Aktenzeichen Au 2 K 16.1699
Leitsatz
Im Falle einer Nichtigkeitsklage gegen die Ruhestandsversetzungsentscheidung ist das besondere Rechtschutzbedürfnis gegeben, da der Beamte ein berechtigtes Interesse gegenüber seinem Dienstherrn an einer Entscheidung über die Frage hat, ob seine Versetzung in den Ruhestand nichtig ist. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klage ist zulässig. Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Das Rechtsschutzbedürfnis für die nicht fristgebundene Nichtigkeitsfeststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 Alt. 2 VwGO Klage fehlt nicht deshalb, weil die Klägerin nicht bis zur gerichtlichen Entscheidung bei der zuständigen Behörde erfolglos die Feststellung der Nichtigkeit des in Frage stehenden Verwaltungsakts gemäß Art. 44 Abs. 5 BayVwVfG beantragt hat (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 43 Rn. 21). Der Klage steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin von der Möglichkeit, Anfechtungsklage zu erheben, keinen Gebrauch gemacht hat und die mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:versehene Ruhestandsversetzungsverfügung Bestandskraft erlangt hat (§ 43 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Als Adressatin der Verwaltungsaktqualität aufweisenden (§ 26 Abs. 1 BeamtStG) und das Beamtenstatusverhältnis betreffenden Ruhestandsversetzungsentscheidung besitzt die Klägerin gerade gegenüber dem Dienstherrn ein berechtigtes Interesse an einer Entscheidung über die Frage, ob ihre Versetzung in den Ruhestand nichtig ist (s. hierzu BVerwG, U.v. 21.11.1986 – 8 C 127.84 – NVwZ 1987, 330; Happ in Eyer-mann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 43 Rn. 29).
Ob die in Art. 71 Abs. 1 Satz 2, Art. 10 Satz 2 BayBG, Art. 2 ff. VwZVG vorgesehenen Zustellungsbestimmungen durch das Einlegen des die Ruhestandsversetzungsverfügung und die hierüber erstellte Urkunde beinhaltenden Kuverts in den Briefkasten der Klägerin durch einen Bediensteten des Landratsamts … am 26. Januar 2016 beachtet wurden, kann dahinstehen. Ein infolge der Verwendung einer in Art. 2 ff. VwZVG nicht aufgeführten Zustellungsart aufgetretener Zustellungsmangel wäre geheilt, da der Bescheid der Regierung von … vom 20. Januar 2016 der Klägerin am 1. Februar 2016 mit der in ihrer Anwesenheit erfolgten Öffnung des Kuverts bei der Regierung von … (Bl. 202 der Behördenakte) bekannt wurde und damit tatsächlich zuging (Art. 9 Satz 1 VwZVG).
Die Nichtigkeitsfeststellungsklage ist unbegründet, da die mit Bescheid der Regierung von … vom 20. Januar 2016 verfügte Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit nicht nichtig im Sinn von Art. 44 BayVwVfG ist. Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist (Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG). Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 1 ist ein Verwaltungsakt u.a. nichtig, der schriftlich erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt (Art. 44 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG), der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt (Art. 44 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG) oder den eine Behörde außerhalb ihrer durch Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 begründeten Zuständigkeit erlassen hat, ohne hierzu ermächtigt zu sein (Art. 44 Abs. 2 Nr. 3 BayVwVfG).
Die Ruhestandsversetzung der Klägerin wurde von der hierfür zuständigen (Art. 71 Abs. 1 Satz 1, Art. 66 Abs. 2 Satz 2, Art. 18 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 BayBG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 3 ZuStV-IM) Regierung von … verfügt und beruht auf § 26 Abs. 1 Be-amtStG, Art. 65 Abs. 2 Satz 2, Art. 66 BayBG. Nichtigkeitsgründe im Sinn von Art. 44 Abs. 1, Abs. 2 BayVwVfG, insbesondere die dort in Nrn. 1 bis 3 geregelten absoluten Nichtigkeitsgründe, liegen nicht vor. Weder lässt die angegriffene Entscheidung die erlassende Behörde nicht erkennen, noch liegt ein Verwaltungsakt vor, der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann. Auch die sonstigen von der Klägerin gerügten Mängel, die allenfalls die Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung betreffen (z.B. die Begründetheit der Zweifel an der Dienstfähigkeit der Klägerin, die Ordnungsgemäßheit der Aufforderungen zur amtsärztlichen Untersuchung), sind jedenfalls nicht in der Lage, die Nichtigkeit der Ruhestandsversetzungsverfügung zu begründen.
Da die Klägerin damit keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung der Nichtigkeit der Ruhestandsversetzung besitzt, war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.