Verwaltungsrecht

Offensichtlich unbegründeter Asylantrag – Senegal

Aktenzeichen  M 2 S 16.30458

Datum:
11.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 4, § 25 Abs. 1, Abs. 5, § 29a Abs. 1, § 36 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 4 S. 1, S. 2, § 75, § 77 Abs. 1 S. 1 Hs. 2, Abs. 2, § 80, § 83 b
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 4, Abs. 5, Abs. 6, Abs. 7 S. 1
GG GG Art. 16a Abs. 1, Abs. 3, Abs. 4 S. 1
VwGO VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 5 S. 1, § 154 Abs. 1

 

Leitsatz

Die Ablehnung des Asylbegehrens als offensichtlich unbegründet, weil der Senegal ein sicherer Herkunftsstaat ist (§ 29a AsylG), wird nicht durch einen unglaubhaften Verfolgungsvortrag – Flucht erst Jahre nach der behaupteten Verfolgung – erschüttert. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der 1979 geborene Antragsteller ist senegalesischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Diola (Jola) an. Er reiste nach eigenen Angaben am 2. Februar 2013 auf dem Seeweg nach Deutschland ein und meldete sich 4. Februar 2013 in … als Asylbewerber. Am 11. Februar 2013 stellte er Asylantrag. Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt … (Bundesamt) gab er im Wesentlichen an: Die Rebellen in der … hätten ihn als Kämpfer verpflichten wollen. Nachdem er und sein Vater dies abgelehnt hätten, sei sein Vater im Jahr 2001 von den Rebellen umgebracht worden. Er habe dann in Gambia und in Dakar gelebt. Im Jahr 2013 habe ihm sein Onkel zur Ausreise geraten und einen Platz auf einem Schiff verschafft. Mit der Justiz, der Polizei oder anderen Behörden habe er keine Probleme gehabt.
Mit Bescheid vom 23. Februar 2016 lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet (Ziff. 1 und 2) und den Antrag auf subsidiären Schutz als unbegründet (Ziff. 3) ab; es stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 4) und forderte den Antragsteller unter Androhung der Abschiebung in den Senegal oder einen anderen zu seiner Aufnahme bereiten oder zu seiner Rückübernahme verpflichteten Staat auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche zu verlassen (Ziff. 5); die Einreise- und Aufenthaltsverbote gemäß § 11 Abs. 7 und Abs. 1 wurden auf 30 und auf 10 Monate befristet (Ziff. 6 und 7). Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, der Antragsteller stamme aus einem sicheren Herkunftsstaat i. S.v. Art. 16a Abs. 3 GG und sein Asylantrag sei nach § 29a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abzulehnen, da er nichts vorgetragen habe, was entgegen der allgemeinen Einschätzung der Lage in seinem Herkunftsstaat die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung rechtfertige. Der Bescheid wurde dem Antragsteller mit Schreiben vom 29. Februar 2016 zugestellt.
Am 4. März 2016 erhoben die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers Asylklage mit den Anträgen, die Antragsgegnerin mit der Aufhebung ihres Bescheids zu verpflichten, den Antragsteller als Asylberechtigten anzuerkennen, (hilfsweise) ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG festzustellen. Gleichzeitig wurde gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung wurde zunächst auf das mündliche Vorbringen der Klagepartei bei Verwaltung und Behörden verwiesen. Eine weitere Begründung erfolgte nicht.
Die Antragsgegnerin äußerte sich abgesehen von der Aktenübersendung nicht.
Im Übrigen wird auf die vorgelegte Verwaltungsakte und die Gerichtsakten verwiesen.
II.
Für das Gericht ist hinsichtlich der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG). Insbesondere kommen das AsylG und das AufenthG in den durch das Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11. März 2016 (BGBI I S. 390) und das Gesetz zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 11. März 2016 (BGBI I S. 394) geänderten Fassungen zur Anwendung.
Der Antrag ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung zulässig (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, § 75 AsylG; § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i. V. m. § 36 Abs. 3 AsylG), jedoch unbegründet.
Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (Art. 16 a Abs. 4 Satz 1 GG, § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG). Ernstliche Zweifel liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird (BVerfGE 94, 166, 194). Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig (§ 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG). Vorliegend bestehen im Ergebnis keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids vom 23. Februar 2016.
Die Androhung der Abschiebung unter Bestimmung einer Ausreisefrist von einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung stützt sich auf die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet § 34 Abs. 1 i. V. m. § 36 Abs. 1 AsylG). Das Gericht hat daher die Einschätzung des Bundesamts, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen. Maßgeblich ist dabei, ob sich diese Einschätzung im Ergebnis als tragfähig und rechtmäßig erweist. Darüber hinaus hat das Gericht gemessen am Maßstab der ernstlichen Zweifel auch zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG verneint hat (vgl. zum Ganzen: Marx, Kommentar zum AsylVfG, 8. Auflage, § 36 Rn. 43, 56 f. m. w. N.).
Das Bundesamt ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Bundesamt keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Satz 1 AufenthG festgestellt hat. Dem Antragsteller droht offensichtlich weder im Hinblick auf die allgemeine Situation in Senegal noch aufgrund besonderer individueller Umstände eine asylerhebliche Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung im Sinne des Artikel 16 a Abs. 1 GG sowie der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG und § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG.
Der Antragsteller hat keine nachvollziehbaren und stichhaltigen Tatsachen zur Widerlegung der Vermutung des § 29a Abs. 1 AsylG angegeben. Selbst wenn er, wie von ihm behauptet, im Jahr 2001 von Rebellen zur Beteiligung an dem bewaffneten Aufstand in der … gedrängt worden sein sollte, so hat er nichts dafür vorgetragen, dass er im Jahr 2013 den Senegal notgedrungen verlassen musste. Eine Angabe etwaiger Asylgründe oder Abschiebungshindernisse wäre umso mehr erforderlich gewesen, als es sich beim Senegal um einen sicheren Herkunftsstaat i. S.v. Artikel 16 a Abs. 3 GG und § 29 a i. V. m. Anlage II AsylG handelt. Das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamts ist daher nach § 29 a Abs. 1 AsylG gerechtfertigt.
Im Übrigen wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheids verwiesen.
Nach alledem war der gemäß § 83 b AsylG gerichtskostenfreier Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.

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