Verwaltungsrecht

Terminsaufhebung wegen Inhaftierung eines Asylsuchenden

Aktenzeichen  11 ZB 16.30045

Datum:
31.3.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 45088
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 77 Abs. 2, § 78 Abs. 3 Nr. 3
BayStVollzG Art. 38

 

Leitsatz

1 Durch die Bezugnahme auf einen Bescheid des Bundesamtes (§ 77 Abs. 2 AsylG) wird das rechtliche Gehör nicht verletzt. (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Aufhebung eines Termins für einen rechtzeitig über seinen Bevollmächtigten geladenen inhaftierten Asylsuchenden ist zur Wahrung des rechtlichen Gehörs nicht geboten, wenn er es unterlässt, sich rechtzeitig selbst um Ausgang, Urlaub oder Ausführung aus der Harft (Art. 38 BayStVollzG) sowie die hierzu erforderliche Anordnung der persönlichen Erscheinens durch das Gericht zu bemühen. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 10 K 14.30591 2015-11-25 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die Berufung ist nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 VwGO) zuzulassen.
1. Die Kläger machen insoweit geltend, das angefochtene Urteil sei wegen der Bezugnahme auf die Gründe des Ablehnungsbescheids nicht ausreichend begründet. Dies gelte insbesondere für die Ausführungen in Absatz 2 auf Seite 6 des Urteils. Das Gericht habe auch nicht ausgeführt, worin die vermeintliche Steigerung des Vortrags bestehe und ob dies den Kläger zu 1 oder die Klägerin betreffe.
Mit diesem Vorbringen ist weder eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 138 Nr. 3 VwGO) noch ein Fehlen von Entscheidungsgründen (§ 138 Nr. 6 VwGO) dargelegt. Nach § 77 Abs. 2 AsylG sieht das Gericht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten. Das Verwaltungsgericht hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und ausdrücklich auf die „zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes“ verwiesen. Darin liegt keine Verletzung des klägerischen Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Aus der Antragsbegründung ergibt sich auch nicht, welche Ausführungen in Absatz 2 auf Seite 6 des Urteils „rein formelhafte Behauptungen“ sein sollen. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Kläger beanstandet, das Gericht habe nicht dargelegt, worin die „vermeintliche Steigerung im Vortrag“ bestehe und ob dies den Kläger zu 1 oder die Klägerin betreffe, ist darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht hierzu auf Seite 7 des Urteilsabdrucks ausdrücklich ausführt, der Kläger zu 1 habe seinen Sachvortrag im gerichtlichen Verfahren durch die erstmalige Behauptung einer Überwachung durch die belarussischen Sicherheitsbehörden gesteigert.
2. Soweit die Kläger beanstanden, das Gericht habe das rechtliche Gehör durch die Ablehnung der beantragten Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung wegen der Inhaftierung der Klägerin verletzt, ergibt sich daraus ebenfalls kein Berufungszulassungsgrund. Das Verwaltungsgericht hatte die zu diesem Zeitpunkt bereits anwaltlich vertretenen Kläger mit Schreiben vom 4. November 2015 zur mündlichen Verhandlung am 25. November 2015 geladen. Die Ladung mit dem Hinweis darauf, dass bei Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO), hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger ausweislich des zurückgeleiteten Empfangsbekenntnisses am 9. November 2015 erhalten. Gleichwohl hat er erst am 23. November 2015 die Absetzung des Termins wegen der Inhaftierung der Klägerin beantragt, die das Gericht noch vor der mündlichen Verhandlung mit per Fax übersandtem Schreiben am 24. November 2015 abgelehnt hat. Es wäre jedoch Sache der Klägerin gewesen, zur Teilnahme an der mündlichen Verhandlung rechtzeitig selbst oder durch ihren Prozessbevollmächtigten Ausgang oder Urlaub (Art. 38 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes – BayStVollzG) oder ihre Ausführung (Art. 38 Abs. 2 BayStVollzG) und hierzu wiederum die Anordnung ihres persönlichen Erscheinens durch das Verwaltungsgericht (§ 95 Abs. 1 VwGO) zu beantragen (vgl. BVerwG, B. v. 26.8.1992 – 5 ER 698/91 – juris Rn. 4; BayVGH, B. v. 27.4.2006 – 19 ZB 06.498 – juris Rn. 5 f.). Derartige Bemühungen der Klägerin, sich rechtliches Gehör zu verschaffen, lassen sich jedoch weder den Akten noch der Antragsbegründung entnehmen. Davon abgesehen hat die Klägerin zur Begründung des Zulassungsantrags auch nicht ausgeführt, was sie in der mündlichen Verhandlung noch hätte vorbringen wollen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
4. Mit der unanfechtbaren (§ 80 AsylG) Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

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