Verwaltungsrecht

Rechtmäßige Versetzung an einen anderen Beschäftigungsort – Telekom

Aktenzeichen  6 CS 16.1371

Datum:
10.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BBG BBG § 28 Abs. 2
VwGO VwGO § 80 Abs. 5, § 146 Abs. 4 S. 6

 

Leitsatz

Eine Versetzung erfolgt aus dienstlichen Gründen, wenn die dem Beamten zugewiesene Tätigkeit wegfällt und er deshalb – im Widerspruch zu beamtenrechtlichen Grundsätzen – faktisch beschäftigungslos wird. Die mit der Möglichkeit der Versetzung unvermeidlich verbundenen persönlichen, familiären und finanziellen Belastungen nimmt ein Bundesbeamter mit dem Eintritt in das Beamtenverhältnis grundsätzlich in Kauf. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 11 S 16.690 2016-06-14 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 14. Juni 2016 – AN 11 S 16.690 – wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller steht als Technischer Fernmeldeamtmann (Besoldungsgruppe A 11) im Dienst der Antragsgegnerin und ist bei der Deutschen Telekom AG (im Folgenden: Telekom) beschäftigt. Ihm war zuletzt eine Tätigkeit als Projektmanager bei der Vivento Customer Services GmbH (VCS GmbH) am Standort N. zugewiesen. Nachdem das Projekt „Megaplan“ und weitere Tätigkeiten, bei denen der Antragsteller eingesetzt war, seit Mai 2015 weggefallen waren und dieser seitdem faktisch keine Beschäftigung hatte, versetzte die Telekom ihn – nach Anhörung – mit Verfügung vom 7. April 2016 aus dienstlichen Gründen mit Wirkung zum 1. Juni 2016 zur Organisationseinheit Telekom Placement Services (TPS) am Beschäftigungsort D. (Hessen). Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein, über den bislang nicht entschieden ist.
Den Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen, lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 14. Juni 2016 als unbegründet ab. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers bleibt ohne Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen, zu Recht abgelehnt, weil die angefochtene Versetzung bei summarischer Prüfung rechtmäßig erscheint und daher der Widerspruch voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird. Die mit der Beschwerde innerhalb der Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), führen zu keiner anderen Beurteilung.
1. Die Rügen, das Verwaltungsgericht habe das Recht auf den gesetzlichen Richter, auf rechtliches Gehör und auf eine eigenständige, die richterliche Überzeugungsbildung zum Ausdruck bringende Begründung verletzt, weil es sich zur rechtlichen Einordnung der Betriebsvereinbarungen „ohne auch nur den geringsten Anflug einer eigenen Begründung“ der Rechtsmeinung der Antragsgegnerin angeschlossen habe, gehen fehl. Denn das Gesetz sieht für das Rechtsmittel der Beschwerde anders als die Vorschriften über Berufung und Revision kein vorgeschaltetes, etwa von der erfolgreichen Rüge eines Verfahrensfehlers abhängiges Zulassungsverfahren (mehr) vor. Der Verwaltungsgerichtshof prüft vielmehr als Beschwerdegericht – innerhalb des durch § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO gezogenen Rahmens – den Rechtsfall im gleichen Umfang wie das Verwaltungsgericht (vgl. BayVGH, B. v. 26.1.2016 – 6 CE 15.2800 – juris Rn. 15 m. w. N.).
2. In der Sache begegnet die Versetzung des Antragstellers zur Organisationseinheit TPS in D. (Hessen) keinen rechtlichen Bedenken. Eine Versetzung ist gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BBG aus dienstlichen Gründen ohne Zustimmung des Beamten zulässig, wenn das neue Amt mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und die Tätigkeit aufgrund der Vorbildung oder Berufsausbildung zumutbar ist. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Versetzung liegen, wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat und von der Beschwerde nicht bestritten wird, vor. Das dem Dienstherrn damit eröffnete Versetzungsermessen hat die Telekom frei von Rechtsfehlern ausgeübt. Der Versetzung stehen entgegen der Ansicht der Beschwerde weder die Gesamtbetriebsvereinbarung zum zentralen Interessenausgleich zur Neuorganisation der VCS GmbH vom 23. Januar 2015 noch die Gesamtbetriebsvereinbarung zum entsprechenden Sozialplan vom selben Tag entgegen.
Es kann offen bleiben, ob und ggf. wie insbesondere ein Sozialplan bei Auflösung von Dienststellen nach Maßgabe von § 24 PostPersRG in Verbindung mit §§ 111, 112 BetrVG das Ermessen des Dienstherrn bei der Versetzung von (aktiven) Beamten lenken kann. Denn die streitige Versetzung fällt nicht in den sachlichen Anwendungsbereich der vom Antragsteller für sich reklamierten Betriebsvereinbarungen vom 23. Januar 2015. Wie der Senat bereits mit Beschluss vom 24. Mai 2016 – 6 CS 16.821 – (juris Rn. 6) ausgeführt hat, betreffen diese Betriebsvereinbarungen nur diejenigen Maßnahmen, die in den §§ 2 ff. der Gesamtbetriebsvereinbarung zum Zentralen Interessenausgleich zur Neuorganisation der VCS GmbH aufgeführt werden, also die dort im Einzelnen beschriebenen Maßnahmen im Zusammenhang mit der „Standortkonsolidierung“ und dem Wechsel an einen der „Zielstandorte“, wobei die „Migration“ vom „Quellstandort“ N. nach R. für das zweite Quartal 2016 geplant ist. Die Versetzung des Antragstellers erfolgte indes nicht im Zuge dieser Neuorganisation und des dadurch verursachten Wechselbedarfs. Sie beruht vielmehr, wie die Telekom von der Beschwerde insoweit letztlich unwidersprochen ausgeführt hat, auf dem dienstlichen Grund, dass die dem Antragsteller bei der VCS GmbH am Standort N. zugewiesene Tätigkeit (Projekt „Megaplan“) bereits mit Ablauf des 30. April 2015, also zeitlich und sachlich unabhängig von der Neuorganisation, weggefallen und der Antragsteller seitdem – in Widerspruch zu den beamtenrechtlichen Grundsätzen – faktisch beschäftigungslos war.
Dem steht nicht entgegen, dass die Versetzung in dem Zeitraum ausgesprochen wurde, in dem die Migration des VCS-„Quellstandorts“ N. zum „Zielstandort“ erfolgen sollte. Die Versetzung des Antragstellers war ursprünglich für den 1. September 2015 vorgesehen und verzögerte sich mit Blick auf die erforderlich gewordene Durchführung eines Einigungsstellenverfahrens (Bl. 9 ff. der Sachakte). Sie ist auf die Übertragung eines auf Dauer angelegten, amtsangemessenen Tätigkeitsbereiches bei einer anderen Organisationseinheit angelegt und steht nicht in sachlichem Zusammenhang mit der Neuorganisation der VCS GmbH, die durch die Gesamtbetriebsvereinbarungen geregelt wird. Ob diese im Übrigen bei aktiven Beamten für den Folgeeinsatz ohne weitere Beschränkungen auf die allgemeinen beamtenrechtlichen Vorschriften und damit auch auf § 28 Abs. 2 BBG verweisen, kann dahinstehen.
Die Versetzung an den neuen Beschäftigungsort in D. (Hessen) ist dem Antragsteller zumutbar. Die mit der Möglichkeit der Versetzung unvermeidlich allgemein verbundenen persönlichen, familiären und die nicht abgedeckten finanziellen Belastungen nimmt ein Bundesbeamter mit dem Eintritt in das Beamtenverhältnis grundsätzlich in Kauf (vgl. BayVGH, B. v. 24.7.2014 – 6 ZB 12.2055 – juris Rn. 9).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V. mit § 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG. In Streitigkeiten um die Rechtmäßigkeit einer Versetzung legt der Senat in ständiger Spruchpraxis für das Hauptsacheverfahren den Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG von 5.000 € zugrunde (BayVGH, B. v. 24.7.2014 – 6 ZB 12.2055 – juris Rn. 12), der für das Eilverfahren halbiert wird (BayVGH, B. v. 24.5.2016 – 6 CS 16.821 – juris Rn. 8).
Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

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