Aktenzeichen 4 C 16.915
ZPO ZPO § 114
Leitsatz
1. Die Unanfechtbarkeit der Entscheidungen über die Ablehnung von Gerichtspersonen (§ 146 Abs. 2 VwGO) und über eine dazu erhobene Anhörungsrüge (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO) hat nicht zur Folge, dass auch bei einem diesbezüglichen Prozesskostenhilfeantrag die Beschwerde unstatthaft wäre. (amtlicher Leitsatz)
2 § 152a Abs. 1 S. 2 VwGO steht der Erhebung einer Anhörungsrüge gegen die (förmliche) Zurückweisung eines Richterablehnungsgesuchs nicht entgegen, da hierdurch nur solche Zwischenentscheidungen betroffen sind, die im Hinblick auf mögliche Gehörsverletzungen im weiteren Verfahren noch überprüft und korrigiert werden können. (redaktioneller Leitsatz)
3 Dienstlichen Äußerungen eines abgelehnten Richters stellen keine zustellungsbedürftigen Anordnungen oder Entscheidungen im Sinne des § 56 Abs. 1 VwGO dar, sondern der Tatsachenfeststellung dienende Erklärungen, über deren Inhalt die Verfahrensbeteiligten formlos durch Übersendung einer Kopie in Kenntnis gesetzt werden können. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
RO 3 KR 16.423 2016-03-24 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg
Tenor
1. Die Beschwerde des Klägers gegen Nr. 2 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. März 2016 wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Anhörungsrügeverfahren hat keinen Erfolg.
1. Die Beschwerde ist statthaft. Zwar ist der mit der Anhörungsrüge angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 14. März 2016, mit dem das Befangenheitsgesuch des Klägers gegen die Richter E…, Dr. M… und P… zurückgewiesen wurde, ebenso unanfechtbar (§ 146 Abs. 2 VwGO) wie der – noch ausstehende – Beschluss zur diesbezüglichen Anhörungsrüge (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO). Daraus folgt aber nicht, dass gegen die Ablehnung eines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für dieses Anhörungsrügeverfahren abweichend von § 146 Abs. 1 VwGO die Beschwerde ebenfalls unstatthaft wäre. Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, dass im Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe der Rechtszug nicht weiter führen dürfe als im Hauptsacheverfahren (vgl. BVerwG, B.v. 29.4.1954 – III B 5.53 – BVerwGE 1, 123/127). Maßgebend ist vielmehr, ob der Gesetzgeber zusammen mit dem Rechtsmittel gegen die Sachentscheidung auch die Prozesskostenhilfebeschwerde ausdrücklich oder konkludent ausgeschlossen hat (vgl. Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 166 Rn. 227), wie dies etwa bei § 80 AsylG aufgrund der Gesetzesbegründung allgemein angenommen wird (vgl. BT-Drs. 12/2062 S. 42; Meyer-Ladewig/Rudisile in Schoch u. a., VwGO, Stand Februar 2016, § 146 Rn. 16). Da den Vorschriften des § 146 Abs. 2 und § 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO eine derart umfassende Ausschlusswirkung nicht entnommen werden kann, bleibt es hier bei Statthaftigkeit der Beschwerde gegen die auf fehlende Erfolgsaussichten gestützte Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags (§ 146 Abs. 1, Abs. 2 VwGO).
2. Die Beschwerde des Klägers ist aber unbegründet.
Der vom Kläger im Beschwerdeschriftsatz vom 4. April 2016 unter II. 2. erhobene Einwand, die von ihm wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnten Richter Dr. J…-…, B… und P… hätten in dem Beschluss vom 24. März 2016 nicht gleichzeitig mit der Verwerfung dieses Befangenheitsantrags als unzulässig über den Prozesskostenhilfeantrag entscheiden dürfen, könnte dem Rechtsmittel selbst dann nicht zum Erfolg verhelfen, wenn er zutreffend wäre. Denn die mit der Beschwerde erstrebte Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Anhörungsrügeverfahren scheitert in jedem Falle daran, dass die vom Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Dies folgt allerdings nicht bereits aus der Bestimmung des § 152a Abs. 1 Satz 2 VwGO, wonach die Anhörungsrüge gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung nicht stattfindet. Die Vorschrift steht der Erhebung einer Anhörungsrüge gegen die (förmliche) Zurückweisung eines Richterablehnungsgesuchs nicht entgegen, da sie bei verfassungskonformer Auslegung nur solche Zwischenentscheidungen betrifft, die im Hinblick auf mögliche Gehörsverletzungen im weiteren fachgerichtlichen Verfahren noch überprüft und korrigiert werden können; dies ist bei der Ablehnung eines Befangenheitsantrags nicht der Fall (vgl. BVerfG, B.v. 12.1.2009 – 1 BvR 3113/08 – NJW 2009, 833; B.v. 8.12.2009 – 1 BvR 2774/09 – juris Rn. 1; VG Freiburg, B.v. 5.12.2011 – 3 K 2353/11 – juris Rn. 4; Schübel-Pfister in Gärditz, VwGO, 2013, § 152a Rn. 18).
Die Anhörungsrüge hat aber in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Der Kläger hat in seinem Schriftsatz vom 16. März 2016, mit dem er gegen den Beschluss vom 14. März 2016 Anhörungsrüge erhoben hat, nicht einmal ansatzweise darzulegen vermocht, dass das Verwaltungsgericht bei der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hätte. Soweit er in dem genannten Schreiben vorträgt (II.1.), im Beschluss des Verwaltungsgerichts hätten die Ausführungen in seinem Befangenheitsantrag in entscheidungserheblicher Weise nicht hinreichend Berücksichtigung gefunden, fehlt es bereits an der Bezeichnung eines konkreten sachlichen oder rechtlichen Vorbringens, mit dem das Verwaltungsgericht sich hätte auseinandersetzen müssen. Sein weiterer Einwand, in dem Beschluss seien „die rechtlichen Bestimmungen“ nicht hinreichend berücksichtigt worden, führt schon deshalb nicht zum Erfolg, weil die Anhörungsrüge nicht auf eine rechtliche Überprüfung der Ausgangsentscheidung abzielt. Soweit der Kläger einen Gehörsverstoß darin sieht, dass ihm die zu dem Befangenheitsantrag abgegebenen dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter weder im Original noch in beglaubigter Abschrift förmlich zugestellt worden seien (II.2.), ist ihm entgegenzuhalten, dass es sich dabei nicht um zustellungsbedürftige Anordnungen oder Entscheidungen im Sinne des § 56 Abs. 1 VwGO handelte, sondern um der Tatsachenfeststellung dienende Erklärungen, über deren Inhalt die Verfahrensbeteiligten formlos durch Übersendung einer Kopie in Kenntnis gesetzt werden konnten. Da dies unstreitig geschehen ist und der Kläger daher (mit Schriftsatz vom 20. Februar 2016) zu den dienstlichen Äußerungen ausreichend Stellung nehmen konnte, lag auch in dieser Hinsicht kein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs vor.
Auch mit seinem weiteren Vorbringen in der Beschwerdebegründung vom 4. April 2016, die noch innerhalb der Frist des 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO beim Verwaltungsgericht eingegangen ist, hat der Kläger keinen Gehörsverstoß dargetan. Sein Vorhalt, das Verwaltungsgericht habe in gravierender Weise gegen das „Menschenrecht auf freie Wahl“ verstoßen (II.3. und II.4.), stellt lediglich eine inhaltliche Kritik an den (ursprünglichen) Sachentscheidungen vom 28. Januar 2016 dar und lässt nicht erkennen, dass bei dem späteren Beschluss über den Befangenheitsantrag ein bestimmter Sachvortrag übergangen worden wäre. Gleiches gilt für den mit Zitaten des Bundesverfassungsgerichts untermauerten pauschalen Vorwurf, die Kammer habe bei der angegriffenen Entscheidung die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Prozesskostenhilfeverfahren unberücksichtigt gelassen (II.5.).
II. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Anders als das Prozesskostenhilfeverfahren erster Instanz ist das Beschwerdeverfahren in Prozesskostenhilfesachen kostenpflichtig. Eine Streitwertfestsetzung ist entbehrlich, weil für die Zurückweisung der Beschwerde nach dem hierfür maßgeblichen Kostenverzeichnis eine Festgebühr anfällt (§ 3 Abs. 2 GKG i. V. m. Anlage 1 Nr. 5502).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).