Aktenzeichen M 2 K 16.35497
Leitsatz
1 Gemessen an aktuellen Erkenntnismitteln ist davon auszugehen, dass eine Konversion zum Christentum im Senegal staatlicherseits mit keiner asylerheblichen Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung verbunden ist. (Rn. 16) (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Ein zum Christentum konvertierter senegalesischer Staatsangehöriger kann nach einer Rückkehr in den Senegal in einen von seiner Herkunftsregion verschiedenen Landesteil, insbesondere in eine Großstadt ziehen, wo er von nichtstaatlichen Akteuren mit asylrechtlich hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht ausfindig gemacht werden kann. Als junger, arbeitsfähiger Mann wird er dort in der Lage sein, für sich eine existenzsichernde Lebensgrundlage aufzubauen. (Rn. 16) (red. LS Clemens Kurzidem)
3 Homosexualität stellt grundsätzlich nach § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG einen relevanten Verfolgungsgrund dar. Gemessen an den aktuellen Erkenntnismitteln besteht bei Homosexuellen im Senegal in der Regel auch eine asylrelevante und asylerhebliche Verfolgung durch staatliche und nichtstaatliche Akteure (vgl. VG Augsburg BeckRS 2016, 46485). (Rn. 17) (red. LS Clemens Kurzidem)
4 Die Feststellung eines krankheitsbedingten zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG wegen einer etwaigen chronischen Hepatitis B scheidet allein deshalb aus, weil es sich hierbei nicht um eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung handelt, die sich im Falle einer etwaigen Nichtbehandlung alsbald nach der Ankunft im Zielland der Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. (Rn. 26) (red. LS Clemens Kurzidem)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen, gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unbegründet.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Sie war hinsichtlich des Asylantrags als offensichtlich unbegründet und im Übrigen als unbegründet abzuweisen (§ 78 Abs. 1 Satz 2 AsylG): Der Kläger hat gegen die Beklagte offensichtlich weder Anspruch auf Asylanerkennung (Art. 16 a GG), noch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG), noch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG). Er hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Auch die Abschiebungsandrohung in Ziffer 5. des Bescheids vom 6. Dezember 2016 ist rechtmäßig. Gleiches gilt für die Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 6. sowie die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 7. des Bescheids.
Hinsichtlich der allgemeinen Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes sowie die Feststellung von Abschiebungsverboten, ferner hinsichtlich der Abschiebungsandrohung, der Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sowie der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots wird zunächst auf den Bescheid des Bundesamts vom 6. Dezember 2016 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist wie folgt auszuführen:
1. Der Kläger kann gemäß Art. 16 a Abs. 2 GG i.V.m. § 26 a Abs. 1 AsylG schon deshalb offensichtlich nicht als Asylberechtigter anerkannt werden, weil er nach eigenem Vortrag u.a. über Griechenland und Österreich eingereist und daher über sichere Drittstaaten im Sinne des Art. 16 a Abs. 2 GG i.V.m. § 26 a Abs. 2 AsylG nach Deutschland gelangt ist.
2. Der Kläger hat gegenüber dem Bundesamt behauptet, Ende 2013 vom Islam zur katholischen Kirche übergetreten zu sein und in diesem Zusammenhang v.a. von seinem Vater bedroht worden zu sein bzw. von seiner Familie verstoßen worden zu sein. Selbst wenn man dieses Vorbringen, auf das sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht mehr berufen hat, als wahr unterstellt, ist es ganz offensichtlich nicht gerechtfertigt, von einer asylerheblichen Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung des Klägers im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG sowie der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG und § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG auszugehen: Wie im Bescheid des Bundesamts vom 6. Dezember 2016 zutreffend ausgeführt wird (§ 77 Abs. 2 AsylG), ist gemessen an den vorliegenden Erkenntnismitteln davon auszugehen, dass eine derartige Konversion staatlicherseits mit keiner asylerheblichen Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung verbunden ist. Dem klägerischen Vorbringen beim Bundesamt lässt sich auch nicht entnehmen, dass er im Zusammenhang mit seiner angeblichen Konversion von nichtstaatlichen Akteuren wie etwa seinem Vater oder anderen Familienmitgliedern tatsächlich asylerheblich verfolgt, bedroht und gefährdet worden wäre: Konkrete, nach Art und Schwere asylrelevante Verfolgungshandlung schildert der Kläger nicht (vgl. dazu etwa Bl. 40, 44 BA), seine Familienmitglieder sollen sogar kein Problem damit gehabt haben, sich während der Feierlichkeiten anlässlich des Magal-Festes mit ihm zusammen in seinem Haus in … aufzuhalten (vgl. Bl. 44 BA). Letztlich kommt es hierauf indes gar nicht an: Denn selbst wenn der Kläger von nichtstaatlichen Akteuren wie seinem Vater oder anderen Familienmitgliedern eine asylerhebliche Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung befürchten müsste, dann stünde ihm zur Überzeugung des Gerichts ganz offensichtlich zumindest eine inländische Fluchtalternative und damit interner Schutz (§ 3 e AsylG) zur Verfügung: Der Kläger kann nach einer Rückkehr nach Senegal in einen anderen Landesteil ziehen, insbesondere in eine Großstadt Senegals, wo er von den nichtstaatlichen Akteuren mit asylrechtlich hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht ausfindig gemacht werden kann. Im Fall des Klägers sind auch die Voraussetzungen des § 3 e Abs. 1 Nr. 2 AsylG erfüllt: Insbesondere ist gemessen an der individuellen Situation des Klägers davon auszugehen, dass dieser auch in einem anderen Landesteils in der Lage sein wird, für sich eine existenzsichernde Lebensgrundlage aufzubauen. Der Kläger hat beim Bundesamt selbst vorgetragen, er sei wegen Ärgers mit nichtstaatlichen Akteuren nach Mbour gegangen und habe dort Arbeit gefunden. Das Bestehen einer inländischen Fluchtalternative führt auch dazu, dass subsidiärer Schutz nach § 4 AsylG (§ 4 Abs. 3 AsylG i.V.m. § 3 e AsylG) und nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 7 AufenthG ausscheiden.
3. Eine asylrelevante Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung des Klägers im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG sowie der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG und § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG ergibt sich auch nicht im Zusammenhang mit dem klägerischen (Haupt-) Vorbringen, er sei homosexuell. Dabei stellt das Gericht nicht in Abrede, dass eine Verfolgung wegen Homosexualität einen relevanten Verfolgungsgrund im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3 b Abs. 1 Nr. 4 AsylG darstellte und dass Homosexuelle in Senegal gemessen an den vorliegenden Erkenntnismitteln (insbesondere auch des Lageberichts des Auswärtigen Amts) in der Regel asylrelevanter und asylerheblicher Verfolgung durch staatliche oder nichtstaatliche Akteure ausgesetzt sind (so auch das erkennende Gericht, U. v. 29.12.2016 – M 2 K 16.30947 – n.V., vgl. ferner etwa VG Augsburg, U. v. 27.4.2016 – Au 1 K 16.30296 – juris Rdnr. 15 ff., 21 ff. m.w.N.). Indes kann dem Kläger gemessen an seinem Vorbringen beim Bundesamt und gegenüber dem Gericht ganz offensichtlich nicht geglaubt werden, dass er tatsächlich homosexuell ist. Vielmehr ist zur Überzeugung des Gerichts davon auszugehen, dass der Kläger lediglich aus asyltaktischen Gründen die Schutzbehauptung aufstellt, homosexuell zu sein:
Das Bundesamt hat den Kläger in seiner Anhörung am 5. August 2016 eingehend zu seiner vorgebrachten Homosexualität befragt und ihm insbesondere auch Gelegenheit gegeben, zu den vielfach aufgetretenen Widersprüchen und Zweifelsfragen Stellung zu nehmen. Davon ausgehend hat schon das Bundesamt im Bescheid vom 6. Dezember 2016 ausführlich und gut nachvollziehbar dargelegt, dass und warum es das Vorbringen des Klägers hinsichtlich seiner angeblichen Homosexualität für unglaubwürdig hält. Insoweit verweist das Gericht auf die Begründung dieses Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Das Vorbringen des Klägers in der Klageschrift ist schon im Ansatz nicht geeignet, diese Bewertung in Frage zu stellen: Nicht überzeugen kann insbesondere der Einwand, der Kläger habe im Senegal (nicht: in Somalia) seine Homosexualität nicht ausgelebt, sondern das Leben eines heterosexuellen Mannes gelebt, um sich nicht in Todesgefahr zu begeben, das Bundesamt habe deshalb zu Unrecht die „homosexuellen Eigenschaften“ des Klägers „aufgrund der Lebensweise des Klägers (…) im Senegal“ verneint bzw. dem diesbezüglichen Sachvortrag nicht geglaubt, der Kläger habe schlüssig dargelegt, warum es ihm nicht möglich gewesen sei, im Senegal seine Homosexualität auszuleben. Diese Argumentation verkennt schon im Ansatz, dass der Kläger gar nicht vorgebracht hatte, er habe im Senegal seine Homosexualität nicht ausgelebt: Vielmehr hatte er schon beim Bundesamt angegeben, er habe im Alter von 10 Jahren in der Koranschule angefangen, Jungen anzufassen, bzw. er sei mit 10 daran gewöhnt gewesen, mit Männern herumzumachen, ferner, er sei in Mbour in die Schwulenszene integriert gewesen und habe in … homosexuelle Beziehungen unterhalten. In der mündlichen Verhandlung hat er darüber hinaus u.a. vorgebracht, er habe bereits während seines Aufenthalts in … Sex mit Homosexuellen gehabt und habe später in … Sex mit Ausländern gegen Bezahlung gehabt. Hinzu kommt, dass der Kläger beim Bundesamt, nachdem er erst auf Vorhalt und nur zögerlich eingeräumt hatte, verheiratet gewesen zu sein, ausdrücklich angeben hatte, seine frühere Freundin im Jahr 2009 aus Liebe geheiratet zu haben. Das entgegenstehenden Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, es habe sich um eine Zwangsheirat gehandelt, ist als offensichtliche Schutzbehauptung zu bewerten: Es ist nicht nachvollziehbar, warum der Kläger eine solche Zwangsverheiratung bei seiner Anhörung beim Bundesamt nicht einmal im Ansatz erwähnt haben sollte, vielmehr im Gegenteil ausdrücklich von einer Liebesheirat gesprochen haben sollte. Es ist auch nicht plausibel, dass es sich hierbei um einen Übersetzungsfehler gehandelt haben könnte. Gemessen an den Angaben des Klägers kann demnach schon keine Rede davon sein, er habe in Senegal seine angebliche Homosexualität nicht ausgelebt, erst Recht trifft es nicht zu, dass er nur deshalb das Leben eines heterosexuellen Mannes gelebt hat, weil es ihm nicht möglich gewesen wäre, seine angebliche Homosexualität auszuleben.
Zur Überzeugung des Gerichts handelt es sich auch bei der erst mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 29. März 2017 nachträglich vorgebrachten Behauptung, er unterhalte in Deutschland eine homosexuelle Beziehung zu Herrn D. M., um eine offensichtliche Schutzbehauptung: Gemessen an den klägerischen Angaben in der mündlichen Verhandlung will er seit August 2016 eine homosexuelle Beziehung mit dem D. M. unterhalten haben (bereits in der ersten Woche soll es zum Geschlechtsverkehr gekommen sein), diese Beziehung soll dabei schon zum Zeitpunkt der Anhörung beim Bundesamt am 5. August 2016 bestanden haben. Daran gemessen ist es gänzlich unplausibel, dass der Kläger diese homosexuelle Beziehung zu dem D. M. bei seiner Anhörung beim Bundesamt nicht vorgebracht hatte und auch noch in der Klagebegründung vom 14. Dezember 2016 nicht vorbringen ließ. Nicht gefolgt werden kann dem diesbezüglichen Erklärungsversuch des Klägers, er sei beim Bundesamt nicht danach gefragt worden: Das Bundesamt hatte den Kläger bei der Anhörung eingehend zu der von ihm ohne jede Scheu vorgebrachten angeblichen Homosexualität befragt. Der Kläger hätte mehrfach Gelegenheit gehabt, die angebliche Beziehung zu dem D. M. ggf. auch von sich aus vorzubringen, was angesichts der Relevanz des Bestehens einer solchen konkreten homosexuellen Beziehung für das klägerische Vorbringen auch zu erwarten gewesen wäre. Hinzu kommt, dass auch D. M. bei seiner Anhörung beim Bundesamt am 18. Oktober 2016 (die Niederschrift über diese Anhörung hat das Gericht in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren einbezogen und der Klagepartei Einblick in diese gewährt) zwar ausführlich und offen über seine angebliche Homosexualität und seine früheren Beziehungen sprach, hingegen nichts von einer homosexuellen Beziehung mit dem Kläger berichtete. Ausdrücklich brachte D. M. vor, er habe nur die von ihm geschilderten zwei Beziehungen in Senegal gehabt. Die Frage nach einer Beziehung oder sexuellen Affäre während seines bereits drei Jahre andauernden Aufenthalts in Deutschland verneint er: Er habe nur im Internet mit Homosexuellen gechattet, aus Angst habe er es dabei belassen. Auch diese von D. M. am 18. Oktober 2016 gemachten Angaben stehen im offensichtlichen Widerspruch zur klägerischen Behauptung, seit August 2016 eine homosexuelle Beziehung mit dem D.M. zu unterhalten.
Auch sonst belegt das klägerische Vorbringen auf Fragen des Gerichts und der Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung, dass es sich bei der vorgebrachten Homosexualität zur Überzeugung des Gerichts um eine Schutzbehauptung handelt: So hat der Kläger etwa – anders als noch beim Bundesamt – u.a. zusätzlich behauptet, auch in seiner Zeit in … – nach Beendigung der Koranschule und vor dem Umzug nach … – andere Schwule kennengelernt zu haben, mit denen er Sex gehabt habe sowie in … gegen Bezahlung homosexuellen Geschlechtsverkehr mit Ausländern gehabt zu haben. Diese Steigerungstendenz streitet für die Unglaubwürdigkeit der klägerischen Angaben. Widersprüchlich ist auch das klägerische Vorbringen zum Zeitpunkt des sog. inneren coming out: Auf Frage des Gerichts und nochmalige Nachfrage der Bevollmächtigten hatte der Kläger in der mündlichen Verhandlung zunächst angegeben, er habe erst im Jahr 2010 – also im Alter von etwa 20 Jahren – zum ersten Mal gemerkt, dass er schwul sei. Auf Vorhalt seiner Angaben beim Bundesamt bejahte er dann, dass er seit dem Alter von zehn Jahren schwul gewesen sei. Diesen Widerspruch konnte der Kläger auch auf Vorhalt nicht aufklären. Gänzlich unglaubwürdig ist auch das klägerische Vorbringen zum angeblich fluchtauslösenden Ereignis: Das entsprechende Vorbringen beim Bundesamt hatte dieses im Bescheid zu Recht als unglaubwürdig eingestuft (§ 77 Abs. 2 AsylG). Hieran ist auch nach Befragen des Klägers in der mündlichen Verhandlung uneingeschränkt festzuhalten: Nicht nachvollziehbar ist etwa, warum der Kläger, obwohl katholischer Christ geworden und deshalb angeblich von seiner Familie verstoßen und nach … gegangen, anlässlich der Feier des muslimischen Magal-Festes in sein Haus in … zurückkehrt und dort viele muslimische Familienmitglieder als Gäste beherbergt. Die klägerische Erklärung in der mündlichen Verhandlung, er sei nur gekommen, um seine Sachen abzuholen, überzeugt nicht: Es stellt sich schon die Frage, warum der Kläger dies bei seiner Anhörung beim Bundesamt nicht vorgebracht hatte. Auch erschließt sich nicht, warum der Kläger, wenn er nur gekommen war, um seine Sachen zu holen, zugleich anlässlich des muslimischen Magal-Festes viele muslimische Familienmitglieder als Besucher in sein Haus aufgenommen hatte. Soweit der Kläger auf den entsprechenden Vorhalt dann meinte, es habe sich um Familienmitglieder gehandelt, die immer in dem Haus gewohnt hätten, steht dies nicht nur zum Vorbringen beim Bundesamt, sondern auch zu dem unmittelbar zuvor in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben, er habe eine große Familie zu Besuch gehabt, er habe viele Leute beherbergt, im eklatanten Widerspruch. Auf Vorhalt dieses Widerspruchs korrigierte der Kläger sein Vorbringen dann erneut dahingehend, es hätten nur zwei Leute dort gewohnt, alles andere seien Gäste gewesen. Unplausibel ist auch, warum der Kläger das erhebliche Risiko eingegangen sein soll, mit den drei Freuden aus … – die für das Magal-Fest (so die Einlassung beim Bundesamt) bzw. um seine Sachen abzuholen (so die Angaben in der mündlichen Verhandlung) nach … in sein Haus mitgekommen sein sollen – trotz Anwesenheit zahlreicher muslimischer Gäste in einem u.a. wegen der Hitze unverschlossen gebliebenen Zimmer homosexuellen Geschlechtsverkehr zu haben. Dies gilt zumal der Kläger nach seinen Angaben immer sehr vorsichtig gewesen sein will, damit seine Homosexualität nicht bekannt wird, und seine Familie gemäß seinen Angaben bis 2014 noch nichts von seiner Homosexualität gewusst haben soll. Die Einlassung des Klägers, das Zimmer sei im 1. Stock gewesen, nachts komme niemand nach oben, überzeugt nicht. Nicht nachvollziehbar ist auch, warum der Polizeibeamte, der angeblich den Kläger und seine drei Freunde vor der Menge beschützt haben und ins Krankenhaus gefahren haben soll, diese trotz der Strafbarkeit homosexueller Handlungen nicht festgenommen hat: Der Kläger hat in der Klagebegründung selbst vorbringen lassen, er könne sich nicht in den Schutzbereich der Polizei begeben, weil diese in seinem Verhalten eine Straftat sehe und ihn sofort festnehmen würde. Die Einlassung des Klägers, der Polizist habe sie nicht festgenommen, weil einfach so viele Leute dagewesen seien, überzeugt nicht, zumal diese vielen Leute angeblich gerade dabei gewesen sein sollen, den Kläger und seine drei Freunde wegen der festgestellten homosexuellen Handlungen zu verprügeln.
Nach alldem ist bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände festzustellen, dass dem Kläger nicht geglaubt werden kann, dass er homosexuell ist. Vielmehr ist davon auszugehen, dass dieser lediglich aus asyltaktischen Gründen die Schutzbehauptung aufstellt, homosexuell zu sein.
4. Schließlich hat die Klage auch hinsichtlich des klägerischen Vorbringens einer Erkrankung an chronischer Hepatits Bkeinen Erfolg. Insbesondere besteht kein krankheitsbedingtes zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Sätze 1 bis 4 AufenthG:
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Regelung in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfasst dabei nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können (st. Rspr., BVerwG, U. v. 25.11.1997 – Az. 9 C 58.96 – juris; BVerwG, U. v. 29.10.2002 – 1 C 1/02 – juris; BayVGH, U. v. 8.3.2012 – 13a B 10.30172 – juris; OVG NW, U. v. 27.1.2015 – 13 A 1201/12.A – juris Rn. 45). Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich dabei auch aus der Krankheit eines Ausländers ergeben, wenn diese sich im Heimatstaat verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich darüber hinaus trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann, etwa weil er nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügt (BVerwG, U. v. 29.10.2002, a.a.O.; BayVGH, U. v. 8.3.2012, a.a.O.). Dabei setzt die Annahme einer erheblichen konkreten Gefahr voraus, dass sich der Gesundheitszustand des betroffenen Ausländers alsbald nach der Ankunft im Zielland der Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde (BVerwG, U. v. 25.11.1997, a.a.O.). Durch Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11. März 2016 (BGBl I S. 390) wurden hinsichtlich des krankheitsbedingten zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses durch § 60 Abs. 7 Sätze 2 bis 4 AufenthG zusätzlich folgende Bestimmungen getroffen: Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist.
Das Vorbringen des Klägers, er leide an Hepatitis B, kann ein solches krankheitsbedingtes zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Sätze 1 bis 4 AufenthG nicht begründen:
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass in dem vom Kläger vorgelegten Schreiben des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 3. November 2015 lediglich von einem „Hinweis“ auf eine chronische Hepatitis Bdie Rede ist und der Kläger trotz des entsprechenden Vorhalts im ablehnenden Beschluss im Verfahren über den Antrag nach § 123 VwGO vom 27. Januar 2017 auch bis zur bzw. in der mündlichen Verhandlung keinerlei aktuelle ärztliche Atteste oder Befunde vorgelegt hat. Hierauf kommt es indes letztlich nicht an, weil selbst dann kein krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot bestünde, falls der Kläger derzeit tatsächlich an einer chronischen Hepatitis Berkrankt wäre: Ein krankheitsbedingtes zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis wegen einer etwaigen chronischen Hepatitis Bscheidet allein deshalb aus, weil es sich hierbei nicht um eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung handelt, die sich im Falle einer etwaigen Nichtbehandlung alsbald nach der Ankunft im Zielland der Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde: Dem Gericht ist bekannt, dass eine unbehandelte chronische Hepatitis Bbei einem Teil der Betroffenen im Laufe der Jahre zu einer narbigen Schrumpfung der Leber (Leberzirrhose) führen kann und außerdem ein erhöhtes Risiko besteht, dass sich eine Krebserkrankung der Leber (Leberzellkarzinom) entwickelt (vgl. dazu etwa den Ratgeber des Robert Koch Instituts zu Hepatitis B und Dvom 20. Mai 2016, veröffentlicht auf www.rki.de unter Infektionsschutz/RKI-Ratgeber für Ärzte/Hepatitis B und D). Hierbei handelt es sich aber gerade nicht um Folgen, die alsbald nach der Ankunft im Zielland der Abschiebung eintreten. Es ist auch überhaupt nicht abzusehen, ob im Einzelfall des Klägers später einmal derart schwerwiegende Folgen auftreten werden. Mithin liegt gerade nicht die von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorausgesetzte erhebliche konkrete Gefahr für Leib und Leben vor.
Es sei nochmals verdeutlicht, dass § 60 Abs. 7 Sätze 1 bis 4 AufenthG keine optimale Gesundheitsversorgung gewährleistet. Möglicherweise könnte der Kläger bei einem weiteren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland eine bessere gesundheitliche Versorgung als im Heimatstaat erlangen. Der Abschiebungsschutz des § 60 Abs. 7 Sätze 1 bis 4 AufenthG gewährleistet indes nicht die Heilung oder bestmögliche Linderung von Krankheiten im Bundesgebiet. Vielmehr besteht Abschiebungsschutz lediglich insoweit, als sich im Fall der Rückkehr in das Heimatland eine vorhandene Erkrankung auf Grund der Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung alsbald und in einer Weise verschlimmern würde, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führen würde. Dies kann im Fall des Klägers nicht festgestellt werden.
Die Klage war hinsichtlich des Asylantrags als offensichtlich unbegründet abzuweisen (§ 78 Abs. 1 Satz 2 AsylG). Dies ergibt sich bereits allein aus dem Umstand, dass gemessen an dem Vorstehenden die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen (vgl. dazu § 30 Abs. 1 AsylG). Darüber hinaus ist Senegal kraft Gesetzes zum sicheren Herkunftsstaat bestimmt (Anlage II zu § 29 a Abs. 2 AsylG), weshalb zudem entsprechend § 29 a Abs. 1 AsylG von einem offensichtlich unbegründeten Asylantrag auszugehen ist.
Nach alldem war die gemäß § 83 b AsylG gerichtskostenfreie Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO hinsichtlich des Asylantrags als offensichtlich unbegründet und im Übrigen als unbegründet abzuweisen (§ 78 Abs. 1 Satz 2 AsylG).
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Dieses Urteil ist unanfechtbar (§ 78 Abs. 1 AsylG).