Verwaltungsrecht

Teilweise Rücknahme von Beihilfebescheiden wegen unrichtiger Arztrechnungen

Aktenzeichen  14 ZB 17.676

Datum:
5.9.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 124726
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBesG Art. 15 Abs. 2
BayVwVfG Art. 37, Art. 48 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 3 Nr. 2
VwGO § 86, § 108 Abs. 1 S. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 5, § 124a Abs. 4 S. 4
BayBhV §§ 7 ff.
StPO § 170 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Soweit eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, liegt der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur dann vor, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder ernstlich zweifelhaft sind; allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung des Sachverhalts oder der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (stRspr, BayVGH BeckRS 2014, 48666). (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei Art. 48 BayVwVfG geht es um die objektive Rechtswidrigkeit, die dann vorliegt, wenn der Verwaltungsakt gegen Gesetze oder sonstiges Recht verstößt, so dass es insoweit auf eine Kenntnis des Empfängers des Verwaltungsakts von dessen Unrichtigkeit nicht ankommt. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Beihilfeberechtigte selbst ist Vertragspartner und damit Schuldner des Arztes; er allein hat Kenntnis von den tatsächlich durchgeführten Behandlungen und trägt als Vertragspartner das Risiko, dass vorgelegte Abrechnungen – unerkannt – unrichtig sind oder er in Rechnung gestellte ärztliche Leistungen zu zahlen hat, obwohl ihm hierfür – aus welchem Grund auch immer – keine Beihilfe gewährt wird. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 1 K 16.1 2017-02-20 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.937,50 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die ausdrücklich geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 5 VwGO sind nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegen jedenfalls nicht vor.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 64 m.w.N.).
a) Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage der Klägerin gegen den Bescheid des Beklagten vom 28. Dezember 2015, mit dem dieser die Beihilfebescheide vom 28. September 2009 und 11. Oktober 2012 teilweise aufgehoben und eine Beihilfe in Höhe von 2.937,50 Euro zurückgefordert hat, mit der Begründung abgewiesen, der Bescheid sei nicht rechtswidrig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte sei zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG für eine teilweise Rücknahme der Beihilfebescheide vom 28. September 2009 und 11. Oktober 2012 erfüllt seien und die Einschränkungen des Art. 48 Abs. 2 BayVwVfG der Rücknahme nicht entgegenstünden. Die genannten Beihilfebescheide seien jedenfalls in dem Umfang, in welchem sie von dem Beklagten aufgehoben worden seien, rechtswidrig. Nach den im strafgerichtlichen Verfahren getroffenen Feststellungen, die die Kammer ohne weitere Nachprüfung ihrer Entscheidung zu Grunde legen könne, seien auch im Falle der Klägerin für ihre Klinikaufenthalte Abrechnungen für tatsächlich nicht erbrachte Behandlungsleistungen erstellt worden, die im Strafurteil als Fälle Nr. 91 und 537 bezeichnet seien. Hierfür habe die Klägerin die Gewährung von Beihilfe beantragt, die ihr antragsgemäß mit Bescheiden vom 28. September 2009 und 11. Oktober 2012 gewährt worden sei. Wie durch die im Strafverfahren getroffenen Feststellungen, insbesondere durch die auch im Falle der Klägerin sichergestellten Therapiepläne, zur Überzeugung der Kammer feststehe, seien während der beiden stationären Aufenthalte der Klägerin eine Vielzahl von Therapiebehandlungen durchgeführt worden, für welche die Voraussetzungen für eine Gewährung von Beihilfe nach den Bestimmungen der §§ 7 ff. BayBhV nicht vorgelegen und für die deshalb auch keine Abrechnung zur Kostenerstattung erstellt worden sei. Um eine Erstattung der Aufwendungen für diese Behandlungen zu erreichen, seien nach den Feststellungen des Landgerichts Abrechnungen über Leistungen nach der GOÄ erstellt worden, die tatsächlich jedoch nicht erbracht worden und deshalb nicht erstattungsfähig gewesen seien, in ihrer Höhe aber die tatsächlich bei der Klägerin durchgeführten Therapiemaßnahmen abdecken sollten. Die Bewilligung von Beihilfe für diese Leistungen sei somit rechtswidrig. Die Höhe der zu Unrecht erbrachten Leistungen ergebe sich aus den Feststellungen der Kriminalpolizeiinspektion. Die Klägerin könne sich gemäß Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen, da sie die Verwaltungsakte durch Angaben erwirkt habe, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gewesen seien. Ein Verschulden der Klägerin sei hierfür nicht Voraussetzung. Maßgeblich sei allein die objektive Unrichtigkeit der Angaben. Die Ermessensausübung sei in den Fällen des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG gesetzlich dahingehend vorgezeichnet, dass die Bescheide über die zu Unrecht festgesetzte Beihilfe teilweise aufzuheben seien (sog. intendiertes Ermessen). Zudem enthalte der Bescheid vom 28. Dezember 2015 auch individuelle, tragfähige Ermessenserwägungen. Rechtsgrundlage für die Rückforderung sei Art. 15 Abs. 2 BayBesG. Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin von einem Wegfall der Bereicherung ausgehen wolle, könne sie sich nicht auf diesen berufen, da sie verschärft hafte. Der Mangel sei so offensichtlich gewesen, dass der Empfänger oder die Empfängerin ihn hätte erkennen müssen. Auf einen strafrechtlichen Schuldvorwurf komme es nicht an. Die Klägerin hätte nach einer Durchsicht der beiden Abrechnungen durch Nachdenken erkennen können, dass zumindest Zweifel an der Richtigkeit der Abrechnungen bestanden hätten, die wiederum Anlass für eine sich aufdrängende Erkundigung bzw. entsprechende Information der Beihilfestelle hätten sein müssen, damit diese die Richtigkeit der Rechnungen durch eigene Nachforschungen hätte überprüfen können. Selbst bei einer nur groben Durchsicht hätte der Klägerin auffallen müssen, dass in jeder Woche von Montag bis Samstag täglich für 9 Uhr eine ärztliche Visite abgerechnet worden sei, obwohl es in der Regel wöchentlich nur eine Visite gegeben habe. Weitere Erkundigungen oder eine entsprechende Unterrichtung der Beihilfestelle hätten sich auch deshalb aufgedrängt, weil statt bestimmter Therapiemaßnahmen, wie beispielsweise Tanztherapie, für die jeweiligen Tage andere Behandlungsmaßnahmen abgerechnet worden seien. Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, die aufgezeigten Auffälligkeiten zu erkennen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 2 Satz 2 BayBesG zur Erkennbarkeit (des fehlenden Rechtsgrundes) seien selbst bei Vorliegen einer krankhaften Störung des geistigen und seelischen Gesundheitszustands nur dann nicht erfüllt, wenn die Fähigkeit zur kritischen Erkenntnis erheblich beeinträchtigt sei. Aus den vorgelegten Entlassungsberichten und den ärztlichen Attesten lasse sich nicht entnehmen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Beantragung der Beihilfe in der Fähigkeit zur kritischen Erkenntnis erheblich beeinträchtigt gewesen wäre, so dass es bereits an einem hinreichend substantiierten Sachvortrag für eine derart erhebliche Störung der Erkenntnisfähigkeit fehle. Zudem hätten sich der Klägerin Zweifel auch deshalb aufdrängen müssen, weil bezüglich der beiden Rechnungen die Beihilfe ungekürzt gewährt worden sei. Spätestens aufgrund dieser insoweit vollen Gewährung von Beihilfe hätte die Klägerin erkennen können und müssen, dass eine überhöhte Beihilfegewährung erfolgt sei, nachdem sie bei entsprechend sorgfältigem Nachdenken hätte erkennen können, dass eine Vielzahl der von ihr in Anspruch genommenen Behandlungen nicht beihilfefähig gewesen wären. Der Rückzahlungsanspruch sei auch nicht verjährt. Der Beklagte habe auch nicht aus Billigkeitsgründen von der Rückforderung ganz oder teilweise absehen müssen. Insbesondere treffe den Beklagten kein bei der Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigendes Mitverschulden an der Überzahlung der Beihilfe, da die Beihilfestelle mangels entsprechender Hinweise durch die Klägerin nicht verpflichtet gewesen sei, von Amts wegen zu überprüfen, ob die in den Abrechnungen enthaltenen Behandlungsmaßnahmen tatsächlich durchgeführt worden seien.
b) Diese Erwägungen des Verwaltungsgerichts werden durch das Vorbringen der Klägerin im Zulassungsverfahren – soweit es beim Verwaltungsgerichtshof innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO eingegangen ist – nicht ernstlich in Frage gestellt. Es werden keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürfen.
Mit ihrem ausdrücklichen Einwand, der streitgegenständliche Rückforderungsbescheid sei deshalb rechtswidrig, weil er gegen Art. 37 BayVwVfG verstoße, kann die Klägerin nicht durchdringen. Dem Tenor des streitgegenständlichen Bescheids ist eindeutig zu entnehmen, dass die beiden Beihilfebescheide vom 28. September 2009 und 11. Oktober 2012 teilweise zurückgenommen werden (Nr. 1 des Bescheidtenors) und von der Klägerin die überzahlte Beihilfe in Höhe von 2.937,50 Euro zurückgefordert wird (Nr. 2 des Bescheidtenors). Aufgrund des vorliegenden Tenors weiß die Klägerin als Adressatin, was von ihr gefordert wird, und der streitgegenständliche Bescheid kann Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein. Damit ist der Bescheid vom 28. Dezember 2015 hinreichend bestimmt. Mit ihrem Vorbringen, aus den Ausführungen des Verwaltungsakts sei nicht ersichtlich, inwieweit von der Rechtswidrigkeit der Beihilfebescheide ausgegangen werden könne, da insbesondere unklar sei, welche Abrechnungspositionen „von der Beklagten“ als nicht beihilfefähig angenommen und für welche Positionen der eingereichten Rechnungen die erbrachten Leistungen zurückgefordert würden, rügt die Klägerin vielmehr einen Begründungsmangel. Gründe für die Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit des streitgegenständlichen Bescheids wegen fehlender Bestimmtheit legt sie hingegen nicht dar.
Zweifel an der Einschätzung des Verwaltungsgerichts, die Voraussetzungen des Art. 48 Abs. 1 und 2 BayVwVfG für eine teilweise Rücknahme der beiden Beihilfebescheide vom 28. September 2009 und 11. Oktober 2012 lägen vor, hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Entgegen der Ansicht der Klägerin hat das Verwaltungsgericht diese Wertung nicht allein auf Grundlage der von ihm nicht weiter nachgeprüften, den Leiter der Klinik und seine Ehefrau betreffenden strafgerichtlichen Feststellungen getroffen. Ungeachtet dessen, dass ihr diesbezüglicher Einwand, das Verwaltungsgericht dürfe „seiner Entscheidung unanfechtbare Feststellungen der Strafgerichte nur dann ohne eigene Ermittlungen zugrunde legen, wenn gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der strafgerichtlichen Tatsachen Feststellungen sprechen“, unschlüssig ist, hat das Verwaltungsgericht vielmehr auch eine richterliche (Beweis) Würdigung der ihm vorliegenden Unterlagen vorgenommen und hierbei auch auf die beigezogene, die Klägerin betreffende Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Mit ihrem weiteren diesbezüglichen Vortrag wendet sie sich gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es darf aber bei seiner Überzeugungsbildung nicht in der Weise verfahren, dass es einzelne erhebliche Tatsachen oder Beweisergebnisse nicht zur Kenntnis nimmt oder nicht in Erwägung zieht. Soweit eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, liegt der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO folglich nur dann vor, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung des Sachverhalts oder der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (vgl. BayVGH, B.v. 18.2.2014 – 14 ZB 11.452 – juris Rn. 8 m.w.N.; B.v. 20.11.2013 – 10 ZB 13.827 – juris Rn. 4 m.w.N.; B.v. 14.3.2013 – 22 ZB 13.103 u.a. – juris Rn. 11 m.w.N.). Derartige schwerwiegende Fehler bei der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung hat die Klägerin nicht aufgezeigt.
Mit ihrem Vorbringen, das sich im Wesentlichen darauf beschränkt, sie bestreite, dass in ihrem Fall die Abrechnung unzutreffend gewesen sei, „die Beklagte“ habe die Unrichtigkeit nicht detailliert und substantiiert nachgewiesen, auch beruhe die strafgerichtliche Feststellung der Unrichtigkeit der Abrechnung lediglich auf der Aussage eines Polizeibeamten, zeigt die Klägerin keine schwerwiegenden Fehler bei der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung auf. Sie bestreitet lediglich pauschal die Richtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen, die im Fall der Klägerin von fehlerhaften Abrechnungen der Klinik ausgehen, legt aber nicht dar, dass sie gegenüber dem Verwaltungsgericht substantiiert Einwände gegen deren Richtigkeit geltend gemacht hat. Hierzu wäre die Klägerin aber in der Lage gewesen, da ihr ausweislich der Gerichtsakte mit verwaltungsgerichtlichem Schreiben vom 13. Dezember 2016 sowohl die Niederschrift über die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Ravensburg als auch alle – nicht Patientendaten betreffende – Seiten sowie die ihren Fall betreffende Seite 143 des Strafurteils des Landgerichts Ravensburg vom 9. Februar 2015 zugesandt wurden, auf dessen Inhalt das Verwaltungsgericht bezüglich der Einzelheiten verweist (UA S. 19 unten). Ungeachtet dessen, dass sich die Klägerin hierzu im Zulassungsverfahren nicht verhält, ist den verwaltungsgerichtlichen Akten weder zu entnehmen, dass sie gegenüber dem Verwaltungsgericht gerügt hätte, die Übermittlung der strafgerichtlichen Unterlagen sei nicht ordnungsgemäß erfolgt, noch finden sich in der Gerichtsakte Äußerungen der Klägerin zur (Un) Richtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen. Ihr Einwand, die völlig kritiklose Übernahme der strafgerichtlichen Feststellungen sei auch deshalb unzulässig, weil sie keine Möglichkeit gehabt habe, hierauf Einfluss zu nehmen – was schon deshalb zweifelhaft ist, weil die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth auch gegen sie selbst in der Sache ein Ermittlungsverfahren durchgeführt hat – ist daher nicht durchgreifend. Zudem hat das Verwaltungsgericht die die Klägerin betreffende Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth beigezogen und die Klägerin hiervon mit Schreiben vom 14. September 2016 in Kenntnis gesetzt. Auch hat das Verwaltungsgericht bei seiner Beweiswürdigung nicht nur auf die strafgerichtlichen Feststellungen, sondern auch auf die im Falle der Klägerin sichergestellten Therapiepläne abgestellt, nach denen während der beiden stationären Aufenthalte der Klägerin eine Vielzahl von Therapiebehandlungen durchgeführt wurden, für welche die Voraussetzungen für eine Gewährung von Beihilfe nach den Bestimmungen der §§ 7 ff. BayBhV nicht vorgelegen und für die deshalb auch keine Abrechnung zur Kostenerstattung erstellt worden waren.
Soweit sie zudem rügt, das Verwaltungsgericht habe nicht gewürdigt, dass der Klägerin eine Kenntnis der Unrichtigkeit der eingereichten Abrechnungen gerade nicht habe nachgewiesen werden können, da das gegen sie gerichtete Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei, verkennt sie, dass es bei Art. 48 BayVwVfG um die objektive Rechtswidrigkeit geht, die dann vorliegt, wenn der Verwaltungsakt gegen Gesetze oder sonstiges Recht verstößt (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 48 Rn. 51) und es insoweit auf eine Kenntnis der Klägerin nicht ankommt.
Auch die Richtigkeit der Einschätzung des Verwaltungsgerichts, ein Vertrauensschutz nach Art. 48 Abs. 2 BayVwVfG bestehe nicht, da die Klägerin im Sinne des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt habe, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, zieht die Klägerin mit ihrem Vorbringen nicht in Zweifel. Mit ihrem Einwand, die Ursache der Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsakts liege nicht in ihrem Verantwortungsbereich, da nicht ihre Angaben, sondern die des verurteilten Arztes unrichtig gewesen seien, kann sie nicht durchdringen. Sie verkennt bereits, wie die Abrechnung ärztlicher Leistungen und die Beihilfegewährung zusammenhängen. Nicht der Beklagte als Träger der Beihilfe, sondern sie selbst ist Vertragspartnerin und damit Schuldnerin des Arztes. Sie allein hat Kenntnis von den tatsächlich durchgeführten Behandlungen und trägt als Vertragspartnerin das Risiko, dass sie in Rechnung gestellte ärztliche Leistungen zu zahlen hat, obwohl ihr hierfür – aus welchem Grund auch immer – keine Beihilfe gewährt wird, oder vorgelegte Abrechnungen – unerkannt – unrichtig sind. Es liegt somit primär in ihrem Interesse, die erhaltenen Rechnungen auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Hinzu kommt, dass sie als diejenige, die mit der Abgabe der Beihilfeanträge einen Anspruch auf Beihilfegewährung geltend macht, die materielle Beweislast für die anspruchsbegründenden Umstände hat (vgl. BayVGH, B.v. 3.8.2015 –14 ZB 15.1012 – juris Rn. 6 m.w.N.). Damit ist es auch Sache der Klägerin, die abgerechneten ärztlichen Leistungen zu belegen. Die Unrichtigkeitsursache der zurückgenommenen Beihilfebescheide fällt daher in ihren Verantwortungsbereich. Damit ist es für den Ausschluss des Vertrauensschutzes nach Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG unerheblich, ob die Klägerin die Unrichtigkeit der Angaben kannte oder hätte kennen müssen (vgl. BVerwG, U.v. 14.8.1986 – 3 C 9.85 – BVerwGE 74, 357; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 48 Rn. 119). Mit ihrer Argumentation, es liege kein ziel- und zweckgerichtetes Handeln vor und sie sei – fachlich und gesundheitlich – nicht in der Lage gewesen, die Angaben des Arztes zu überprüfen, kann sie daher nicht durchdringen – abgesehen davon, dass das Verwaltungsgericht hinsichtlich des Vertrauensschutzes weder ein kollusives Zusammenwirken der Klägerin mit der Klinik angenommen noch der Klägerin ein Verschulden unterstellt hat.
Die Rüge, ihre fehlende Kenntnis bzw. unverschuldete Unkenntnis der Unrichtigkeit der Angaben in den Abrechnungen hätte vom Beklagten im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung bei der Rücknahme berücksichtigt werden müssen, ist bereits deshalb nicht durchgreifend, weil die Klägerin Ermessensfehler der Rücknahmeentscheidung erstmalig mit Schreiben vom 18. Juli 2017 und damit außerhalb der – vorliegend bis 8. Mai 2017 laufenden – Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemacht hat.
Mit ihrem umfangreichen Vorbringen, das Verwaltungsgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass für die Annahme des Wegfalls der Bereicherung ein substantiierter Sachvortrag fehle, hat die Klägerin keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung aufgezeigt. Das Verwaltungsgericht hat zwar zum Wegfall der Bereicherung Ausführungen gemacht, ist tragend jedoch davon ausgegangen, dass sich die Klägerin auf einen Wegfall der Bereicherung jedenfalls nicht berufen könne, da sie verschärft hafte, weil der Mangel des rechtlichen Grundes so offensichtlich sei, dass ihn die Klägerin hätte erkennen können (UA S. 22).
Mit ihren Einwendungen gegen die Richtigkeit der Ausführungen auf Seite 4 des Verwaltungsakts vom 28. Dezember 2015 zeigt die Klägerin schon deshalb keine ernstlichen Zweifel am angefochtenen Urteil auf, weil sich das Verwaltungsgericht zur Begründung der Offensichtlichkeit des Mangels des rechtlichen Grunds weder hierauf berufen noch selbst auf eine Abrechnungsberatung der Klägerin durch die behandelnde Klinik abgestellt hat (vgl. UA S. 23 ff.).
Ihre Ausführungen, sie sei entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts und durch die vorgelegten Atteste bestätigt gesundheitlich nicht in der Lage gewesen, die Rechnungen zu überprüfen, sind ebenfalls nicht durchgreifend. Sie wendet sich hiermit nicht gegen den rechtlichen Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts, die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 2 Satz 2 BayBesG zur Erkennbarkeit (des fehlenden Rechtsgrundes) seien selbst bei Vorliegen einer krankhaften Störung des geistigen und seelischen Gesundheitszustands nur dann nicht erfüllt, wenn die Fähigkeit zur kritischen Erkenntnis erheblich beeinträchtigt sei. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher von der Richtigkeit dieser Ausführungen auszugehen. Ihr Einwand richtet sich ausschließlich gegen die verwaltungsgerichtliche Beweiswürdigung, von einer erheblichen Einschränkung der Fähigkeit zur kritischen Erkenntnis sei nach dem Entlassungsbericht der Klinik und den ärztlichen Attesten nicht auszugehen. Auch insoweit zeigt sie keine schwerwiegenden Fehler bei der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung auf, sondern setzt vielmehr ihre eigene Bewertung des Entlassungsberichts und der Atteste an die Stelle der verwaltungsgerichtlichen Bewertung.
Soweit die Klägerin den Ausführungen des Verwaltungsgerichts – selbst bei einer nur groben Durchsicht hätte der Klägerin auffallen müssen, dass in jeder Woche von Montag bis Samstag täglich für 9 Uhr eine ärztliche Visite abgerechnet worden sei, obwohl es in der Regel wöchentlich nur eine Visite gegeben habe, auch hätte sie ohne weiteres erkennen können, dass keine Therapiemaßnahmen, wie beispielsweise Tanztherapie, in der Rechnung enthalten, sondern für die jeweiligen Tage andere Behandlungsmaßnahmen abgerechnet worden seien – lediglich entgegenhält, es sei fraglich, woher das Gericht diese Erkenntnis nehme oder ob es eigene medizinische Fachkenntnisse besitze, auf deren Basis die Entscheidung getroffen worden sei, legt sie substantiiert keine ernstlichen Zweifel dafür dar, dass der Mangel des rechtlichen Grundes offensichtlich gewesen ist. Das Verwaltungsgericht hat bei seinen Ausführungen ersichtlich nicht auf besondere medizinische Fachkenntnisse oder Kenntnisse der Klägerin über die GOÄ abgestellt, sondern auf ohne weiteres erkennbare Widersprüche von erbrachten im Vergleich zu abgerechneten Leistungen.
Auch mit ihrem Vorbringen zur Unrichtigkeit der Billigkeitsentscheidung kann die Klägerin nicht durchdringen. Soweit sie im Wesentlichen ausführt, der privaten Krankenversicherung sei die Fehlerhaftigkeit der Abrechnungspraxis aufgefallen, der Mangel sei daher faktisch erkennbar, jedenfalls bei einer Vielzahl von Abrechnungen, wie sie „der Beklagten“, aber nicht der Klägerin vorgelegen hätten, zeigt sie nicht substantiiert auf, woran die Beihilfestelle ohne Mitwirkung der Klägerin hätte erkennen können, dass die vorgelegten Abrechnungen Leistungen enthielten, die tatsächlich nicht erbracht worden sind. Soweit sie meint, bei der Billigkeitsentscheidung hätte berücksichtigt werden müssen, dass die Rückforderung für sie eine unzumutbare Härte darstellt, legt die Klägerin nicht dar, wann sie den Beklagten auf derartige Punkte hingewiesen hat. Ungeachtet dessen, ob sie diesen Einwand rechtzeitig im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebracht hat, wäre dies aber erforderlich gewesen, um die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in Zweifel zu ziehen, dem Klägervortrag hätten bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung keine besonderen Umstände entnommen werden können, die Anlass zu einem Teilverzicht auf die Rückforderung oder einer Gewährung von Ratenzahlung gegeben hätten.
Soweit sich die Klägerin mit Schreiben vom 8. Mai 2017 ausdrücklich auf Verjährung beruft, kommt sie ihren Darlegungsverpflichtungen nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ebenfalls nicht nach. Eine substantiierte Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu erfolgt nicht.
Die Berufung der Klägerin auf den behaupteten „Anspruch Zug um Zug gegen Abtretung der Forderung gegen die Klinik“, geht – ungeachtet ausreichender Darlegung – schon deshalb ins Leere, weil § 86 VVG vorliegend keine Anwendung findet und es eine entsprechende gesetzliche Regelung im Beihilferecht nicht gibt.
2. Der durch den Hinweis, das Verwaltungsgericht habe den in der mündlichen Verhandlung vom 20. Februar 2017 gestellten Beweisantrag unzutreffend abgelehnt, geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ist nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt.
Die Klägerin, die in der mündlichen Verhandlung die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zu der Tatsache beantragt hatte, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage war, die den Beihilfeanträgen zugrundeliegenden Rechnungen auf deren inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen, sieht einen Mangel darin, dass das Verwaltungsgericht ihren Beweisantrag mit der Begründung abgelehnt hat, der Beweisantrag sei „unerheblich“. Mit diesem Vorbringen ist der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO bereits deshalb nicht hinreichend im Sinne von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt, weil die Klägerin nicht auf die die Ablehnung des Beweisantrags tatsächliche Begründung eingeht, der Beweisantrag sei unbehelflich. Mit ihrem schlichten Hinweis, die Ablehnung des Beweisantrags als „unerheblich“ sei unzutreffend, und dem pauschalen Verweis auf die umfangreichen vorstehenden Ausführungen setzt sich die Klägerin weder mit dieser noch mit den weiteren tragenden Begründungen des Verwaltungsgerichts auseinander; insbesondere trägt sie nichts zu dessen Wertung vor, unter Zugrundelegung der Ausführungen in den Entlassungsberichten der Klinik lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 2 Satz 2 BayBesG ersichtlich nicht vor. Sie legt nicht dar, inwieweit das Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner für das Vorliegen des gerügten Verfahrensmangels ausschließlich maßgebenden materiell-rechtlichen Rechtsauffassung bei der Behandlung des Beweisantrags gegen seine ihm nach § 86 Abs. 2 VwGO obliegenden prozessualen Pflichten verstoßen hat.
Dies gilt auch, soweit die Klägerin zusätzlich rügen wollte, das Verwaltungsgericht hätte unabhängig vom gestellten Beweisantrag von sich aus gemäß § 86 Abs. 1 VwGO auf eine weitere Sachaufklärung hinwirken müssen, um eine ausreichende Tatsachengrundlage zu schaffen. Es stellt keinen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 86 Abs. 1 VwGO dar, dass das Verwaltungsgericht die von der Klägerin selbst mit Schreiben an das Verwaltungsgericht vom 31. Januar 2017 – und zwar im Hinblick auf die Frage, ob sie im Zeitpunkt des Erhalts der Abrechnungen bzw. der Einreichung der Rechnungen beim Beklagten in der Lage gewesen wäre, diese inhaltlich zu prüfen – vorgelegten Berichte der behandelnden Klinik und ärztlichen Atteste zur Überzeugungsbildung für ausreichend gehalten hat. Die Bestimmung von Art und Anzahl der einzuholenden Sachverständigengutachten steht nach § 98 VwGO i.V.m. § 404 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 412 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Tatsachengerichts. Dieses Ermessen wird nur dann fehlerhaft ausgeübt, wenn das Gericht von der Einholung eines weiteren Gutachtens absieht, obwohl sich ihm die Notwendigkeit dieser weiteren Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, U.v. 22.5.1992 – 8 C 54.90 – juris Rn. 10 m.w.N.), was hier nicht der Fall ist.
Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge gemäß § 154 Abs. 2 abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG (wie Vorinstanz).

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