Aktenzeichen 11 CS 18.834
VwGO § 80 Abs. 5
Leitsatz
Ruht ein Betrieb des gewerblichen Güterkraftverkehrs und ist trotz des grundsätzlichen Fortführungswillens eine sofortige Wiederaufnahme des Geschäfts nicht möglich, so hat das Unternehmen die Erlaubnisausfertigungen an die zuständige Behörde zurückzugeben. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
W 6 S 18.223 2018-03-16 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Unter Abänderung von Nr. 3 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 16. März 2018 wird der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen auf jeweils 6.500,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Verpflichtung zur Rückgabe von Erlaubnisausfertigungen für den gewerblichen Güterkraftverkehr.
Die Antragstellerin ist Inhaberin einer am 10. Mai 1999 erteilten unbefristeten Erlaubnis für den gewerblichen Güterkraftverkehr. Im Jahr 2015 erhielt das Landratsamt Aschaffenburg (im Folgenden: Landratsamt) Kenntnis davon, dass der Geschäftsbetrieb der Antragstellerin ruht und weder Transportfahrzeuge auf das Unternehmen zugelassen noch von diesem angemietet sind. Nach Schriftwechsel und Gesprächen mit der Antragstellerin und ihrem Bevollmächtigten entzog das Landratsamt mit Bescheid vom 16. Januar 2018 unter Anordnung des Sofortvollzugs die für den damaligen Fahrzeugbestand ausgestellten 13 Ausfertigungen der Erlaubnisurkunde und verpflichtete den Inhaber und Geschäftsführer der Antragstellerin zur Rückgabe der Ausfertigungen.
Dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht Würzburg mit Beschluss vom 16. März 2018 hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung und Kostenentscheidung im angefochtenen Bescheid wegen nicht hinreichender Bestimmtheit des Adressaten der Regelungen statt und lehnte den Antrag im Übrigen ab.
Gegen die Ablehnung des Antrags richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, der der Antragsgegner entgegentritt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die im Bescheid ausgesprochene Verpflichtung der Antragstellerin zur Rückgabe der Erlaubnisausfertigungen rechtswidrig wäre.
1. Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 des Güterkraftverkehrsgesetzes – GüKG – vom 22. Juni 1998 (BGBl I S. 1485), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Mai 2017 (BGBl I S. 1214), erhält der Erlaubnisinhaber auf Antrag neben der Erlaubnis für die geschäftsmäßige oder entgeltliche Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen so viele Erlaubnisausfertigungen, wie ihm weitere Fahrzeuge und die für diese erforderliche finanzielle Leistungsfähigkeit zur Verfügung stehen. Hierdurch ist er in der Lage, dafür zu sorgen, dass das Fahrpersonal die Erlaubnis oder eine Erlaubnisausfertigung während der Fahrt zur Prüfung durch Kontrollberechtigte mitführt (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 GüKG).
Verringert sich nach der Ausstellung von Ausfertigungen der Erlaubnis der Fahrzeugbestand nicht nur vorübergehend, so hat das Unternehmen überzählige Ausfertigungen an die zuständige Behörde zurückzugeben (§ 3 Abs. 3 Satz 3 GüKG). Stellt das Unternehmen den Betrieb endgültig ein, so hat es die Erlaubnis und alle Ausfertigungen unverzüglich zurückzugeben (§ 3 Abs. 3 Satz 4 GüKG).
2. Das Landratsamt hat von der Antragstellerin zu Recht die Rückgabe der 13 Erlaubnisausfertigungen verlangt. Bereits im Jahr 2015 hatte es im Rahmen einer Prüfung des Unternehmens durch ein Schreiben der Antragstellerin vom 23. Juli 2015, dem die Mitteilung einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft vom 7. Juli 2015 beigefügt war, wonach der Geschäftsbetrieb ruhe, Kenntnis davon erlangt, dass sich der Fahrzeugbestand (jedenfalls) nicht nur vorübergehend verringert hat. Daran hat sich bis zum Erlass des angefochtenen Bescheids, worauf hinsichtlich der Prüfung seiner Rechtmäßigkeit abzustellen ist, nichts geändert. Vielmehr hat auch der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin gegenüber dem Landratsamt mit Schreiben vom 28. September 2017 eingeräumt, dass der Betrieb ruht und trotz des grundsätzlichen Fortführungswillens eine sofortige Wiederaufnahme des Geschäfts nicht möglich sei. Seinem weiteren Schreiben vom 13. November 2017 ist zu entnehmen, dass nicht geplant sei, eigene Fahrzeuge anzuschaffen. Vielmehr soll der Fahrzeugbestand hauptsächlich mit Miet- und Leasingfahrzeugen bestückt werden. Nachdem jedoch die Wiederaufnahme des Betriebs bis zum Erlass des Bescheids von der Antragstellerin nicht nachgewiesen wurde, waren in diesem (maßgeblichen) Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Rückforderung der Erlaubnisausfertigungen gemäß § 3 Abs. 3 Satz 3 GüKG erfüllt. Im Übrigen bestanden offenbar trotz einer angekündigten Wiederaufnahme des Betriebs und einer „Vorbereitungszeit bis ca. Ostern“ auch bei Einreichung der Beschwerdebegründung vom 20. April 2018 keine Miet- oder Leasingverträge für Transportfahrzeuge.
Falls die Antragstellerin ihren Betrieb nicht endgültig einstellt, sondern alsbald fortführt, kann sie jederzeit die erforderliche Anzahl von Erlaubnisausfertigungen beantragen. Wie dem Vermerk des Landratsamts vom 15. Dezember 2017 über ein Gespräch mit dem Inhaber der Antragstellerin und ihrem Bevollmächtigten zu entnehmen ist, wurden diese ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei Bedarf Ausfertigungen beantragt werden können und bei Vorliegen aller Voraussetzungen auch erteilt werden.
3. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bemisst sich der Streitwert allerdings nicht nach den Empfehlungen in Nr. 47.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, Anh. § 164 Rn. 14). Dort ist für Güterfernverkehrsgenehmigungen ein Streitwert in Höhe von 30.000,- Euro vorgesehen, der in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren ist. Dieser Ansatz erscheint dem Senat für die Rückgabe der Erlaubnisausfertigungen zu hoch. Diese ist wertmäßig nicht mit der Rücknahme oder dem Widerruf der Erlaubnis gleich zu setzen. Angemessen ist insoweit ein Ansatz in Höhe von 1.000,- Euro für jede Ausfertigung, der in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren ist. Daraus ergibt sich für das vorliegende Verfahren bei 13 Ausfertigungen ein Streitwert in Höhe von 6.500,- Euro. Die Befugnis zur Änderung des erstinstanzlich festgesetzten Streitwerts ergibt sich aus § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG.
5. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).