Aktenzeichen M 6 K 15.804
Leitsatz
Jemand, der ein Zimmer zumindest gelegentlich zum Schlafen nutzt, bewohnt dieses und ist damit Inhaber einer Wohnung nach § 2 Abs. 2 S. 1 RBStV. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Mit Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die Klage ist teilweise bereits unzulässig, im Übrigen unbegründet und daher ohne Erfolg.
1. Die erkennende Kammer legt die Klage zugunsten des Klägers dahin aus, dass er die Aufhebung der Festsetzungsbescheide des Beklagten vom … September 2014 und vom … Oktober 2014 sowie des Widerspruchsbescheids vom … Februar 2015 begehrt, § 88 VwGO.
Zweifel ergaben sich insoweit dadurch, dass mit Schriftsatz vom … März 2015 nicht nur für den Kläger, sondern auch für … weitere Kläger Klage gegen den Beklagten wegen weiterer Bescheide und Widerspruchsbescheide erhoben wurde, die in gesonderten gerichtlichen Verfahren geführt werden. Dabei ist nicht nur von Widerspruchsbescheiden (Plural) die Rede, sondern auch von Beitragsbescheiden (ebenfalls Plural), bezogen aber gesammelt auf alle … Kläger. Es ist mangels datumsmäßiger Bezeichnung der Bescheide nicht ersichtlich, ob sich die Klage des hiesigen Klägers gegen nur einen oder beide ergangenen Beitragsbescheide richten sollte. Im wohl verstandenen Interesse des Klägers ist davon auszugehen, dass er alle gegen ihn ergangenen Bescheide anfechten wollte.
2. Hinsichtlich des Festsetzungsbescheids vom … Oktober 2014 ist die Klage aber bereits unzulässig.
Nach Aktenlage ging beim Beklagten am … Oktober 2014 ein Schreiben des „B. – RECHTSABTEILUNG“ vom … Oktober 2014 ein, um Rechtsmittel „gegen den Festsetzungsbescheid“ an den Kläger einzulegen. Wiederum wurde der gemeinte Bescheid datumsmäßig nicht konkretisiert. Es kann sich aber nur um den Festsetzungsbescheid vom … September 2014 gehandelt haben. Denn nur dieser konnte den Kläger bis zum … Oktober 2014 erreicht haben. Beim weiteren Bescheid vom … Oktober 2014, der also auch frühestens an diesem Tag zur Post gegangen sein kann, kann das nicht der Fall gewesen sein. Das als Widerspruch anzusehende „Rechtsmittel“ kann sich also nur auf den einen bereits bekannt gegebenen Festsetzungsbescheid vom … September 2014 bezogen haben.
Ein weiterer Widerspruch auch gegen den Festsetzungsbescheid vom … Oktober 2014 lässt sich der Akte des Beklagten nicht entnehmen, auch wenn der Widerspruchsbescheid vom … Februar 2015 noch einen angeblichen Widerspruch vom … Oktober 2014 nennt.
Mangels Widerspruchs gegen den Festsetzungsbescheid vom … Oktober 2014 ist die am … März 2015 bei Gericht eingegangene Klage zu spät erhoben worden, § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO.
Eine Heilung dieses Zulässigkeitsmangels der Klage wegen des dennoch in der Sache ergangenen Widerspruchsbescheids auch zum Festsetzungsbescheid vom … Oktober 2014 durch den Beklagten als Widerspruchsbehörde und damit „Herrin des Vorverfahrens“ wie im Falle eines verspätet eingelegten Widerspruchs ist nicht möglich, weil der Widerspruch als solcher fehlt.
3. Hinsichtlich des Festsetzungsbescheids vom … September 2014 ist die dagegen erhobene Anfechtungsklage zulässig, aber unbegründet. Dieser Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Dabei ist zu beachten, dass der maßgebliche Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage vorliegend der der letzten Behördenentscheidung, also des Widerspruchsbescheids vom … Februar 2015, ist.
Mit dieser Maßgabe und auf Grundlage der bis dahin erfolgten eigenen Einlassungen des Klägers und seiner zwischenzeitlich Bevollmächtigten steht zur Überzeugung der erkennenden Kammer fest, dass der Kläger als Inhaber einer Wohnung für den festgesetzten Zeitraum rundfunkbeitragspflichtig ist, § 2 Abs. 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag – RBStV -.
Der Kläger selbst teilte in seiner E-Mail vom … Januar 2014 mit, dass er „ein Zimmer als Übernachtungsmöglichkeit“ habe. Damit wird dieses Zimmer zum Schlafen genutzt im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RBStV. Dieses Zimmer muss nun entweder allein für sich eine baulich abgeschlossene Raumeinheit und damit selbst eine Wohnung, oder aber mit anderen Zimmern zusammen Teil einer größeren Wohnung sein. Ansonsten wäre schon die gewählte umgangssprachliche Bezeichnung als Zimmer unzutreffend. Inwiefern dieses Zimmer nicht baulich abgeschlossen sein sollte, wurde bislang nicht näher erläutert.
Indem der Kläger dieses Zimmer zumindest gelegentlich zum Schlafen nutzt, bewohnt er dieses und ist damit Inhaber einer Wohnung, § 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV. Zudem war er zumindest zum maßgeblichen Zeitpunkt unter der streitgegenständlichen Adresse nach Melderecht gemeldet, was zusätzlich die Vermutung des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RBStV auslöst, die der Kläger bislang nicht zu widerlegen vermochte.
Bislang hat der Kläger auch nicht etwa andere Wohnungsinhaber benannt, die den Rundfunkbeitrag für seine Wohnung bereits entrichten würden. Sollte solches der Fall sein oder gewesen sein, hat ihm jedenfalls der Beklagten ausreichend Gelegenheit gegeben, hierzu vorzutragen.
Ob der Kläger tatsächlich mittels BAföG geförderter Student war oder ist und damit ein Befreiungstatbestand nach § 4 Abs. 1 Nr. 5 RBStV vorgelegen hat oder vorliegt, ist für die hier zu entscheidende Klage rechtlich nicht erheblich. Denn nach Aktenlage hat der Kläger bislang keinen Befreiungsantrag gestellt. Ohne einen solchen kann jedoch keine Befreiung erteilt werden. Dem Kläger würde es daher obliegen, in dieser Richtung weiter aktiv zu werden.
Auch die Frage nach einer eventuellen anderen Wohnung des Klägers – es war in der Klageschrift von einem studiennahen Wohnraum die Rede – ist für das vorliegende Verfahren nicht relevant. Hier streitgegenständlich ist nur der angefochtene Bescheid vom … September 2014 mit der Festsetzung für die Wohnung unter der darin genannten Adresse.
Hinsichtlich des Säumniszuschlags wird auf die zutreffenden rechtlichen Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom … Februar 2015 verwiesen, denen die erkennende Kammer folgt.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung – ZPO -.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 393,58 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.