Verwaltungsrecht

Schadensersatz des Beamten wegen Beschädigung eines auf dem Dienstparkplatz abgestellten Fahrzeugs durch Dritte

Aktenzeichen  B 5 K 16.464

Datum:
21.2.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBG BayBG Art. 98 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Bei dem Schadensersatzanspruch gegen den Dienstherren wegen Gewaltakten Dritter nach Art. 98 Abs. 1 BayBG obliegt dem Beamten die Feststellungslast sowohl für den Dienstbezug der Gewalttat als auch für die Beschädigung. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2 Kommen auch andere Ursachen für die Beschädigung des Fahrzeuges eines Polizisten auf dem allgemein zugänglichen Parkplatz der Polizei in Betracht, besteht kein Beweis des ersten Anscheins, dass die Beschädigung einen Dienstbezug aufweist. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Über die Streitsache konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
2. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung des beantragten Sachschadensersatzes bzw. auf erneute Verbescheidung seines Antrags auf Sachschadensersatz. Der Bescheid des … vom 6. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Mai 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Gemäß Art. 98 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) kann der Dienstherr Ersatz leisten, wenn durch Gewaltakte Dritter, die im Hinblick auf das pflichtgemäße dienstliche Verhalten eines Beamten begangen werden, Gegenstände beschädigt oder zerstört werden, die dem Beamten, seinen Familienangehörigen oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen gehören, oder wenn dem Beamten sonstige, nicht unerhebliche Vermögensschäden zugefügt werden. Gleiches gilt nach Art. 98 Abs. 1 Satz 2 BayBG in den Fällen, in denen sich der Gewaltakt gegen den Dienstherrn des Beamten als solchen gerichtet hat.
Wie bereits aus dem Wortlaut des Art. 98 Abs. 1 Satz 1 BayBG hervorgeht, ist Voraussetzung für eine mögliche Ersatzleistung, dass der Gewaltakt, welcher letztlich die Beschädigung herbeiführt, einen Bezug zum dienstlichen Verhalten des betroffenen Beamten aufweist. Für diese Bezogenheit des Gewaltakts, ebenso wie für die Beschädigung, obliegt dem Beamten die Feststellungslast (vgl. Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, BayBG, Stand Februar 2016, Art. 98 Rn. 8). Das hat zur Folge, dass die Nichterweislichkeit von Tatsachen und Ursachenzusammenhängen zu Lasten dessen geht, der den Anspruch geltend macht.
Zwar steht im vorliegenden Fall fest, dass das Auto des Klägers durch einen Gewaltakt eines Dritten beschädigt wurde. Es ist aber nicht erwiesen, dass dieser Gewaltakt im Hinblick auf ein pflichtgemäßes dienstliches Verhalten des Klägers begangen wurde, da weder der Kläger noch andere Personen die Tat beobachtet haben, weswegen auch die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren eingestellt hat. Der Bezug der Gewalttat zum dienstlichen Verhalten des Klägers kann auch nicht nach den Grundsätzen des Beweis des ersten Anscheins hergestellt werden. Auch wenn die Täter nicht ermittelt wurden und deshalb keine Tatsachen festgestellt wurden, die die Beziehung zum pflichtgemäß dienstlichen Verhalten des Beamten oder die Beziehung des Gewaltakts zum Dienstherrn dartun, ist zwar nach den Grundsätzen des Beweises des ersten Anscheins eine positive Entscheidung möglich, wenn nach der Art des Gewaltakts und dem ausgewählten Subjekt oder Objekt der nach dem Tatbestand des Art. 98 Abs. 1 BayBG festzustellende Sachverhalt nahe liegt (vgl. Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, BayBG, Stand Februar 2016, Art. 98 Rn. 8). Der Beweis des ersten Anscheins führt aber nicht zu einer Umkehrung der Beweislast, sondern nur zu einer Erleichterung der Anforderungen an einen Beweis. Bei typischen Geschehensabläufen, wenn also ein bestimmter Tatbestand feststeht, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache als maßgeblich hinweist, kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass dieser Geschehensablauf auch tatsächlich die Ursache war. Zur Entkräftung des Anscheinsbeweises ist es erforderlich und zugleich ausreichend, dass eine andere Ursache ernsthaft in Betracht kommt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 108 Rn 18).
Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Kläger seinen Pkw noch vor dem Abstellen auf dem Polizeipark Platz am 25. Februar 2016 um 5.30 Uhr auf Beschädigungen untersucht haben sollte und keine Beschädigungen feststellbar gewesen sein sollten, so drängt sich dennoch nicht der Geschehensablauf auf, dass der ungarische Staatsbürger, gegen den der Kläger wegen Kennzeichenmissbrauchs ermittelte, der Täter des Gewaltakts war. Dies erscheint zwar möglich, ebenso möglich ist aber auch, dass ein unbekannter Dritter das Fahrzeug des Klägers – ohne den Kläger selbst zu kennen – vorsätzlich aus purem Vandalismus beschädigt hat. Der Polizeipark Platz ist für jedermann zugänglich und nicht umzäunt. Als Tatzeit kommt nach den Angaben des Klägers in seiner Zeugenerklärung ein Zeitraum von 5.45 Uhr (Abstellen des Fahrzeugs) bis 17.45 Uhr (Ende der Spätschicht und Entdecken des Schadens an der linken Tür) in Betracht. Dass der Kläger das Fahrzeug bereits untersucht hatte, als er sich eine Flasche Wasser um 16.30 Uhr aus dem Wagen holte, wurde in der Zeugenerklärung nicht angegeben. Es erscheint nach der Lebenserfahrung daher auch nicht fern liegend, dass eine Person zufällig im Laufe des Tages den Wagen des Klägers beschädigt hat, ohne Bezug zum dienstlichen Verhalten des Klägers und ohne Zielrichtung auf den Kläger überhaupt. Da auch eine andere Ursache ernsthaft in Betracht kommt, führt die Beweiserleichterung nicht dazu, dass der Bezug zum dienstlichen Verhalten bewiesen wäre. Allein die Tatsache, dass eine Beschädigung auf einem Polizeipark Platz erfolgte und die Tatsache, dass der Kläger von einem Angeschuldigten beobachtet wurde und dieser einen Schlüssel bei sich trug, führt nicht dazu, dass der Bezug zum dienstlichen Verhalten des Beamten erwiesen wäre, da ansonsten der Beweis des ersten Anscheins zu einer Umkehr der Beweislast führen würde in Fällen in denen Pkws auf Behördenparkplätzen abgestellt werden. Die Nichterweislichkeit der Schädigung des Klägers im Hinblick auf sein dienstliches Verhalten, geht somit zu Lasten des Klägers, weshalb die Voraussetzungen des Art. 98 Abs. 1 Satz 1 BayBG nicht gegeben sind.
Auch die Voraussetzungen des Art. 98 Abs. 1 Satz 2 BayBG (Gewaltakt gegen den Dienstherrn als solchen) liegen nach den Grundsätzen des Beweis des ersten Anscheins nicht vor. Auch hier erscheint es zwar möglich, dass der Täter den Dienstherrn als solchen treffen wollte, nach der allgemeinen Lebenserfahren wäre es aber auch möglich, dass ein Akt von reinem Vandalismus vorliegt ohne Bezug zur Polizei als solcher. Dafür spricht auch, dass der Täter weder andere Privatfahrzeuge auf dem Gelände der Polizei noch andere Dienstfahrzeuge, die ebenfalls auf dem Gelände standen, beschädigt hat. Mit einem solchen Akt hätte er zweifellos den Dienstherrn als solchen treffen können und wollen.
Das schon die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 98 Abs. 1 Satz 1 bzw. Satz 2 BayBG nicht gegeben sind, ist auch der Hilfsantrag auf Neuverbescheidung unbegründet, da dem Dienstherrn kein Ermessensspielraum eingeräumt ist.
3. Als unterlegener Beteiligter hat der Kläger die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Die Entscheidung bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. Zivilprozessordnung – ZPO -.
4. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht selbst liegen nicht vor (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO).

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