Aktenzeichen M 16 S 16.33342
Leitsatz
Bei Bedrohungen und Übergriffen durch Zivilpersonen besteht in Senegal jedenfalls eine inländische Fluchtalternative. (redaktioneller Leitsatz)
Ein arbeitsfähiger junger Mann ist in der Lage, wie jeder andere in vergleichbarer Situation in Senegal seinen Lebensunterhalt dort, und sei es durch Hilfstätigkeiten, sicherzustellen. (redaktioneller Leitsatz)
Eine Infektion mit dem Hepatitis B Virus bedingt hinsichtlich des Senegals kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtschutz in Bezug auf einen Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt), mit dem sein Asylbegehren als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde.
Der Antragsteller ist Staatsangehöriger Senegals. Er reiste nach eigenen Angaben erstmals am 30. März 2015 in das Bundesgebiet ein. Am 21. Mai 2015 stellte er bei dem Bundesamt einen Asylantrag.
Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt gemäß § 25 AsylG am 14. Juni 2016 gab der Antragsteller im Wesentlichen an, er habe sein Herkunftsland 2009 verlassen und sich dort zuletzt in Dakar aufgehalten. Er habe als Maurer bei seinem Vater gearbeitet. Die wirtschaftliche Situation sei durchschnittlich gewesen. Er habe eine Freundin gehabt, die erst 17 Jahre alt gewesen sei. Sie sei dann schwanger geworden und ihre Familie sei darüber wütend geworden. Sie hätten ihn deswegen angezeigt, weil sie noch nicht volljährig gewesen sei. Trotzdem habe ihr großer Bruder ihm Probleme bereitet. Sie seien aneinander geraten und hätten sich geprügelt. Ihre große Schwester habe ihn auch einmal angegriffen und ihm heißes Öl über die Arme geschüttet. Die Polizei habe nach ihm gefahndet. Seine Mutter habe ihm gesagt, er solle erst einmal zu seiner Tante in die Innenstadt gehen. Dies sei 2008 gewesen. Er sei dann drei Monate bei seiner Tante gewesen, damit sein Arm habe heilen können. Dann sei sein großer Bruder gekommen und habe gesagt, es sei das Beste, wenn er ausreise, da er zur Fahndung ausgeschrieben sei und die andere Familie ihm etwas antun wolle. Er habe Angst vor der Gerichtsverhandlung gehabt, weil man sage, dass es verboten sei und man dafür mehrere Jahre ins Gefängnis kommen würde. Außerdem habe ihn die Familie weiter malträtieren wollen. Auf die Frage, ob er nicht versucht habe, die Freundin zu heiraten, gab der Antragsteller an, er wisse nicht, wie die Gesetzeslage im Senegal sei, aber alle hätten gesagt, dass es verboten sei. Er habe das Mädchen auch mit nach Hause gebracht. Seine Eltern hätten nicht gewusst, wie alt das Mädchen gewesen sei, deswegen hätten sie auch nichts gesagt. Der Antragsteller habe die Konsequenzen nicht gekannt, die eine Nichtvolljährigkeit mit sich bringe. Er habe darüber nachgedacht, in einen anderen Teil des Landes zu fliehen, aber die Polizei sei überall. Außerhalb von Dakar kenne er niemanden und wenn er alleine dort wäre, wäre die Polizei auch dort. Verhört worden sei er jedoch nicht. Er habe weiterhin Kontakt mit seinem großen Bruder gehabt. Dieser habe ihm gesagt, die Fahndung bestehe weiterhin fort, die Familie sei auch weiterhin sauer. Dies sei vor ca. zwei Jahren gewesen. Wenn er zurückkehren müsste, hätte er Angst davor, dass ihn die Polizei aufgreifen könne. Wenn nicht diese, dann würde die Familie ihm Schaden zufügen. Außerdem habe er „Hepatitis B“.
Mit Bescheid vom 27. September 2016, zugestellt am 30. September 2016, lehnte das Bundesamt sowohl den Antrag auf Asylanerkennung (Nr. 2 des Bescheids) als auch den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1 des Bescheids) als offensichtlich unbegründet ab. Ebenso wurde der Antrag auf Zuerkennung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt (Nr. 3 des Bescheids). Das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG wurde verneint (Nr. 4 des Bescheids). Der Antragsteller wurde zur Ausreise aufgefordert, die Abschiebung wurde bei nicht fristgerechter Ausreise angedroht (Nr. 5 des Bescheids). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet (Nr. 6 des Bescheids), das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 7 des Bescheids).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller stamme aus einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG, § 29a Abs. 2 AsylG i. V. m. der Anlage II zum AsylG. Er habe nichts glaubhaft vorgetragen oder vorgelegt, was zu der Überzeugung gelangen ließe, dass entgegen der Einschätzung der allgemeinen Lage in seinem Herkunftsstaat in seinem Fall die Voraussetzungen für die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ernsthaften Schadens erfüllt seien. Er mache keine staatliche Verfolgung geltend. Aus seinem Sachvortrag seien weder eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung noch ein flüchtlingsrechtlich relevantes Anknüpfungsmerkmal ersichtlich. Es seien auch keinerlei Anhaltspunkte erkennbar, welche die Annahme rechtfertigten, dass ihm bei Rückkehr in den Senegal ein ernsthafter Schaden drohe. Bezüglich der vorgebrachten Befürchtungen, im Fall einer Rückkehr durch Familienangehörige der Freundin bedroht zu werden, sei der Antragsteller an staatliche Stellen zu verweisen, die entsprechenden Schutz bieten könnten. Die Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG sei somit ebenfalls abzulehnen. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Senegal führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Antragstellers sei die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch die Abschiebung nicht beachtlich. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller nicht im Stande sein werde, bei einer Rückkehr nach Senegal sich eine zumindest existenzsichernde Grundlage zu schaffen. Es drohe dem Antragsteller auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würde. Der Antragsteller habe angegeben, an Hepatitis B erkrankt zu sein. Ausführungen zu einer konkreten und individuellen Gefahrenlage, die ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 AufenthG darstellen könnten, seien nicht geltend gemacht worden. Auf die Begründung des Bescheids wird im Einzelnen verwiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller am 5. Oktober 2016 zur Niederschrift Klage mit den Anträgen, den Bescheid des Bundesamts vom 27. September 2016 aufzuheben, die Antragsgegnerin zu verpflichten festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Antragsteller als Asylberechtigten anzuerkennen, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen und die Antragsgegnerin zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG bestehen. Zudem beantragte er,
hinsichtlich der Abschiebungsandrohung die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.
Zur Begründung nahm der Antragsteller auf seine Angaben gegenüber dem Bundesamt Bezug. Weiterhin führte er mit Schreiben vom 26. Oktober 2016 im Wesentlichen aus, er verfüge über einen gültigen italienischen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen. Das Bundesamt habe seinen Fall falsch beurteilt. Es liege ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG vor. Es liege eine Verletzung des Art. 3 EMRK vor, da er im Falle einer Abschiebung tatsächlich Gefahr laufe, auf so schlechte humanitäre Bedingungen zu treffen, dass die Abschiebung dorthin eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstelle. Im Jahr 2011 habe der Anteil der in Armut lebenden Menschen bei ca. 47% gelegen. Insbesondere für Menschen ohne Schulbildung oder Ausbildung – wie der Antragsteller – sei es schwierig, das Existenzminimum zu sichern. Das Bundesamt sei fälschlich davon ausgegangen, dass er über Schulbildung verfüge. Außerdem liege ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG vor, weil ihm im Falle einer Abschiebung eine individuelle Gefahr für Leib oder Leben drohe. Er sei an chronischer Hepatitis B erkrankt. Die Krankheit sei kaum heilbar und erfordere eine medikamentöse Therapie über viele Jahre, oft lebenslang. Im Falle einer Verschlechterung seines Zustands drohe ihm eine lebensbedrohliche Leberschädigung. Medikamente seien für die große Bevölkerungsmehrheit kaum erschwinglich bzw. nicht über einen längeren Zeitraum finanzierbar. Jedenfalls im Falle einer Verschlechterung seiner Werte sei er auf medikamentöse Behandlung angewiesen, die er sich im Senegal im Hinblick auf seine wirtschaftlichen Verhältnisse nicht werde leisten können. Die Rückkehrentscheidung und die Abschiebungsandrohung in Nr. 5 des Bescheids seien fehlerhaft und damit aufzuheben. Statt der erfolgten Rückkehrentscheidung im Sinne von Art. 3 Nr. 4 der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG hätte er dazu aufgefordert werden müssen, nach Italien auszureisen, weil er einen gültigen Aufenthaltstitel für dieses Land besitze. Nach Art. 6 Abs. 2 der Rückführungsrichtlinie sei er verpflichtet, im Falle einer endgültigen Ablehnung seines Antrags bzw. nunmehr, wenn sein Rechtsmittel keinen Erfolg habe, einen anderen Mitgliedstaat aufzusuchen, wenn er für diesen einen Aufenthaltstitel habe. Die Richtlinie sei vom bundesdeutschen Gesetzgeber nicht vollständig umgesetzt worden. In den nicht umgesetzten Teilen sei sie mittlerweile unmittelbar anwendbar geworden. Es sei daher auch ein falscher Zielstaat in der Abschiebungsandrohung genannt worden. Eine Abschiebung könne nicht in den Senegal, sondern nur nach Italien erfolgen, weil er einen gültigen Aufenthaltstitel für dieses Land besitze und Italien nach Art. 2 Abs. 4 des multilateralen Abkommens, dessen Vertragsparteien unter anderem Deutschland und Italien seien, zur Aufnahme verpflichtet sei. Jedenfalls aus Zweckmäßigkeits- und den darin enthaltenen Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten gehe die Abschiebung nach Italien einer Abschiebung in den Senegal vor. Die Behörde sei an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden, der zudem in der Richtlinie in Vorbemerkung Nr. 13 als tragendes Prinzip für Zwangsmaßnahmen und als eines der wesentlichen Prinzipien der Europäischen Union in Art. 5 Abs. 4 EUV verankert sei. Die Abschiebung müsse deswegen nach Italien erfolgen, da dies in seinem Fall ein milderes Mittel darstelle. Er habe dort einen einfacheren Zugang zur Gesundheitsversorgung und eine bessere soziale Absicherung im Falle von Armut. Aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes genüge auch der Verweis im Bescheid auf einen anderen Staat, in den er einreisen dürfe, nicht. Die Bezeichnung des Zielstaats sei unverzichtbar. Damit sei die Androhung fehlerhaft und nicht vollziehbar. Aufgrund des italienischen Aufenthaltstitels sei auch das Einreise- und Aufenthaltsverbot in Nr. 6 und Nr. 7 des Bescheids für das Hoheitsgebiet aller SDÜ-Vertragsstaaten fehlerhaft und damit aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Klageverfahren M 16 K 16.33341 sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung bleibt ohne Erfolg.
Der Antrag, die kraft Gesetzes (§ 75 Abs. 1 AsylG) ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamts nach § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen, ist zulässig, insbesondere wurde die Wochenfrist des § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG gewahrt.
Der Antrag ist jedoch nicht begründet, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen (vgl. Art. 16a Abs. 4 GG, § 36 Abs. 4 AsylG).
Gemäß Art. 16a GG, § 36 Abs. 4 AsylG kann das Verwaltungsgericht auf Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO die Aussetzung der Abschiebung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag ist im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz auch zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG offensichtlich nicht besteht – wobei eine nur summarische Prüfung nicht ausreicht – und ob diese Ablehnung weiterhin Bestand haben kann (BVerfG, B. v. 2.5.1984 – 2 BvR 1413/83 – BVerfGE 67, 43 ff.). Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag dann, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16a GG) und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1 AsylG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegen ernstliche Zweifel i. S. v. Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166 ff.). Dies ist nach ständiger Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen, und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung sich die Abweisung geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B. v. 5.2.1993 – 2 BvR 1294/92 – InfAuslR 1993, 196).
Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch die Einschätzung des Bundesamts, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, zum Gegenstand der Prüfung zu machen. Dies ist zwar der gesetzlichen Regelung des § 36 AsylG nicht ausdrücklich zu entnehmen, jedoch gebieten die verfassungsrechtlichen Gewährleistungen der Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) die diesbezügliche Berücksichtigung auch im Verfahren nach § 36 AsylG (vgl. zur Rechtslage nach – dem Abschiebungsverbot gemäß § 60 AufentG entsprechenden – § 51 Ausländergesetz 1990: BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166/221).
An der Rechtmäßigkeit der im vorliegenden Fall vom Bundesamt getroffenen Entscheidungen bestehen hier im maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG) keine derartigen ernstlichen Zweifel.
Das Gericht folgt den Ausführungen des Bundesamts im angefochtenen Bescheid und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ergänzend wird ausgeführt:
Nach § 29a Abs. 1 AsylG ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG – ein sogenannter sicherer Herkunftsstaat – als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegeben Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht.
Der Antragsteller stammt aus einem sicheren Herkunftsstaat. Senegal ist als solcher im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG in der Anlage II zum AsylG gelistet. Der Asylantrag ist somit nach § 29a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abzulehnen, da der Vortrag des Antragstellers nicht die Anforderungen zur Erschütterung der Regelvermutung gemäß § 29a Abs. 1 AsylG, Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG erfüllt.
Selbst wenn man die Angaben des Antragstellers als wahr unterstellt, kann dieser Vortrag – ungeachtet des Umstands, dass der Antragsteller keine Hilfe des senegalesischen Staates in Anspruch genommen hat (vgl. VG Augsburg, B. v. 24.4.2013 – Au 7 S 13.30107 – juris; VG München, Gerichtsbescheid v. 9.2.2016 – M 21 K 16.30017) – nicht die Anerkennung als Asylberechtigter rechtfertigen oder zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen, da der Antragsteller jedenfalls innerhalb Senegals internen Schutz gemäß § 3e AsylG erlangen könnte (sog. inländische Fluchtalternative; vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 14. Oktober 2016, II. 3. „Ausweichmöglichkeiten“; vgl. auch VG Augsburg, B. v. 24.4.2013 a. a. O.; B. v. 24.3.2016 – Au 7 S 16.30245 – juris Rn. 34). Bedrohungen oder Übergriffen durch die Familie der Freundin könnte der Antragsteller entgehen, indem er sich in einem anderen Landesteil, etwa in einer der anderen großen Städte, niederlässt. Dass er dort aufgespürt werden könnte, erscheint äußerst unwahrscheinlich, zumal es in Senegal auch kein funktionierendes Melde- und Registrierwesen gibt (vgl. VG Augsburg, B. v. 24.3.2016 – Au 7 S 16.30245 – juris Rn. 35) und der Antragsteller nach eigenen Angaben schon 2009 sein Herkunftsland verlassen hat (vgl. auch VG Augsburg, U. v. 30.10.2013 – Au 7 K 13.30241 – juris Rn. 30). Eine hiervon ggf. abweichende Einschätzung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Antragsteller einer Bevölkerungsminderheit angehören würde. Der Antragteller gehört nach eigenen Angaben zum Stamm der Wolof, die im Senegal die ethnische Mehrheit von ca. 45% der Gesamtbevölkerung (über 12 Mio.) darstellen. Mehr als 80% der Bevölkerung sprechen als Erst- oder Zweitsprache Wolof. Die Wolofs leben vorwiegend im Nordwesten des Landes, sind aber auch in allen anderen Landesteilen vertreten. Im Großraum Dakar stellen sie etwa 43% der Bevölkerung; in den meisten anderen Städten bilden sie ebenfalls die größte Bevölkerungsgruppe (vgl. VG Augsburg, B. v. 24.3.2016 – Au 7 S 16.30245 – juris Rn. 34).
Dementsprechend scheidet auch die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 bereits aus diesen Gründen aus (vgl. § 4 Abs. 3 AsylG i. V. m. §§ 3d und 3e AsylG).
Auch soweit der Antragsteller eine ihm drohende Strafverfolgung geltend macht, sind auch diesbezüglich die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG nicht erfüllt. Es liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Antragsteller die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe oder Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung drohen würde (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1und 2 AsylG). Die Todesstrafe wurde abgeschafft (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 14. Oktober 2016; III.3. „Todesstrafe“) Die Verhängung grausamer oder erniedrigender Strafen erfolgt nicht. Körperstrafen nach der Scharia sind ausgeschlossen, da islamisches Recht nur im Familien- und Erbrecht, nicht aber im Strafrecht Anwendung findet (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 14. Oktober 2016; III.4. „Sonstige menschenrechtswidrige Handlungen“).
Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) liegen ebenfalls nicht vor.
Gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung abgesehen werden, wenn für den Ausländer im Zielstaat eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Maßgebend ist insoweit allein das Bestehen einer konkreten, individuellen – zielstaatsbezogenen – Gefahr für die genannten Rechtsgüter, ohne Rücksicht darauf, von wem die Gefahr ausgeht und auf welchen Ursachen sie beruht. Diese Gefahr muss dem Einzelnen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen, wobei im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal der „konkreten“ Gefahr für „diesen“ Ausländer als zusätzliches Erfordernis eine einfallbezogene, individuell bestimmte und erhebliche Gefahrensituation hinzutreten muss, die überdies landesweit droht.
Für die Annahme einer derartigen drohenden konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit bestehen im Fall des Antragstellers keine hinreichenden Anhaltspunkte, da ihm – wie dargestellt – eine innerstaatliche Fluchtalternative offen steht (vgl. auch VG Regensburg, U. v. 18.2.2015 – RO 6 K 14.30903 – juris Rn. 26).
Auch unter Berücksichtigung der Lebensbedingungen in Senegal liegen die Voraussetzungen zur Annahme eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vor. Zwar ist nach der Auskunftslage (Lagebericht des Auswärtigen Amts vom14. Oktober 2016, IV. 1. „Situation für Rückkehrer“) davon auszugehen, dass die Versorgungslage im Senegal schlecht ist (ca. 50% der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsschwelle). Im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die einen Ausländer im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, kann ein Ausländer Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aber nur ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Die Abschiebung wäre nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung allenfalls auszusetzen, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“ (vgl. BVerwG, U. v. 12.7.2001 – 1 C 5.01 – juris), also im Falle einer schlechten Lebensmittelversorgung, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (BVerwG, U. v. 12.7.2001 a. a. O.; BVerwG, U. v. 29.6.2010 – 10 C 10.09 – juris; BVerwG, U. v. 29.9.2011 – 10 C 24.10 – juris). Das kann beim Antragsteller nicht angenommen werden. Dieser muss als arbeitsfähiger junger Mann in der Lage sein, wie jeder andere in vergleichbarer Situation in Senegal seinen Lebensunterhalt dort, und sei es durch Hilfstätigkeiten, sicherzustellen (vgl. VG München, B. v. 19.1.2016 – M 21 S 16.30019; B. v. 12.1.2016 – M 21 S 15.31689; VG München, B. v. 2.9.2014 – M 21 S 14.30945; VG München, B. v. 9.1.2014 – M 21 S 13.31259; VG München, B. v. 29.10.2012 – M 21 S 12.30698), auch wenn er über keine reguläre Schulbildung verfügt.
Nichts anderes ergibt sich, soweit nach der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung im Falle besonders schlechter humanitärer Verhältnisse ausnahmsweise in extremen Ausnahmesituationen unter Berücksichtigung von Art. 3 EMRK auf § 60 Abs. 5 AufenthG einzelfallbezogen zurückgegriffen wird (vgl. zu Afghanistan: BVerwG, U. v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – juris; BayVGH, B. v. 11.12.2014 – 13a ZB 14.30400 – juris; VGH BW, U. v. 24.7.2013 – A 11 S 697/13 – juris). Unabhängig von der Frage, wo genau die Grenze zu ziehen ist, ab der schlechte humanitäre Bedingungen, die nicht (überwiegend) auf Handlungen staatlicher oder nichtstaatlicher Akteure zurückzuführen sind, als unmenschliche Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK zu qualifizieren sind (die Rechtsprechung verlangt hier ganz außerordentliche individuelle Umstände: VGH BW, U. v. 24.07.2013 a. a. O. Rn. 71), genügen schlicht allgemein bestehende ärmliche Verhältnisse im Herkunftsstaat für die Annahme eines nationalen Abschiebungsverbots gem. § 60 Abs. 5 AufenthG als solche nicht.
Auch kann im Hinblick auf die chronisch verlaufende Infektion des Antragstellers mit dem Hepatitis B Virus nicht von einem krankheitsbedingten zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 bis 4 AufenthG ausgegangen werden.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Regelung in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfasst dabei nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können (st. Rspr., BVerwG, U. v. 25.11.1997 – Az. 9 C 58.96 – juris; BVerwG, U. v. 29.10.2002 – 1 C 1/02 – juris; BayVGH, U. v. 8.3.2012 – 13a B 10.30172 – juris; OVG NW, U. v. 27.1.2015 – 13 A 1201/12.A – juris Rn. 45).
Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich dabei auch aus der Krankheit eines Ausländers ergeben, wenn diese sich im Heimatstaat verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich darüber hinaus trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann, etwa weil er nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügt (BVerwG, U. v. 29.10.2002, a. a. O.; BayVGH, U. v. 8.3.2012, a. a. O.). Dabei setzt die Annahme einer erheblichen konkreten Gefahr voraus, dass sich der Gesundheitszustand des betroffenen Ausländers alsbald nach der Ankunft im Zielland der Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde (BVerwG, U. v. 25.11.1997, a. a. O.). Durch Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11. März 2016 (BGBl I S. 390) wurden hinsichtlich des krankheitsbedingten zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses durch § 60 Abs. 7 Sätze 2 bis 4 AufenthG zusätzlich folgende Bestimmungen getroffen: Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Nach Auffassung des Gerichts haben sich diese nunmehr in § 60 Abs. 7 Sätze 2 bis 4 AufenthG gesetzlich normierten Grundsätze auch bereits bisher aus der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung zum krankheitsbedingten zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernis ableiten lassen.
Im Fall des Antragstellers liegen die Voraussetzungen eines solchen krankheitsbedingten zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 Sätze 1 bis 4 AufenthG jedoch nicht vor. Auf die Frage, ob dem Antragsteller insoweit in Senegal eine hinreichende Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung stünde, kommt es nicht an. Vielmehr scheidet ein krankheitsbedingtes zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis auch hinsichtlich der chronischen Hepatitis B deshalb aus, weil es sich auch hierbei nicht um eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung handelt, die sich im Falle einer etwaigen Nichtbehandlung alsbald nach der Ankunft im Zielland der Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Dem Gericht ist bekannt, dass eine unbehandelte chronische Hepatitis bei 15 bis 30% der Betroffenen im Laufe der Jahre zu einer fortschreitenden Zerstörung der Leber (Leberzirrhose) führt und außerdem ein erhöhtes Risiko besteht, dass sich eine Krebserkrankung der Leber (Leberzellkarzinom) entwickelt (Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Robert Koch-Institut (Hrsg.), Stand November 2015, S. 87 m. w. N., abrufbar unter www.gbe-bund.de). Hierbei handelt es sich aber gerade nicht um Folgen, die alsbald nach der Ankunft im Zielland der Abschiebung eintreten. Es ist auch überhaupt nicht abzusehen, ob im Einzelfall des Antragstellers später einmal derart schwerwiegende Folgen auftreten werden. Die von § Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorausgesetzte erhebliche konkrete Gefahr für Leib und Leben liegt daher nicht vor (vgl. VG München, B. v. 24.3.2016 – M 2 S 16.30477; B. v. 19.7.2016 – M 2 S7 16.31692 – juris Rn. 12).
Damit ist insgesamt die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden. Die gesetzte Ausreisefrist entspricht der Regelung in § 36 Abs. 1 AsylG.
Die Abschiebungsandrohung erweist sich auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil als Zielstaat der Abschiebung primär das Herkunftsland des Antragstellers, und nicht Italien genannt ist, oder weil zunächst eine Ausreiseaufforderung entsprechend § 50 Abs. 3 Satz 2 AufenthG hätte ergehen müssen.
Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 Abs. 2 AufenthG soll in der Androhung der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Bundesamt den Herkunftsstaat des Antragstellers als primären Zielstaat benannt hat. Aus völkerrechtlichen Gründen trifft den Staat der Staatsangehörigkeit eine Verpflichtung gegenüber dem Aufenthaltsstaat, auf Ersuchen seine eigenen Staatsangehörigen zu übernehmen. Daher ist vorrangig der Staat der Staatsangehörigkeit des Antragstellers als Zielstaat zu bezeichnen (vgl. Marx, AsylVfG, 8. Aufl. 2014, § 34 Rn. 24).
Hier ist bereits zweifelhaft, ob der italienische Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen nach wie vor gültig ist. Es handelt sich dabei wohl nicht um einen unbefristeten Aufenthaltstitel. Auf der in der Akte befindlichen Kopie sind (lediglich) die Daten „02.12.2014“ sowie „07.12.2015“ erkennbar, so dass davon auszugehen sein dürfte, dass der Aufenthaltstitel auf ein Jahr befristet war. Unabhängig davon, hat der Antragsteller gegenüber dem Bundesamt auch niemals geltend gemacht, dass er auf der Grundlage dieses Aufenthaltstitels nach Italien einreisen dürfte und dies auch beabsichtigen würde. Der Antragsteller hat vielmehr bei dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens am 21. Mai 2015 vor dem Bundesamt den Besitz eines solchen Aufenthaltstitels nicht angegeben, obwohl er dabei ausweislich der Niederschrift gefragt worden war, ob er ein „Aufenthaltsdokument/Visum“ für einen anderen Mitgliedstaat (gehabt) hätte. Hierzu hatte er lediglich angegeben, ein 2009 von der polnischen Botschaft in Marokko ausgestelltes Visum gehabt zu haben. Auch bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 14. Juni 2016 hat der Antragsteller nicht geltend gemacht, nach Italien ausreisen zu wollen. Er war ausweislich der Niederschrift dabei aufgefordert worden (auch) alle sonstigen Tatsachen und Umstände anzugeben, die einer Abschiebung oder einer Abschiebung in einen bestimmten Staat entgegenstehen. Eine Ermessensentscheidung des Bundesamts über die Bestimmung eines anderen Zielstaats als dem Herkunftsstaat in der Abschiebungsandrohung oder der Erlass einer Ausreiseaufforderung waren daher nicht veranlasst. Im Übrigen wäre für eine Ausreiseaufforderung im Sinne von § 50 Abs. 3 Satz 2 AufenthG, der Art. 6 Abs. 2 der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG umsetzt, erforderlich gewesen, dass dem Antragsteller der Nachweis gelungen wäre, dass ihm die Einreise und der Aufenthalt in Italien auch erlaubt wären (vgl. Hailbronner, AuslR, Stand April 2016 § 50 AufenthG Rn. 28). Hiervon kann jedoch – wie dargelegt – nicht ausgegangen werden. Weiterhin bleibt es dem Antragsteller auch unbenommen, freiwillig nach Italien auszureisen, sofern er dort aufgenommen würde.
Die vom Antragsteller weiterhin beanstandeten Entscheidungen des Bundesamts zu den Einreise- und Aufenthaltsverboten sind im Rahmen des vorliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes in Bezug auf die nach § 75 AsylG kraft Gesetzes sofort vollziehbare Abschiebungsandrohung nicht zu prüfen. Dies wurde von ihm auch zu Recht nicht beantragt, da entsprechende weitergehende Anträge unzulässig wären.
In Nr. 7 des Bescheids wird lediglich das sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG zeitlich befristet. Die schlichte Aufhebung der Nr. 7 des Bescheids aufgrund einer Anfechtungsklage bzw. die Anordnung der aufschiebenden Wirkung beträfen lediglich die getroffene Befristungsentscheidung als solche, so dass ein erfolgreiches Rechtsmittel zur Folge hätte, dass das – unmittelbar kraft Gesetz geltende – Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG unbefristet gelten würde. Die Rechtsstellung des Antragstellers wäre somit nicht verbessert. Das Ziel einer kürzeren Befristung der gesetzlichen Sperrwirkung nach § 11 Abs. 2 AufenthG müsste, ebenso wie die (vorläufige) Erteilung einer Betretenserlaubnis gemäß § 11 Abs. 8 AufenthG, im Wege der Verpflichtungsklage bzw. im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes über einen Antrag nach § 123 VwGO erstritten werden (vgl. NdsOVG, B. v. 14.12.2015 – 8 PA 199/15 – juris Rn. 5; VG München, B. v. 12.1.2016 – M 21 S 15.31689 – UA S. 8; VG Ansbach, B. v. 20.11.2015 – AN 5 S 15.01667 – juris Rn. 2; B. v. 18.11.2015 – AN 5 S 15.01616 – UA S. 2; VG Aachen, B. v. 30.10.2015 – 6 L 807/15.A – juris Rn. 8; VG München, B. v. 23.3.2016 – M 17 S 16.30280).
Soweit sich der Eilantrag gegen das behördliche Einreise- und Aufenthaltsverbot (Nr. 6 des Bescheids) richten würde, wäre dieser zwar gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1, § 83c AsylG statthaft. Gleichwohl fehlt Eilanträgen gegen das behördliche Einreise- und Aufenthaltsverbot regelmäßig das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Denn das behördliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 7 Satz 2 AufenthG erst mit der Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Abgelehnte Asylbewerber werden durch das angeordnete Einreise- und Aufenthaltsverbot vor der Bestandskraft des Ablehnungsbescheids mithin noch nicht beschwert (VG Münster, B. v. 20.01.2016 – juris Rn. 13; VG Ansbach, B. v. 1.3.2016 – AN 4 S 16.30141 – juris Rn. 11; VG Stuttgart, B. v. 22.7. 2016 – A 2 K 2113/16 – juris). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz 2015 in das Gesetz eingefügten § 36 Abs. 3 Satz 10 AsylG, wonach Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Anordnung und Befristung nach § 11 Abs. 7 Satz 1 AufenthG innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen sind. Denn aus den Gesetzesmaterialien geht hervor, dass diese Vorschrift ausschließlich der Harmonisierung der Antragsfristen dienen sollte (BT-Drs. 18/6185, S. 33). Es ist insofern nicht davon auszugehen, dass Eilanträge auch ohne Rechtsschutzbedürfnis zulässig sein sollen (vgl. z. B. VG München, B. v. 6.10.2016 – M 17 S 16.33089 – juris Rn. 11; a.A. Bauer, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016, § 11 AufenthG Rn. 75).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).