Aktenzeichen 6 ZB 18.324
BBG § 28 Abs. 2 S. 1, § 61, § 78
GG Art. 33 Abs. 5
Leitsatz
1 Verfolgt die Beklagte wesentlich auch das Ziel, einem beschäftigungslosen, aber voll alimentierten Kläger eine (Dauer-) Beschäftigung zu vermitteln, liegt eine Versetzung in einem solchen Fall nicht nur im betriebswirtschaftlichen Interesse der Beklagten, eine Gegenleistung für die fortlaufend gezahlten Bezüge zu erhalten, sondern auch im öffentlichen Interesse an einer sachgerechten und reibungslosen Aufgabenwahrnehmung. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2 Im Regelfall muss der durch eine seinen Dienstort verändernde Personalmaßnahme betroffene Beamte Nachteile, die sich aus dem Erfordernis des Ortswechsels ergeben, im Hinblick auf den Grundsatz der Versetzbarkeit eines Beamten als wesentlicher Bestandteil seiner Pflicht zur Dienstleistung (vgl. § 61 Abs. 1 BBG) grundsätzlich hinnehmen. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
RN 1 K 16.1827 2017-12-20 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg
Tenor
I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 20. Dezember 2017 – RN 1 K 1827 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg.
Der 1959 geborene Kläger ist Technischer Fernmeldeamtmann (Besoldungsgruppe A 11) im Dienst der Beklagten. Seit dem 1. Januar 2005 ist er – mit Ausnahme einer höchstens dreimal im Jahr in Anspruch genommenen Telefonbereitschaft – beschäftigungslos. Mit Bescheid vom 17. März 2016 wurde der Kläger aus dienstlichen Gründen mit Wirkung vom 1. Mai 2016 zur Organisationseinheit Telekom Placement Services (TPS) an den ca. 443 km entfernten Standort D. (Hessen) versetzt und als „Referent Projektmanagement“ im Bereich Business Projects eingesetzt. Gleichzeitig wurde ihm ein mit A 11 bewerteter Personalposten übertragen. Seit dem 29. April 2016 ist der Kläger durchgehend erkrankt. Den vom Kläger erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2016 zurück.
Die vom Kläger daraufhin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht als unbegründet abgewiesen. Es hat im Einzelnen ausgeführt, dass die Versetzung des Klägers formell und materiell rechtmäßig sei. Die im Zulassungsantrag gegen das erstinstanzliche Urteil vorgebrachten Einwendungen bleiben ohne Erfolg und bedürfen keiner weiteren Prüfung oder Aufklärung in einem Berufungsverfahren.
1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Dieser Zulassungsgrund läge vor, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163/1164; B.v. 23.3.2007 – 1 BvR 2228/02 – BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall. Der Senat teilt vielmehr die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Versetzung des Klägers zur Organisationseinheit TPS in D. rechtlich nicht zu beanstanden ist.
Rechtsgrundlage der streitigen Verfügung, mit der der Kläger mit Wirkung vom 1. Mai 2016 zur Organisationseinheit TPS am Standort D. versetzt wurde und als „Referent Projektmanagement“ im Bereich Business Projects eingesetzt werden soll, ist § 28 Abs. 2 Satz 1 BBG. Danach ist eine Versetzung aus dienstlichen Gründen ohne Zustimmung des Beamten zulässig, wenn das neue Amt mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und die Tätigkeit aufgrund der Vorbildung oder Berufsausbildung zumutbar ist.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Versetzung liegen, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, vor. Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen dienstliche Gründe für seine Versetzung. Diese verfolgt wesentlich auch das Ziel, dem seit 2005 – mit Ausnahme einer höchstens dreimal im Jahr in Anspruch genommenen Telefonbereitschaft – beschäftigungslosen, aber voll alimentierten Kläger eine (Dauer-)Beschäftigung zu vermitteln (vgl. BayVGH, B.v. 23.3.2017 – 6 B 16.1627 – juris Rn. 32; OVG NW, B.v. 25.9.2013 – 1 B 571/13 – juris Rn. 14 m.w.N.). Die Versetzung liegt in einem solchen Fall nicht nur im betriebswirtschaftlichen Interesse der Beklagten, eine Gegenleistung für die fortlaufend gezahlten Bezüge zu erhalten, sondern auch im öffentlichen Interesse an einer sachgerechten und reibungslosen Aufgabenwahrnehmung. Hinzu kommt die durch die Versetzung erfolgende Erfüllung des Beschäftigungsanspruchs des zuvor beschäftigungslosen Klägers aus Art. 33 Abs. 5 GG (vgl. BayVGH, B.v. 23.3.2017 – 6 B 16.1627 – juris Rn. 32). Daran ändert auch der vom Kläger betonte Umstand nichts, dass der Dienstherr seit ca. zwei Jahren – infolge der durchgehenden Erkrankung des Klägers – ohne dessen Arbeitskraft auskommen musste. Es ist allein Sache der TPS, ob und wie sie die nun schon mehrjährige Vakanz auf dem betreffenden Arbeitsposten kompensiert. Abgesehen davon geht der Einwand auch deshalb fehl, weil die Entwicklung nach der maßgeblichen letzten Behördenentscheidung nicht entscheidungserheblich ist (BayVGH, B.v. 23.3.2017 – 6 B 16.1627 – juris Rn. 29).
Das dem Kläger bei der TPS übertragene Amt entspricht seinem Statusamt als Technischer Fernmeldeamtmann (Besoldungsgruppe A 11) und ist mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden wie das bisherige Amt, zumal ihm gleichzeitig ein Personalposten mit der Bewertung A 11 übertragen wurde. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die in der Versetzungsverfügung festgelegte Tätigkeit als Referent Projektmanagement im Bereich Business Projects am Beschäftigungsort D. aufgrund der Vorbildung oder Berufsausbildung des Klägers nicht zumutbar wäre, sind weder konkret vorgetragen noch ersichtlich.
Das dem Dienstherrn damit eröffnete Versetzungsermessen hat die Beklagte frei von Rechtsfehlern ausgeübt.
Die Versetzung an den neuen Beschäftigungsort in D. ist dem Kläger zumutbar, auch wenn der neue Dienstort von seinem Wohnort ca. 443 km entfernt liegt. Grundsätzlich muss ein Bundesbeamter die mit der Möglichkeit der Versetzung generell unvermeidlich verbundenen persönlichen, familiären und auch finanziellen Belastungen mit seinem Dienstantritt in Kauf nehmen. Das gilt insbesondere auch für die Belastungen, die auf einem Ortswechsel durch das ganze Bundesgebiet beruhen, denn jeder Bundesbeamte muss grundsätzlich damit rechnen, an verschiedenen Dienstorten in der Bundesrepublik Deutschland eingesetzt zu werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BayVGH, B.v. 23.3.2017 – 6 B 16.1627 – juris Rn. 31; 24.7.2014 – 6 ZB 12.2055 juris Rn. 9; OVG NW, B.v. 30.9.2014 – 1 B 1001/14 – juris Rn. 21). Der Dienstherr hat zwar bei beabsichtigten Personalmaßnahmen die sich aus der Lage der bisherigen Wohnung für den Betroffenen und gegebenenfalls auch seine Familie ergebenden Belastungen im Rahmen seiner Fürsorgepflicht (§ 78 BBG) zu berücksichtigen. Im Regelfall muss aber der durch eine seinen Dienstort verändernde Personalmaßnahme betroffene Beamte Nachteile, die sich aus dem Erfordernis des Ortswechsels ergeben, im Hinblick auf den Grundsatz der Versetzbarkeit eines Beamten als wesentlicher Bestandteil seiner Pflicht zur Dienstleistung (vgl. § 61 Abs. 1 BBG) grundsätzlich hinnehmen. Das gilt umso mehr, wenn die Personalmaßnahme – wie hier – wesentlich auch das Ziel verfolgt, einem zuletzt beschäftigungslosen, aber voll alimentierten Beamten eine dauerhafte Beschäftigung zu übertragen (BayVGH, B.v. 23.3.2017 – 6 B 16.1627 – juris Rn. 32).
In Anwendung dieses Maßstabs hat der Kläger keine durchgreifenden Gesichtspunkte dargelegt, die die Versetzungsverfügung vom 17. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Oktober 2016 rechtswidrig erscheinen ließen, auch wenn der neue Dienstort vom Wohnort des Klägers etwa 443 km entfernt liegt und ein Umzug oder Wochenendpendeln damit kaum vermeidbar ist. Die Beklagte hat glaubhaft versichert, dass eine nähere Einsatzmöglichkeit ohne Erfolg geprüft worden sei. Dabei ist es nicht entscheidungserheblich, wer in diesem Zusammenhang bei der Beklagten welche Anstrengungen unternommen hat, eine heimatnähere Verwendung zu ermöglichen. Die Beklagte war nicht aus Gründen der Fürsorgepflicht gehalten, auf die Dienstleistung des Klägers unter fortdauernder Alimentation aufgrund der vom Kläger geltend gemachten Umstände weiterhin zu verzichten und seine Beschäftigungslosigkeit seit dem Jahr 2005 unter Fortzahlung der Bezüge hinzunehmen. Zur Vermeidung unbilliger Härten reicht es aus, dass dem Kläger als Folge der Übernahme eines dauerhaften Arbeitsplatzes die Erstattung von Fahrmehrkosten, zeitlichem Mehraufwand oder Umzugshilfe zugesichert worden ist (BayVGH, B.v. 23.3.2017 – 6 B 16.1627 – juris Rn. 33).
Das Verwaltungsgericht ist schließlich mit überzeugender Begründung zu der Überzeugung gelangt, dass die vom Kläger geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Versetzung nach D. und einem damit verbundenen Umzug oder einem wöchentlichen Pendeln im maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung nicht entgegengestanden haben. Es hat sich dabei im Wesentlichen auf den amtsärztlichen Untersuchungsbericht vom 10. Juni 2015 gestützt und sich eingehend mit den vom Kläger vorgelegten fachärztlichen Attesten und Bescheinigungen befasst (UA S. 22 bis 26). Mit diesen Ausführungen setzt sich der Zulassungsantrag nicht substantiiert auseinander, sondern hält lediglich seine eigene abweichende Einschätzung entgegen, ohne damit weiteren Klärungsbedarf aufzuzeigen.
2. Aus den unter 1. genannten Gründen weist die Rechtssache auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG. In Streitigkeiten um die Rechtmäßigkeit einer Versetzung legt der Senat in ständiger Spruchpraxis für das Hauptsacheverfahren den Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG von 5.000 € zugrunde (BayVGH, B.v. 10.8.2016 – 6 CS 16.1371 – juris Rn. 10).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).