroffen noch eine Abschiebung angedroht worden ist, bereits unzulässig wäre, da insoweit schon das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Für einen gleichsam vorbeugenden Rechtsschutz gegen eine Abschiebung in Zielstaaten, die von der Behörde noch nicht erkennbar ins Auge gefasst sind, besteht danach kein Bedürfnis (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 2.8.2007 – 10 C 13/07 – BVerwGE 129, 155 – juris Rn. 13; U.v. 12.4.2005 – 1 C 3/04 – juris Rn. 15; U.v. 8.2.2005 – 1 C 29/03 – BVerwGE 122, 376 – juris Rn. 11; U.v. 4.12.2001 – 1 C 11/01 – BVerwGE 115, 267 – juris Rn. 11-13; SächsOVG, B.v. 17.1.2012 – A 5 A 283/09 – juris Rn. 8-11; VG Regensburg, B.v. 4.2.2013 – RN 9 S. 13.30005 – juris Rn. 13).
Etwas anderes kann insbesondere nicht dem nach § 59 Abs. 2 AufenthG vor-geschriebenen allgemeinen Hinweis in der Abschiebungsandrohung entnommen werden, dass der Ausländer auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Dieser Hinweis hat keinen Regelungscharakter. Er entbindet die Behörde nicht davon, dem Ausländer einen konkret ins Auge gefassten neuen Abschiebezielstaat rechtzeitig vorher mitzuteilen, um ihm im Lichte des Art. 19 Abs. 4 GG Gelegenheit zu geben, etwaige Abschiebungshindernisse bezüglich dieses Staates geltend zu machen und ggf. gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (BVerwG, U.v. 25.7.2000 – 9 C 42/99 – BVerwGE 111, 343 – juris Rn. 13).
Der in der Abschiebungsandrohung gemäß § 59 Abs. 2 AufenthG bezeichnete Zielstaat muss außerdem nicht mit dem Staat identisch sein, dessen Staatsangehörigkeit der Ausländer besitzt. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der genannten Vorschrift. In der Abschiebungsandrohung ist nämlich nicht etwa der Herkunfts- oder Heimatstaat bzw. der Staat anzugeben, deren Angehöriger der Ausländer ist, sondern der Staat, in den der Ausländer abgeschoben werden soll. Damit ist klargestellt, dass es sich bei dem in der Androhung zu nennenden Staat um jeden Staat handeln kann, in den eine Abschiebung des Ausländers tatsächlich oder rechtlich möglich ist (vgl. VGH BW, U.v. 13.12.1995 – 1 S 1345/95 – juris Rn. 17; HessVGH, B.v. 31.10.1994 – 13 UZ 902/94 – DÖV 1995, 876; VG Ansbach, B.v. 23.10.1997 – 21 S. 97.34071; VG Potsdam, B.v. 25.7.2000 – 4 L 910/00.A; vgl. zum Ganzen: VG Potsdam, U.v. 17.11.2000 – 4 K 417/00.A – juris Rn. 44).
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist daher ausschließlich zu prüfen, ob Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG einer Abschiebung des Klägers in den Senegal entgegenstehen. Das ist jedoch nicht der Fall. Insbesondere können die geltend gemachten gesundheitlichen Beschwerden des Klägers die Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 AufenthG nicht begründen.
Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG n.F. (vgl. Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Beschleunigung von Asylverfahren v. 11.3.2016 – BGBl. I S. 390, in Kraft getreten am 12.3.2016; BT-Drs.18/7538, S. 11 f., 18 f.; VG Würzburg, U.v. 22.4.2016 – W 1 K 14.30620 – juris Rn. 22) nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Gründe hierfür können nicht nur fehlende Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat sein, sondern etwa auch, dass eine an sich vorhandene medizinischen Behandlungsmöglichkeit aus finanziellen oder sonstigen persönlichen Gründen rein tatsächlich nicht erlangt werden kann (vgl. BVerwG, B.v. 17.10.2006 – 1 C 18.05 – NVwZ 2007, S. 712 f.). Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/7538, S. 18) wird mit dieser Präzisierung klargestellt, dass nur äußerst gravierende Erkrankungen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben nach Satz 1 darstellen. Die vom Kläger vorgetragenen unklaren Schmerzen in der Brust stellen jedoch keine gravierende Erkrankung in diesem Sinne dar. Zu einer anderen Einschätzung gibt auch das in der Behördenakte enthaltene ärztliche Schreiben des medizinischen Versorgungszentrums … vom 28. Dezember 2016 an den behandelnden Allgemeinarzt keinen Anlass. Gleiches gilt für die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegte psychologische Stellungnahme vom 16. Dezember 2016, die bereits die Anforderungen nicht erfüllt, die angesichts der Unschärfe des angenommenen Krankheitsbildes einer Posttraumatischen Belastungsstörung von der Rechtsprechung gefordert werden (vgl. BVerwG, U.v. 11.9.2007 – 10 C 17/07 – juris).
4. Hinweise auf eine Fehlerhaftigkeit der Befristung der Einreise- und Aufenthaltsverbote nach § 11 AufenthG bestehen nicht. Das Gericht war angesichts des – nicht belegten – Vortrags des Klägers, er stamme aus Mauretanien auch nicht veranlasst, das nach § 11 Abs. 7 AufenthG verhängte Einreise- und Aufenthaltsverbot aufzuheben, weil der Kläger, falls er die Staatsangehörigkeit von Mauretanien besitzt, nicht aus einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 GG, § 29a Abs. 2 AsylG i.V.m. der Anlage II zum AsylG stammen würde und somit die Voraussetzungen des § 11 Abs. 7 AufenthG nicht vorlägen. Die Staatsangehörigkeit des Asylsuchenden stellt einen wesentlichen Bestandteil der persönlichen Verhältnisse des Ausländers dar. Das bedeutet, dass er durch Vorlage entsprechender Personaldokumente ggf. unter Einschaltung der Heimatbehörden nachweisen muss, welche Staatsangehörigkeit er besitzt. Angesichts der Tatsache, dass der Kläger seit der Asylantragstellung am 20. April 2015 als senegalesischer Staatsangehöriger geführt wurde und in Kenntnis dessen während des gesamten Verfahrens keine Anstrengungen unternahm, Nachweise für die behauptete mauretanische Staatsangehörigkeit zu erhalten, konnte auf der Grundlage seiner bisherigen Angaben ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden. Sollten sich neue Tatsachen ergeben, kann der Kläger auf deren Grundlage jederzeit nach § 11 Abs. 4 AufenthG die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots beantragen
5. Die Klage war mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylG).
Das Urteil ist unanfechtbar (§ 78 Abs. 1 AsylG).

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