Aktenzeichen Au 5 K 17.34246
Leitsatz
Die humanitären Verhältnisse in Mali sind nicht derart schlecht, dass eine Abschiebung eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen würde. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Der Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) konnte über die Klage des Klägers verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung vom 9. Oktober 2017 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten ausweislich der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Die zulässige Klage ist offensichtlich unbegründet.
Ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag des Klägers nicht im Ansatz (§ 30 Abs. 1 AsylG) erkennbar.
Die Ablehnung des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet beruht auf § 30 Abs. 1 AsylG. Nach § 30 Abs. 1 AsylG ist ein Asylantrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag nach ständiger Rechtsprechung dann, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemeiner Rechtsauffassung sich die Abweisung des Antrags geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B.v. 5.2.1993 – 2 BvR 1294/92 – InfAuslR 1993, 196; B.v. 20.12.2006 – 2 BvR 2063/06 – NVWZ 2007, 1046).
Bei der Berufung auf eine Individualverfolgung kann das Offensichtlichkeitsurteil u.a. dann gerechtfertigt sein, wenn die im Einzelfall behauptete Gefährdung offensichtlich nicht asylrelevant ist, den erforderlichen Grad der Verfolgungsintensität nicht erreicht oder sich das Vorbringen des Asylbewerbers insgesamt als eindeutig unglaubhaft erweist.
Der Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft war als offensichtlich unbegründet abzulehnen, da der Vortrag des Klägers, selbst wenn man diesen für glaubwürdig erachten würde, nicht an ein asylrechtlich relevantes Merkmal im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG anknüpft. Der Kläger hat sowohl gegenüber dem Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung vom 9. Oktober 2017 im Wesentlichen auf eine von ihm im Kindesalter zusammen mit einer Gruppe von Minderjährigen verübten fahrlässigen Brandstiftung einer Baumwollplantage verwiesen. Insoweit hat der Kläger die Befürchtung, dass er bei einer Rückkehr nach Mali erneut vom Besitzer dieser Plantage gesucht und zur Verantwortung gezogen werde. Dieser Vortrag des Klägers weist keinen Bezug zu den in § 3 Abs. 1, § 3b AsylG genannten Merkmalen auf.
Im Übrigen ist der Vortrag des Klägers in wesentlichen Punkten unglaubwürdig. So hat der Kläger beispielsweise vorgetragen, dass er unmittelbar nach dem geschilderten Vorfall mit der Baumwollplantage, Mali zu Fuß in Richtung in Niger verlassen habe. Dies sei auf Anraten seines Bruders geschehen. Wenn dies zutreffen sollte, und der Kläger erst im Alter von 26 Jahren Ende des Jahres 2015 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, würde dies bedeuten, dass der Kläger viele Jahre vor seiner Ausreise in den Staaten Niger und Libyen gelebt habe. Dass er in Libyen als Kind zu Reinigungstätigkeiten gezwungen worden sei, erachtet das Gericht als unglaubwürdig. Auch ist kaum vorstellbar, dass der Kläger im Kindesalter sich allein in Richtung Niger und im Anschluss nach Libyen begeben hat. Dass der Vortrag des Klägers unwahr ist, wird auch dadurch untermauert, dass der Kläger keinerlei Angaben zu seiner Verweildauer in Niger bzw. Libyen noch zum Zeitpunkt des Verlassens aus Mali machen konnte. Schließlich erweist sich der Vortrag des Klägers auch dahingehend als widersprüchlich, als der Kläger beim Bundesamt vorgetragen hat, dass er nach Libyen verschleppt worden sei. Dies hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht mehr behauptet. Insgesamt weist das Vorbringen des Klägers mehrere Brüche und Unstimmigkeiten auf, die seinen Sachvortrag insgesamt als unglaubwürdig qualifizieren. Das Gericht ist nach Durchführung der mündlichen Verhandlung zur Auffassung gelangt, dass es sich beim Kläger ausschließlich um einen Wirtschaftsflüchtling handelt, der Ende des Jahres 2015 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist.
Zutreffend hat die Beklagte darüber hinaus darauf hingewiesen, dass für den Kläger eine inländische Fluchtalternative im Süden Malis zur Verfügung steht, die für diesen auch zumutbar erreichbar ist. Hieran scheitert auch die vom Kläger hilfsweise beantragte Gewährung subsidiären Schutzes (§ 4 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3e AsylG entsprechend). Dies umso mehr, als der Kläger nach seinem Vorbringen selbst aus dem Süden Malis stammt. Soweit ersichtlich befindet sich das Heimatdorf des Klägers in der Provinz … und damit südlich des 14. Breitengrades, der die Grenze für eventuelle Kampfhandlungen bildet.
Der Süden Malis ist bürgerkriegsfrei. Von den Kampfhandlungen islamistischer Gruppen, die im Januar 2012 ihren Anfang nahmen, war der Norden Malis betroffen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Mali: Aktuelle Lage, Auskunft der SFH-Länderanalyse vom 30. Oktober 2012). Bereits im Juni 2013 war zwischen der malischen Regierung und mehreren bewaffneten Gruppen ein Friedensabkommen zur Stabilisierung der Lage im Norden Malis geschlossen worden (Amnesty International, Mali-Report 2015). Am 15. Mai und 20. Juni 2015 wurde erneut ein innerstaatliches Friedensabkommen zur nachhaltigen Befriedung von Nord-Mali geschlossen. Von den bürgerkriegsähnlichen Zuständen im Norden Malis blieb der Süden Malis jedoch verschont, auch wenn selbst in der Hauptstadt Bamako eine Gefährdung durch terroristische Gruppen nicht ausgeschlossen werden kann (Auswärtiges Amt, Mali: Reise- und Sicherheitshinweise, Stand: 2.11.2016). Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass vereinzelte Anschläge bereits die Qualität eines Bürgerkriegs erreicht haben, bestehen nicht (s. hierzu auch VG Magdeburg, U.v. 27.5.2016 – 1 A 125/15 MD). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung dabei keine Indizwirkung zu (vgl. BVerwG, B.v. 27.6.2013 – 10 B 11.13 – juris; BayVGH, B.v. 22.12.2016 – 13a ZB 16.30684 – juris Rn. 7).
Das Gericht geht auch davon aus, dass der Kläger als junger, alleinstehender Mann ohne Kinder seinen Lebensunterhalt im Süden Malis sicherstellen kann, selbst wenn hierfür mehr zu fordern ist als die bloße Sicherung des Existenzminimums.
Dem Kläger muss es auch gelungen sein, vor seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland seinen Lebensunterhalt sicherzustellen. Sofern man dem Kläger Glauben schenkt, hat dieser sich über längere Zeit in Niger bzw. Libyen aufgehalten. Zeitweise ist er dort auch einer beruflichen Tätigkeit nachgegangen. Darüber hinaus ist der Kläger in Mali aufgewachsen und hat zumindest seine Kindheit dort verbracht. Er hat seinem Bruder bei dessen landwirtschaftlichen Tätigkeiten geholfen. Es ist deshalb nicht ersichtlich, warum der Kläger bei einer Rückkehr nach Mali nicht erneut eine Tätigkeit in der Landwirtschaft aufnehmen könnte. Diesbezüglich steht dem Kläger auch sein fehlender Schulbesuch in Mali nicht entgegen. Unterhaltspflichten hat der Kläger nicht zu erfüllen. Darüber hinaus verfügt er jedenfalls noch über einen Bruder im Heimatdorf, mit dem Kläger auch nach wie vor in Kontakt steht. Es ist deshalb vernünftigerweise zu erwarten, dass der Kläger in seinem Heimatland, mit dessen Gepflogenheiten und Sprache er durchaus vertraut ist, seinen Lebensunterhalt erneut sicherstellen kann. Eine Rückkehr in den Süden Malis ist daher für den Kläger nach Auffassung des Gerichts gefahrlos möglich und zumutbar.
Im Übrigen hat das Gericht erhebliche Zweifel, ob der Kläger überhaupt aus Mali stammt. So fällt anlässlich dieser persönlichen Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung auf, dass der Kläger keinerlei Angaben zur geografischen Lage seines Heimatdorfes machen konnte. Letztlich bedarf dies jedoch keiner vertiefenden Betrachtung, da sich die Klage auch nach den vom Kläger im Verfahren angegebenen Fluchtgründen jedenfalls als offensichtlich unbegründet erweist.
Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG scheiden ebenfalls aus. Gesundheitliche Einschränkungen sind für den Kläger nicht vorgetragen.
Die Abschiebungsandrohung, die Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sowie die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots in Nrn. 5 und 6 des Bescheids vom 26. Juli 2017 begegnen ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken und sind offensichtlich rechtmäßig. Die Beklagte hat das ihr in § 11 Abs. 1 AufenthG eröffnete Ermessen erkannt; die angestellten Ermessenserwägungen erweisen sich als sachgerecht und bleiben gerichtlich unbeanstandet.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.
Dieses Urteil ist unanfechtbar (§ 78 Abs. 1 Satz 1 AsylG).