Verwaltungsrecht

Reichweite der sparkassenrechtlichen Kontrahierungspflicht – Regionalprinzip

Aktenzeichen  4 CE 17.1622

Datum:
11.9.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 40 Abs. 1 S. 1, § 166
ZPO ZPO §§ 114 ff.
BaySpkO § 2 Abs. 1, § 5 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Das Begehren auf Einrichtung eines neuen Girokontos bei einer Sparkasse ist auf dem Verwaltungsrechtsweg zu verfolgen (Anschluss an VGH BW BeckRS 2016, 54697). (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Kontrahierungspflicht nach § 5 Abs. 2 SpkO gilt als Ausdruck des sparkassenrechtlichen Regionalprinzips nur gegenüber natürlichen Personen aus dem Geschäftsbezirk der Sparkasse. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 3 E 17.1335 2017-08-16 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Beschwerde gegen Nr. 2 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 16. August 2017 wird abgelehnt.
II. Die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe in Nr. 1 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 16. August 2017 wird zurückgewiesen.
III. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1. Der Senat entscheidet in der nach dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts und des Senats maßgeblichen Besetzung. Die im Verfahren 4 CE 17.1658 (Anhörungsrügeverfahren zum abgeschlossenen Verfahren 4 CE 17.1453) gegen die Senatsmitglieder gestellten Ablehnungsanträge ändern daran schon deswegen nichts, weil sich die Ablehnung nur auf die Fähigkeit bezieht, in einer konkreten, durch denselben Streitgegenstand bestimmten Sache zu entscheiden (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 54 Rn. 11).
2. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und gegebenenfalls Beiordnung eines Rechtsanwalts für eine beabsichtigte Beschwerde gegen Nr. 2 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 16. August 2017 (Ablehnung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung) bleibt ohne Erfolg. Die Bewilligungsvoraussetzungen nach § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO liegen nicht vor. Ungeachtet der – mangels Mitwirkungsbereitschaft des Antragstellers nicht feststellbaren – persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
a) Entgegen der Ansicht des Antragstellers war das Verwaltungsgericht nicht an der Entscheidung über den Eilantrag gehindert. Insbesondere spielt der Umstand, dass die Kammermitglieder bereits mit früheren Verfahren des Antragstellers befasst waren, entgegen der Ansicht des Antragstellers keine Rolle.
b) Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der die Antragsgegnerin zur Eröffnung eines neuen Girokontos verpflichtet werden soll, zu Recht abgelehnt. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die Begründung des Verwaltungsgerichts (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Die Ausführungen des Antragstellers, die sich weitgehend in der Wiederholung von Textpassagen aus früheren Schreiben erschöpfen, vermögen dieses Ergebnis nicht in Frage zu stellen.
Wie das Verwaltungsgericht überzeugend dargelegt hat, ist das – im Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu verfolgende (vgl. zuletzt VGH BW, B.v. 7.11.2016 – 1 S 1386/16 – NVwZ-RR 2017, 215) – Begehren das Antragstellers auf Einrichtung eines neuen Girokontos bei der Antragsgegnerin als Anstalt des öffentlichen Rechts gerichtet. Das Begehren bezieht sich weder auf die Fortführung des gekündigten Girokontos bei der Antragsgegnerin, die Gegenstand des Verweisungsbeschlusses im Verfahren 4 CE 17.1453 war, noch auf die – für Unionsbürger grundsätzlich bei allen kontoführenden Instituten in Betracht kommende – Eröffnung eines Basiskontos im Sinn des Zahlungskontengesetzes (ZKG), für die nach § 51 Abs. 3 ZKG ebenfalls der Zivilrechtsweg gegeben wäre. Der Antragsteller ist dieser Auslegung seines Begehrens im Beschwerdevorbringen nicht entgegengetreten, sondern hat weiterhin ausschließlich mit dem seiner Meinung nach bestehenden Anspruch aus der Sparkassenordnung (SpkO) argumentiert.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs auf Eröffnung eines neuen Girokontos bei der Antragsgegnerin verneint, so dass es auf das Vorliegen eines Anordnungsgrundes in Gestalt der Dringlichkeit nicht ankommt. Die Kontrahierungspflicht nach § 5 Abs. 2 SpkO, die ohnehin unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit nach § 5 Abs. 3 SpkO steht, gilt nur gegenüber natürlichen Personen aus dem Geschäftsbezirk der Sparkasse (vgl. § 2 Abs. 1 SpkO i.V.m. der Zweckverbandssatzung der Antragsgegnerin). Diese Regelungen sind Ausdruck des sparkassenrechtlichen Regionalprinzips (vgl. BayVerfGH, E.v. 23.9.1985 – Vf. 8-VII-82 – VerfGH 38, 118/128 f.). Auf sie kann sich der Antragsteller, der seinen Wohnsitz nicht im Geschäftsbezirk der Antragsgegnerin (vgl. § 1 und § 2 der Zweckverbandssatzung), sondern im benachbarten Landkreis hat, nicht mit Erfolg berufen. Anhaltspunkte dafür, dass sich aus dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung (Art. 3 Abs. 1 GG) ein darüber hinausgehender Kontrahierungsanspruch ergeben könnte, sind weder vom Antragsteller substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich.
3. Aus den vorgenannten Gründen hat auch das – als Beschwerde auszulegende – „adäquate Rechtsmittel“ gegen Nr. 1 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg (Versagung der Gewährung von Prozesskostenhilfe) keinen Erfolg.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Anders als das Prozesskostenhilfeverfahren erster Instanz ist das Beschwerdeverfahren in Prozesskostenhilfesachen kostenpflichtig. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil gemäß Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr anfällt. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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