Verwaltungsrecht

Schließungsverfügung nachts und am Sonntag für einen Einzelhandel in einem Internet- und Callshop

Aktenzeichen  AN 4 S 19.01902

Datum:
9.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 33499
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
LadSchlG § 3, § 24 Abs. 1 Nr. 2 lit. a
LStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 1
GastG § 1
VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

1. Ein Internet- und Callshop keine stellt keine den Ladenschlusszeiten unterliegende Verkaufsstelle iSd § 1 Abs. 1 LadSchlG dar, weil darin keine Waren feilgehalten, sondern Dienstleistungen angeboten und erbracht werden.   (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. Dies gilt aber nicht, wenn darin auch Einzelhandel betrieben wird und im Verhältnis zu dem Betriebsteil Einzelhandel mangels enger fachlicher Verbindung kein Hauptbetrieb vorliegt, dessen rechtliches Schicksal der dienende Nebenbetrieb teilen würde. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen einen Bescheid, mit dem sie verpflichtet wird, den Betrieb ihres Ladengeschäfts werktags von 20 Uhr bis 6 Uhr des Folgetages und an Sonntagen ganztägig einzustellen.
Die Antragstellerin betreibt einen Gewerbebetrieb in der … Straße … Ausweislich der Gewerbeummeldung vom 28. April 2011 bestand der Betrieb aus einem Internet- und Callshop (Schwerpunkt), dem Einzelhandel mit alkoholfreien und alkoholischen Getränken (kein Verzehr an Ort und Stelle von alkoholischen Getränken), Telefonkarten, Süßwaren, Kaugummis, Tabakwaren, Räucherstäbchen und Computerzubehör sowie der „Abgabe von alkoholfreien Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (56.10.3)“. Er wurde um die „Abgabe von Imbissen und alkoholischen Getränken (kein Verzehr von alkoholischen Getränken an Ort und Stelle) (47.11.2)“ erweitert.
In der Folge gingen bei der Antragsgegnerin mehrere Anwohnerbeschwerden ein, wonach in dem Betrieb der Antragstellerin werktags nach 20 Uhr und auch am Sonntag Waren (z.B. Kaugummis, Kaltgetränke) verkauft worden seien. Auch wurde über die Verunreinigungen durch Sonnenblumenkerne in der Fußgängerzone, die aus dem Betrieb heraus verkauft worden seien, und über alkoholisierte Personen im Außenbereich direkt vor dem Betrieb, die ihre alkoholischen Getränke im Betrieb gekauft hätten, Beschwerde geführt.
Weitere Sachverhaltsermittlungen der Antragsgegnerin ergaben folgende Ergebnisse:
Bei einer Ortseinsicht am 6. Juni 2019 (Donnerstag) gegen 20:45 Uhr wurde festgestellt, dass verschiedene Getränke in frei zugänglichen Kühlschränken und Lebensmittel (z.B. Kaugummi, Zigaretten) hinter dem Tresen auf Nachfrage zum Kauf angeboten wurden. Dabei waren sämtliche Waren hinter dem Tresen mit großen Tüchern abgedeckt. Zur Tatzeit wurde eine Dose „Coca-Cola“ und eine Packung Kaugummi im Gesamtwert von 2,30 EUR verkauft.
Ausweislich der Ordnungswidrigkeitenanzeige vom 24. August 2019 konnte die Polizeiinspektion (PI) …West am 28. Juli 2019 (Sonntag) vor Ort zwischen 20:45 Uhr und 21:40 Uhr mehrere Personen beobachten, die in den Betrieb gingen und im Anschluss mit Bierflaschen wieder herauskamen. Eine Person bestätigte auf Nachfrage, dass er diese zuvor in dem Betrieb erworben habe. Beim Betreten des Betriebes um 21:40 Uhr wurde festgestellt, dass verschiedene Getränke in zwei großen Kühlschränken, mehreren Paletten und einer weiteren Kühltruhe im hinteren Bereich des Betriebes offen zum Verkauf angeboten wurden. Die Auslage rund um den Tresen war ordnungsgemäß mit Tüchern abgedeckt. Die anwesende Antragstellerin räumte ein, zwischen 20:45 Uhr und 21:40 Uhr mehrfach Getränke verkauft zu haben. Sie gab an, Getränke auch nach 20 Uhr verkaufen zu dürfen, weil sie seit dem 28. April 2011 einen Imbiss betreibe.
Während einer weiteren Ortseinsicht am 7. August 2019 (Mittwoch) gegen 20:40 Uhr war es weiterhin möglich, Getränke aus frei zugänglichen Kühlschränken zu entnehmen und käuflich zu erwerben. Sonstige Lebensmittel waren jedoch auch auf Nachfrage nicht erhältlich. Der Verkaufstresen und die Waren dahinter wurden mit großen Tüchern abgedeckt. Auf Nachfrage wurde mitgeteilt, dass es sich um ein Internetcafé handele (60 Minuten Nutzungsdauer: 1 EUR, 30 Minuten Nutzungsdauer: 50 Cent). Zwei Computerarbeitsplätze waren vom Tresen aus einsehbar. Laut Aushang schloss das Internetcafé um 22 Uhr. Zur Tatzeit wurde eine Dose „Coca-Cola“ im Wert von 1,30 EUR verkauft.
Am 10. August 2019 (Samstag) wurde direkt im Anschluss an einer größeren Gesprächsrunde in der gegenüberliegenden Gaststätte, deren Inhalt u.a. auch die Missstände im Zusammenhang mit den Öffnungszeiten des streitgegenständlichen Betriebes war und an der die Antragstellerin auch teilnahm, von einem Mitarbeiter der Antragsgegnerin gegen 20:24 Uhr beobachtet, dass die Antragstellerin mehrere Flaschen Bier verkaufte.
Daraufhin wurden in der Folge wegen Verstöße gegen „§ 3, § 24 Abs. 2 Buchst. a LadSchlG (Verkauf nach Ladenschluss)“ vier Bußgeldverfahren gegen die Antragstellerin eingeleitet.
Nach schriftlicher Anhörung vom 27. August 2019 erließ die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 16. September 2019 – unter Anordnung der sofortigen Vollziehung (Ziffer 3), Androhung von Zwangsgelder in Höhe von jeweils 1.000,00 EUR (Ziffer 4 und 5) und Auferlegung der Verfahrenskosten (Ziffer 6) – folgende Anordnungen:
1. Der Betrieb des Ladengeschäfts in der … Straße … ist werktags um 20 Uhr bis 6 Uhr des Folgetages und am Sonntag ganztägig einzustellen.
2. Der Aufenthalt von Kunden ist werktags ab 20:05 Uhr bis 6 Uhr des Folgetages und am Sonntag ganztägig untersagt.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Maßnahmen auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (LStVG) gestützt seien. Aufgrund der festgestellten Verstöße gegen § 3 des Ladenschlussgesetzes (LadSchlG) bestehe die konkrete Gefahr, dass auch in Zukunft durch die Antragstellerin eine Verkaufsstelle nach Eintritt der Ladenschlusszeit betrieben und so der Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllt werde. Trotz mündlicher Abmahnung und schriftlicher Anhörung habe sich die Antragstellerin nicht vom bisherigen Fehlverhalten abgewandt. Ein milderes Mittel sei nicht ersichtlich. Von der Antragstellerin wird lediglich die Einhaltung des geltenden Ladenschlussgesetzes verlangt, zumal das Internetcafé offensichtlich nach 20 Uhr nicht mehr in Anspruch genommen werde. Ein bloßes Abdecken der Ware habe offensichtlich einen Verstoß nicht verhindern können. Die geforderten Maßnahmen würden keinen unzumutbaren Aufwand an die Antragstellerin stellen, zumal der tägliche Abbau der Verkaufsregale einen unzumutbaren Aufwand darstellen würde. Angesichts der Nachahmungsgefahr durch andere Ladenbetreiber und im Interesse der mitbewerbenden Einzelhandelsgeschäfte müsse das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin zurückstehen.
Ausweislich eines Aktenvermerkes vom 18. September 2019 (Bl. 32 der Behördenakte) handele es sich bei dem Betrieb lediglich um einen Einzelhandel und mehrere veraltete Computergeräte. Imbisse würden tatsächlich nicht verkauft.
Mit bei Gericht am 2. Oktober 2019 eingegangenem Schreiben ihres Bevollmächtigten hat die Antragstellerin Anfechtungsklage (Az.: AN 4 K 19.01903) erhoben und beantragt gleichzeitig gemäß § 80 Abs. 5 VwGO,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Eine gesonderte Begründung ist nicht eingegangen.
Mit Schreiben vom 18. Oktober 2019 beantragt die Antragsgegnerin, den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.
Zur Begründung bezog sie sich auf den angefochtenen Bescheid. Die Antragstellerin betreibe ausweislich der Gewerbeanmeldung und der in der Behördenakte enthaltenen Lichtbilder keine Gaststätte, sodass ladenschlussrechtliche Sonderregelungen des Gaststättengesetzes vorliegend nicht anwendbar seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtssowie beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist unbegründet.
1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft. Die Antragstellerin begehrt (§§ 88, 122 Abs. 1 VwGO) vorläufigen Rechtsschutz gegen die behördlich angeordnete sofortige Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) der Ziffern 1 und 2 des angefochtenen Bescheides, sodass der Antrag auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gerichtet und nach § 80 Abs. 5 Alt. 2 VwGO statthaft ist. Hingegen sind die Zwangsgeldandrohung und die Kostenentscheidung zwar geeignete Antragsgegenstände; sie wurden von der Antragstellerin jedoch nicht konkret beanstandet.
2. Der Antrag ist aber unbegründet.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist formell rechtmäßig. Insbesondere genügt ihre Begründung (Ziff. II.3, S. 3 f. des Bescheides) den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Es erfolgte eine auf das konkrete Verhalten der Antragstellerin bezogene Darlegung des öffentlichen Vollziehungsinteresses, die erkennen lässt, dass sich die Antragsgegnerin des rechtlichen Ausnahmecharakters der Anordnung bewusst war. Ob diese Erwägungen auch inhaltlich zutreffen, ist im vorliegenden Zusammenhang unbeachtlich (vgl. Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 36. EL Februar 2019, § 80 Rn. 246 f. m.w.N.). Da die Vollziehungsanordnung vorliegend mit dem belastenden Verwaltungsakt verbunden wurde, hatte die Antragstellerin – unabhängig davon, ob die analoge Anwendung des Art. 28 BayVwVfG zu bejahen wäre – die Gelegenheit, im Rahmen der Anhörung zum Verwaltungsakt auch Bedenken gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung vorzutragen (vgl. Gersdorf in BeckOK VwGO, 51. Ed. 1.10.2019, § 80 Rn. 83).
Das öffentliche Vollziehungsinteresse überwiegt das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin. Das Gericht trifft im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene, originäre Ermessensentscheidung, bei der es die widerstreitenden Interessen der Beteiligten abwägt. Wesentliches, aber nicht alleiniges, Kriterium für die Beurteilung der Interessenlage sind die aufgrund einer – im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen – summarischen Prüfung ermittelten Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Erweist sich der angefochtene Bescheid dabei als rechtswidrig und das Hauptsacheverfahren damit als voraussichtlich erfolgreich, überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Denn an der Vollziehung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts kann kein öffentliches Interesse bestehen (vgl. § 80 Abs. 4 Satz 3 Alt. 1 VwGO). Erweist sich der Bescheid hingegen als rechtmäßig und das Hauptsacheverfahren damit als voraussichtlich erfolglos, überwiegt das öffentliche Vollziehungsinteresse, wenn zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids besteht, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Bescheid selbst rechtfertigt (BVerfG, B.v. 13.6.2005 – 2 BvR 485/05 – NVwZ 2005, 1053 – juris Rn. 21). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens schließlich offen, bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung (BVerfG, B.v. 29.5.2007 – 2 BvR 695/07 – NVwZ 2007, 1176 – juris Rn. 31).
a) Bei summarischer Prüfung wird die Anfechtungsklage der Antragstellerin in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben. Die angefochtenen Anordnungen erweisen sich als voraussichtlich rechtmäßig und verletzen die Antragstellerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die angefochtenen Anordnungen finden ihre Rechtsgrundlage – mangels vorrangiger Befugnisnormen aus Spezialgesetzen oder dem LStVG – in Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG. Demnach können die Sicherheitsbehörden (Art. 6 LStVG) zur Erfüllung ihrer Aufgaben für den Einzelfall Anordnungen (nur) treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, oder verfassungsfeindliche Handlungen zu verhüten oder zu unterbinden. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Anordnungen ist wegen ihrer andauernden Verbotswirkung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. wenn – wie vorliegend – eine solche nicht stattfindet, der gerichtlichen Entscheidung abzustellen (vgl. Decker in BeckOK VwGO, 51. Ed. 1.10.2019, § 113 Rn. 22.9).
aa) Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG sind erfüllt. Nach derzeitiger Sachlage besteht die konkrete Gefahr, dass die Antragstellerin auch in Zukunft den Ordnungswidrigkeitentatbestand nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 3 Satz 1 LadSchlG verwirklichen wird. Demnach handelt ordnungswidrig, wer als Inhaber einer Verkaufsstelle diese zu den allgemeinen Ladenschlusszeiten für den geschäftlichen Verkehr mit Kunden nicht geschlossen hält. Die allgemeinen Ladenschlusszeiten sind montags bis samstags bis 6 Uhr und ab 20 Uhr (am 24. Dezember ab 14 Uhr) und an Sonn- und Feiertagen ganztägig.
aaa) Die Antragstellerin ist Inhaberin eines Ladengeschäfts i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 LadSchlG, weil sie in ihren Betriebsräumen im Einzelhandel ständig Waren zum Verkauf an jedermann feilhält (vgl. Neumann in Landmann/Rohmer, GewO, 81. EL März 2019, LadSchlG § 1 Erl. 2, 4, 7). Zum streitgegenständlichen Ladengeschäft gehört der Einzelhandel mit alkoholfreien und alkoholischen Getränken, Telefonkarten, Süßwaren, Kaugummis, Tabakwaren, Räucherstäbchen und Computerzubehör. Einschlägige Ausnahmetatbestände nach §§ 4 ff. LadSchlG sind nicht ersichtlich. Nach den Ermittlungen der Antragsgegnerin hat die Antragstellerin in der Vergangenheit mehrfach zu den allgemeinen Ladenschlusszeiten die zu ihrem Ladengeschäft gehörenden Waren (insb. Getränke) angeboten und verkauft. Nach derzeitiger Sachlage ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass sie ohne die angefochtenen Anordnungen weiterhin unter Verstoß gegen § 3 Satz 1 LadSchlG in ihrem Ladengeschäft Waren feilhalten würde.
bbb) Dem steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin in denselben Betriebsräumen einen Gewerbebetrieb mit unterschiedlichen Wirtschaftszweigen ausübt und dabei den Internet- und Callshop als Schwerpunkt ihres Betriebes angemeldet hat.
Zwar stellt dieser Betriebsteil keine den Ladenschlusszeiten unterliegende Verkaufsstelle i.S.d. § 1 Abs. 1 LadSchlG dar, weil in einem Internet- und Callshop keine Waren feilgehalten, sondern Dienstleistungen angeboten und erbracht werden (vgl. Neumann in Landmann/Rohmer, a.a.O. LadSchlG § 1 Erl. 9). Im Verhältnis zu dem Betriebsteil Einzelhandel liegt aber mangels enger fachlicher Verbindung kein Hauptbetrieb vor, dessen rechtliches Schicksal der dienende Nebenbetrieb teilen würde. Vielmehr liegen trotz bestehenden räumlichen und organisatorischen Zusammenhangs gleichrangige Betriebsteile eines Mischbetriebs vor, die jeweils den für sie geltenden Bestimmungen gemäß geführt werden müssen (vgl. zum Ganzen: Ambs in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 226. EL August 2019, LadSchlG § 1 Rn. 10).
Im Übrigen kann davon ausgegangen werden, dass in den Betriebsräumen vielmehr der Einzelhandel tatsächlich schwerpunktmäßig betrieben wird. Nach den behördlichen und polizeilichen Feststellungen vor Ort besteht der Internet- und Callshop lediglich aus sieben Arbeitsplätzen mit veralteten Computergeräten, während der Großteil der Räume zum Anbieten und Lagern von Getränken genutzt wird. Angesichts des geringen, für die Internetnutzung verlangten Entgelts ist von dem Betrieb des Internet- und Callshops auch kein maßgeblicher Umsatz zu erwarten.
ccc) Unschädlich ist auch, dass die Antragstellerin die Abgabe von alkoholfreien Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle sowie die Abgabe von Imbissen angemeldet hat, weil sie nach derzeitiger Sachlage eine – erlaubnisfreie (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 und 3 GastG) – Schank- bzw. Speisewirtschaft in ihren Betriebsräumen nicht ernstlich betreiben will.
(i) Gemäß § 1 Abs. 1 GastG betreibt eine Schank- bzw. Speisewirtschaft, wer im stehenden Gewerbe Getränke bzw. zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht und der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich ist. Verzehr an Ort und Stelle erfordert einen engen räumlichen Zusammenhang mit der Abgabe und außerdem einen alsbaldigen Verzehr, wobei auf die typischen Verkehrsgewohnheiten und -anschauungen abzustellen ist. Sind besondere Einrichtungen für den alsbaldigen Verzehr an Ort und Stelle vorhanden (z.B. Abstell- oder Sitzgelegenheiten), liegt stets ein Ausschank vor; auch Vorrichtungen zum Öffnen von Flaschen oder das Bereitstellen von Bechern sprechen für das Vorliegen eines Ausschanks. Fehlen solche Einrichtungen, kommt es darauf an, ob der Ort mit Wissen und Duldung des Gewerbetreibenden tatsächlich als Verzehrort benutzt wird. Der räumliche Zusammenhang ist nicht mehr gewahrt, wenn mit dem Verzehr an Ort und Stelle begonnen wird, der Verzehr aber hauptsächlich im Weitergehen stattfindet (zum Ganzen: Ziff. 1.3 des Mustererlasses des Bund-Länder-Ausschusses „Gewerberecht“ für die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Gaststättengesetzes; Metzner, GastG, 6. Aufl. 2002, § 1 Rn. 49, 51 ff. m.w.N.; Ambs in Erbs/Kohlhaas, a.a.O. GastG § 1 Rn. 17, 18 m.w.N.).
Ein Gaststättenbetrieb würde – unabhängig davon, ob er als Nebenbetrieb oder im Mischbetrieb geführt wird (Metzner, a.a.O. Rn. 82, 84 f. m.w.N.) – grundsätzlich der allgemeinen Sperrzeit nach § 18 GastG i.V.m. § 7 Abs. 1 BayGastV (5 bis 6 Uhr) unterliegen. Anderes gilt, wenn der Betriebsinhaber die Gaststätte ernstlich nicht betreiben will, sondern sie nur der Form halber anmeldet, um sich auf diese Weise die Möglichkeit zu verschaffen, seinen Warenhandel nach Ladenschluss in unzulässiger Weise fortzusetzen (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.1960 – I C 41/56 – NJW 1960, 2209/2010).
(ii) Aufgrund einer Gesamtbetrachtung aller Einzelfallumstände kann vorliegend nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin ernstlich bemüht ist, in ihren Betriebsräumen zusätzlich eine erlaubnisfreie Schank- bzw. Speisewirtschaft i.S.d. § 1 Abs. 1 GastG zu betreiben.
Insbesondere das Merkmal „zum Verzehr an Ort und Stelle“ wird durch den Betrieb der Antragstellerin nicht erfüllt. Die in den Betriebsräumen angebotenen alkoholfreien Getränke werden – ausweislich der polizeilich gefertigten Lichtbilder vom 28. Juli 2019 (Bl. 20-24 der Behördenakte) – in verschlossenen Flaschen, Dosen und Beuteln zur Selbstbedienung bereitgestellt. Diese Verabreichungsformen erfordern nicht den alsbaldigen Verzehr am Abgabeort. Hingegen bleibt völlig unklar, welche Imbisse in welcher Form abgegeben werden. Gerade bei Imbissen ist aber zu differenzieren, ob sie nach Konsistenz und Verabreichungsform typischerweise bereits an Ort und Stelle oder vielmehr erst im Weitergehen verzehrt werden, weil keine ernsthafte Gefahr besteht, dabei die Kleidung zu beschmutzen (vgl. VG Würzburg, U.v. 9.10.1996 – W 10 K 95.1660 – BeckRS 1996, 31342692). Auch wird weder aus den behördlichen und polizeilichen Feststellungen noch aus dem (vorgerichtlichen) Vorbringen der Antragstellerin ersichtlich, dass in den Betriebsräumen besondere Ein- oder Vorrichtungen für den alsbaldigen Verzehr von Getränken oder Imbissen vorhanden sind. Insbesondere erwecken die Computerarbeitsplätze, deren Tische jeweils durch Bildschirm und Tastatur ausgefüllt und durch Trennwände voneinander isoliert sind, für die Kunden nicht den Eindruck, dass ein Verzehr der abgegebenen Getränke oder Imbisse in erster Linie in diesen Räumlichkeiten möglich oder gewünscht ist. Vielmehr sprechen die Verkehrsgewohnheiten und -anschauungen dafür, dass diese Tische ausschließlich der Internetnutzung dienen (vgl. VG Aachen, B.v. 15.1.2016 – 6 L 391/15 – juris Rn. 26). Ferner ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Mehrheit der Kunden Getränke oder Imbisse tatsächlich in erster Linie in den Betriebsräumen oder deren unmittelbaren räumlichen Zusammenhang verzehren. Dies ergibt sich insbesondere aus den polizeilichen Feststellungen vom 28. Juli 2019, wonach die beobachteten Kunden in den Betrieb gingen und im Anschluss mit Bierflaschen wieder herauskamen. Unschädlich ist in diesem Zusammenhang, dass es in der Vergangenheit zu mehreren Anwohnerbeschwerden über alkoholisierte Personen im Außenbereich direkt vor den Betriebsräumen, die ihre alkoholischen Getränke zuvor im Betrieb gekauft hätten, kam. Ein Ladengeschäft wird nicht dadurch zur Schankwirtschaft, dass man dort gekaufte Getränke – atypisch – an Ort und Stelle verzehren kann (vgl. Metzner, a.a.O. Rn. 49).
Gegen die Ernstlichkeit des Willens der Antragstellerin, ihre Einnahmen mithilfe eines zusätzlichen Gaststättenbetriebs zu erhöhen, sprechen zudem ihre zweideutigen Angaben in der Gewerbeummeldung vom 28. April 2011. Diese nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, Satz 1 GewO erfolgte Anzeige berührt zwar mangels konstitutiver Wirkung nicht den tatsächlichen gewerberechtlichen Status der Antragstellerin, stellt dafür aber ein erstes Indiz dar (vgl. Leisner in BeckOK GewO, 47. Ed. 1.12.2018, § 14 Rn. 6). Darin ist einerseits als neu ausgeübte Tätigkeit „Abgabe von Imbissen und alkoholischen Getränken (kein Verzehr von alkoholischen Getränken an Ort und Stelle)“, andererseits als Wirtschaftszweig „47.11.2“, d.h. „Sonstiger Einzelhandel mit Waren verschiedener Art, Hauptrichtung Nahrungs- und Genussmittel, Getränke und Tabakwaren“ (Statistisches Bundesamt, Klassifikation der Wirtschaftszweige mit Erläuterungen – 2008, S. 390) angegeben. Die Abteilung „Einzelhandel“ umfasst aber gerade nicht den Verkauf von Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle oder zum Mitnehmen für den alsbaldigen Verzehr (Statistisches Bundesamt, a.a.O. S. 389). Ähnlich verwirrend ist die Beschreibung der weiterhin ausgeübten Tätigkeiten, soweit einerseits als Tätigkeit „Abgabe von alkoholfreien Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle“, andererseits als Wirtschaftszweig „56.10.3“, d.h. „Imbissstuben u. Ä.“ (Statistisches Bundesamt, a.a.O. S. 424) angegeben ist.
bb) Die angefochtenen Anordnungen sind inhaltlich hinreichend bestimmt.
Hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) setzt voraus, dass der Inhalt der getroffenen Regelung für die Beteiligten des Verwaltungsverfahrens so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass sie ihr Verhalten danach richten können. Erforderlich und ausreichend ist, dass sich der Regelungsgehalt durch Auslegung des Entscheidungssatzes, ggf. unter Heranziehung der beigefügten Begründung (Art. 39 BayVwVfG), des materiellen Rechts, auf Grund dessen der Verwaltungsakt ergangen ist und an das er anknüpft, soweit er damit in Übereinstimmung steht, sowie der sonstigen bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umstände ermitteln lässt. Dabei ist nicht auf die subjektiven Vorstellungen der entscheidenden Person, sondern auf den objektiven Erklärungswert des Verwaltungsakts unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§§ 133, 157, 242 BGB analog) abzustellen. Verbleibende Unklarheiten gehen zu Lasten der Behörde (vgl. zum Ganzen: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 37 Rn. 5-7, § 43 Rn. 15 f., jeweils m.w.N.; BayVGH, B.v. 3.8.2015 – 11 CS 15.1262 – juris Rn. 13).
Gemessen daran sind die angefochtenen Anordnungen dahingehend zu verstehen, dass sie sich nur auf den Betrieb und den Aufenthalt von Kunden des Einzelhandels beziehen. Dies ergibt sich hinreichend und eindeutig aus der im Bescheid verwendeten Terminologie. Darin wird der Begriff „Internetcafé“ sowohl zur Bezeichnung des gesamten Betriebs (siehe auch Betreffzeile) als auch des Betriebsteils Internet- und Callshop benutzt, was insbesondere bei der Darstellung des Vorfalls vom 28. Juli 2019 deutlich wird. Der Bescheidstenor beschränkt sich hingegen ausdrücklich auf „Ladengeschäft“. Der – unstreitig – kein Ladengeschäft i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 LadSchlG darstellende und somit nicht den Ladenschlusszeiten unterliegende Betriebsteil Internet- und Callshop ist daher nach dem Wortlaut des Bescheidstenors von den Anordnungen nicht betroffen.
Allerdings ist das Ladengeschäft für den Kundenverkehr in der Weise einzustellen, dass die Verkaufsräume nach Ladenschluss abgeschlossen werden. Dies ergibt sich hinreichend und eindeutig aus der Bescheidsbegründung und dem vorangegangenen Verwaltungsverfahren. Im Rahmen der Ermessenserwägungen ging die Antragsgegnerin ausdrücklich davon aus, dass ein bloßes Abdecken der Ware einen Verstoß nicht habe verhindern können (unter Verweis auf die Ortseinsicht am 6. Juni 2019) und die „geforderten Maßnahmen“ im Gegensatz zum täglichen Abbau der Verkaufsregale keinen unzumutbaren Aufwand an die Antragstellerin stellen würden. Damit lassen sich die nicht ausdrücklich bezeichneten „geforderten Maßnahmen“ im Wege einer negativen Abgrenzung zu den ausdrücklich bezeichneten, aber als ineffektiv oder unzumutbar gewerteten Maßnahmen bestimmen. Dass durch den Abschluss der Verkaufsräume der in denselben Räumlichkeiten betriebene, an sich nicht den Ladenschlusszeiten unterliegende Internet- und Callshop auch zum Erliegen kommen würde, floss erkennbar in die Ermessenserwägungen mit hinein, indem die Antragsgegnerin diese Folge damit rechtfertigte, dass das Internetcafé offensichtlich nach 20 Uhr nicht mehr in Anspruch genommen werde.
cc) Die nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG zu treffende Ermessensentscheidung ist bei der insoweit – auf den Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO – beschränkten gerichtlichen Überprüfungsmöglichkeit nicht zu beanstanden. Bei der Verhütung bzw. Unterbindung eines ordnungswidrigen Zustands ist das Ermessen der Sicherheitsbehörde im Regelfall auf ein Einschreiten intendiert (so auch VG München, U.v. 23.10.2012 – M 16 K 12.3622 – juris Rn. 25). Es bestehen auch keine Bedenken an der Verhältnismäßigkeit (Art. 8 LStVG) der von der Antragsgegnerin ausgewählten Anordnungen.
aaa) Diese sind insbesondere erforderlich, weil andere, die Antragstellerin weniger beeinträchtigende, aber gleichermaßen effektive Mittel nicht zur Verfügung stehen (vgl. Art. 8 Abs. 1 LStVG). Zwar erfordert die Einhaltung der Ladenschlusszeiten bei Mischbetrieben in der Regel keinen Abschluss der Verkaufsräume, sondern lediglich die Einstellung des Einzelhandels in einer für die Kundschaft erkennbaren Weise (BVerwG, U.v. 9.6.1960 – I C 41/56 – NJW 1960, 2209/2010), etwa durch Verhängen bzw. Abdecken der Waren oder Anbringen eines Schildes (Ambs in Erbs/Kohlhaas, a.a.O. LadSchlG § 3 Rn. 7). Vorliegend bestehen jedoch Anhaltspunkte dafür, dass trotz solcher Beschränkungen eine ordnungswidrige Fortsetzung des Einzelhandels nach Ladenschluss zu befürchten wäre. So ergab die Ortseinsicht am 6. Juni 2019, dass Lebensmittel hinter dem abgedeckten Verkaufstresen auf Nachfrage gleichwohl angeboten und verkauft wurden. Zwar konnte ein derartiger Verstoß bei der Ortseinsicht am 7. August 2019 nicht festgestellt werden. Dies allein beseitigt jedoch nicht die Gefahr, dass die Antragstellerin die genannte Praxis nicht endgültig aufgegeben hat bzw. – hinsichtlich des bisher ohne jegliche Kenntlichmachung ordnungswidrig fortgesetzten Getränkeverkaufs – wiederaufnehmen wird. Im Interesse effektiver Gefahrenabwehr muss die Antragsgegnerin sich nicht auf mildere Maßnahmen verweisen lassen, die sie aus begründetem Anlass als nicht erfolgsversprechend erachtet.
Durch die Einräumung einer fünfminütigen Auslauffrist wird – mit Blick auf die geringe Kapazität der Betriebsräume und die überschaubare Auswahl der Waren – auch der Gestattung nach § 3 Satz 3 LadSchlG, die beim Ladenschluss anwesenden Kunden zu Ende zu bedienen, ausreichend Rechnung getragen. Zwar darf das Zuendebedienen grundsätzlich zeitlich unbegrenzt erfolgen. Der Betriebsinhaber hat aber auch sicherzustellen, dass die Kunden nicht über den dafür erforderlichen Zeitraum hinaus bedient und nach Eintritt der Ladenschlusszeit nicht mehr zu weiteren Einkäufen angereizt werden (vgl. Ambs in Erbs/Kohlhaas, a.a.O. LadSchlG § 3 Rn. 10 f.).
bbb) Die ausgewählten Anordnungen sind auch angemessen, weil die dadurch zu erwartenden Beeinträchtigungen für die Antragstellerin nicht erkennbar außer Verhältnis zu dem damit bezweckten Erfolg stehen (vgl. Art. 8 Abs. 2 LStVG).
Hinsichtlich des unmittelbar betroffenen Einzelhandels sind etwaige Umsatzeinbußen zwingende Folge einer gebotenen gesetzestreuen Betriebsführung. Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit des zu befolgenden § 3 LadSchlG insbesondere mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG sind aber weder dargelegt noch sonst ersichtlich (vgl. BVerfG, U.v. 9.6.2004 – 1 BvR 636/02 – BVerfGE 111, 10; U.v. 29.11.1961 – 1 BvR 760/57 – BVerfGE 13, 237). Es gehört grundsätzlich zum Risikobereich des Gewerbetreibenden, seine beruflichen, wirtschaftlichen und finanziellen Dispositionen so zu treffen, dass sie den gesetzlichen Vorschriften entsprechen (vgl. VG Aachen, B.v. 15.1.2016 – 6 L 391/15 – juris Rn. 44).
Hinsichtlich des mittelbar betroffenen Internet- und Callshops sind etwaige Umsatzeinbußen im Interesse effektiver Gefahrenabwehr ebenfalls hinzunehmen. Mangels besonderer gesetzlicher Ermächtigung besteht zwar keine rechtliche Möglichkeit, den Betrieb eines Internet- und Callshops an die Ladenschlusszeiten für den Einzelhandel zu binden (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.1960 – I C 41/56 – NJW 1960, 2209/2010). Doch entbindet der Betrieb eines Internet- und Callshops seinerseits einen in denselben Räumlichkeiten betriebenen Einzelhandel auch nicht von der Einhaltung der für den letzteren geltenden Ladenschlusszeiten. Erfordert der Vollzug des Ladenschlussgesetzes (i.V.m. LStVG) – wie vorliegend – den Abschluss der Verkaufsräume, ergibt sich ein Erfordernis, den Internet- und Callshop ebenfalls abzuschließen, lediglich als mittelbare Folge aus dem Umstand, dass die Antragstellerin bislang eine tatsächliche räumliche Trennung der Betriebsteile nicht hergestellt hat (vgl. VG Berlin, B.v. 13.11.2019 – VG 4 L 269.19 – BeckRS 2019, 29999 Rn. 24). Im Übrigen würden sich etwaige Umsatzeinbußen selbst bei voller Auslastung des Betriebes auf lediglich 7,00 EUR (1,00 EUR Nutzungsentgelt x 7 Computerarbeitsplätze) je Zeitstunde belaufen, sodass sie bei absoluter Betrachtung (vgl. Mindestlohn: 8,50 EUR brutto, § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG) vernachlässigt werden können. Auch im Zusammenhang mit dem Internet- und Callshop stellt sich daher die Frage, ob die Antragstellerin dieses Gewerbe ernstlich betreiben will oder vielmehr nur der Form halber angemeldet hat, um sich auf diese Weise die Möglichkeit zu verschaffen, ihren Warenhandel nach Ladenschluss in unzulässiger Weise fortzusetzen (vgl. oben unter aa.ccc). Einer abschließenden Klärung dieser Frage bedarf es vorliegend aber nicht.
b) Ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Anordnungen liegt vor. Die Antragsgegnerin verweist zu Recht auf das Erfordernis, einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil der Antragstellerin gegenüber anderen, sich ordnungsgemäß verhaltenden Gewerbetreibenden zu unterbinden und einer negativen Vorbildwirkung entgegenzuwirken.
Nach alledem war der Antrag abzulehnen.
3. Die Antragstellerin trägt als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens, § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nr. 35.1, Nr. 1.5 Satz 1, Nr. 1.7.2 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Mangels Anhaltspunkte dafür, welchen Gewinn die Antragstellerin zu den allgemeinen Ladenschlusszeiten erzielt oder erwartet, ist auf den Auffangstreitwert zurückzugreifen und hiervon für das Eilverfahren die Hälfte anzusetzen.

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