Verwaltungsrecht

Offensichtlich unbegründeter Asylantrag einer kosovarischen Staatsangehörigen, die den Ashkali angehört

Aktenzeichen  M 17 S 16.33051

Datum:
23.11.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 3, § 4, § 29, § 29a
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
GG GG Art. 16a, Art. 19
EMRK EMRK Art. 3

 

Leitsatz

1 Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 7 bzw. § 11 Abs. 1 AufenthG anzuordnen, ist mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, da das Einreise- und Aufenthaltsverbot kraft Gesetzes entsteht und eine Aufhebung lediglich der Befristungsentscheidung zu einer unbefristeten Geltung führen würde. Eine Verkürzung der Sperrfrist des § 11 Abs. 2 AufenthG ist nur im Wege der Verpflichtungsklage bzw. über eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO zu erreichen (vgl. OVG Lüneburg BeckRS 2015, 56292).    (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Gegen die Einstufung des Kosovo als sicherer Herkunftsstaat im Sinne von Art. 16a Abs. 3 S. 1 GG bzw. § 29a AsylG bestehen weder verfassungsrechtliche noch europarechtliche Bedenken. (red. LS Clemens Kurzidem)
3 Als Volkszugehörige der Ashkali hat eine kosovarische Asylbewerberin im Fall der Rückkehr in den Kosovo keine Gruppenverfolgung zu gewärtigen. (red. LS Clemens Kurzidem)
4 § 60 Abs. 7 AufenthG vermittelt keinen Anspruch auf Fortsetzung einer in Deutschland begonnenen Psychotherapie; insoweit besteht kein herkunftslandbezogenes Abschiebungsverbot, das im asylrechtlichen Verfahren vom Bundesamt festzustellen wäre. (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Die Antragstellerin stammt aus dem Kosovo und ist Volkszugehörige der Ashkali. Sie reiste nach eigenen Angaben am … Dezember 2014 über Österreich mit ihren Eltern und Geschwistern in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 17. April 2015 Asylantrag.
Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt/BAMF) am … Mai 2015 gab die Antragstellerin im Wesentlichen an, die wirtschaftliche Lage sei gut gewesen. Das einzige Problem sei gewesen, dass sie nicht frei gewesen seien, zur Schule zu gehen. Es habe jeden Tag in der Schule Beleidigungen gegeben, sie habe ihren Eltern aber nur selten davon erzählt. Am ersten Tag nach den Sommerferien habe ihre Mutter sie von der Schule abgeholt. Sie seien zu Fuß unterwegs gewesen. Männer mit einem Auto hätten angehalten. Ihre Mutter habe sie weitergeschickt und sie sei nach Hause gerannt. Nach 1 ½ Stunden sei die Mutter mit komplett zerrissenen Sachen nach Hause gekommen.
Als ihr Vater am Abend nach Hause gekommen sei, sei er zu seiner Frau ins Schlafzimmer gegangen. Sie hätten dort geschrien. Sie habe noch mitbekommen, wie ihre Mutter ihrem Vater erzählt habe, was passiert sei. Sie habe sich sehr schrecklich gefühlt, weil ihre sie Mutter sie habe beschützen wollen. Sie habe ihr Leben deswegen beenden wollen. Ihren Eltern habe sie nur gesagt, dass sie große Angst habe, dass ihr auch sowas eines Tages passieren könnte. Sie sei eine Woche lang im Krankenhaus gewesen. Nach ihrer Entlassung sei sie nicht in ärztlicher Behandlung gewesen.
Sie legte einen Entlassungsbericht des Universitären … des Kosovo – Klinik für … mit … in Albanisch und Übersetzung ins Deutsche vom … September 2014 vor, wonach sich die Antragstellerin dort vom … bis … September 2014 stationär aufgehalten hat. Sie sei wegen der Einnahme einer korrosiven Substanz (Azid KIREQ, ein Geschirrreiniger) eingeliefert worden. Sie sei zur Reanimierung ins Notaufnahmezentrum gebracht und anschließend in die Klinik für … eingeliefert worden. Weiter legte sie eine psychologische Stellungnahme des Erziehungs- und Jugendhilfeverbunds … vom … April 2015 mit den Diagnosen: Anpassungsstörung F43.2, sekundäre posttraumatische Belastungsstörung F34.1 und längere depressive Reaktion in Verbindung mit Selbstschädigung F43.21 vor. Die Antragstellerin befinde sich seit April 2015 in therapeutischer Begleitung an der Psychologischen Beratungsstelle.
Mit Schreiben vom 19. Mai 2015 monierte die damalige Bevollmächtigte der Eltern der Antragstellerin, dass die Dolmetscherin bei der Anhörung nicht korrekt und vollständig übersetzt habe.
Eine psychologische Stellungnahme des Erziehungs- und Jugendhilfeverbunds … vom … Juli 2015 kommt zum Ergebnis, die erforderliche fachärztliche und psychotherapeutische Behandlung könne im Heimatland nicht durchgeführt werden.
Das Bundesamt gab mit Schreiben vom 24 August 2015 Gelegenheit zur Stellungnahme zu einer Befristung eines kraft Gesetzes eingetretenen Einreise- und Aufenthaltsverbots.
Mit Bescheid vom 15. Februar 2016 wies die Regierung von Oberbayern den Antragstellern als künftigen Wohnsitz die Ankunfts- und Rückführungseinrichtung in … zu.
Mit Bescheid vom 5. August 2016, zur Post gegeben am 23. August 2016, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie den Antrag auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet ab, lehnte den Antrag auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet ab und verneinte Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG. Die Antragstellerin wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche ab Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen. Für den Fall der nichtfristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung in den Kosovo oder in einen anderen Staat angedroht, in den die Antragstellerin einreisen darf oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet ist. Zudem wurde das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet (Nr. 6) sowie das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 7).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes sowie die Anerkennung als Asylberechtigte lägen offensichtlich nicht vor. Die Antragstellerin stamme aus dem Kosovo, einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG, § 29a Abs. 2 AsylG i. V. m. der Anlage II zum AsylG. In diesem Fall werde vermutet, dass sie nicht verfolgt werde, solange nicht Tatsachen vorgetragen würden, die die Annahme begründen, dass sie entgegen dieser Vermutung verfolgt werde. Die Antragstellerin habe nichts glaubhaft vorgetragen oder vorgelegt, was zu der Überzeugung gelangen ließe, dass in ihrem Falle – entgegen der Einschätzung der allgemeinen Lage in ihrem Herkunftsstaat – die vorgenannten Voraussetzungen für die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung oder eines ernsthaften Schadens erfüllt seien. Bei einer Rückkehr in den Kosovo hätte die Antragstellerin aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe der Roma, Ashkali und Ägypter oder aus sonstigen individuellen Gründen keine Verfolgungsmaßnahmen im Sinne des § 3 AsylG durch den Staat zu befürchten. Eine gezielte und systematische Verfolgung bestimmter Gruppen wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Religion, Nationalität oder politischen Überzeugung finde nicht statt. Soweit die Antragstellerin vortrage, dass sei wegen ihrer Zugehörigkeit zum Volk der Ashkali täglich in der Schule diskriminiert worden sei, sei dieses Vorbringen in Art und Intensität nicht geeignet, flüchtlingsrechtliche Relevanz zu entwickeln. Aus dem Vorbringen der Antragstellerin sei weder eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung noch ein flüchtlingsrechtlich relevantes Anknüpfungsmerkmal ersichtlich. Von konkreten Bedrohungen im Sinne von Verfolgungshandlungen, welche aufgrund ihrer Art oder Intensität so gravierend seien, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellten, habe die Antragstellerin nichts zu berichten gewusst.
Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Die nationalen Sicherheitskräfte gewährleisteten grundsätzlich ausreichenden Schutz vor Schäden, die von nichtstaatlichen Akteuren drohen könnten. Gegen rechtswidrige Übergriffe nichtstaatlicher Akteure stehe hinreichender staatlicher Schutz zur Verfügung.
Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Eine allgemein schwierige soziale und wirtschaftliche Lage begründe kein Abschiebungsverbot. Sie müsse und könne von den Antragstellern ebenso wie von vielen ihrer Landsleute gegebenenfalls unter Aufbietung entsprechender Aktivitäten bewältigt werden.
Es drohe der Antragstellerin auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zu einer Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würde. Nach derzeitigem Erkenntnisstand des Bundesamtes sei grundsätzlich davon auszugehen, dass effektive Behandlungsmöglichkeiten für psychische Erkrankungen – einschließlich PTBS – im Kosovo zur Verfügung stehen. Die Antragstellerin müsse sich grundsätzlich auf den medizinischen Standard im Kosovo verweisen lassen.
Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes auf 10 Monate sei im vorliegenden Fall angemessen. Die Antragstellerin verfüge im Bundesgebiet über keine wesentlichen Bindungen (Kernfamilie), die im Rahmen der Ermessensprüfung zu berücksichtigen wären. Nach Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens sei eine Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes auf 30 Monate angemessen.
Am 30. August 2016 erhob die Antragstellerin durch ihre Bevollmächtigten beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg Asylklage und stellte Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 30. August 2016 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 5. August 2016 Az.: 5963524-150 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.
Eine Begründung erfolge mit gesondertem Schriftsatz.
Das Verwaltungsgericht Augsburg erklärte sich mit Beschluss vom 14. September 2016 sowohl für das Hauptsache- als auch für das Eilverfahren für örtlich unzuständig und verwies beide Verfahren an das Verwaltungsgericht München.
Mit Schreiben vom 11. November 2016 legten die Bevollmächtigten ein psychiatrisches Gutachten vom … November 2016 über die Mutter der Antragstellerin vor.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der sonstigen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der beigezogenen Akten des Bundesamtes Bezug genommen.
II.
Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
1.1 Der Antrag ist unzulässig, soweit nach § 80 Abs. 5 VwGO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen die in Nrn. 6 und 7 des Bescheides enthaltenen Anordnungen des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 7 bzw. § 11 Abs. 1 AufenthG beantragt wird. Insoweit ist der Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. In diesen Nummern wird lediglich das sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG zeitlich befristet. Die schlichte Aufhebung der Nrn. 6 und 7 des Bescheids aufgrund einer Anfechtungsklage bzw. die Anordnung der aufschiebenden Wirkung beträfe lediglich die getroffene Befristungsentscheidung als solche, so dass ein erfolgreiches Rechtsmittel zur Folge hätte, dass das – unmittelbar kraft Gesetz geltende – Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG unbefristet gelten würde. Die Rechtsstellung der Antragstellerin wäre somit nicht verbessert. Das Ziel einer kürzeren Befristung der gesetzlichen Sperrwirkung nach § 11 Abs. 2 AufenthG müsste, ebenso wie die (vorläufige) Erteilung einer Betretenserlaubnis gemäß § 11 Abs. 8 AufenthG, im Wege der Verpflichtungsklage bzw. im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes über einen Antrag nach § 123 VwGO erstritten werden (vgl. NdsOVG, B. v. 14.12.2015 – 8 PA 199/15 – juris Rn. 5; VG München, B. v. 12.1.2016 – M 21 S 15.31689 – UA S. 8; VG Ansbach, B. v. 20.11.2015 – AN 5 S 15.01667 – juris Rn. 2; B. v. 18.11.2015 – AN 5 S 15.01616 – UA S. 2; VG Aachen, B. v. 30.10.2015 – 6 L 807/15.A – juris Rn. 8; VG München, B. v. 23.3.2016 – M 17 S 16.30280; Funke/Kaiser in Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, Stand Dezember 2015, § 11 Rn. 183, 190, 193, 196; a.A. wohl VG München, U. v. 9.12.2015 – M 2 K 15.31158 – UA S. 14).
1.2 Im Übrigen ist der Antrag, die kraft Gesetzes (§ 75 AsylG) ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – anzuordnen, zulässig. Er ging insbesondere innerhalb der Wochenfrist des § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG beim Verwaltungsgericht Augsburg ein.
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet, da keine ernstli chen Zwei fel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (vgl. Art. 16 a Abs. 4 GG, § 36 Abs. 4 AsylG).
Entsprechend der Gesetzeslage des Art. 16 a GG, § 36 Abs. 4 AsylG kann das Verwaltungsgericht auf Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO die Aussetzung der Abschiebung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegen ernstliche Zweifel i. S. v. Art. 16 a Abs. 4 Satz 1 GG vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166 ff.).
Im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag ist im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG offensichtlich nicht besteht – wobei eine nur summarische Prüfung nicht ausreicht – und ob diese Ablehnung weiterhin Bestand haben kann (BVerfG B. v. 2.5.1984 – 2 BvR 1413/83 – DVBl 84, 673 ff. – juris Rn. 40). Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag dann, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16 a GG) und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1 AsylG). Dies ist nach ständiger Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen, und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung sich die Abweisung geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B. v. 5.2.1993 – 2 BvR 1294/92 – InfAuslR 1993, 196).
Gemessen an diesen Grundsätzen bestehen hier keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der insoweit seitens des Bundesamts getroffenen Entscheidungen.
2.1 Für das Gericht ist offensichtlich, dass der geltend gemachte Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigte der Antragstellerin nicht zusteht.
Die Anerkennung als Asylberechtigte scheidet bereits deswegen aus, weil die Antragstellerin auf dem Landweg und damit aus einem sicheren Drittstaat in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist sind (Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. § 26 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylG).
Aber auch ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Asylberechtigte oder als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag der Antragstellerin nicht erkennbar. Das Gericht folgt daher der zutreffenden Begründung der Antragsgegnerin im angegriffenen Bescheid, auf die verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Die Ablehnung des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet beruht auf § 29 a Abs. 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat i. S. d. Art. 16 a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Das Heimatland der Antragsteller, Kosovo, ist ein sicherer Herkunftsstaat in diesem Sinne (vgl. § 29 a Abs. 2 AsylG in Anlage II zu § 29 a AsylG). Die Einstufung Kosovos als sicherer Herkunftsstaat erfolgte aufgrund des Gesetzes zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für Asylbewerber und geduldete Ausländer vom 31. Oktober 2014, BGBl. I S. 1649 mit Wirkung vom 6. November 2014. Die Gerichte sind an diese Einstufung gebunden, es sei denn, sie sind der Überzeugung, dass sich die Einstufung als verfassungswidrig erweist (BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1507/93, Rn. 65).
Gegen die Einstufung Kosovos als sicherer Herkunftsstaat bestehen weder verfassungsrechtliche noch europarechtliche Bedenken. Dies entspricht auch der ganz überwiegenden Meinung der deutschen Verwaltungsgerichte, der sich das zu entscheidende Gericht anschließt (vgl. VG Regensburg, B. v. 24.2.2015 – RN 6 S 15.30120 – juris Rn. 18; VG Bayreuth, B. v. 13.2.2015 – B 3 S 15.30041 – juris Rn. 17; VG Berlin U. v. 28.01.2015 – 7 K 546.15 A – juris Rn. 19-32; B. v. 9.12.2014, 7 L 603.14 A – juris; VG Hamburg B. v. 6.3.2015 – 5 AE 270/15 – juris Rn. 4; VG Gelsenkirchen, B. v. 29.1.2015 – 19a L 94/15.A; VG Oldenburg B. v. 9.4.2015 – 7 B 1548/15 – juris Rn. 22; VG Aachen, B. v. 3.2.2015 – 9 L 680/14.A- juris Rn. 9; a. A. VG Münster, Beschl. v. 27.11.2014, 4 L 867/14.A – juris sowie Bader in InfAuslR, 2015, 69 ff.).
Die Antragstellerin hat die durch § 29 a AsylG normierte Nichtverfolgungsvermutung auch nicht durch den schlüssigen Vortrag von individuellen Verfolgungstatsachen erschüttern können. Das gilt insbesondere im Hinblick auf den Vortrag der Antragstellerin, in Republik Kosovo aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Volk der Ashkali einem erhöhten Verfolgungsrisiko ausgesetzt zu sein.
Zur Ausräumung der Vermutung ist nur ein Vorbringen zugelassen, das die Furcht vor politischer Verfolgung auf ein individuelles Verfolgungsschicksal der Antragstellerin gründet. Dabei kann sie ihre Furcht vor politischer Verfolgung auch dann auf ein persönliches Verfolgungsschicksal stützen, wenn dieses seine Wurzel in allgemeinen Verhältnissen hat. Die Vermutung ist erst ausgeräumt, wenn der Asylbewerber die Umstände seiner politischen Verfolgung schlüssig und substantiiert vorträgt. Dieser Vortrag muss vor dem Hintergrund der Feststellung des Gesetzgebers, dass in dem jeweiligen Staat im Allgemeinen keine politische Verfolgung stattfindet, der Erkenntnisse der Behörden und Gerichte zu den allgemeinen Verhältnissen des Staates und der Glaubwürdigkeit der Antragsteller glaubhaft sein. Zur Substantiierung trägt insoweit bei, wenn der Asylbewerber die Beweismittel vorlegt oder benennt, die nach den Umständen von ihm erwartet werden können. Diesen Voraussetzungen wird ein Antragsteller umso schwerer genügen können, je mehr er seine individuelle Verfolgungsfurcht auf allgemeine Verhältnisse gründet, die schon der gesetzlichen Kennzeichnung des Staates als sicherer Herkunftsstaat oder der Aufrechterhaltung dieser Qualifizierung entgegensteht (BVerfG U. v. 14.05.1996, – 2 BvR 1507/93 und 2 BvR 1508/93 -, BVerfGE 94, 115 ff, juris Rn. 97-99).
Die Antragstellerin hat im Fall ihrer Rückkehr nach Kosovo keine Gruppenverfolgung als Volkszugehörige der Ashkali zu erwarten. Voraussetzung einer Gruppenverfolgung – egal ob durch staatliche oder nicht staatliche Akteure – ist stets, dass jedes im Verfolgungsgebiet lebende Gruppenmitglied wegen der Gruppenzugehörigkeit von Verfolgung betroffen ist. Dabei müssen Verfolgungshandlungen gegen die Gruppe vorliegen, die so intensiv und zahlreich sind, dass jedes Mitglied der Gruppe die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit ableiten kann (vgl. BVerwG, B. v. 1.2.2007 – 1 C 24.06 – NVwZ 2007, 590). Eine solche Verfolgungsdichte besteht für Angehörige der Ashkali in Kosovo nicht.
2.2 Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Das Gericht nimmt daher auch insoweit auf die Begründung des Bundesamts Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
2.2.1 Ergänzend ist auszuführen: Der Antragstellerin ist nicht gemäß § 4 Abs. 1 AsylG subsidiärer Schutz zuzuerkennen. Subsidiär schutzberechtigt ist nach dieser Vorschrift, wer stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, ihm drohe in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden. Als ernsthafter Schaden gilt dabei die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Die vorgenannten Gefahren müssen dabei gemäß § 4 Abs. 3 AsylG i. V. m. § 3c AsylG in der Regel von dem in Rede stehenden Staat oder den ihn beherrschenden Parteien oder Organisationen ausgehen. Die Bedrohung durch nichtstaatliche Akteure kann hingegen nur dann zu subsidiärem Schutz führen, wenn der betreffende Staat selbst nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu gewähren. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass den Antragstellern bei ihrer Rückkehr nach Kosovo ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht. Sie haben auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG, denn die tatbestandliche Voraussetzung eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes ist in Kosovo nicht gegeben.
2.2.2 Ferner bestehen keine Anhaltspunkte für Abschiebungsverbote im Sinne des § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG. Was insbesondere § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG anbetrifft, fehlt es an einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit. Eine Verletzung von Menschenrechten oder Grundfreiheiten, die sich aus der Konvention vom 4.11.1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergäbe, ist nicht ersichtlich.
Der geltend gemachte Suizidversuch der Antragstellerin begründet ebenfalls kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Regelung erfasst zwar nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann aber gegeben sein, wenn die Gefahr besteht, dass sich eine vorhandene Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d. h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich die Krankheit im Heimatstaat aufgrund unzureichender Behandlungsmöglichkeiten verschlimmert oder wenn der betroffene Ausländer die medizinische Versorgung aus sonstigen Umständen tatsächlich nicht erlangen kann (BVerwG, B. v. 17.8.2011 – 10 B 13/11 u. a. – juris; BayVGH, U. v. 3.7.2012 – 13a B 11.30064 – juris Rn. 34). Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands ist dabei nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden (OVG NRW, B. v. 30.12.2004 – 13 A 1250/04.A – juris Rn. 56).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist für die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts keine derart schwere Erkrankung dargetan. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss eine derartige Krankheit substantiiert vorgetragen sein, wozu regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attestes gehört. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt (BVerwG, U. v. 11.9.2007 – 10 C 8/07 – BVerwGE 129,251 ff.).
Im vorliegenden Fall ist eine psychische Erkrankung und darauf beruhende Behandlungsbedürftigkeit der Antragstellerin nicht durch ein fachärztliches Gutachten durch einen Facharzt für Psychiatrie oder einen Psychologischen Psychotherapeuten festgestellt, so dass die im Asylverfahren einzig erheblichen konkreten Gefahren aufgrund der Behandlungsmöglichkeiten im Heimatland nicht belegt sind. Das zu dem Aktenzeichen vorgelegte Gutachten einer Fachärztin für Psychiatrie vom … November 2016 betrifft ausschließlich den Gesundheitszustand der Mutter der Antragstellerin, so dass das Gericht davon ausgeht, dass die Bevollmächtigten die Aktenzeichen verwechselt haben. Der Entlassungsbericht des Universitären … des Kosovo – Klinik für … mit Hepatologie vom … September 2014 empfiehlt eine Kontrolle beim Psychiater, einer solchen hat sich die Antragstellerin aber offenbar nicht unterzogen. Im Übrigen besteht kein Anspruch auf Fortsetzung einer in Deutschland begonnenen Psychotherapie, diese begründet kein herkunftslandbezogenes Abschiebungsverbot, das im asylrechtlichen Verfahren vom Bundesamt festzustellen wäre.
3. Vor diesem Hintergrund ist auch die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden. Die gesetzte Ausreisefrist entspricht der Regelung in § 36 Abs. 1 AsylG.
4. Schließlich stellt sich das auf § 11 Abs. 7 AufenthG gestützte befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot nach der insoweit im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als rechtmäßig dar. Die Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin sind im Rahmen der auf den Maßstab des § 114 Satz 1 VwGO beschränkten gerichtlichen Überprüfung nicht zu beanstanden, zumal die Antragstellerin gegen das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG keine Einwendungen vorgebracht und insbesondere kein fehlerhaftes Ermessen gerügt haben.
Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylG abzulehnen.
Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylG unanfechtbar.

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