Verwaltungsrecht

Rechtmäßigkeit des Widerrufs von waffen- und sprengstoffrechtlicher Erlaubnis

Aktenzeichen  M 7 S 16.161

Datum:
27.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AWaffV AWaffV § 3 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1
BayVwVfG BayVwVfG Art. 48 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1, Art. 52 S. 1
BZRG BZRG § 52 Abs. 1 Nr. 4
SprengG SprengG § 8 Abs. 1 Nr. 1, § 27 Abs. 1, § 34 Abs. 1, Abs. 5
StPO StPO § 153 Abs. 1, § 153a
VwGO VwGO § 80 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 S. 1, Abs. 4, Abs. 5 S. 1, S. 3, § 117 Abs. 3
WaffG WaffG § 2 Abs. 2, § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 lit. c, § 7, § 10 Abs. 1, Abs. 4, § 12, § 21 Abs. 1, , § 22, § 45 Abs. 1, Abs. 2, § 46 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2, § 52 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4

 

Leitsatz

Unabhängig davon, ob die fehlerhafte Erteilung der Erlaubnis auf einem Rechts- oder Tatsachenirrtum oder einer bewussten Fehlentscheidung beruht, sind waffen- oder sprengstoffrechtliche Erlaubnisse nach § 45 Abs. 1 WaffG bzw. § 34 Abs. 1 SprengG zwingend zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Erlaubnis hätte versagt werden müssen (ebenso OVG NRW BeckRS 2005, 30008). (redaktioneller Leitsatz)
Es besteht ein überragendes Interesse der Allgemeinheit daran, das mit dem privaten Waffenbesitz verbundene erhebliche Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten und nur bei Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (ebenso BayVGH BeckRS 2008, 40195). (redaktioneller Leitsatz)
Die Ordnungsbehörden und das Verwaltungsgericht sind rechtlich nicht an die Beurteilungen in strafgerichtlichen Entscheidungen gebunden, sie haben vielmehr eigenständig festzustellen, welchen Gesetzesverstoß der Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis begangen hat, und rechtlich zu beurteilen, ob dieser Verstoß im Sinne des Waffengesetzes gröblich ist (ebenso BVerwG BeckRS 9998, 167364). (redaktioneller Leitsatz)
Der Verwertung von Rechtsverstößen im Waffenrecht steht es nicht entgegen, wenn das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gem. § 153 StPO wegen Geringfügigkeit eingestellt worden ist (ebenso BayVGH BeckRS 2013, 54835). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Der Streitwert wird auf 8.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
In dem Klageverfahren (M 7 K 16.159) wendet sich der Antragsteller gegen den Widerruf seiner waffen- und sprengstoffrechtlichen Erlaubnisse und begehrt die Erteilung einer Waffenhandelserlaubnis sowie eine Erlaubnis zur Durchführung von Waffensachkundeprüfungen.
Am 30. Dezember 2012 erteilte ihm das Landratsamt … (im Folgenden: Landratsamt) die Waffenbesitzkarten Nr. … und …, in die zwei Kurz- und fünf Langwaffen eingetragen sind, sowie am 14. März 2014 eine sprengstoffrechtliche Erlaubnis nach § 27 Abs. 1 SprengG und einen Kleinen Waffenschein. Am 27. Januar 2014 trug es den Antragsteller als zusätzlichen Berechtigten in die Waffenbesitzkarte seiner Ehefrau ein, in die eine Kurz- und sieben Langwaffen eingetragen sind, sowie als Mitberechtigten in die Waffenbesitzkarte seines Vaters, in die eine Kurzwaffe eingetragen ist.
Mit Schreiben vom 5. August 2014, 2. und 20. Februar 2015 beantragte der Antragsteller die Erteilung einer Waffenhandelserlaubnis und mit Schreiben vom 5. November 2014 die Erlaubnis zur Durchführung von Waffensachkundeprüfungen.
Am 27. Januar 2015 bestand er die Fachkundeprüfung gem. § 22 WaffG für den Handel mit Schusswaffen und ihnen gleichstehenden Geräten und Munition.
Die Ermittlungen des Landratsamtes zur waffenrechtlichen Zuverlässigkeit des Antragstellers ergaben unter anderem Folgendes:
– Am 26. April 2005 schoss der Antragsteller, ohne im Besitz eines Kleinen Waffenscheins zu sein, mit einer Schreckschusspistole neben einem Wohnhaus einmal in die Luft. Der Antragsteller gab an, er habe die seiner Freundin gehörende Waffe abgefeuert, um sie zu entladen. Am 6. Mai 2005 fand die Polizei im Rahmen einer Wohnungsdurchsuchung beim Antragsteller einen Wurfstern, ein Würgeholz, zwei Butterflymesser und einen Schlagstock und stellte diese sicher. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen dieser Verstöße wurde gem. § 153 Abs. 1 StPO eingestellt.
– Am 26. November 2008 verurteilte das Amtsgericht W. den Antragsteller wegen unerlaubter Veranstaltung eines Glücksspiels zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen (rechtskräftig seit 30. Dezember 2008).
– Am 24. Februar 2009 gegen Mitternacht wurde der Antragsteller dabei beobachtet, wie er ein Schaufenster einschlug. Er konnte aufgrund der Spuren am Tatort und der Angaben des Geschädigten ermittelt werden. Der Ausgang der strafrechtlichen Ermittlungen ist nicht bekannt.
– Mit Beschluss vom 5. September 2013 stellte das Amtsgericht Ebersberg ein strafgerichtliches Verfahren (…) wegen Unterschlagung (Schadenshöhe 2.000,- EUR) bzw. eines Vergehens nach § 52 Abs. 1 WaffG gegen eine Geldauflage von 500,- EUR gem. § 153a StPO ein. Dem Verfahren lag zugrunde, dass der Antragsteller, ohne selbst im Besitz einer entsprechenden waffenrechtlichen Erlaubnis zu sein, am 25. Mai 2009 drei Kurzwaffen samt der dazugehörigen waffenrechtlichen Erlaubnisse von einem Bekannten entgegengenommen hatte, um eine Revision durchzuführen, und deren Erhalt später abstritt.
– Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens (…) erließ das Amtsgericht München für die Wohn- und Geschäftsräume des Antragstellers einen Durchsuchungsbeschluss. Bei dessen Vollzug am 18. Juli 2012 konnten die gesuchten Waffen und Dokumente nicht gefunden werden. In dem vom Antragsteller seit einigen Jahren mit seiner Lebensgefährtin allein bewohnten Elternhaus fand die Polizei aber in einer Tasche in einem Kellerraum 49 Pistolenpatronen Kaliber 9 mm und jeweils eine Patrone 7,65 mm und 6,35 mm. Der Antragsteller gab hierzu an, dass die Munition aus dem Nachlass seines verstorbenen Großvaters stamme und er davon nichts gewusst habe. Dies hielt die Polizei aufgrund der Auffindesituation und des Zustands der Munition für glaubhaft.
– Im Juli 2009 meldete der Antragsteller seiner Kfz-Versicherung einen Kaskoschaden in Höhe von 13.000,- EUR, der dadurch entstanden sei, dass er mit seinem Pkw am … Berg gegen eine Stützmauer gerutscht sei. Die Versicherung zahlte als Abschlag den Betrag von 10.000,- EUR. Danach stellte sich heraus, dass der Antragsteller vorsätzlich dreimal gegen die Stützmauer gefahren war. Der mit 37.000,- EUR angegebene Wiederbeschaffungswert betrug in Wahrheit nur 10.400,- EUR. Die gerichtliche Durchsetzung des Schadens durch den Antragsteller scheiterte an einem Sachverständigengutachten. Das nachfolgende strafgerichtliche Verfahren wegen Prozessbetrugs (…) wurde mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 21. September 2014 gem. § 153a StPO eingestellt.
– Am 29. Dezember 2015 zeigte ein Bürger über Notruf an, dass ihn ein Pizzafahrer bzw. der Antragsteller zusammengeschlagen habe. Es wurde ein Strafverfahren wegen vorsätzlicher Körperverletzung, Bedrohung und Beleidigung eingeleitet, das noch nicht abgeschlossen ist. Der Anzeigeerstatter warf dem Antragsteller vor, ihn am 29. Dezember 2015 bei der Auslieferung einer Pizza beleidigt, mit der gewaltsamen Öffnung der Haustüre gute drei Meter in den Flur geschleudert, mehrfach mit beiden Fäusten auf ihn eingeschlagen und in die linke Körperseite getreten zu haben. Für den Fall, dass er ihn noch einmal anrufe, habe der Antragsteller ihm damit gedroht, ihn umzubringen. Der Antragsteller berief sich auf Notwehr gegen den aufgebrachten und alkoholisierten Besteller, der mehrere Polizeibeamte, die Kräfte des BRK und Mitarbeiter des Krankenhauses W. beleidigt und angeschrien hat.
Im Rahmen der Anhörung zur Versagung der beantragten Erlaubnisse und Zurücknahme der erteilten Erlaubnisse führte der Antragsteller aus, das Strafverfahren wegen Unterschlagung sei vom Amtsgericht gem. § 153a StPO mit seiner Zustimmung eingestellt worden, weil der Zeuge, der ihn zu Unrecht beschuldigt habe, nicht erschienen sei und er seinen Anwalt nicht für einen zweiten Termin habe zahlen wollen. Man habe ihm gesagt, dass damit kein Schuldeingeständnis verbunden sei. Das Führen der Schreckschusswaffe, die er 2005 dabei gehabt habe, sei erst 2008 verboten worden. Sie habe seiner Freundin gehört. Die 2005 beschlagnahmten Waffen, die er als ca. Elfjähriger als Spielzeug in Italien erworben habe, hätten jahrelang in seinem Schrank gelegen. Er habe sie der Polizei anstandslos ausgehändigt. Seine Verurteilung wegen unerlaubten Glücksspiels sei kein Verstoß gegen das Waffenrecht und als solcher nicht bzw. seit 30. Dezember 2013 ohnehin nicht mehr verwertbar. Das Verfahren wegen Prozessbetrugs vor dem Amtsgericht München sei darauf zurückzuführen, dass sein Anwalt Dinge geschrieben habe, die er ihm so nicht gesagt habe. Zuletzt habe er die Klage zurückgenommen. Der Richter habe gemeint, er hätte seinen Anwalt besser überwachen sollen, und ihm angeboten, das Verfahren ohne weitere Beweisaufnahme gegen eine Auflage einzustellen. Da ansonsten eine riesige Beweisaufnahme erforderlich geworden wäre, sei er auf das Angebot eingegangen. Es sei nur um die Frage der Unfallverursachung gegangen. Die Sache sei keinesfalls verwertbar. Waffenrechtliche Verurteilungen und nachträgliche Tatsachen im Sinne von § 45 WaffG lägen nicht vor. Er habe sich zum zweiten Schützenmeister, zum Experten im Waffenrecht und Lehrgangsleiter für Waffensachkundeprüfungen hochgearbeitet und sich Verdienste um den Verein erworben. Er sei auch für sportliche Leistungen geehrt worden. Als Schießlehrer zähle er Personen aus Polizei, Militär und BND zu seinen Kunden.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers machte mit Schreiben vom 14. Oktober 2015 geltend, dass der über zehn Jahre zurückliegende Vorfall betreffend verbotene Gegenstände nicht verwertbar sei. Dem Beschuldigten stehe bei einer Einstellung gem. § 153 Abs. 1 StPO kein Rechtsmittel zur Verfügung. Die Gegenstände seien beim Erwerb legal gewesen. Der Antragsteller habe lediglich versäumt, die Sachen zu entsorgen, als sie in die Liste der verbotenen Gegenstände aufgenommen worden seien. Er habe damals noch keine gesteigerte Verantwortung besessen, sich über für ihn relevante Veränderungen des Waffenrechts zu informieren. Als der Antragsteller mit der Pistole seiner Freundin in die Luft geschossen habe, habe er zur Gefahrenabwehr gehandelt, weil zwar gewusst habe, dass sich noch eine Patrone im Lauf befunden habe, nicht aber, wie diese entladen werden könne. In dem Verfahren vor dem Amtsgericht Ebersberg (…) wegen Unterschlagung wäre der Antragsteller bei Durchführung einer Hauptverhandlung wahrscheinlich freigesprochen worden. Er habe sich aus rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten dafür entscheiden, die Verfahrenseinstellung gegen eine geringe Geldauflage von 400,- EUR hinzunehmen. Bei Auflagen bis zu 500,- EUR könne nicht von einem gröblichen Verstoß ausgegangen werden. Außerdem sei von der gesetzlichen Unschuldsvermutung auszugehen. Bei dem Munitionsfund in seinem Wohnanwesen habe der Antragsteller darauf hingewiesen, dass es sich um einen Kellerraum handele, der ausschließlich Dinge seiner Eltern enthalte, und dass die Munition seinem Großvater gehört habe. Dies könnten die Eltern erforderlichenfalls bestätigen. Die Polizei habe letzteres als glaubhaft bewertet. Auch hier sei das Verfahren leider nach § 153 Abs. 1 StPO eingestellt worden. Verstöße aus dem Jahr 2005 könnten im Rahmen einer Zukunftsprognose nicht mehr herangezogen werden. Bei den vermeintlichen Verstößen aus dem Jahre 2012 könne der in Bezug auf die Munition dem Antragsteller nicht zugerechnet werden. Der sonstige Verstoß sei nicht gröblich. Die Lebensumstände des Antragstellers hätten sich seit 2012 vollständig geändert. Bis Anfang 2015 habe eine äußerst vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Behörde bestanden, die seit 2013 mindestens fünfmal die Zuverlässigkeit des Antragstellers geprüft habe. Sämtliche angeführten Vorfälle hätten vor diesen Prüfungen gelegen. Es liege die Vermutung nahe, dass sie nicht als erhebliche Hinderungsgründe eingestuft worden seien.
Mit Bescheid vom 9. Dezember 2015 lehnte das Landratsamt die Anträge Erteilung einer Waffenhandelserlaubnis sowie einer Erlaubnis zur Durchführung von Waffensachkundeprüfungen ab (Nr. 1) und nahm gestützt auf § 45 Abs. 1 WaffG die Erteilung der ausgestellten Waffenbesitzkarten und des Kleinen Waffenscheins zurück (Nr. 2). Weiter verpflichtete es den Antragsteller, seine Waffen einschließlich Munition umgehend, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides einem Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen und dies dem Landratsamt unverzüglich nachzuweisen. Widrigenfalls wurde die Sicherstellung der Schusswaffen und Munition angeordnet und ihre Einziehung, ggf. Verwertung oder Vernichtung angekündigt (Nr. 3). Ferner wurde die sprengstoffrechtliche Erlaubnis gem. § 34 Abs. 1 i. V. m. § 27 Abs. 3 Nr. 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 SprengG zurückgenommen (Nr. 4) und der Antragsteller aufgefordert, das Nitrozellulose- und Schwarzpulver in seinem Besitz umgehend, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides einem Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen und dies dem Landratsamt unverzüglich nachzuweisen. Auch insoweit wurde widrigenfalls die Sicherstellung der explosionsgefährlichen Stoffe angeordnet und ihre Einziehung, ggf. Verwertung oder Vernichtung angekündigt (Nr. 5). Dem Antragsteller wurde unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 300,- EUR (Nr. 9) und unter Fristsetzung von einem Monat ab Zustellung des Bescheides aufgegeben, sämtliche waffenrechtlichen Erlaubnisse und die sprengstoffrechtliche Erlaubnis an das Landratsamt zurückzugeben (Nr. 6); ferner, die Waffenbesitzkarten seiner Ehefrau und seines Vaters sowie die Vereinswaffenbesitzkarten und den Munitionserwerbsschein, in denen er als Mitberechtigter eigetragen sei, innerhalb eines Monats ab Zustellung des Bescheides zur Austragung vorzulegen (Nr. 7). Für den Fall, dass er seiner Verpflichtung unter Nummer 7 nicht innerhalb eines Monats ab Zustellung nachkomme, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 150,- EUR angedroht (Nr. 10). Für die Nummern 3 und 5 bis 7 wurde der Sofortvollzug angeordnet (Nr. 8). In den Gründen des Bescheides ist ausgeführt, sowohl die Erlaubnis nach § 21 Abs. 1 WaffG als auch die Erlaubnisse nach § 10 Abs. 1 und Abs. 4 WaffG sowie die Vermittlung der waffenrechtlichen Sachkunde nach § 7 WaffG i. V. m. § 7 WaffVWV, § 3 Abs. 2 und 3 Nr. 1 AWaffV erforderten die Zuverlässigkeit des Antragstellers, die in der Regel dann nicht vorliege, wenn Personen wiederholt oder gröblich gegen das Waffengesetz verstoßen hätten (§ 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG). Der Antragsteller sei in den Jahren 2005 und 2013 wegen Verstößen gegen das Waffengesetz strafrechtlich belangt worden. Diese Verstöße seien ohne Rücksicht auf Fristen auch verwertbar, weil die Beurteilung nach sicherheitsrechtlichen Maßstäben zu erfolgen habe. Dies setze keine strafgerichtliche Verurteilung voraus. Es genüge, dass wiederholt gegen das Waffengesetz verstoßen worden sei, so dass auch eine Verfahrenseinstellung wegen geringer Schuld der Entscheidung nicht entgegenstehe. Das Verhalten des Antragstellers in den Straf- und im Verwaltungsverfahren lasse darauf schließen, dass es ihm nur auf den eigenen Nutzen und nicht die Rechtsordnung ankomme. Bei der Erteilung der beiden Waffenbesitzkarten und des Kleinen Waffenscheins sei die Behörde irrtümlich davon ausgegangen, dass die nach §§ 153, 153a StPO eingestellten Verfahren für die Beurteilung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit nicht relevant seien. Aufgrund dessen sei lediglich auf die seit 30. Dezember 2008 rechtskräftige Verurteilung wegen unerlaubten Glücksspiels abgestellt worden, die aber seit 30. Dezember 2013 nicht mehr habe berücksichtigt werden dürfen. Die Anordnung zur Überlassung der Waffen an einen Berechtigten bzw. Unbrauchbarmachung beruhe auf § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG, die Sicherstellungsanordnung auf § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG und die Aufforderung zur Rückgabe der waffenrechtlichen Erlaubnisse auf § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG, zur Rückgabe der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis auf Art. 52 Satz 1 BayVwVfG. Aufgrund seiner Unzuverlässigkeit sei der Antragsteller auch aus allen waffenrechtlichen Erlaubnissen auszutragen, in denen er bisher als weiterer Berechtigter aufgeführt sei. Hinsichtlich der Nummern 2 und 4 sei der Bescheid gem. § 45 Abs. 5 WaffG und § 34 Abs. 5 SprengG sofort vollziehbar, hinsichtlich der Nummern 3 und 5 bis 7 des Bescheides werde der Sofortvollzug gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet. Dies sei bei Abwägung der privaten und öffentlichen Interessen im Hinblick auf die von unzuverlässigen Personen ausgehende ständige Gefahr erforderlich. Das Zwangsgeld zur Durchsetzung der Nummern 6 und 7 des Bescheides sei aufgrund von Art. 29 – 31 und 36 VwZVG angedroht worden.
Am 21. Dezember 2015 legte der Antragsteller seine waffenrechtlichen Erlaubnisse und die seiner Ehefrau, seines Vaters und des Schießsportvereins zur Berichtigung sowie Umtragung von Waffen und Sprengstoff vor. Die Munition gab er zur Vernichtung beim Landeskriminalamt ab.
Gegen den am 14. Dezember 2015 zugestellten Bescheid ließ der Antragsteller am 14. Januar 2016 Klage erheben mit den Anträgen, I. den Bescheid vom 9. Dezember 2015 aufzuheben, II. hilfsweise festzustellen, dass der Antragsteller nach Rücknahme der Waffenbesitzkarten, des Waffenscheins und der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis zu entschädigen ist, III. das Landratsamt zu verurteilen, dem Antragsteller die beantragten Erlaubnis zum Waffenhandel und zur Durchführung von Waffensachkundeprüfungen zu erteilen. Gleichzeitig wurde im Wege des einstweiligen Rechtschutzes gem. § 80 Abs. 5 VwGO beantragt,
die Aussetzung der Vollziehung der Nummern 3 und 5 bis 7 im angefochtenen Bescheid anzuordnen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, das Landratsamt habe seine Entscheidung zuletzt auf eine strafgerichtliche Verurteilung aus dem Jahr 2008 und waffenrechtliche Verstöße aus dem Jahr 2005 und 2009 gestützt. Die Verurteilung aus dem Jahr 2008 wegen Veranstaltung illegalen Glücksspiels sei fünf Jahre nach Rechtskraft, seit 30. Dezember 2013, nicht mehr verwertbar. Hinsichtlich der Verfahren wegen des Fundes verbotener Gegenstände und des Führens einer Schusswaffe sowie der Unterschlagung von Schusswaffen wurde das im Rahmen der Anhörung Vorgetragene wiederholt. Darüber hinaus wurde vorgetragen, dass die Annahme, hinter einer Einstellung nach § 153 ff. StPO stehe ein Schuldeingeständnis, an der Rechtspraxis vorbeigehe. Es sei auch nicht verwerflich, im Strafverfahren wirtschaftliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen oder einen „Strich unter die Sache“ ziehen zu wollen. Somit sei schon fraglich, ob von einem wiederholten Verstoß gegen das Waffengesetz auszugehen sei. Das Landratsamt gehe in seiner Zukunftsprognose von falschen Anknüpfungstatsachen aus, indem es die Entwicklung des Antragstellers seit den ihm zur Last gelegten Verstößen und seinen Status als zweiter Schützenmeister unberücksichtigt lasse, und einen auf ihn nicht passenden Text aus einem Urteil des VG Regensburg in die Bescheidsgründe übernommen habe. Außerdem seien die Verstöße bei Erteilung der waffen- und sprengrechtlichen Erlaubnisse der Behörde bekannt gewesen. Der Behörde sei kein Irrtum unterlaufen, sondern habe eine abweichende Bewertung vorgenommen. Sie sei an ihre Bescheide gebunden. Dem Antragsteller stehe Vertrauensschutz zu. Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 WaffG und Art. 48 VwVfG lägen nicht vor. Dem Antragsteller stehe zumindest eine Entschädigung in Höhe des positiven Interesses zu.
Der Beklagte beantragte unter Bezug auf den angefochtenen Bescheid mit Schreiben vom 15. März 2016,
den Antrag abzulehnen,
und führte dazu aus, der Antragsteller habe am 26. April 2005 und im Zeitraum vom 11. Oktober 2002 bis 5. September 2013 gegen das Waffengesetz verstoßen. § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG setze keine rechtskräftige Verurteilung voraus, sondern ermögliche die Würdigung auch nicht straf- oder bußgeldbewehrter Rechtsverletzungen und straflos gebliebenen Verhaltens. Der Vortrag des Antragstellers, er habe einer Einstellung des Verfahrens wegen Unterschlagung gegen eine Geldauflage von 500,- EUR aus Gründen der Kostenersparnis zugestimmt, sei unglaubhaft. Die Einstellung nach § 153a StPO setze eine rechtswidrige Handlung voraus. Die Fünfjahresfrist gelte bei der Anwendung des § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG nicht, auch wenn aus Gründen der Verhältnismäßigkeit dem Betreffenden Rechtsverstöße nicht „bis in alle Ewigkeit“ vorgehalten werden könnten. Vom erfolgreichen Bestehen einer Bewährungszeit könne aber beim Antragsteller nicht die Rede sein, da seine spezifisch waffenrechtlichen Vergehen sich in eine ganze Kette von Vorkommnissen und Verurteilungen reihten, die bis zur Gegenwart andauerten. Für die waffenrechtliche Risikoabschätzung sei es unentbehrlich, bei sich wiederholenden, niederschwelligen Vorkommnissen und Vergehen einen längeren Zeitraum als fünf Jahre zu betrachten. Ein Ausnahmefall gem. § 5 Abs. 2 WaffG liege im Hinblick auf sein über Jahre gezeigtes Verhalten nicht vor.
Mit Bescheid vom 7. April 2016 nahm das Landratsamt die Ziffern I.9 und I.10 des Bescheides vom 9. Dezember 2015 gem. Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG wegen fehlender Bestimmtheit zurück. Da der Antragsteller die Verpflichtungen, die zwangsweise hätten durchgesetzt werden sollen, erfüllt habe, sei eine Abänderung der Zwangsgeldandrohung nicht erforderlich.
Mit Schreiben vom 4. Mai 2016 wurden weitere Aktenstücke betreffend das Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung vorgelegt.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers erklärte am 21. Juni 2016 auf Nachfrage des Gerichts telefonisch, dass ein umfassender Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz beabsichtigt gewesen und damit auch ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Rücknahme der waffen- und sprengstoffrechtlichen Erlaubnisse gestellt worden sei. Auf einstweiligen Rechtsschutz hinsichtlich der Verpflichtungsklage sei bewusst verzichtet worden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gem. § 117 Abs. 3 VwGO analog auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Ungeachtet der an § 80 Abs. 4 VwGO angelehnten Formulierung seines Antrages begehrt der Antragsteller nach zweckentsprechender Auslegung (§§ 88, 122 VwGO) gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage gegen die für sofort vollziehbar erklärte (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) Verpflichtung, seine Waffen und explosionsgefährlichen Stoffe an einen Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen (Nummern 3 und 5) und seine Waffenbesitzkarten sowie den kleinen Waffenschein (Nummer 6) zurückzugeben sowie die Waffenbesitzkarten sowie den Munitionserwerbsschein, in die er als Mitberechtigter eingetragen ist, zur Austragung vorzulegen (Nummer 7). Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wäre bei der Waffenbehörde zu stellen gewesen. Nachdem der Antragsteller am 21. Dezember 2015 seinen Pflichten aus dem angefochtenen Bescheid freiwillig nachgekommen ist, begehrt er insoweit gem. § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO auch die Aufhebung der Vollziehung (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 92; Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. Erg.lfg. Oktober 2015, § 80 Rn. 445). Darüber hinaus ist der Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO nach seinem Ziel und der Klarstellung durch den Bevollmächtigten dahin auszulegen, dass auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die von Gesetzes wegen sofort vollziehbare (§ 80 Abs. 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 45 Abs. 5 WaffG, § 34 Abs. 5 SprengG) Rücknahme der Waffenbesitzkarten und des Kleinen Waffenscheins (Nummer 2) sowie der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis (Nummer 4) begehrt wird. Die ursprünglichen, gem. Art. 21 a Satz 1 VwZVG ebenfalls sofort vollziehbaren Zwangsgeldandrohungen sind nicht mehr Gegenstand des Verfahrens, nachdem der Antragsgegner den angefochtenen Bescheid insoweit aufgehoben hat.
Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
Entfaltet ein Rechtsbehelf – wie hier sowohl von Gesetzes wegen als auch aufgrund behördlicher Anordnung – keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anordnen bzw. wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nimmt das Gericht eine eigene Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Aufschubinteressen der Beteiligten vor, die sich in erster Linie am voraussichtlichen Ausgang des Hauptsacheverfahrens orientiert. Je größer die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren sind, desto schwerer wiegen grundsätzlich die privaten Interessen eines Antragstellers; je geringer die Wahrscheinlichkeit für sein Obsiegen ist, umso bedeutsamer werden in der Regel die öffentlichen Interessen sein. Können die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache auch summarisch nicht hinreichend sicher beurteilt werden, sind allein die widerstreitenden Interessen unter Berücksichtigung der mit der Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und deren Ablehnung verbundenen Folgen zu gewichten. Dabei fällt im Waffen- und Sprengstoffrecht zugunsten des öffentlichen Interesses die vom Waffen- und Sprengstoffbesitz ausgehende erhöhte Gefahr für die Allgemeinheit ins Gewicht, die unter anderem in den Regelungen der § 45 Abs. 5 WaffG, § 34 Abs. 5 SprengG ihren Niederschlag gefunden hat (vgl. SächsOVG, B. v. 2. Mai 2011 – 3 B 128/10 – juris Rn. 10).
Bei Anwendung dieser Grundsätze ist der Antrag abzulehnen. Da eine Auswertung der Strafakten …, die einen Rechtsverstoß gem. § 52 Abs. 3 WaffG zum Gegenstand haben, noch aussteht, geht das Gericht zugunsten des Antragstellers davon aus, dass die Erfolgsaussichten derzeit offen sind, auch wenn nach summarischer Prüfung der derzeit vorliegenden Akten vieles spricht dafür, dass die zulässige Anfechtungsklage keinen Erfolg haben wird. Doch auch bei einer reinen Interessenabwägung hat das öffentliche Interesse an einer vorläufigen Vollziehung mit Blick auf das Gewicht der potentiell gefährdeten Rechtsgüter und das dem Vollzugsinteresse vom Gesetzgeber und der Rechtsprechung beigemessene Gewicht bis zur Klärung der Sach- und Rechtslage im Hauptsacheverfahren Vorrang vor dem privaten Interesse des Antragstellers, seine Waffen und explosionsgefährlichen Stoffe zu nutzen; zumal er sie bisher nur zum privaten Gebrauch benötigt hat.
Die Rechtslage stellt sich folgendermaßen dar: Nach § 45 Abs. 1 WaffG bzw. § 34 Abs. 1 SprengG sind waffen- oder sprengstoffrechtliche Erlaubnisse zwingend zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Erlaubnis hätte versagt werden müssen. Dies gilt unabhängig davon, ob die fehlerhafte Erteilung der Erlaubnis auf einem Rechts- oder Tatsachenirrtum oder einer bewussten Fehlentscheidung beruht (OVG NW, B. v. 22. September 2005 – 20 A 3321/04 – juris Rn. 4 m. w. N.; BVerwG, U. v. 30. April 1985 – 1 C 33/83 – juris Rn. 14; Gerlemann in Steindorff, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 45 Rn. 5). Eine Rücknahme ist folglich auch dann statthaft, wenn Tatsachen, die bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, im Erteilungsverfahren irrtümlich oder zu Unrecht nicht berücksichtigt worden sind. Da der Gesetzgeber auf dem Gebiet des Waffenrechts dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung mit der zwingenden Ausgestaltung der Rücknahme unbedingten Vorrang einräumt, mit dem Ziel, einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der inneren Sicherheit zu leisten, besteht kein Vertrauensschutz hinsichtlich rechtswidrig erteilter Erlaubnisse (vgl. OVG NW, a. a. O., Rn. 11 ff. m. w. N.; BVerwG, a. a. O.; VG Halle, B. v. 11. Januar 2010 – 3 B 977/09 HAL – juris Hn 31 f.). Ebenso wenig ist die Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG bei einer Rücknahme nach § 45 Abs. 1 WaffG bzw. § 34 Abs. 1 SprengG zu beachten (OVG NW, a. a. O., Rn. 11; vgl. auch BVerwG, U. v. 26. März 1996 – 1 C 12.95 – juris Rn. 27).
Nach Aktenlage deutet vieles darauf hin, dass die Erteilung der waffen- und sprengstoffrechtlichen Erlaubnisse an den Antragsteller von Anfang an rechtswidrig war. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist zu versagen, wenn die allgemeinen Voraussetzungen für ihre Erteilung nicht gegeben sind, unter anderem gem. § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG dann, wenn es wie hier an der Zuverlässigkeit des Erlaubnisinhabers im Sinne von § 5 WaffG fehlt. Dasselbe gilt hinsichtlich der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis gem. § 27 Abs. 3 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Nr. 1 SprengG. Der im Sprengstoffgesetz nicht näher definierte Begriff der Zuverlässigkeit entspricht dem des Waffengesetzes (vgl. BayVGH, U. v. 10. Oktober 2013 – 21 BV 12.1280 – juris Rn. 73 u. B. v. 20. Mai 2015 – 21 ZB 14.2236 – juris Rn. 17). Gem. § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel nicht, wenn sie wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften eines der in § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c WaffG genannten Gesetze (Waffengesetz, Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, Sprengstoffgesetz, Bundesjagdgesetz) verstoßen haben. Davon ist hier auszugehen.
Nach Aktenlage hat der Antragsteller einen Verstoß gegen das Waffenrecht begangen, als er am 25. September 2009 drei Waffen eines Bekannten zur Durchführung einer Revision für längere Zeit an sich nahm, ohne – wie er wusste – im Besitz der hierfür erforderlichen Erlaubnis zu sein und ohne dass ein Ausnahmetatbestand nach § 12 WaffG gegeben war. Damit hat er vorsätzlich zumindest eine Straftat gem. § 52 Abs. 3 Nr. 2, § 2 Abs. 2 WaffG verwirklicht. Hieran besteht auch im Hinblick auf die Einstellung des strafgerichtlichen Verfahrens gem. § 153a Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StPO gegen Geldauflage kein vernünftiger Zweifel. Die Anwendung dieser Vorschrift setzt die Verwirklichung einer Straftat voraus sowie, dass die Schwere der Schuld einer Einstellung nicht entgegensteht, Dies nehmen die Strafgerichte auch noch bei mittlerer Kriminalität an (vgl. Schmitt, a. a. O., § 153a StPO Rn. 1). Der Antragsteller hat dieser Verfahrensweise zugestimmt, was bei angeblicher Unschuld und einem angeblich zu erwartenden Erfolg der Beweisaufnahme weder wirtschaftlich noch prozessual nachvollziehbar ist. Das Gericht vermag der Einlassung des Antragstellers daher nicht zu folgen.
Weiter ist der Rechtsverstoß auch als gröblich im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG einzustufen. Davon ist bei vorsätzlichen Straftaten regelmäßig auszugehen (BVerwG, U. v. 26. März 1996 – 1 C 12.95 – juris Rn. 25; BayVGH, B. v. 14. Januar 1999 – 19 ZS 99.6 – juris Rn. 4). Nach der Rechtsprechung ist Ausgangspunkt der Bewertung, ob eine Verletzung von Vorgaben des Waffengesetzes gröblich ist, der ordnungsrechtliche Zweck, dass das Gesetz das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko möglichst gering halten will. Es soll nur bei Personen hingenommen werden, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit der Waffe stets und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (vgl. BVerwG, U. v. 26. März 1996 – 1 C 12.95 – juris Rn. 25 u. U. v. 17. Oktober 1989 – 1 C 36/87 – juris Rn. 16; OVG NRW, U. v. 31. August 2006 – 20 A 524/05 – juris Rn. 29). Demgemäß steht der Annahme eines gröblichen Verstoßes nicht entgegen, dass ein Ermittlungsverfahren gem. § 153a StPO eingestellt worden ist (vgl. BayVGH, 15. September 2014 – 21 ZB 14.1305 – juris Rn. 19 f.; OVG NRW, U. v. 31. August 2006, a. a. O., Rn. 31; Heller/Soschinka, NVwZ 2012, 209/211). Die Ordnungsbehörden und das Verwaltungsgericht sind rechtlich nicht an die Beurteilungen in strafgerichtlichen Entscheidungen gebunden, sie haben vielmehr eigenständig festzustellen, welchen Gesetzesverstoß der Inhaber der waffenrechtlichen Erlaubnis begangen hat, und rechtlich zu beurteilen, ob dieser Verstoß im Sinne des Waffengesetzes gröblich ist (BVerwG, U. v. 26. März 1996 – 1 C 12.95 – BVerwGE 101, 24/32; BayVGH, a. a. O.). Dabei darf dieses Tatbestandsmerkmal nicht zu weit ausgelegt und § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG nicht zur Generalklausel für jeden noch so geringen Verstoß gegen das Waffenrecht gemacht werden (Heller/Soschinka, NVwZ 2012, 209/212). Entscheidend ist, ob die Rechtsverletzung gemessen an der genannten Zielsetzung objektiv schwer wiegt und in subjektiver Hinsicht im Besonderen dem Betreffenden als grobe Pflichtverletzung zuzurechnen ist, sei es, weil er vorsätzlich gehandelt oder sich als besonders leichtsinnig, nachlässig oder gleichgültig gezeigt hat (OVG NRW, U. v. 31. August 2006 – 20 A 524/05 – juris Rn. 31; vgl. Nr. 5.4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz (WaffVwV), wonach unter einem gröblichen Verstoß eine schuldhafte, d. h. vorsätzliche oder fahrlässige, nach objektivem Gewicht und Vorwerfbarkeit schwerwiegende, womöglich mit Nachdruck begangene Zuwiderhandlung zu verstehen ist). Vorliegend hat der Antragsteller nicht nur vorsätzlich gehandelt, sondern ein Dauerdelikt begangen, nämlich mehrere Waffen über einen längeren Zeitraum hinweg unerlaubt in Besitz genommen, um diese unerlaubt zu bearbeiten. Er hatte diese Waffen noch im Juli 2012, als die Polizei sie bei ihm suchte, noch immer nicht an den Eigentümer zurückgegeben.
Es spricht auch einiges für wiederholte Verstöße im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG, die dann jeweils nicht gröblich sein müssten und daher auch auf Fahrlässigkeit beruhen können (OVG Saarland, B. v. 3. März 2006 – 1 Q 2/06 – juris Rn. 8). Nach dem Ergebnis der polizeilichen Hausdurchsuchung im Juli 2012 steht fest, dass der Antragsteller unerlaubt im Besitz von Munition war, die nach seinen Angaben aus dem Nachlass seines Großvaters stammte, in einem von seinen Eltern genutzten Kellerraum lagerte und von der er nichts wusste. Der unerlaubte Munitionsbesitz ist gem. § 52 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4 WaffG indes auch dann strafbar, wenn nicht vorsätzlich, sondern nur fahrlässig gehandelt worden ist. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen (objektiv) und seinen persönlichen Verhältnissen (subjektiv) verpflichtet und fähig ist, und wer deshalb die Tatbestandsverwirklichung nicht erkennt (sog. unbewusste Fahrlässigkeit) oder zwar die Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung erkennt, aber pflichtwidrig und vorwerfbar darauf vertraut, dass die Tatbestandsverwirklichung nicht eintritt (sog. bewusste Fahrlässigkeit) (B. Heinrich, a. a. O., § 52 Rn. 63). Dem Antragsteller waren die häuslichen Verhältnisse in dem übernommenen Elternhaus bekannt und, dass sein Vater und sein Großvater Waffenbesitzer waren. Es ist auch damit zu rechnen, dass sich in einem Nachlass eines Waffen- bzw. Erlaubnisinhabers, der die Verschärfungen des Waffengesetzes erst relativ spät erlebt hat, erlaubnispflichtige Gegenstände finden. Mit dem Vorhandensein von Munition und Waffen(teilen) im Elternhaus musste der Antragsteller, der auch die vom Erblasser und von seinem Vater übliche an den Tag gelegte Sorgfalt einschätzen konnte, rechnen. Es hätte ihm daher oblegen, zeitnah nach Inbesitznahme den Nachlass bzw. Hausrat auf unerlaubte Gegenstände hin zu sichten.
Offen bleiben kann, ob die vom Antragsgegner ermittelten Sachverhalte aus dem Jahr 2005 bei der Prognose im Rahmen des § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG berücksichtigt werden können. Dies erscheint allerdings nicht ausgeschlossen (vgl. BayVGH, B. v. 21. Mai 2001 – 21 ZB 99.1911 – juris Rn. 7, der eine neun Jahre später von der Waffenbehörde entdeckte Ordnungswidrigkeit für berücksichtigungsfähig hielt). Am 26. April 2005 hat der Antragsteller, wie er gegenüber der Polizei eingeräumt hat, mit einer Schreckschusspistole in die Luft geschossen, ohne im Besitz eines Kleinen Waffenscheins zu sein. Bei der anschließenden Wohnungsdurchsuchung am 6. Mai 2005 waren ein Wurfstern, ein Würgeholz, zwei Butterflymesser und ein Schlagstock in seinem Besitz. Das Führen einer Schreckschusswaffe und der Besitz verbotener Gegenstände gemäß Anlage 2 Abschnitt 2 (Nr. 1.3.3, 1.3.8, 1.4.3) erfüllte die schon damals geltenden Straftatbestände des § 52 Abs. 3 Nr. 2 und Abs. 1 Nr. 1 WaffG (vgl. B. Heinrich in Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 52 Rn. 50). Dass das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gem. § 153 StPO wegen Geringfügigkeit eingestellt worden ist, steht der Verwertung der Rechtsverstöße im Waffenrecht nicht entgegen (vgl. BayVGH, B. v. 29. Juli 2013 – 21 ZB 13.415 – juris Rn. 12 m. w. N.). Denn wie bei § 153a StPO scheidet eine Anwendung des § 153 StPO aus, wenn die Tat nicht strafbar oder nicht verfolgbar ist, ebenso bei fehlender Schuld des Beschuldigten; sie setzt lediglich nicht voraus, dass die Schuld nachgewiesen ist (Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl. 2015, § 153 Rn. 3). Allerdings lagen diese Verstöße bei Erteilung der Waffenbesitzkarten etwa sieben Jahre, bei Erteilung der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis und des Kleinen Waffenscheins etwa neun Jahre zurück, so dass mit Blick auf die Wertungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 WaffG und die Tilgungsfristen des BZRG zweifelhaft erscheint, ob sie für eine Zukunftsprognose noch herangezogen werden können. Das Bundesverwaltungsgericht hält es grundsätzlich für gerechtfertigt, sich bei der Berücksichtigung nicht im Bundeszentralregister eingetragener Verfehlungen an den Tilgungsfristen des BZRG zu orientieren (BVerwG, U. v. 26. März 1996 – 1 C 12.95 – juris Rn. 20). Der Gesichtspunkt der Bewährung greift jedoch dann nicht durch, wenn und soweit sich ein die Bagatellschwelle überschreitendes Verhalten des Erlaubnisinhabers, das wie hier in konkretem Zusammenhang mit dem Waffenbesitz steht, über einen längeren Zeitraum bis in die Gegenwart hinzieht (BVerwG, a. a. O., Rn. 21 u. B. v. 23. Mai 1995 – 1 B 78/95 – juris Rn. 7). Hinzu kommt, dass bei der Erteilung einer waffen- oder sprengstoffrechtlichen Erlaubnis – anders als bei deren Widerruf – die Ausnahme des § 52 Abs. 1 Nr. 4 BZRG anzuwenden ist, d. h. eine getilgte oder tilgungsreife Tat berücksichtigt werden darf, falls die Erteilung der Erlaubnis sonst zu einer erheblichen Gefährdung der Allgemeinheit führen würde. Auch letzteres erscheint mit Rücksicht darauf, dass sich sowohl im Jahr 2005 als auch 2012 gezeigt hat, dass der Antragsteller wenig Bedacht darauf nimmt, ob sich bzw. welche unter das Waffengesetz fallenden Gegenstände sich in seinem Besitz befinden, nicht ausgeschlossen.
Ein Ausnahmefall, der ein Absehen von der Regelvermutung des § 5 Abs. 2 WaffG rechtfertigen könnte, ist nicht dargetan. Eine solche Ausnahme kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann in Betracht, wenn die Umstände des Rechtsverstoßes die Verfehlung ausnahmsweise in einem derart milden Licht erscheinen lassen, dass die in der Regel hierdurch begründeten Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen bezüglich des Umgangs mit Waffen und Munition nicht gerechtfertigt sind (vgl. BVerwG, B. v. 14. Februar 1996 – 1 B 134/95 – juris Rn. 9; BayVGH, B. v. 4. März 2016 – 21 CS 15.2718 – Rn. 13 m. zahlreichen w.N.). Erforderlich ist danach eine Würdigung der Schwere der konkreten Verfehlung und der Persönlichkeit des Betroffenen, wie sie in seinem Verhalten zum Ausdruck kommt (BayVGH, a. a. O.). Da die Prüfung des Ausnahmefalls in erster Linie tatbezogen erfolgt und bereits ein einziger gröblicher Verstoß die Regelvermutung begründet, würde selbst völlige Rechtstreue im Übrigen, die im Fall des Antragstellers im Hinblick auf erhebliche Rechtsverstöße mit und ohne Waffenbezug allerdings nicht gegeben ist, grundsätzlich noch keine abweichende Beurteilung rechtfertigen (vgl. BayVGH, a. a. O.). Vorliegend spricht das vorsätzliche Handeln dafür, gerade keine Ausnahme von der gesetzlichen Regelvermutung anzunehmen.
Die Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung entspricht den formalen Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Insbesondere verlangt die Anordnung des Sofortvollzuges hier kein besonderes öffentliches Interesse, das über das die Rücknahme der waffen- und sprengstoffrechtlichen Erlaubnisse rechtfertigende Interesse hinausgeht. Denn es besteht ein überragendes Interesse der Allgemeinheit daran, das mit dem privaten Waffenbesitz verbundene erhebliche Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten und nur bei Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (BayVGH, vgl. B. v. 15. August 2008 – 19 CS 08.1471 – juris Rn. 21 unter Verweis auf BVerwG, U. v. 26. März 1996 – 1 C 12/95 – juris Rn. 25). Ist dieses Vertrauen nicht mehr gerechtfertigt, überwiegt grundsätzlich das öffentliche Interesse, die Gefahr eines vorschriftswidrigen Umgangs mit Schusswaffen mit sofort wirksamen Mitteln zu unterbinden, das private Interesse des Betroffenen, von den Wirkungen der Rücknahme der waffen- und sprengstoffrechtlichen Erlaubnisse bis zur Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben (vgl. BayVGH, B. v. 12. Februar 2007 – 19 CS 06.2210 – juris Rn. 28). Dabei ist für die Frage, ob die Begründung dem Formalerfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entspricht, auf die Rechtsauffassung der Behörde abzustellen. Ausgehend von der Unzuverlässigkeit des Antragstellers als Waffenbesitzer hat das Landratsamt den Sofortvollzug ordnungsgemäß begründet. Vom Normalfall abweichende Umstände, die den Sofortvollzug ausnahmsweise entbehrlich erscheinen ließen, sind vorliegend nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 2 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. Nr. 1.5 und 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Die auf die Verpflichtungsklage entfallenden Anteile am Streitwert – 20.000,- EUR für eine Erlaubnis zum Waffenhandel (vgl. Streitwertkatalog Nr. 50.4, 54.2.1) und 5.000,- EUR für eine Erlaubnis zur Sachkundeprüfung – wurden hierbei nicht berücksichtigt.

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