Aktenzeichen RN 5 S 17.1323
Leitsatz
Schon die Mitgliedschaft in einer sog. Outlaw Motorcycle Gang (OMCG) bzw. einem “One-Percenter” Motorradclub rechtfertigt im Rahmen der behördlichen Prognoseentscheidung die Unzuverlässigkeit in Bezug auf das Bewachungsgewerbe.
1 Die Aufzählung von Regelbeispielen in § 34a Abs. 1 S. 4 GewO hindert ausweislich des Einleitungssatzes nicht daran, auch in anderen Konstellationen von einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit auszugehen. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
2 Gewerberechtlich unzuverlässig ist nach ständiger Rechtsprechung und Literatur, wer keine Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß ausüben wird (BVerwG BeckRS 1970, 31302642). Nicht ordnungsgemäß ist die Gewerbeausübung durch eine Person, die nicht willens oder nicht in der Lage ist, die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung ihres Gewerbes zu gewährleisten. Die Unzuverlässigkeit muss sich aus in der Vergangenheit eingetretenen Tatsachen ergeben. Die Prognose bezieht sich dabei auf ein bestimmtes Gewerbe. (Rn. 35 und 37) (redaktioneller Leitsatz)
3 Bezüglich der Unzuverlässigkeit ist zwischen Untersagungsgründen, die die juristischen Personen selbst verwirklichen können (zB mangelnde Leistungsfähigkeit mit den Unterformen der Steuerschulden und Verletzung sozialversicherungsrechtlicher Verpflichtungen) und solchen, die ein Handeln oder Unterlassen natürlicher Personen voraussetzen, zu unterscheiden. Die ersteren Tatbestände sind der juristischen Person direkt zuzurechnen, während es im Übrigen auf die Zuverlässigkeit der vertretungsberechtigten Person (bei den Hauptanwendungsfällen der GmbH und der AG der Geschäftsführer bzw. der Vorstand) ankommt. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
4 Die wesensprägenden Strukturmerkmale, namentlich die Praxis der gewaltsamen Austragung der – ihrerseits szenetypischen – Rivalitäten, die bundesweite Vernetzung der örtlichen Organisationseinheiten, der hohe Loyalitätsdruck, der aus dem starken Verbundenheitsempfinden untereinander folgt, und die zahlreichen Verbindungen zur Organisierten Kriminalität rechtfertigen die bundesweite Betrachtung von Rockergruppierung und einheitliche Prognose für jede ihrer örtlichen Organisationseinheiten und jedes ihrer Mitglieder (vgl. BVerwG BeckRS 2015, 42545; vgl. BayVGH BeckRS 2013, 59477). (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 7.500 € festgesetzt.
Gründe
I.
Mit Bescheid vom 30.09.2016 wurde der antragstellenden GmbH, welche vertreten wird durch die Geschäftsführer X… und Y…, die Erlaubnis gem. § 34a GewO zur Ausübung der umfassenden Bewachungstätigkeit ohne Einschränkungen erteilt. Die Antragstellerin betreibt daneben laut Gewerbeanmeldung vom 14.12.2015 folgende weitere Gewerbe: Reinigungs- und Veranstaltungsdienstleistungen, Sportschule, Vertrieb von Sportartikeln sowie Nahrungsergänzungsmittel, Handel mit erlaubnisfreien Artikeln, Organisation und Vermittlung von Reisen, Fahrdienstleistungen.
Bei der Zuverlässigkeitsüberprüfung im Erlaubnisverfahren waren hinsichtlich des Geschäftsführers X… folgende Tatsachen bekannt geworden:
Am 19.07.2016 teilte die Kripo … dem Landratsamt … mit, dass das Fahrzeug des genannten Geschäftsführers, ein Motorrad des Fabrikats Yamaha am 22.06.2013 bei der Sommerparty des Chapters des Motorradrockerclubs „1…“ in F… gesichtet worden sei. Zu dieser Veranstaltung seien auch zahlreiche Mitglieder des Motorradrockerclubs „2…“ angereist. Bei diesem handle es sich um eine sogenannte „Outlaw Motorcycle Gang (OMCG)“, also um einen gewaltbereiten Motorradrockerclub (One-Percenter). Hiermit konfrontiert, gab der genannte Geschäftsführer im Rahmen einer persönlichen Vorsprache am 17.08.2016 eine auf den 16.08.2016 datierte Erklärung ab, wonach „er weder Mitglied in einem Motorradclub sei, noch beabsichtige, eine Mitgliedschaft in einem solchen einzugehen“. Daraufhin wurde der Bescheid vom 30.09.2016 über die Bewachungserlaubnis erteilt.
Bei behördlichen Kontakten sei allein der genannte X…, nicht aber der in G…, 7… ansässige weitere Geschäftsführer Y… in Erscheinung getreten.
Am 19.12.2016 erhielt das Landratsamt durch anonyme Mitteilung unter Beifügung eines Gruppenfotos Kenntnis, dass der Geschäftsführer X… auf der Homepage des „2… A…land“ auf Bildern zu sehen ist, so unter der dortigen Rubrik „…“. Daher ging man von einer bestehenden Mitgliedschaft im „2… A…land“ aus, worin das Landratsamt einen gewerberechtlichen Unzuverlässigkeitsgrund erblickte. Daneben enthielt das anonyme Schreiben die Mitteilungen, dass in A…land Ermittlungsverfahren gegen X… laufen würden wegen Raub, räuberischer Erpressung i.V.m Körperverletzung und durch den Zoll in Deutschland wegen Verkürzung von Sozialabgaben. X… sei nicht nur Mitglied, sondern President des 2… P… Daraufhin wurde die antragstellende GmbH mit Schreiben vom 13.04.2017 (zugestellt am 19.04.2017) zu der ihr zurechenbaren Unzuverlässigkeit eines Geschäftsführers zur beabsichtigten Rücknahme der Erlaubnis angehört. Die Unzuverlässigkeit wurde dabei nur auf die Mitgliedschaft in einem One-Percenter Motorradclub gestützt. Mit Schreiben vom 28.04.2017 (eingegangen 04.05.2017) zeigte der früher bevollmächtigte Rechtsanwalt seine Vertretung an und äußerte sich sinngemäß, dass der Geschäftsführer im Schreiben vom 18.06.2016 keine Falschangaben gemacht habe und dies auch an Eides statt versichern könne, wenn so die Rücknahme verhindert würde. Weiterhin bat er darum, dass das Landratsamt erkläre, ob eine Strafanzeige erstattet würde und gegebenenfalls, dieses Strafverfahren abzuwarten. Weiter wurde das Landratsamt gebeten, mitzuteilen, ob es die sofortige Vollziehung der Rücknahmeverfügung erwäge. Einer angeforderten Akteneinsicht kam man dahingehend nach, dass die in dieser Angelegenheit beachtlichen Aktenteile mit Schreiben vom 08.05.2017 an den Bevollmächtigten übersandt worden seien.
Mit Schreiben vom 23.05.2017 bat der Bevollmächtigte um Mitteilung des Ursprungs des in den Akten enthaltenen Fotokonvoluts und um Beantwortung der zuvor gestellten Fragen.
Mit Bescheid vom 09.06.2017, dem damals Bevollmächtigtem laut Empfangsbekenntnis zugestellt am 20.06.2017, hatte das Landratsamt die Erlaubnis mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen. Daraufhin bestellte sich der gegenwärtig Bevollmächtigte mit Schreiben vom 21.06.2017, beim Landratsamt eingegangen am 27.06.2017, machte verschiedene Einwände geltend und erbat umfassende Akteneinsicht.
Mit Schreiben vom 04.07.2017, bei Gericht eingegangen am 06.07.2017, stellte der Bevollmächtigte der Antragstellerseite Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO im Verfahren RN 5 S 17.1103 und erhob mit Schriftsatz vom 10.07.2017, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, dementsprechend Klage im Verfahren RN 5 K 17.1125. Im Wesentlichen brachte er vor, dass der fragliche Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Erlaubniserteilung keinem gewaltbereiten Motorradclub angehört habe. Außerdem wurde gerügt, dass keine sonst übliche Übergangs- oder Abwicklungsfrist festgelegt wurde. Zudem sei es widersprüchlich, die Erlaubnisurkunde nach Bestandskraft zurückzufordern, zugleich aber die sofortige Vollziehung anzuordnen.
Daraufhin widerrief das Landratsamt … mit Bescheid vom 19.07.2017, dem Bevollmächtigten der Antragstellerseite zugegangen am 21.07.2017, den Bescheid vom 09.06.2017 und ersetzte ihn zugleich (Ziffer 1). Die der Antragstellerin erteilte Erlaubnis gemäß § 34a GewO zur Ausübung der umfassenden Bewachungstätigkeit wurde mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen (Ziffer 2). Das genannte Bewachungsgewerbe sei innerhalb von drei Wochen nach Zustellung des Bescheides, im Falle der Aussetzung der Vollziehbarkeit binnen drei Wochen nach erneuter Vollziehbarkeit einzustellen (Ziffer 3). Die Erlaubnisurkunde vom 30.09.2016 müsse innerhalb der gleichen Frist wie in Ziffer 3 zurückgegeben werden (Ziffer 4). Für den Fall der Fortsetzung des Betriebes entgegen Ziffer 3 des Bescheides werde ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000 € zur Zahlung fällig, für den Fall der Nichtbefolgung der Aufforderung unter Ziffer 4 ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 € (Ziffer 5). Die sofortige Vollziehung wurde hinsichtlich der Ziffern 2, 3 und 4 angeordnet (Ziffer 6). Der Antragstellerin wurden die Verfahrenskosten auferlegt und für die in Ziffer 2 getroffene Verfügung eine Gebühr in Höhe von 200 € festgesetzt. Auslagen seien nicht angefallen (Ziffer 7).
Der Bescheid wird im Wesentlichen damit begründet, dass nachträglich bekannt wurde, dass die Zuverlässigkeit des Geschäftsführers X… bereits zum Zeitpunkt der Erlaubniserteilung nicht vorgelegen habe. Dies müsse sich die GmbH zurechnen lassen, da der weitere Geschäftsführer keine recherchierbare Geschäftsführertätigkeit ausübe. Die Mitgliedschaft im „2… A…land“ sei nicht mit dem Zuverlässigkeitsbegriff für eine Bewachungserlaubnis vereinbar, da dieses Gewerbe eine besondere Konfliktträchtigkeit und Nähe zu Gewalt aufweise. Von der Mitgliedschaft gehe man aus, da er auf mehreren Fotos auf der Homepage der genannten Vereinigung mit schwarzer Kutte (einschließlich Aufschriften bzw. Symbolen des MC, sog. patches) zu sehen sei, welche ihn als Mitglied ausweise. Dabei seien auch gestellte gemeinsame Gruppenfotos, auf denen sich der Kläger befinde. Die Kleidung hätte Aufschriften und Symbole des MC gezeigt. Auf spontanen Eventfotos habe er sich im Kreis der Mitglieder befunden und wirkte diesen durchwegs vertraut. Die Strukturen des MC würden es nicht erlauben, dass ein Außenstehender oder Interessent so weit in den inneren Zirkel vordringe. Bei einer Mitgliedschaft sei aber von der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit jedenfalls für das Bewachungsgewerbe auszugehen. Der 2… sei der größte deutsche „1%er“-Motoradclub. Laut Verfassungsschutzbericht 2016 weise diese Art von Motoradclub eine besondere Nähe zur organisierten Kriminalität auf, verstehe sich als außerhalb des Gesetzes stehend, erkenne das Gewaltmonopol des Staates nicht an und unterliege einem Schweigegelübde. Vollmitglieder würden sich zu lebenslanger Zugehörigkeit und bedingungsloser Loyalität verpflichten. Der herrschenden hierarchischen Ordnung, welche es gebiete, in Konflikten notfalls auch mit Gewalt beizustehen, könne sich ein Einzelner in der Gruppe nicht entziehen, selbst wenn er bislang nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten sei.
Selbst wenn der Geschäftsführer der Antragstellerin bald nach dem letzten vorhandenen datierbaren Foto vom 14.02.2013 ausgeschieden wäre, würde die strukturbedingte Verhaftetheit in diesem Milieu weiterhin zu einer Unzuverlässigkeit für die Ausübung des Bewachungsgewerbes führen. Der Bescheid sei schließlich auch insbesondere deshalb verhältnismäßig, weil er sich nur auf das Bewachungsgewerbe und seine hohen Anforderungen beziehe. Es müssten nicht erst konkrete Verletzungen von Berufspflichten abgewartet werden. Parallel würden weitere Gewerbe, wie eine Sportschule betrieben. Auf Vertrauensschutz nach Art. 48 Abs. 3 BayVwVfG könne die Antragstellerin sich aufgrund unrichtiger Angaben nicht berufen.
Die sofortige Vollziehbarkeit sei als Präventivmaßnahme nötig zur Gefahrenabwehr. Aus der Verortung der OMCG im Bereich der organisierten Kriminalität und des möglichen direkten Personenkontakts ergebe sich eine nicht hinzunehmende Gefährdung der Rechtsgüter Leben, Gesundheit und Eigentum. Dies zeige auch die Erlaubnispflicht und die vorgeschriebene Zuverlässigkeitsüberprüfung. Das öffentliche Interesse an der Rücknahme überwiege daher. Dies gelte auch für die geforderte Rückgabe der Erlaubnisurkunde, um keine Täuschungsmöglichkeiten über eine auch während des Sofortvollzugs der Rücknahme nicht mehr bestehende Erlaubnis zu eröffnen.
Laut Aktenvermerk vom 05.07.2017 habe der Vertreter der Antragstellerin in einem Gespräch am 30.06.2017 geäußert, X… sei früher Mitglied in einem OMCG in A…land gewesen, aber längst, jedenfalls vor dem Antrag auf Erteilung der Bewachungserlaubnis, ausgeschieden.
Die Verfahren zum Eilantrag, eingegangen am 06.07.2017 (RN 5 S 17.1103), und zur Klage, eingegangen am 10.07.2017 (RN 5 K 17.1125), wurden daraufhin infolge von Erledigungserklärungen mit Beschlüssen vom 08.09.2017 beendet.
Gegen den Bescheid vom 19.07.2017 wendet sich die Antragstellerin mit dem hier gegenständlichen Eilantrag vom 01.08.2017, am 04.08.2017 bei Gericht eingegangen, sowie der Klage vom 18.08.2017, eingegangen am selben Tag (RN 5 K 17.1451).
Zur Begründung lässt die Antragstellerin vorbringen: Es fehle an der Erforderlichkeit, da eine Niederlegung der Geschäftsführung oder Einschränkung der Einzelvertretungsbefugnis des Geschäftsführers X… genügt hätte. Eine Falschinformation zum Zeitpunkt der Erlaubniserteilung habe nicht vorgelegen. Das Thema OMCG wurde bereits vor Erlaubniserteilung angesprochen und der Geschäftsführer habe wahrheitsgemäß angegeben, dass er aktuell weder Mitglied sei noch einer solchen nahe stehe. Seit Erlaubniserteilung sei der Erkenntnisstand unverändert. Das Unternehmen bestehe seit 12 Jahren und sei zuvor als Inhaberbetrieb im Kreis … sowie stets beanstandungsfrei geführt worden. Derzeit seien 20 Mitarbeiter beschäftigt. Im Internet zufällig gefundene Bilder seien deutlich älteren Datums. Weil während des Erlaubnisverfahrens sein seinerzeit verliehenes Motorrad im örtlichen Zusammenhang mit einer OMGC gesehen worden war, habe er bereits vor Erlaubniserteilung wahrheitsgemäß angegeben, einer solchen Gruppierung nicht anzugehören. Seit Dezember 2015, als sein bester Freund bei einem Unfall verunglückt sei, fahre er nicht einmal mehr Motorrad. Zu im Bescheid angedeuteten neueren Erkenntnissen sei nicht angehört worden. Der Bescheid beziehe sich nur auf abstrakte Erkenntnisse, es sei nicht ausreichend zu dem Geschäftsführer ermittelt worden und werde nicht in Erwägung gezogen, dass er ausgestiegen sein könnte. Offenbar zur Absicherung des Bescheids werde eine etwaige ehemalige Mitgliedschaft als ausreichend angesehen. Zum Sofortvollzug sei nicht angehört worden; Erlassgründe könnten nicht zugleich Gründe für den Sofortvollzug sein, zumal in hiesiger pauschaler Form.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 18.08.2017, RN 5 K 17.1451, gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19.07.2017 wiederherzustellen, hilfsweise, die sofortige Vollziehung des Bescheids aufzuheben bzw. auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Zur Begründung trägt der Antragsgegner vor, die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei ordnungsgemäß ergangen und auch weiterhin erforderlich. Die Gefahren, die durch die Gewerbeausübung eines unzuverlässigen Bewachungsunternehmers ausgingen, würden die Rücknahme weiterhin rechtfertigen. Auf die ausführliche Begründung des Bescheids werde verwiesen. Darüber hinaus seien auch aktuell Strafverfahren hinsichtlich X… anhängig, v.a. wegen Veruntreuens/Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 78 tatmehrheitlichen Fällen. Von einem beanstandungsfreien Führen des Unternehmens könne daher kaum ausgegangen werden. Das Bildmaterial sei nicht zufällig im Internet gefunden, vielmehr handele es sich um die offizielle Homepage des 2… A…land, auf welcher der Geschäftsführer der Antragstellerin zu sehen sei.
Der Antragsteller meint zu den genannten Strafverfahren, dass diese keine Rolle spielen könnten, da einerseits auf die Unschuldsvermutung abzuheben sei und andererseits ein Verfahren erst durch den Antragsgegner nach Rechtsmitteleinlegung eröffnet worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten (einschließlich der Akte des Hauptsacheverfahrens RN 5 K 17.1451 sowie der Verfahren RN 5 S 17.1103 und RN 5 K 17.1125) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der eingereichten Anfechtungsklage ist gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zulässig, da die Klage gegen Ziffern 2, 3 und 4 des streitgegenständlichen Bescheids wegen des behördlich angeordneten Sofortvollzugs in Ziffer 6 nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung hat und die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 5 kraft Gesetzes gemäß Art. 21a Satz 1 VwZVG sofort vollziehbar ist. Der Antrag ist allerdings unbegründet.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung wiederherstellen bzw. anordnen.
Soweit die Behörde den Sofortvollzug besonders angeordnet hat (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, muss das Gericht zunächst überprüfen, ob die Begründung der zuständigen Behörde für die Anordnung des Sofortvollzugs den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügt. Nur wenn dies der Fall ist oder wenn es sich um einen Verwaltungsakt handelt, der kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist, so trifft das Gericht eine eigene, originäre Ermessensentscheidung. Bei dieser Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung und dem Aussetzungsinteresse des Antragsstellers kommt zunächst der summarischen Überprüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache besondere Bedeutung zu.
Wenn die Hauptsacheklage nach der im Eilrechtsschutz gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung offensichtlich keine Aussichten auf Erfolg hat, weil der Verwaltungsakt als rechtmäßig erscheint, so ist der Antrag in der Regel abzulehnen (ausführlich zu der vorzunehmenden Interessenabwägung: BVerwG vom 14.4.2005, BVerwGE 123, 241).
So verhält sich die Sache hier.
1. Die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs erfüllt die notwendigen Voraussetzungen aus § 80 Abs. 3 VwGO. Grundsätzlich muss die Begründung auf den konkreten Einzelfall abstellen und darf sich nicht mit „formelhaften“ Erwägungen begnügen (BayVGH, B.v. 30.10.2009, 7 CS 09.2606, juris Rn. 17). Die Begründung soll den Betroffenen einerseits in die Lage versetzen seine Rechte wirksam wahrnehmen zu können. Andererseits soll sie der Behörde den Ausnahmecharakter vor Augen führen und sie veranlassen genau zu prüfen, ob und warum ausnahmsweise der Grundsatz der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen durchbrochen werden soll (Kopp/Schenke, VwGO, 20.Aufl. 2014, § 80 Rn. 84 ff.). Die Behörde muss konkret die Gründe angeben, die dafür sprechen, dass die sofortige Vollziehung aufgrund erheblicher öffentlicher Interessen notwendig ist und warum dahinter die Interessen des Betroffenen zurückstehen müssen. Ein Abstellen auf die Gesichtspunkte, die den Grundverwaltungsakt selbst rechtfertigen, ist nicht ausreichend. Allerdings können bei gleichartigen Tatbeständen auch gleiche oder „gruppentypisierte“ Begründungen ausreichen. Gerade dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass nach ihrer Auffassung diese Interessenlage auch im konkreten Fall vorliegt (BayVGH B.v. 27.10.2005, Az 11 CS.051967, juris Rn. 13; BayVGH B.v. 13.10.2006 – Az. 11 CS 06.1724).
Hier hat das Landratsamt … in ausreichender Begründung zutreffend darauf abgestellt, dass ohne Sofortvollzug eine nicht hinnehmbare Gefahr für hochrangige Rechtsgüter (Körper, Gesundheut, Eigentum) bestehe, wenn die Antragstellerin ihr Gewerbe bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiter ausüben würde. Die Mitgliedschaft des Geschäftsführers X… in einem OMCG biete nicht die Gewähr dafür, dass die Antragstellerin rechtsstaatliche Prinzipien strikt achte, da sich derartige Vereinigungen durch die Missachtung des Gewaltmonopols des Staates, Selbstjustiz und Racheaktionen auszeichnen würden. Gefahren für die Allgemeinheit entstünden aus dem direkten Personenkontakt im Bewachungsgewerbe. Grundrechtsgefährdungen durch im Bewachungsgewerbe Tätige müsse der Staat verhindern. Erlaubnispflicht und Zuverlässigkeitsüberprüfung werde dem auch Rechnung getragen. Aufgrund der dargelegten öffentlichen Sicherheitsbelange würde das öffentliche Interesse an der Rücknahme der Erlaubnis nebst Schließungsanordnung diejenigen der Antragstellerin an einem Weiterbetreiben bis zur Hauptsacheentscheidung überwiegen.
Hinsichtlich der Rückgabe der Erlaubnisurkunde sei die sofortige Vollziehung anzuordnen gewesen, da nur so eine mögliche missbräuchliche Verwendung der Urkunde nach der Vollziehbarkeit verhindert werden könne.
Diese Erwägungen sind aus formeller Sicht nicht zu beanstanden. Zwar mag der Antragstellerseite zuzugestehen sein, dass das (unterstützende) Argument, in Erlaubnispflicht und Zuverlässigkeitsüberprüfung seien Indizien zu sehen, dass das Gefahrenpotential hoch und die öffentlichen Interessen gewichtig seien, für sich allein eventuell noch nicht genügen würde, da dann in jedem Fall erlaubnispflichtigen Gewerbes mit vorgelagerter Zuverlässigkeitsüberprüfung so argumentiert werden könnte. Vorliegend wurde jedoch zudem im Rahmen einer Abwägung auf die konkrete Situation der Mitgliedschaft in einer bestimmten sog. OMCG und der hohen Wertigkeit der Rechtsgüter Körper, Gesundheit und Eigentum argumentiert, dass die Gefährdung auch nicht bis zu einer Hauptsacheentscheidung hingenommen werden kann. Soweit diese Begründung für alle im Bewachungsgewerbe Tätigen mit Beziehung zu „One Percenter“ Motorradclubs anwendbar wäre, handelt es sich allenfalls um eine typisierte Begründung, die, wie oben erläutert, in gleich gelagerten Konstellationen zulässig ist, keinesfalls aber für alle oder gar die Mehrzahl der Rücknahmen von Bewachungserlaubnissen einfach formelhaft übernommen werden könnte.
2. Die Klage in der Hauptsache hat aus Sicht der entscheidenden Kammer nach der im Eilverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage offensichtlich keine Aussichten auf Erfolg, weil der Verwaltungsakt als rechtmäßig erscheint und damit die Antragstellerin nicht in eigenen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a. Indem die Antragstellerin sich „gegen den Bescheid“ wendet, ist nicht davon auszugehen, dass der Antrag auch gegen Ziffer 1 des Bescheids vom 19.07.2017 gerichtet ist, soweit hiermit der Bescheid vom 09.06.2017 widerrufen wurde. Schon zuvor hatte die Antragstellerin Klage gegen diesen Bescheid eingereicht. Diesem Interesse wurde mit dem Widerruf entsprochen. Daher ist das Begehr im hiesigen Verfahren nicht dahingehend auszulegen, dass gegen diesen Widerruf vorgegangen werden soll, sondern eben gegen den zugleich neu erlassenen Rücknahmebescheid (Ziffern 2ff.).
b. Ziffer 2 des Bescheides findet seine Grundlage in Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG i.V.m. § 34 a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewO. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die zusätzlich nach Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG einzuhaltenden Jahresfirst ist offenkundig gewahrt, da schon zwischen der anonymen Mitteilung vom 19.12.2016 und dem Zugang des neu gefassten Bescheids am 21.07.2017 weniger als ein Jahr liegt. Anhörungsfehler sind nicht ersichtlich, da schon im ausführlichen Anhörungsschreiben vom 13.04.2017 auf Fotos hingewiesen wurde, die ihn in entsprechender Kleidung zeigen. Genau hierauf stützt sich auch der gegenständliche Bescheid. Wo der Vertreter der Antragstellerin weitere neuere Erkenntnisse vermutet, ist nicht ersichtlich. Er scheint hierbei eine Aussage zu missverstehen, die lediglich festhalten will, dass die Kenntnis der Fotos nach der Erlaubniserteilung erfolgte und damit „neu“ ist. Hinsichtlich der Anordnung der sofortigen Vollziehung ist nicht gesondert anzuhören, zudem hat der Antragsteller in der Konstellation, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung mit dem belastenden Verwaltungsakt verbunden ist, die Möglichkeit, im Verfahren gegen diesen seine Bedenken vorzutragen (BeckOK VwGO/Gersdorf VwGO § 80 Rn. 79-83 m.w.N.).
Materiell bestehen keine Bedenken gegen die Rücknahme. Insbesondere war der begünstigende Verwaltungsakt Bewachungserlaubnis, der keine Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt und damit nicht Abs. 2 unterfällt, als rechtswidrig zu werten, da es der Antragstellerin an der Zuverlässigkeit im Sinne von § 34 a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewO fehlt. Die Aufzählung von Regelbeispielen in § 34a Abs. 1 Satz 4 GewO hindert dabei schon ausweislich des Einleitungssatzes nicht daran, auch in anderen Konstellationen von Unzuverlässigkeit auszugehen (Landmann/Rohmer GewO/Marcks GewO § 34a Rn. 24).
Gewerberechtlich unzuverlässig ist nach ständiger Rechtsprechung und Literatur, wer keine Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß ausüben wird (BVerwG, U.v. 19.03.1970 – I C 6.69 – DVBl. 1971, 277; Pielow, Gewerbeordnung 2013, § 35 Rn. 19). Nicht ordnungsgemäß ist die Gewerbeausübung durch eine Person, die nicht willens oder nicht in der Lage ist, die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung ihres Gewerbes zu gewährleisten. Erforderlich ist weder ein Verschulden im Sinne eines moralischen oder ethischen Vorwurfs, noch ein Charaktermangel. Die Unzuverlässigkeit muss sich aus in der Vergangenheit eingetretenen Tatsachen ergeben. Die bereits geschehenen Tatsachen hat die Behörde daraufhin zu beurteilen, ob sie auf eine Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in der Zukunft schließen lassen, d.h. ob sie die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf dieses Gewerbe dartun.
Die von der Behörde bewerteten Tatsachen stellen hier die ihr erst nach Erlaubniserteilung bekannt gewordenen Fotos von der Homepage des 2… A…land und die daraus abzuleitende Stellung des Geschäftsführers der Antragstellerin. Dabei handelt es sich auch nicht, wie von der Antragstellerin vorgetragen, um einen unveränderten Kenntnisstand seit der Erlaubniserteilung; die Existenz der (wenn auch älternen) Fotos und der Website ist der Antragsgegnerin erst später bekannt geworden. Zum Teil handelt es sich bei diesen Fotos um gestellte Gruppenfotos, u.a. von der Startseite der Homepage, bei denen sich der Geschäftsführer also nicht nur zufällig unter den anderen Personen befindet. Gerade, dass dieses Foto sich auf der Startseite der Homepage befand, legt nahe, dass nicht nur beliebige Personen mit Bezug zum Motorradclub zu sehen sind, sondern Mitglieder. Schließlich geht es bei einer Homepage einer Vereinigung gerade um ihre Außendarstellung. Keineswegs kann von in irgendeiner Weise „zufälligen“ Bildern gesprochen werden. Die Stellung als Mitglied liegt ebenfalls dadurch nahe, dass der Geschäftsführer auf diesen und auf Veranstaltungsfotos mit typischer Kleidung, einschließlich den Symbolen des Motorradclubs und sog. Patches auf dieser Kleidung zu sehen ist. Zurecht hat das Landratsamt also aufgrund dieser Fotos auf die Stellung als Mitglied im 2… A…land geschlossen. Zwar stammen diese Fotos aus dem Jahr 2013, dies ist jedoch für die von der Behörde zu stellende Prognose im Rahmen der Zuverlässigkeit ebenfalls eine taugliche Grundlage, da One-Percenter Motorradclubs u.a. nach Erkenntnissen der Verfassungsschutzes auf lebenslanger Loyalität aufbauen und der dadurch entstehenden Verhaftetheit in diesem Milieu. Allein eine Erklärung, dass man aktuell und künftig nicht Mitglied sei bzw. sein wolle, aber nicht ansatzweise darlegt, ob dies in der Vergangenheit der Fall war, wie man sich trotz der allgemein geforderten Loyalität nicht mehr dem Motorradclub verbunden sieht oder sonst ermöglicht, eine solche Erklärung von einer reinen Schutzbehauptung im Verfahren der Erlaubniserteilung zu unterscheiden, kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Sollte diese Erklärung vom 16.08.2016 so erfolgt sein, um den Eindruck eines „Verrats“ eines (unterstellt) ehemaligen Mitglieds zu vermeiden, so würde sich hierin umso mehr zeigen, dass er anderen als den durch die Rechtsordnung auferlegten Pflichten folgen muss, ggf. auch im Rahmen des Bewachungsgewerbes.
Die Prognose im Rahmen der Unzuverlässigkeit bezieht sich dabei auf ein bestimmtes Gewerbe, hier das Bewachungsgewerbe. Zu Recht stellt das Landratsamt fest, dass die gewerbsmäßige Bewachung von Leben oder Eigentum fremder Personen eine besondere Konfliktträchtigkeit und Nähe zur Gewalt aufweist, da Inhalt des Gewerbes ist, bestimmte durch die Rechtsordnung übertragene und im konkreten Fall am Grundsatz der Erforderlichkeit orientiert in Anspruch genommene Rechte (etwa Notwehr, Selbsthilfe) ausgeübt werden dürfen, § 34a Abs. 5 GewO.
Damit lässt sich durchaus eine Parallele zur waffenrechtlichen Zuverlässigkeit ziehen, da hier wie dort nur ein schmaler Grat zwischen einer rechtmäßigen Ausübung der erlaubnispflichtigen Handlungen und einem Gewaltdelikt liegt. Die Erlaubnispflicht zeugt daher von einem hohen öffentlichen Interesse, den Erlaubnisinhaber auf dem Boden der Rechtsordnung zu wissen. Letztlich geht es auch darum, das staatliche Gewaltmonopol zu wahren und im Rahmen der zu treffenden Prognose Übertretungen der oben genannten Jedermannsrechte möglichst unwahrscheinlich zu machen.
Hinsichtlich der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit hat jedoch bereits das VG München herausgearbeitet, weshalb diese Mitgliedern von „One-Percenter“ Motorradclubs nicht zugesprochen werden kann (VG München, Urteil vom 09. März 2016 – M 7 K 15.5177, insb. Rn. 22 ff., in Übereinstimmung mit BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2015 – 6 C 1/14):
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 a und c WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind. Die Mitgliedschaft in einer lokalen Organisationseinheit einer Rockergruppierung wie dem 4… MC … rechtfertigt diese Annahme (vgl. BVerwG, U. v. 28. Januar 2015 – 6 C 1/14 – juris Rn 6).
Eine missbräuchliche Verwendung im Sinn des Waffengesetzes ist unter anderem dann zu befürchten, wenn die Gefahr besteht, dass der Erlaubnisinhaber „sein Recht“ außerhalb oder neben der bestehenden Rechtsordnung durchsetzen wird, sei es im Rahmen planvoll begangener Straftaten, sei es im Rahmen sogenannter Selbsthilfeexzesse (BayVGH, U. v. 10. Oktober 2013 – 21 BV 12.1280 – juris Rn 29; N. Heinrich in Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 5 Rn 9). […] In Anbetracht des vorbeugenden Gesetzeszwecks (vgl. § 1 Abs. 1 WaffG; BT-Drs. 14/7758, S. 51) und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, genügt für die auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellende Prognose eine hinreichende, auf der Lebenserfahrung beruhende Wahrscheinlichkeit, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss (st. Rspr. des BVerwG und des BayVGH, vgl. BVerwG, U. v. 28. Januar 2015 – 6 C 1/14 – juris Rn 17 und BayVGH, B. v. 4. Dezember 2013 – 21 CS 13.1969 – juris Rn 14 jeweils m.w.N.; ebenso VGH BW, B. v. 3. August 2011 – 1 S 1391/11 – juris Rn 4;). Die Prognose erfordert daher nicht den Nachweis eines bestimmten Fehlverhaltens und wird nicht dadurch widerlegt, dass eine Person im Zusammenhang mit ihrer Mitgliedschaft in einer Gruppierung strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist (BVerwG, U. v. 28. Januar 2015 – 6 C 1/14 – juris Rn 16, 10; BayVGH, U. v. 10. Oktober 2013 – 21 BV 12.1280 – juris Rn 61). Auch ohne konkrete Vorfälle genügt es als Tatsache für die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit, wenn der Erlaubnisinhaber einer sozialen Gruppe angehört, in der es gehäuft zu Straftaten gekommen ist, sofern die Strukturmerkmale dieser Gruppe die Annahme rechtfertigen, dass gerade auch der Erlaubnisinhaber künftig Straftaten verwirklichen wird, d.h. sofern zwischen der Annahme der Unzuverlässigkeit und der Gruppenzugehörigkeit eine kausale Verbindung besteht (vgl. BVerwG, aaO, Rn 11 f.). Dies ist der Fall, wenn die Gruppe von einer Kultur der gewaltsamen Austragung von Rivalitäten und Konflikten geprägt ist, in die jede örtliche Organisationseinheit und jedes Mitglied aufgrund einer überörtlichen Vernetzung und eines hohen Loyalitäts- und Konformitätsdrucks jederzeit hineingezogen werden kann (vgl. BVerwG, aaO, Rn 14, 16).
Davon ausgehend liegen Tatsachen vor, die den nachvollziehbaren und plausiblen Schluss rechtfertigen, dass der Kläger – ob beabsichtigt oder unter dem Druck einer Situation – selbst mit Waffen in einer vom Waffengesetz nicht geduldeten Form umgehen oder Dritten eine solchen Umgang durch willentliche Überlassung ermöglichen wird.
Der 4… MC, dessen am … November 2014 aufgelöstem Chapter … der Kläger bei Erlass der streitgegenständlichen Bescheide angehört hat, wird den sog. Rockergruppen bzw. den von den amerikanischen Strafverfolgungsbehörden so bezeichneten Outlaw Motorcycle Gangs (OMCG) zugeordnet (vgl. BayVerfSchBer 2014, S. 213 ff.; BayVerfSchBer 2013, S. 202 ff.; BayVGH, U. v. 10. Oktober 2013, aaO, Rn 37, 66). Mit der Bezeichnung OMCG werden weltweit die polizeilich besonders relevanten Rockergruppierungen von der breiten Masse der Motorradclubs abgrenzt, welche zwar im Einzelfall auch kriminelle Aktivitäten verfolgen können, diese aber nicht als Hauptmotivation ihrer Existenz verstehen (BayVerfSchBer 2014, S. 213). Wegen der nachgewiesenen Nähe einzelner Mitglieder dieser Rockergruppen zur Organisierten Kriminalität (OK) im Sinn von Art. 1 Abs. 3 BayVSG wird der 4… MC in den Verfassungsschutzberichten derjenigen Bundesländer aufgeführt, in denen die Verfassungsschutzbehörde die OK beobachtet (BayVGH, aaO, Rn 36). Die Schwerpunkte der Rockerkriminalität liegen im Rotlichtmilieu und dem Drogen- und Waffenhandel (vgl. BayVerfSchBer 2014, S. 213 ff.; BayVerfSchBer 2013, S. 202 ff.). Wegen der Aktivitäten der OMCGs, darunter des 4… MC, im Einzelnen und der von ihnen ausgehenden Straftaten und sonstigen Gefahren nimmt das Gericht auf die in den Urteilen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Oktober 2013 – 21 BV 12. 1280, 21 BV 13.429, 21 B 12.964, 21 B 12.960 – ausführlich dargelegten Erkenntnisse, die u.a. auf den auch der Kammer zur Verfügung stehenden allgemein zugänglichen Quellen (Wikipedia) und den Verfassungsschutzberichten Bayern 2009 – 2012 beruhen, und die Einschätzung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs Bezug, ferner auf die nachfolgenden Verfassungsschutzberichte Bayern 2013 und 2014. Das Bundesverwaltungsgericht (U. v. 28. Januar 2015, aaO, Rn 13), dem sich die Kammer anschließt, hat die Feststellungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs insoweit als maßgeblich angesehen, als von Mitgliedern der 4… gehäuft Straftaten unter zum Teil erheblicher Gewaltanwendung begangen worden sind, sie wie eine Reihe anderer Gruppierungen territorialen und finanziellen Machtzuwachs innerhalb der Rockerszene anstreben und entsprechende Ansprüche regelmäßig mit Gewalt durchzusetzen versuchen (vgl. auch die Sachverhalte, die dem durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, U. v. 20. Februar 2014 – 22 BV 13.1909 – juris, bestätigten Widerruf einer Bewachungserlaubnis eines Mitglieds des 4… MC …, dem durch das OVG Bremen, U. v. 10. Juni 2014 – 1 D 126/11 – juris, bestätigten Vereinsverbot des 5… MC … und dem durch das Bundesverwaltungsgericht, B. v. 29. Januar 2013 – 6 B 40/12 – juris, bestätigten Vereinsverbot der 6… … zugrunde lagen), Streitigkeiten aller Art innerhalb der Rockerszene regelmäßig mit Gewalt ausgetragen werden und es insbesondere zwischen dem 6…MC und den 4… zu gewalttätigen Auseinandersetzungen bis hin zu Schießereien gekommen ist. Ferner hat das Bundesverwaltungsgericht die obergerichtlichen Feststellungen zugrunde gelegt, dass innerhalb von Rockergruppierungen ein strenger Ehrenkodex sowie ein einheitliches, formalisiertes Aufnahmeritual gilt, ein starkes Maß innerer Verbundenheit vorherrscht, die verschiedenen örtlichen Organisationseinheiten miteinander vernetzt sind und es vorgekommen ist, dass eine örtliche Organisationseinheit der 4… wegen befürchteter Auseinandersetzungen mit dem 6… MC bundesweit Unterstützung angefordert hat. Diese gerichtlichen Feststellungen wurden durch die Aussagen des sachverständigen Zeugen, eines Sachbearbeiters des Bayerischen Landeskriminalamtes im Bereich Rockerkriminalität, in der mündlichen Verhandlung und durch statistische Auswertungen des Bundeskriminalamtes bestätigt und ergänzt, soweit sie den Zeitraum nach Erlass des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Oktober 2013 und dem dort maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt und dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheides Anfang 2014 betreffen. So haben sich nach dem im Internet veröffentlichten sog. Bundeslagebild OK ein signifikanter Anteil der OK-Verfahren, nämlich im Jahr 2012 4,6%, im Jahr 2013 5,5% und im Jahr 2014 8,4%, gegen Rockergruppierungen gerichtet, wobei das Bundeskriminalamt die Anzahl der Personen, die derartigen Gruppierungen angehören, in Deutschland auf ca. 9.000 schätzt. Auch in Bayern, wo der sachverständige Zeuge von 5.000 Rockern ausgeht, haben die 48 im Jahr 2014 gegen Rocker geführten OK-Verfahren einen erheblichen Anteil an der Gesamtzahl von 300 geführten OK-Verfahren, wobei der Anteil von 17 gegen Rocker geführten OK-Verfahren im Gewaltbereich im Verhältnis zu insgesamt 23 OK-Verfahren im Gewaltbereich signifikant ist. In Anbetracht der relativ niedrigen Anzahl von Rockern im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung bewegen sich diese Zahlen, anders als der Kläger meint, auch nicht im Promillebereich bzw. einem nicht aussagekräftigen Normalbereich.
…
Die wesensprägenden Strukturmerkmale der 4… MC, namentlich die Praxis der gewaltsamen Austragung der – ihrerseits szenetypischen – Rivalitäten, die bundesweite Vernetzung der örtlichen Organisationseinheiten, der hohe Loyalitätsdruck, der aus dem starken Verbundenheitsempfinden der 4… untereinander folgt, und die zahlreichen Verbindungen von 4… zur OK rechtfertigen auch die vom Kläger beanstandete bundesweite Betrachtung dieser Rockergruppierung und einheitliche Prognose für jede ihrer örtlichen Organisationseinheiten und jedes ihrer Mitglieder (vgl. BVerwG, U. v. 28. Januar 2015, aaO, Rn 14 ff.; vgl. BayVGH, U. v. 10. Oktober 2013, aaO, Rn 33, 44, 59, 64, 66, 68 f.).
Vergleichbar liegt der Fall hier. Beim 2… handelt es sich ausweislich des Verfassungsschutzberichts Bayern 2016, S. 275 ebenfalls um einen OMCG. Zwar geht es bei der Bewachungserlaubnis nicht um die Verhinderung von Gefahren durch Waffen und Munition oder einen nicht geduldeten Umgang oder die Überlassung an Dritte. Die hochrangigen Rechtsgüter Leben, Körper und Eigentum können jedoch ebenso gefährdet sein, falls ein Erlaubnisinhaber „sein Recht“ außerhalb oder neben der bestehenden Rechtsordnung durchsetzen will. Die geschilderten Strukturen von OMCG steigern dabei erheblich die Gefahr, dass ein Bewachungsgewerbetreibender die erlaubten Mittel der Rechtsordnung verlässt und aus Verpflichtung gegenüber dem Club dem Anforderungsprofil an Bewachungsgewerbetreibende nicht mehr gerecht wird. Das Bewachungsgewerbe entlastet aber staatliche Sicherheitsbehörden von der Aufgabe einer – von diesen kapazitätsmäßig tatsächlich nicht leistbaren – ubiquitären Gewährleistung der Sicherheit, indem private Bewachungsunternehmen für (meist) private Auftraggeber konkrete Präventivaufgaben wie die Bewachung von Personen und Sachen übernehmen. Sie üben im privaten Auftrag polizeiähnliche Funktionen (vgl. Höfling in Friauf, GewO, Stand: 271. EL August 2013, § 34a GewO Rn. 20) und eine quasistaatliche Sicherheitsrolle aus. (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 20. Februar 2014 – 22 BV 13.1909 –, Rn. 24, juris). Die Gefahr, dass in Ausübung dieser Aufgaben andere Motive verfolgt werden oder erlangtes Wissen zu Zwecken des OMCG eingesetzt wird, muss, auch wenn sich noch keine derartigen Taten ereignet haben sollten, nicht hingenommen werden. Gerade dazu ist durch die Behörde die Zuverlässigkeitsprognose zu stellen. Erste Anzeichen, wenn auch nur aufgrund anonymer Mitteilung, zu Gewaltdelikten in A…land, sind jedoch darüber hinaus im konkreten Fall sogar vorhanden.
Diese so beim Geschäftsführer erkannte Unzuverlässigkeit muss sich die Antragstellerin als GmbH zurechnen lassen. Im Gegensatz zu den Personalgesellschaften sind die juristischen Personen selbst Gewerbetreibende. Bezüglich der Unzuverlässigkeit wird man wohl unterscheiden müssen zwischen Untersagungsgründen, die die juristischen Personen selbst verwirklichen können (z. B. mangelnde Leistungsfähigkeit mit den Unterformen der Steuerschulden und Verletzung sozialversicherungsrechtlicher Verpflichtungen) und solchen, die ein Handeln oder Unterlassen natürlicher Personen voraussetzen. Die ersteren Tatbestände sind der juristischen Person direkt zuzurechnen, während es im Übrigen auf die Zuverlässigkeit der vertretungsberechtigten Person (bei den Hauptanwendungsfällen der GmbH der Geschäftsführer und der AG der Vorstand) ankommt. (So zumindest Landmann/Rohmer GewO/Marcks GewO § 35 Rn. 65, während weitere dort vertretene Ansichten generell auf natürliche Personen abstellen und damit zum gleichen Ergebnis kommen.) Die Mitgliedschaft in einem OMCG wird dabei durch eine natürliche Person verwirklicht, auch die genannten Loyalitätsbeziehungen bestehen notwendigerweise zwischen natürlichen Personen. Damit ergibt sich über die für das Bewachungsgewerbe im Rahmen der zu treffenden Prognose festgestellte Unzuverlässigkeit des Geschäftsführers diejenige der Antragstellerin.
Auch nach § 114 S.1 VwGO überprüfbare Ermessensfehler sind nicht festzustellen. So argumentiert schon Landmann/Rohmer GewO/Marcks GewO § 35 Rn. 65, dass die Auswechslung einer unzuverlässigen vertretungsberechtigten Person nicht als ausreichend angesehen werden könne, um Gefährdungen zu beseitigen, wenn die unzuverlässige Person die Gesellschaft wirtschaftlich beherrsche. Vorliegend berichtet das Landratsamt, dass ausschließlich der hier in Frage stehende Geschäftsführer X… gegenüber der Behörde auftrat und der weitere Geschäftsführer auch in 7… wohne. Auch angesichts des aus den Initialen der ersteren Geschäftsführers gebildeten Firmennamens, erscheint dies plausibel. Die Behörde muss sich nicht darauf verweisen lassen, quasi selbst eine Strohmannsituation herbeizuführen. Dass dies so erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 04.09.2017 explizit benannt wurde, ist angesichts § 114 S.2 VwGO unschädlich. Jedenfalls ist die Volluntersagung nach all dem nicht ermessensfehlerhaft.
Ebenfalls kein Ermessensfehler kann darin erblickt werden, dass der Erklärung vom 16.08.2016, dass aktuell und künftig keine Mitgliedschaft in einem Motorradclub bestehe gegenüber den Rückschlüssen aus den Fotos aus dem Jahr 2013 geringeres Gewicht beigemessen wurde. Der angegriffene Bescheid führt aus, Vertrauensschutz bestehe nach Art. 48 Abs. 3 S.1, 2, Abs. 2 S.2 Nr.3 BayVwVfG nicht, da insofern die Erlaubniserteilung durch unrichtige Angaben erschlichen worden sei. Hiergegen bringt die Antragstellerseite vor, die Angaben hätten 2016 der Wahrheit entsprochen. Die Frage, ob nun also unrichtige oder unvollständige Angaben vorgelegen haben, sowie ob das Vertrauen der Antragstellerin im Sinne von Art. 48 Abs. 3 S.1 aE BayVwVfG schutzwürdig ist und es damit auf diese Frage im Rahmen der Verweisung nach Art. 48 Abs. 3 S.2 BayVwVfG überhaupt ankommt, kann dahinstehen. Da der Verwaltungsakt keine Geld- oder teilbare Sachleistung betrifft, spielen diese Normen ausweislich der Systematik von Art. 48 Abs. 1 und 3 BayVwVfG nur in einem vom vorliegenden Verfahren zu unterscheidenden weiteren Verfahren über den Ausgleich von Vermögensnachteilen eine Rolle. Die Rücknahme an sich würde aber nicht rechtswidrig werden (vgl. hierzu nur BeckOK VwVfG/J. Müller VwVfG § 48 Rn. 84).
c. Darüber hinaus ist die der Antragstellerin eingeräumte Frist zur Betriebseinstellung (Ziffer 3) nicht ermessensfehlerhaft im Sinne des § 15 Abs. 2 GewO. Aufgrund des bereits über einen längeren Zeitraum laufenden Verfahrens, insbesondere aufgrund des Anhörungsschreibens des Antragsgegners vom 13.04.2017 war der Antragsstellerin bekannt, dass die Gewerbeuntersagung bevorstand. Sie konnte sich damit bereits darauf einstellen. Die Rückforderung der Erlaubnisurkunde (Ziffer 4) hat ihre Rechtsgrundlage in Art. 52 BayVwVfG. Da die Frist nach Ziffer 3, auf die hier verwiesen wird, letztlich an die Vollziehbarkeit anknüpft, bestehen hier keine Bedenken (so auch VG Augsburg, Urteil vom 03. November 2016 – Au 5 K 16.1175 –, Rn. 48, juris; BeckOK VwVfG/Falkenbach VwVfG § 52 Rn. 6 m.w.N.).
d. Schließlich hat die Kammer auch keine Bedenken gegen die Zwangsgeldandrohungen in Ziffer 5. Rechtsgrundlagen hierfür sind die Art. 18 Abs. 1, 19 Abs. 1 Nr. 3, 29, 31 und 36 VwZVG. Gegen die Höhe der angedrohten Zwangsgelder bestehen aus Sicht der entscheidenden Kammer keine Bedenken. Im Übrigen hat auch die Antragsstellerin insoweit nichts vorgetragen.
3. Nachdem der Antrag unbegründet ist, war er mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abrufbar auf der Homepage des BVerwG), dessen Empfehlungen die Kammer folgt. Nach Nr. 54.2.1 beträgt der Streitwert 15.000 Euro. Im Eilverfahren war dieser Streitwert nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren.