Aktenzeichen M 17 S 16.31322
Leitsatz
Eine kürzere Befristung der gesetzlichen Sperrwirkung nach § 11 Abs. 2 AufenthG ist im Wege der Verpflichtungsklage bzw. im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes über einen Antrag nach § 123 VwGO zu erstreiten und nicht über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO iVm § 36 Abs. 3 AsylG. (redaktioneller Leitsatz)
Der Senegal ist ein sicherer Herkunftsstaat. Verfassungs- oder europarechtliche Bedenken gegen diese Einstufung bestehen nicht. Der senegalesische Staat ist willens und auch in der Lage, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten (vgl. ua VG München BeckRS 2016, 50570). (redaktioneller Leitsatz)
Innerfamiliäre Gewalttätigkeiten begründen keine Verfolgung iSv Art. 16a GG bzw. § 3 AsylG, sofern – wie hier – die Möglichkeiten einer inländischen Fluchtalternative bestehen (vgl. zB VG Aachen BeckRS 2014, 53948). (redaktioneller Leitsatz)
Das pauschale Vorbringen von gesundheitlichen Beschwerden ohne eine Beibringung von Attesten oÄ vermag keine erhebliche Gefahr zu begründen, an einer schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankung zu leiden, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
Der Antragsteller ist Staatsangehöriger des Senegal. Er reiste nach eigenen Angaben am … September 2015 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 10. März 2016 Asylantrag.
Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am … April 2016 gab der Antragsteller im Wesentlichen an, dass die Familie seines Vaters seine Mutter nicht akzeptiert und auf der Seite der ersten Frau gestanden habe. Seine drei älteren Halbbrüder hätten ihn immer auf dem Weg zur Schule geschlagen und nach der Schule seine Tasche weggenommen. Ab dem Jahr 2000 sei er daher nicht mehr zur Schule gegangen. Er habe das Haus verlassen und bei Freunden oder auf der Straße geschlafen. Ein Klempner, der ihn angesprochen habe, habe ihn zu sich genommen und ihm diesen Beruf beigebracht. Als der Klempner habe heiraten wollen, sei er wieder zu seiner Familie zurückgegangen. Es sei dann wieder zu Schlägereien gekommen und als er vorgeschlagen habe, das Haus zu verkaufen, hätten sie gedroht, ihn umzubringen, wenn er das noch einmal erwähne. Sie hätten immer wieder seine Werkzeuge gestohlen, so dass er manchen Aufträgen nicht habe nachgehen können. Als er sie eines Tages zur Rede gestellt habe und gesagt habe, dass er alles verkaufen werde, hätten sie ihn bedroht und ihn geschlagen, so dass er einen Schneidezahn verloren habe und ohnmächtig geworden sei. Sein zweitältester Bruder habe ihm beim Schlafen mit einem heißen Messer am Bauch verletzt. Er sei zu einem Freund geflohen und habe manchmal auf Baustellen gelebt. Nach zwei Jahren habe ein Freund ihn an einen Geschäftsmann vermittelt, der ihn in die Türkei gebracht habe. An die Polizei habe er sich nicht gewandt. Seine Brüder wüssten, wenn sie ihn umbringen, erbten sie mehr. Er schlafe schlecht und habe oft Kopfschmerzen.
Mit Bescheid vom 27. Mai 2016, zugestellt am 2. Juni 2016, lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Asylanerkennung (Nr. 2) als offensichtlich unbegründet ab, lehnte den Antrag auf subsidiären Schutz ab (Nr. 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte den Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde ihm die Abschiebung nach Senegal oder in einen anderen Staat, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Zudem wurde das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes angeordnet und auf zehn Monate ab dem Tag der Ausreise befristet (Nr. 6) sowie das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 7).
Zur Begründung führte das Bundesamt insbesondere aus, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter offensichtlich nicht vorlägen. Bei einem Ausländer, der aus einem sicheren Herkunftsstaat stamme, werde vermutet, dass er nicht verfolgt werde, solange er nicht Tatsachen vortrage, die die Annahme begründeten, dass er entgegen dieser Vermutung verfolgt werde. Der Antragsteller habe nichts glaubhaft vorgetragen oder vorgelegt, was zu der Überzeugung gelangen ließe, dass, entgegen der Einschätzung der allgemeinen Lage in seinem Herkunftsstaat, in seinem Falle die Voraussetzungen für die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ernsthaften Schadens erfüllt seien. Der Antragsteller mache keine staatliche Verfolgung geltend, sondern berufe sich ausschließlich auf familiäre Schwierigkeiten mit seinen Halbbrüdern. Selbst wenn man die Behauptungen als wahr unterstelle, sei hier weder eine Anknüpfung an ein in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AslyG genanntes Merkmal ersichtlich noch sei dargelegt oder ersichtlich, dass der senegalesische Staat vor derartigen Übergriffen keinen Schutz bieten könne oder wolle. Aus dem Sachvortrag des Antragstellers sei weder eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung noch ein flüchtlingsrechtlich relevantes Anknüpfungsmerkmal ersichtlich. Auch die Möglichkeit, in eine andere Region zu gehen, sei vom Antragsteller nicht ausreichend in Betracht gezogen worden. Er habe das Haus der Familie nach den Vorfällen für zwei Jahre verlassen, ohne dass es zu weiteren Vorfällen gekommen sei. Die Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG sei somit ebenfalls abzulehnen. Auch Abschiebungsverbote lägen nicht vor. Insgesamt sei festzustellen, dass die Lebensumstände im Senegal sehr schwierig seien. Dennoch sei nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller im Falle der Rückkehr in sein Heimatland dort einer Extremgefahr ausgesetzt wäre. Die Umstände, die er geltend mache, gingen nicht über das Maß dessen hinaus, was alle Bewohner hinzunehmen hätten, die in vergleichbarer Situation lebten. Der Antragsteller sei jung und erwerbsfähig, so dass keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass er nicht im Stande sein werde, sich eine zumindest existenzsichernde Grundlage zu schaffen. Eine individuelle Gefahr für Leib oder Leben drohe ebenfalls nicht. Zu den Schlafstörungen und Kopfschmerzen sei nichts Näheres ausgeführt und keine ärztlichen Unterlagen vorgelegt worden.
Hiergegen erhob der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsatz vom 8. Juni 2016, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am selben Tag, Klage (M 17 K 16.31321) und beantragte gleichzeitig,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Eine Begründung erfolgte bisher nicht.
Die Antragsgegnerin stellte keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Verfahren M 17 K 16.31321 sowie auf die übermittelte Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antragsteller möchte erreichen, dass die kraft Gesetzes (§ 75 AsylG) ausgeschlossene aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid vom 27. Mai 2016 nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i. V. m. § 36 Abs. 3 AsylG angeordnet wird.
I.
Der Antrag ist unzulässig, soweit die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. 7 des Bescheids beantragt wird.
In dieser Nummer wird lediglich das sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG zeitlich befristet. Der Antrag ist insoweit mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Denn die schlichte Aufhebung der Nr. 7 des Bescheids aufgrund einer Anfechtungsklage bzw. die Anordnung der aufschiebenden Wirkung beträfen lediglich die getroffene Befristungsentscheidung als solche, so dass ein erfolgreiches Rechtsmittel zur Folge hätte, dass das – unmittelbar kraft Gesetz geltende – Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG unbefristet gelten würde. Die Rechtsstellung des Antragstellers wäre somit nicht verbessert. Das Ziel einer kürzeren Befristung der gesetzlichen Sperrwirkung nach § 11 Abs. 2 AufenthG müsste im Wege der Verpflichtungsklage bzw. im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes über einen Antrag nach § 123 VwGO erstritten werden (vgl. NdsOVG, B.v. 14.12.2015 – 8 PA 199/15 – juris Rn. 5; VG München, B.v. 12.1.2016 – M 21 S 15.31689 – UA S. 8; VG Ansbach, B.v. 20.11.2015 – AN 5 S 15.01667 – juris Rn. 2; B.v. 18.11.2015 – AN 5 S 15.01616 – UA S. 2; VG Aachen, B.v. 30.10.2015 – 6 L 807/15.A – juris Rn. 8; Funke/Kaiser in Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, Stand Dezember 2015, § 11 Rn. 183, 190, 193, 196).
II.
Im Übrigen ist der Antrag zulässig (vgl. insbesondere zu Nr. 6 des streitgegenständlichen Bescheids Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, Stand Dezember 2015, § 11 Rn. 189), aber unbegründet, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (vgl. Art. 16a Abs. 4 GG, § 36 Abs. 4 AsylG).
1. Gemäß Art. 16a GG, § 36 Abs. 4 AsylG kann das Verwaltungsgericht auf Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO die Aussetzung der Abschiebung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag ist im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG offensichtlich (vgl. §§ 29a, 30 AsylG) nicht besteht – wobei eine nur summarische Prüfung nicht ausreicht – und ob dieser weiterhin Bestand haben kann (BVerfG, B.v. 2.5.1984 – 2 BvR 1413/83 – BVerfGE 67, 43). Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag dann, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16a GG) und die Voraussetzungen des § 3 AsylG offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1 AsylG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegen ernstliche Zweifel i. S.v. Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166 ff.), was nach ständiger Rechtsprechung aber nicht anzunehmen ist, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen, und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B.v. 5.2.1993 – 2 BvR 1294/92 – Inf-AuslR 1993, 196).
2. An der Rechtmäßigkeit der insoweit seitens des Bundesamts getroffenen Entscheidungen bestehen hier keine derartigen ernstlichen Zweifel.
2.1 Die Anerkennung als Asylberechtigter scheidet bereits deswegen aus, weil der Antragsteller auf dem Landweg und damit aus einem sicheren Drittstaat in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist ist (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. § 26a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylG).
2.2 Aber auch ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag des Antragstellers nicht erkennbar.
a) Die Ablehnung der Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet beruht auf § 29a Abs. 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat i. S. d. Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht.
b) Das Heimatland des Antragstellers, Senegal, ist ein sicherer Herkunftsstaat (vgl. § 29a Abs. 2 AsylG und Anlage II zu § 29a AsylG). Die Gerichte sind an diese Einstufung gebunden, es sei denn, sie sind der Überzeugung, dass sich die Einstufung als verfassungswidrig erweist (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1507/93 – juris Rn. 65). Verfassungs- oder europarechtliche Bedenken gegen die Einstufung Senegals als sicherer Herkunftsstaat bestehen jedoch nicht.
c) Der Antragsteller hat die durch § 29a AsylG normierte Nichtverfolgungsvermutung auch nicht durch den schlüssigen Vortrag von individuellen Verfolgungstatsachen erschüttern können. Vielmehr hat er sich auf Gewalttätigkeiten und Morddrohungen seiner Halbbrüder berufen. Dies begründet aber bereits mangels Anknüpfung an die dort genannten Merkmale keine Verfolgung im Sinne von Art. 16a GG oder § 3 AsylG. Das Gericht folgt daher der zutreffenden Begründung der Antragsgegnerin im angegriffenen Bescheid, auf die verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylG).
2.3 Das Bundesamt hat auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) abgelehnt und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG verneint. Das Gericht nimmt auch insoweit vollumfänglich auf die Begründung des Bundesamts im streitgegenständlichen Bescheid Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
a) Abgesehen davon, dass der Vortrag des Antragstellers zu den Gewalttätigkeiten und Bedrohungen seitens seiner Halbbrüder teilweise sehr pauschal und unsubstantiiert ist, hätte er bei einer Rückkehr die Möglichkeit, die Hilfe (übergeordneter) staatlicher Stellen in Anspruch zu nehmen. Insbesondere kann von einer allgemein mangelnden Schutzfähigkeit oder -willigkeit des senegalesischen Staates nicht ausgegangen werden. Der senegalesische Staat nimmt keine Repressionen Dritter hin, d. h. der Antragsteller könnte hier grundsätzlich Hilfe erlangen (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amts v. 15.10.2014, S. 13; VG München, B.v. 24.3.2016 – M 4 S 16.30549 – UA S. 7; VG München, B.v. 24.3.2016 – M 2 S 16.30464 – UA S. 6; VG München, B.v. 22.3.2016 – M 15 S 16.30357 – UA S. 8; VG München, B.v. 10.3.2016 – M 21 S 16.30061 – UA S. 9; VG Augsburg, U.v. 22.5.2013 – Au 7 K 13.30106 – juris Rn. 16). Das Gericht teilt aufgrund der vorliegenden Erkenntnismittel daher die Einschätzung des Bundesamtes, dass der senegalesische Staat bei Bedrohungen, bei denen es sich – wie hier – um kriminelles Unrecht nichtstaatlicher Akteure handelt, in der Lage und auch willens ist, hinreichenden Schutz zu gewähren (§ 4 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. der entsprechenden Anwendung von § 3c Nr. 3, § 3d Abs. 1 und 2 AsylG).
Im Übrigen besteht in derartigen Fällen eine inländische Fluchtalternative (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. der entsprechenden Anwendung von § 3e AsylG). Der Antragsteller kann sich bei einer Rückkehr in einem anderen Landesteil niederzulassen, wo ihn seine Halbbrüder nicht finden (vgl. z. B. VG Aachen, B.v. 18.7.2014 – 9 L 424/14.A – juris Rn. 10; VG Gelsenkirchen, U.v. 30.5.2012 – 7a K 646/12.A – juris Rn. 20; VG Würzburg, B.v. 29.11.2010 – W 1 S 10.30287 – juris Rn. 20).
b) Die geltend gemachten Schlafstörungen und Kopfschmerzen des Antragstellers stellen ebenfalls kein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dar.
Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Regelung erfasst zwar nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können. Ein zielstaatbezogenes Abschiebungshindernis kann aber gegeben sein, wenn die Gefahr besteht, dass sich eine vorhandene Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d. h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich die Krankheit im Heimatstaat aufgrund unzureichender Behandlungsmöglichkeiten verschlimmert oder wenn der betroffene Ausländer die medizinische Versorgung aus sonstigen Umständen tatsächlich nicht erlangen kann (BVerwG, B.v. 17.8.2011 – 10 B 13/11 u.a – juris; BayVGH, U.v. 3.7.2012 – 13a B 11.30064 – juris Rn. 34). Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands ist dabei nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden (OVG NRW, B.v. 30.12.2004 – 13 A 1250/04.A – juris Rn. 56).
Diese Rechtsprechung hat nunmehr auch in § 60 Abs. 7 Satz 2 bis 4 AufenthG seinen Niederschlag gefunden, wonach eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vorliegt bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist.
Der Antragsteller hat sich hier lediglich pauschal auf Schlafstörungen und Kopfschmerzen berufen, jedoch keinerlei Atteste o.ä. vorgelegt. Damit kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch keine erhebliche und konkrete Gefahr im Sinne der o.g. Rechtsprechung und damit kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernisses gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG angenommen werden.
2.4 Nach alledem ist auch die vom Bundesamt nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden.
2.5 Schließlich stellt sich das auf § 11 Abs. 7 AufenthG gestützte befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot nach der insoweit im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als rechtmäßig dar.
Die Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin sind im Rahmen der auf den Maßstab des § 114 Satz 1 VwGO beschränkten gerichtlichen Überprüfung nicht zu beanstanden, zumal der Antragsteller gegen das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG keine substantiierten Einwendungen vorgebracht und insbesondere kein fehlerhaftes Ermessen gerügt hat.
Der (gerichtskostenfreie, § 83b AsylG) Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.