Verwaltungsrecht

Rechtliche und gesellschaftliche Situation Homosexueller in Uganda

Aktenzeichen  9 B 17.31710

Datum:
15.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 1009
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 80

 

Leitsatz

Verfahrensgang

M 25 K 13.31348 2014-11-19 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Es ist Beweis zu erheben zu folgenden Fragen:
1. a) Wie ist die strafrechtliche Rechtslage in Uganda bezüglich gleichgeschlechtlicher Handlungen, nachdem das vom Präsidenten am 24. Februar 2014 unterzeichnete Gesetz, aufgrund dessen Homosexuelle zu lebenslanger Haft verurteilt werden können, vom Obersten Gericht Anfang August 2014 für verfassungswidrig erklärt wurde?
b) Sind gleichgeschlechtliche Handlungen, insbesondere auch zwischen Frauen, in Uganda strafbar?
2. a) Ist es in den vergangenen 5 Jahren zu Verhaftungen Homosexueller in Uganda gekommen?
b) Welche Verfahren wurden ggf. aufgrund der Verhaftungen Homosexueller eingeleitet oder sind die betroffenen Personen – ggf. nach welcher Zeit – wieder freigelassen worden?
c) Ist es in den vergangenen 5 Jahren zu strafrechtlichen Verurteilungen Homosexueller in Uganda gekommen?
d) Sind strafrechtliche Verurteilungen Homosexueller in Uganda in den vergangenen 5 Jahren vollzogen worden?
3. a) Wie verhält sich die ugandische Zivilbevölkerung und die ugandische Presse gegenüber Homosexuellen?
b) Sind Übergriffe, Verfolgungen oder Bedrohungen Homosexueller durch nichtstaatliche Akteure in Uganda bekannt?
c) Gibt es Erkenntnisse, dass der ugandische Staat Übergriffe, Verfolgungen oder Bedrohungen nichtstaatlicher Akteure auf Homosexuelle toleriert oder ist der ugandische Staat ggf. bei derartigen Übergriffen bereit und in der Lage Schutz zu gewähren?
d) Sind menschenrechtswidrige Behandlungen von Homosexuellen in Uganda durch einzelne staatliche Akteure im Rahmen von Verhaftungen oder Schutzsuchen bekannt?
e) Besteht eine erhöhte Gefahr für Homosexuelle von Verhaftungen durch den ugandischen Staat sowie von Übergriffen oder menschenrechtswidrigen Behandlungen durch den ugandischen Staat oder durch nichtstaatliche Akteure, wenn diese öffentlich auftreten?
f) Sind homosexuelle Frauen ggf. von derartigen Verhaftungen, Übergriffen oder menschenrechtswidrigen Behandlungen stärker gefährdet als homosexuelle Männer?
4. Sind (sonstige) Unterschiede in der Behandlung homosexueller Frauen gegenüber homosexuellen Männern bekannt?
5. a) Nimmt der ugandische Staat oder die ugandische Bevölkerung vom Engagement Homosexueller im Ausland, speziell in der Bundesrepublik Deutschland, Kenntnis?
b) Falls ja, besteht in diesem Fall eine erhöhte Gefährdung, dass die betreffende Person Verhaftungen durch den ugandischen Staat sowie Übergriffen oder menschenrechtswidriger Behandlung durch den ugandischen Staat oder durch nichtstaatliche Akteure ausgesetzt wird?
6. Ist die Tötung einer W* … … aus dem Dorf K* … im Jahr 2007 bekannt und falls ja, welche Hintergründe sind zu der Tat bekannt?
II. Die Beweiserhebung nach I. erfolgt durch Einholung einer Auskunft bei folgenden Stellen:
1.Auskunft des Auswärtigen Amtes, 11013 Berlin,
2.Amnesty International Deutschland e.V., Zinnowitzer Straße 8,
10115Berlin.
III. Das Verfahren wird bis zum Eingang der letzten Auskunft beim Verwaltungsgerichtshof ausgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin ist ugandische Staatsangehörige, zugehörig zur Volksgruppe der Muganda und stammt aus K* … Sie stellte am 11. August 2011 in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag. Zur Begründung erklärte die Klägerin, dass sie aufgrund ihrer homosexuellen Orientierung in ihrem Heimatort bedroht worden sei. Ihre Freundin, W* … … sei 2007 ermordet worden. 2011 habe der Local Council nach ihr gesucht und ihr Verkaufsstand sei von Unbekannten niedergebrannt worden.
In der Bundesrepublik Deutschland engagiert sich die Klägerin in der Lesben-Community und tritt auch bei verschiedenen Veranstaltungen öffentlich auf. Sie ist in verschiedenen Publikationen abgebildet und erkennbar (z.B. TSD PrideGuide Magazin anlässlich des Christopher Street Days …, Kinospot zum CSD … und einem Youtube-Kurzfilm zum Bleiberecht für lesbische Geflüchtete von …: …*).
II.
Die Beweiserhebung ist erforderlich, da das Bundesamt den Vortrag der Klägerin teils als unglaubwürdig und teils als flüchtlingsschutzunerheblich eingestuft hat, die rechtliche und gesellschaftliche Situation Homosexueller in Uganda und im Speziellen lesbischer Frauen, im Hinblick auf die bestehende Auskunftslage aber weiterer Aufklärung bedarf. Für die gerichtliche Beurteilung des Vorbringens und der rechtlichen Folgen sind die im Beweisbeschluss erbetenen Informationen relevant.
Die Verfahrensaussetzung folgt analog § 94 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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