Aktenzeichen 21 CS 18.72
BayVwVfG Art. 52 S. 3
VwZVG Art. 19 Abs. 1, Art. 36 Abs. 1 S. 2
VwGO § 146 Abs. 4
Leitsatz
1. Zwar ist nach § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens regelmäßig nur das zur Begründung der Beschwerde Dargelegte zu prüfen. Etwas anderes gilt jedoch ausnahmsweise dann, wenn und soweit die angefochtene Entscheidung offensichtlich unzutreffend ist. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für einen Jäger gehört es nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WaffG zu den grundlegenden Obliegenheiten, bei Fahrten mit dem Kraftfahrzeug ein Jagdgewehr selbst dann nicht schussbereit mitzuführen, wenn eine solche Fahrt Teil der Jagdausübung ist. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 7 S 17.2625 2017-11-27 Bes VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 27. November 2017 wird die aufschiebende Wirkung der Klage auch bezüglich der Nr. I.5 des Bescheids des Landratsamts Pfaffenhofen a.d. Ilm vom 3. April 2017 angeordnet.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 8.750,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller verfolgt seinen in erster Instanz überwiegend erfolglosen Eilantrag nur noch eingeschränkt weiter. Er möchte mit der Beschwerde erreichen, dass die aufschiebende Wirkung seiner Klage angeordnet bzw. wiederhergestellt wird, soweit sie sich gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarte, eine auf die Rückgabe seines Jagdscheins bezogene Zwangsgeldandrohung und die im Behördenbescheid enthaltene Verwaltungskostenentscheidung richtet.
Der Antragsteller ist Inhaber einer Waffenbesitzkarte, in die sieben Schusswaffen eingetragen sind. Ein auf ihn ausgestellter Jagdschein ist am 31. März 2017 abgelaufen. Er betreibt unter anderem in Döbra (Gemeinde Oßling – Freistaat Sachsen) ein Teichgut (Fischzucht), das innerhalb seines Eigenjagdreviers liegt.
Das Landratsamt Pfaffenhofen a.d. Ilm erhielt am 8. November 2016 einen „Sachstandsbericht“ des Polizeireviers Hoyerswerda vom 5. November 2016 folgenden Inhalts:
Am 5. November 2016 habe Frau H. dem Polizeirevier telefonisch mitgeteilt, dass der Antragsteller eine Schussverletzung am Arm erlitten habe. Im Personenkraftwagen des Antragstellers, der sich im Bereich des zur Fischzucht gehörenden Teichgebiets befunden habe, hätte sich ein Schuss gelöst. Zwei Beamte des Polizeireviers hätten den Antragsteller an seinem (Zweit-)Wohnsitz in Oßling, Ortsteil Döbra, angetroffen. Der Antragsteller habe den Vorgang bestätigt, jedoch keine Angaben dazu gemacht, wie sich der Schuss im Personenkraftwagen gelöst habe. Er sei der Aufforderung nachgekommen die Waffe zu zeigen, durch die er am Arm verletzt worden sei. Es handele sich um ein Gewehr Winchester Model 9422M .22 Magnum. Der Antragsteller habe darauf hingewiesen, dass die Waffe geladen sei und in Gegenwart der Beamten acht Patronen und aus dem Lauf eine leere Hülse entfernt. Eine Kontrolle der übrigen Waffen habe ergeben, dass eine Doppelflinte mit zwei Patronen unterladen gewesen sei. Im Waffenschrank seien Waffen und Munition nicht getrennt gelagert worden.
Ein Lagebericht der Polizeidirektion Görlitz vom 6. November 2016 gibt den Vorfall vom 5. November 2016 wie folgt wieder:
Eine Frau, die ihren Hund ausgeführt habe, sei auf den Antragsteller getroffen. Während sich beide Personen unterhalten hätten, sei es zu einer Schussabgabe aus einer Jagdwaffe gekommen, welche sich im Fahrzeug des Antragstellers befunden habe. Das Geschoss habe den Antragsteller am Arm verletzt. Auslöser für die Schussabgabe müsse der im Fahrzeug befindliche Hund gewesen sein. Die Jagdwaffe sei unterladen und ungesichert im Fahrzeug abgelegt gewesen.
Mit Bescheid vom 28. März 2017 setzte das Landratsamt Bautzen gegen den Antragsteller eine Geldbuße in Höhe von 500,00 Euro fest. Dem Antragsteller wurde vorgeworfen, am 5. November 2016 in seiner Wohnung in Oßling das Gewehr Winchester Model 9422M .22 Magnum und eine Doppelflinte mit acht bzw. zwei Patronen geladen aufbewahrt zu haben. Der Antragsteller wurde von diesem Vorwurf mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Kamenz vom 7. August 2017 freigesprochen.
Die damalige Bevollmächtigte äußerte sich für den Antragsteller im Rahmen des Widerrufsverfahrens mit Schreiben vom 19. Januar 2017 wie folgt:
“Der Antragsteller habe am 5. November 2016 seine Teiche kontrolliert. Im mittleren Teichbereich habe er einen Schuss abgegeben, um Kormorane zu vergrämen bzw. zu erlegen. Dabei habe er einen frei laufenden Schäferhund gesehen. Er habe diesen Hund gekannt, weil sich dieser wiederholt im Jagdrevier Döbra herumgetrieben und gewildert habe. Der Antragsteller sei in sein Fahrzeug gestiegen, um die Hundehalterin zu suchen. Als er sich den beiden Damen, die den Hund begleiteten, genähert habe und sie aus dem teilweise offenen Fahrzeugfenster angesprochen habe, sei der Schäferhund wütend bellend und die Zähne fletschend an die Scheibe des Fahrzeugs gesprungen. Der Hund habe den Antragsteller regelrecht attackiert. Die Halterin sei nicht in der Lage gewesen, ihren Hund zu bändigen oder an die Leine zu nehmen. Der Jagdhund des Antragstellers habe sein „Territorium“ verteidigt und von innen gegen die Fahrzeugscheibe gedrückt. Dabei müsse er in den „Sicherungshebel“ der am Beifahrersitz lehnenden Waffe geraten sein. Die Waffe sei unterladen, gesichert und entspannt gewesen, weil sich die vorher abgeschossene Patrone als sogenannter Puffer noch im Lauf befunden habe. Der Hund müsse in diesem Gerangel in den Sicherungshebel geraten sein, diesen nach vorne und wieder nach hinten gedrückt haben und dabei den Abzug betätigt haben. So sei eine neue Patrone in den Lauf repetiert worden und aus der gespannten Waffe ein Schuss gelöst worden.“
Die Behördenakte enthält eine Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 23. Dezember 2016. Danach war bereits am 12. Februar 2007 (Datum der Entscheidung) eine dem Antragsteller früher erteilte Waffenbesitzkarte widerrufen worden. Zudem hat das Landgericht Ingolstadt den Antragsteller mit Urteil vom 14. März 2016 wegen fahrlässiger Tötung in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit fahrlässiger Gefährdung des Schiffsverkehrs zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 140,00 Euro verurteilt.
Das Landratsamt widerrief mit Bescheid vom 3. April 2017 die Waffenbesitzkarte des Antragstellers (Nr. I.1). Es gab dem Antragsteller auf, die Schusswaffen sowie die dazugehörige Munition innerhalb eines Monats nach Vollziehbarkeit des Bescheids einem Berechtigten zu überlassen oder unbrauchbar machen zu lassen (Nr. I.2) und drohte an, widrigenfalls die Schusswaffen und die dazugehörige Munition sicherzustellen (Nr. I.3). Der Jagdschein wurde für ungültig erklärt und eingezogen sowie unter Zwangsgeldandrohung (Nr. I.5) dessen Rückgabe zur Vernichtung innerhalb von vier Wochen nach Vollziehbarkeit des Bescheids angeordnet (Nr. I.4). Unmittelbar auf die Nr. I.4 folgt der „Hinweis: Der Bescheid ist ab der Zustellung vollziehbar.“ Für den Bescheid wurde zulasten des Antragstellers eine Gebühr nach dem Waffenrecht in Höhe von 100,00 Euro (Nr. II.2.1) und eine Gebühr nach dem Jagdrecht in Höhe von 50,00 Euro festgesetzt (Nr. II.2.2).
Der Antragsteller hat am 27. April 2017 Klage erhoben und am 12. Juni 2017 die Aussetzung der Vollziehung beantragt.
Mit Beschluss vom 27. November 2017 hat das Verwaltungsgericht München die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. I.2 des Bescheids (Überlassen oder Unbrauchbarmachen der Schusswaffen) wiederhergestellt und den Eilantrag im Übrigen abgelehnt.
Der Antragsteller hat gegen den am 13. Dezember 2017 zugestellten Beschluss am 20. Dezember 2017 Beschwerde eingelegt und begehrt die Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich des Widerrufs der Waffenbesitzkarte (Nr. I.1 des Bescheids), der auf die Rückgabe des (abgelaufenen) Jagdscheins bezogenen Zwangsgeldandrohung (Nr. I.5 des Bescheids) und der Kostenentscheidung (Nr. II. des Bescheids).
II.
Die zulässige Beschwerde (§ 146 Abs. 1 und 4, § 147 VwGO) ist begründet, soweit sie sich dagegen richtet, dass es das Verwaltungsgericht abgelehnt hat, die aufschiebende Wirkung der Klage (auch) insoweit anzuordnen, als sie sich gegen die im Bescheid des Landratsamts Pfaffenhofen a.d. Ilm vom 3. April 2017 unter Nr. I.5 enthaltene Zwangsgeldandrohung richtet (dazu Nr. 1.).
Die Beschwerde ist unbegründet, soweit der Antragsteller damit erreichen will, dass die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid vom 3. April 2017 bezüglich der Nummern I.1 (Widerruf der Waffenbesitzkarte) und II. (Kostenentscheidung) angeordnet wird (dazu Nr. 2.)
1. Die aufschiebende Wirkung der Klage ist bezüglich der unter Nr. I.5 des angefochtenen Bescheids geregelten Zwangsgeldandrohung anzuordnen, auch wenn die Beschwerde entgegen § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO insoweit nicht die Gründe dargelegt hat, aus denen die angefochtene Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist. Zwar hat der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO regelmäßig nur das zur Begründung der Beschwerde Dargelegte zu prüfen. Etwas anderes gilt jedoch ausnahmsweise dann, wenn und soweit die angefochtene Entscheidung offensichtlich unzutreffend ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 146 Rn. 27 m.w.N.). Das ist hier der Fall.
Die unter Nr. I.5 des Bescheids enthaltene Zwangsgeldandrohung ist ersichtlich rechtswidrig, weil selbst für den Zeitpunkt des Ablaufs der dem Antragsteller für die Rückgabe des (ungültigen) Jagdscheins eingeräumten Erfüllungsfrist (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG) von vier Wochen nicht sichergestellt ist, dass die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen des Art. 19 Abs. 1 VwZVG vorliegen (vgl. dazu BayVGH, U.v. 30.3.1977 – 367 II 74 – juris Rn. 17 und B.v. 11.7.2001 – ZB 01.1255 – NVwZ-RR 2002, 608/609).
Maßgebend für den Lauf dieser Frist ist nach dem Inhalt der Nrn. I.5 und I.4 des Bescheids dessen Zustellung. Nach Nr. I.5 des Bescheids wird das Zwangsgeld fällig, wenn der Antragsteller der Anordnung in Nr. I.4 des Bescheids nicht nachkommt. Diese Anordnung gibt dem Antragsteller auf, den (ungültigen) Jagdschein binnen vier Wochen nach Vollziehbarkeit des Bescheids dem Landratsamt zur Vernichtung zu überlassen, wobei nach dem der Anordnung Nr. I.4 angefügten „Hinweis“ der Bescheid „ab der Zustellung vollziehbar“ ist. Es liegt auf der Hand, dass die Anordnung bei Ablauf der Erfüllungsfrist wegen der dagegen erhobenen Klage entgegen der Vollstreckungsvoraussetzung des Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG nicht bestandskräftig war. Sie ist auch nicht kraft Gesetzes sofort vollziehbar (Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG). Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass es insoweit auch an der Vollstreckungsvoraussetzung des Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG fehlt, weil das Landratsamt nach dem eindeutigen Inhalt des Bescheids die sofortige Vollziehung der Verpflichtung zur Rückgabe des Jagdscheins nicht angeordnet hat. Für eine Auslegung des Bescheids verbleibt bei dieser Sachlage kein Raum.
2. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg, soweit es dem Antragsteller darum geht, dass die aufschiebende Wirkung bezüglich der Nummer I.1 (Widerruf der Waffenbesitzkarte) und der Nummer II. (Kostenentscheidung) des angefochtenen Bescheids angeordnet wird.
Die zur Begründung der Beschwerde fristgerecht dargelegten Gründe geben keinen Anlass, die angefochtene Entscheidung insoweit abzuändern oder aufzuheben.
2.1 Der Antragsteller lässt einwenden, er sei berechtigt gewesen, die Waffe unterladen (teilgeladen) auf dem Beifahrersitz zu haben, denn er habe sich bei diesem Vorfall in seinem Eigenjagdrevier bei der Jagdausübung befunden.
Das rechtfertigt es nicht, von der im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung getroffenen Feststellung des Verwaltungsgerichts abzuweichen, die gegen den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis gerichtete Klage werde voraussichtlich erfolglos bleiben. Nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung ist davon auszugehen, dass die Waffenbesitzkarte des Antragstellers gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG zu widerrufen war, weil nachträglich Tatsachen eingetreten sind, die zu deren Versagung hätten führen müssen. Es ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens davon auszugehen, dass der Antragsteller die für eine waffenrechtliche Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt, weil bei ihm Tatsachen die Annahme rechtfertigen, er werde mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig und sachgemäß umgehen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG).
Es trifft zwar zu, dass ein Jäger seine Jagdwaffe zur befugten Jagdausübung oder zum Jagdschutz im Revier schussbereit führen darf (§ 13 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 WaffG). Eine Waffe ist schussbereit im Sinn dieser Vorschrift, wenn sie geladen ist. Das ist – soweit hier von Belang – zum einen der Fall, wenn sich Munition im Patronenlager (fertig geladen) befindet. Zum anderen ist eine Waffe auch dann geladen (unterladen), wenn sie entspannt und gesichert ist, sich jedoch Munition im in die Waffe eingefügten Magazin befindet (Anlage 1 zu § 1 Abs. 4 WaffG Abschnitt 2 Nr. 12; vgl. dazu Gade/Stoppa, WaffG, 1. Aufl. 2011, Anlage 1 Rn. 190).
Allerdings kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Antragsteller im Zeitpunkt der unbeabsichtigten Schussabgabe berechtigt war, in seinem Eigenjagdrevier eine Waffe schussbereit zu führen. Selbst wenn das der Fall gewesen sein sollte, hat er es jedenfalls am vorsichtigen Umgang mit seiner Schusswaffe fehlen lassen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG).
Vorsichtig im Sinn des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG ist der Umgang mit Waffen und Munition nur dann, wenn alle zumutbaren Sicherungsmöglichkeiten ergriffen werden, um die von einer Waffe ausgehenden Gefahren für sich oder andere auszuschließen (OVG NW, B.v. 15.5.2013 – 20 A 419/11 – juris Rn. 40). Für einen Jäger gehört es deshalb zu den grundlegenden Obliegenheiten, bei Fahrten mit dem Kraftfahrzeug ein Jagdgewehr selbst dann nicht schussbereit mitzuführen, wenn eine solche Fahrt (z.B. Pirschfahrt) Teil der Jagdausübung ist. Denn der Transport eines geladenen Gewehrs im Kraftfahrzeug birgt stets eine erhöhte Gefahr für den Waffenbesitzer und für Dritte in sich, was insbesondere für Pirschfahrten gilt. Solche Fahrten führen häufig durch unwegsames Gelände, was ebenso wie die Mitnahme eines Jagdhundes die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sich ein Schuss unbeabsichtigt löst (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 14.7.1993 – 19 CE 93.1849 – juris Rn. 29).
2.2 Die Beschwerde macht geltend, nach Nr. 5.2 der Vollzugshinweise des Bayerischen Staatsministeriums des Innern zur Änderung des Waffengesetzes zum 25. Juli 2009 (IMS vom 26.10.2009 – ID5-2131.67-21) begründe ein einmaliger Verstoß gegen die Aufbewahrungspflicht in der Regel noch nicht den Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis. Das könne nach dem Sinn und Zweck auch auf den Waffentransport übertragen werden.
Das führt schon deshalb nicht weiter, weil der Antragsteller durch das Mitführen einer schussbereiten Waffe in seinem Kraftfahrzeug, die er noch dazu am Beifahrersitz im Einwirkungsbereich seines Jagdhundes abgelegt hatte, gegen eine elementare und selbstverständliche Pflicht beim Umgang mit Waffen verstoßen hat. Diese Pflichtverletzung wiegt so schwer, dass sie auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die Prognose rechtfertigt, der Antragsteller werde auch künftig mit Waffen nicht vorsichtig umgehen. An die von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG geforderte Prognose dürfen keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Die Prognose hat sich an dem Zweck des Gesetzes zu orientieren, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz ohnehin verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen. Ausgehend hiervon bedarf es nicht des Nachweises, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen in § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG normierten Unzuverlässigkeitstatbestand verwirklichen wird. Ausreichend ist vielmehr, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit hierfür besteht. Die Prognose der Unzuverlässigkeit ist bei Berücksichtigung des strikt präventiven, auf die Umsetzung grundrechtlicher Schutzpflichten gerichteten Regelungskonzepts des Waffengesetzes nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass die in Rede stehende Person künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen wird (vgl. BVerwG, U.v. 28.1.2015 – 6 C 1.14 – juris Rn. 17). Ein solches Risiko ist hier angesichts des vom Antragsteller gezeigten äußerst sorglosen Umgangs mit Schusswaffen nicht mit der erforderlichen Gewissheit auszuschließen.
2.3 Der Antragsteller lässt vergeblich darauf verweisen, dass er als selbständiger Teichwirt insbesondere zur Erlegung des Kormorans den Jagdschein und die waffenrechtlichen Erlaubnisse dringend benötige und der angefochtene Bescheid deshalb zu einer Existenzgefährdung führen könne.
Die Klage des Antragstellers wird nach allem voraussichtlich ohne Erfolg bleiben, so dass es bei der gesetzlich angeordneten (§ 45 Abs. 5 WaffG) sofortigen Vollziehbarkeit des wegen einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit ausgesprochenen Widerrufs der Waffenbesitzkarte verbleibt. Der vom Antragsteller geltend gemachte Nachteil einer Existenzgefährdung, weil er im Rahmen der Teichwirtschaft Kormorane nicht mehr bejagen könne, rechtfertigt keine abweichende Abwägung. Dieser Nachteil entfiele auch dann nicht, wenn die aufschiebende Wirkung der Klage bezogen auf den Widerruf der Waffenbesitzkarte angeordnet würde. Der Antragsteller durfte bereits vor Erlass des angefochtenen Bescheids die Jagd nicht mehr ausüben, weil sein Jahresjagdschein seit dem 1. April 2017 nicht mehr gültig ist. Unabhängig davon hat der Antragsteller die angebliche Existenzgefährdung in keiner Weise substantiiert dargelegt.
2.4 Nach allem kommt es für die sofortige Vollziehbarkeit des Widerrufs der Waffenbesitzkarte nicht mehr auf die Rüge an, bezüglich des angeblichen „Mitsichführens“ einer (fertig) geladenen Waffe auf dem Beifahrersitz stütze das Verwaltungsgericht die Annahme der Unzuverlässigkeit fehlerhaft auf einen nicht aufgeklärten Sachverhalt, weil es durchaus möglich sei, dass der Jagdhund des Antragstellers die Waffe durch seine Bewegungen repetiert habe. Der Senat geht dennoch wie folgt darauf ein:
Das Verwaltungsgericht ist nach derzeitigem Sachstand zu Recht davon ausgegangen, dass der Antragsteller am 5. November 2016 eine (fertig) geladene Waffe und nicht lediglich eine teilgeladene Waffe auf dem Beifahrersitz seines Kraftfahrzeuges mit sich führte. Diese Feststellung bedurfte keiner weiteren Sachverhaltsaufklärung. Sie entspricht, worauf das Verwaltungsgericht angesichts der konkreten Umstände der unbeabsichtigten Schussabgabe zutreffend verwiesen hat, einer im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung gebotenen „lebensnahen Betrachtung“ (vgl. dazu BVerwG, B.v. 2.5.2017 – 2 B 20.16 – juris Rn. 19). Sie wird zudem durch die Einschätzung eines im Verwaltungsverfahren hinzugezogenen Waffeningenieurs des Bayerischen Landeskriminalamts bestätigt. Nach dessen Stellungnahme vom 25. Januar 2017 mag es aus technischer Sicht nicht auszuschließen sein, dass ein im Fahrzeug herumspringender Hund in den Unterhebel des Gewehrs gerät und diesen von der geschlossenen in die geöffnete Position bewegt. Es sei aber aus technischer Sicht „sehr unwahrscheinlich“, dass der Hund – in einem zweiten Schritt – den Unterhebel wieder an die Waffe drücke und dabei eine Patrone aus dem Magazin zuführe. Demgegenüber sei es sicherlich möglich, dass bei einem geladenen und gespannten Unterhebelrepetierer ein Hund in den Abzug gerät und einen Schuss auslöst. Die vom Antragsteller im Verwaltungsverfahren vorgelegte „Einschätzung“ des Büchsenmachers S. vom 20. März 2017 zur Waffe „Winchester Mod. 9422 cal. .22WMR – Waffe ohne Sicherung!“ steht dem nicht entgegen. Sie gibt ohne Aussage dazu, wie wahrscheinlich ein solcher Hergang ist, letztlich nur in verkürzter Form das Vorbringen des Antragstellers wieder, indem sie ausführt: „Durch das Gedränge des aufgebrachten Hundes (Drahthaar, 28 kg) könnte, das an dem Beifahrersitz angelehnte Gewehr, der Durchlademechanismus betätigt werden und anschließend der Abzug ausgelöst werden.“
2.5 Folgt die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit summarisch geprüft bereits daraus, dass der Antragsteller ein schussbereites Jagdgewehr in seinem Kraftfahrzeug abgelegt hatte, ist dem Beschwerdevorbringen zu den von Beamten des Polizeireviers Hoyerwerda am 5. November 2016 festgestellten Aufbewahrungsverstößen und zur strafrechtlichen Verurteilung des Antragstellers wegen eines Vergehens der fahrlässigen Gefährdung des Schiffsverkehrs nicht weiter nachzugehen.
2.6 Soweit die Beschwerde erreichen möchte, dass die unter Nummer II. des Bescheids enthaltene Kostenentscheidung außer Vollzug gesetzt wird, fehlt es entgegen § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO an der Darlegung der Gründe, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist. Es ist auch nicht offensichtlich, dass die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts insoweit unzutreffend ist. Das gilt auch für die auf den jagdrechtlichen Teil des Bescheids bezogene Kostenentscheidung. Der Eilantrag ist insoweit nicht statthaft, weil die Klage gegen die Sachentscheidung – wie ausgeführt – aufschiebende Wirkung hat und sich diese auf die im Zusammenhang mit der Sachentscheidung ergangene Kostenentscheidung erstreckt (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 23).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Kostenlast für das Beschwerdeverfahren war allein dem Antragsteller zu überbürden, weil die Beschwerde nur zu einem geringen Teil Erfolg hatte. Eine Änderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung war angesichts des geringen weiteren Obsiegens nicht veranlasst.
4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Nrn. 50.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. vom 18. Juli 2014.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).