Aktenzeichen M 17 K 16.34939
Leitsatz
1 Führt ein palästinensischer Asylbewerber aus dem Gazastreifen als Gründe für seine Ausreise die gefährdete Sicherheitslage durch die Kriege im Jahr 2012 und 2014 sowie allgemeine gesellschaftliche und wirtschaftliche Schwierigkeiten, aber keine auf seine Person bezogenen Verfolgungshandlungen an, fehlt es an eine Verfolgung im Sinne von § 3a AsylG. (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Hat ein palästinensischer Asylbewerber bis 2007 freiwillig beim Sicherheitspersonal der Nationalsicherheit im Gazastreifen gearbeitet und ist er daraufhin von Mitgliedern der Hamas lediglich wegen seiner Weigerung, für sie zu arbeiten, beschimpft worden, hat er im Übrigen aber unbehelligt im Gazastreifen gelebt, droht ihm keine politische Verfolgung durch die Hamas. (red. LS Clemens Kurzidem)
3 Wurde ein palästinensischer Asylbewerber im Gazastreifen bei der United Nations Relief and Works for Palestine Refugees (UNRWA) registriert und hat er von dort verschiedentlich Lebensmittel erhalten, kommt nach § 3 Abs. 3 AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht in Betracht, da er den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der vereinten Nationen genießt. Dieser Ausschlussgrund trifft palästinensische Flüchtlinge, die dem Mandat der UNWRA unterstehen (vgl. VG Düsseldorf BeckRS 2016, 46368). (red. LS Clemens Kurzidem)
4 In den palästinensischen Autonomiegebieten besteht ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt, der bei Zivilpersonen zu einer ernsthaften und individuellen Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit führt, aktuell nicht mehr. Insoweit fehlt es jedenfalls an der erforderlichen Gefahrendichte. (red. LS Clemens Kurzidem)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
1. Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung am 2. Februar 2017 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht erschienen war. Denn in der form- und fristgerechten Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).
2. Die Klage ist unzulässig, soweit sie sich gegen Nr. 6 des Bescheids vom 5. Oktober 2016 richtet (2.1.), im Übrigen ist sie unbegründet (2.2.), da der Bescheid rechtmäßig ist und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
2.1. Bezüglich Nr. 6 des streitgegenständlichen Bescheids, in der das sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG lediglich gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG zeitlich befristet wird, ist die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Denn die schlichte Aufhebung der Nr. 6 des Bescheids aufgrund einer Anfechtungsklage beträfe lediglich die getroffene Befristungsentscheidung als solche, so dass ein erfolgreiches Rechtsmittel zur Folge hätte, dass das – unmittelbar kraft Gesetz geltende – Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG unbefristet gelten würde. Die Rechtsstellung der Kläger wäre somit nicht verbessert. Das Ziel einer kürzeren Befristung der gesetzlichen Sperrwirkung nach § 11 Abs. 2 AufenthG müsste, ebenso wie die Erteilung einer Betretenserlaubnis gemäß § 11 Abs. 8 AufenthG, im Wege der Verpflichtungsklage erstritten werden (vgl. NdsOVG, B.v. 14.12.2015 – 8 PA 199/15 – juris Rn. 5; VG München, B.v. 12.1.2016 – M 21 S. 15.31689 – UA S. 8; VG Ansbach, B.v. 20.11.2015 -AN 5 S. 15.01667 – juris Rn. 2; B.v. 18.11.2015 – AN 5 S. 15.01616 – UA S. 2; VG Aachen, B.v. 30.10.2015 – 6 L 807/15.A – juris Rn. 8; Funke/Kaiser, GK-AufenthG, Stand Dezember 2015, § 11 Rn. 183, 190, 193, 196).
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass von Klägerseite keine substantiierten Bedenken gegen die Länge der Befristung vorgebracht wurden.
2.2. Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber unbegründet.
Das Gericht folgt insoweit der zutreffenden Begründung der Beklagten im angegriffenen Bescheid, auf die verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylG).
2.2.1. Die Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16a GG scheidet offensichtlich aus, da die Kläger nach eigenen Angaben auf dem Landweg und damit zwangsläufig aus einem EU-Mitgliedsstaat, d.h. einem sicheren Drittsaat i.S.d. Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a Abs. 2 AsylG, nach Deutschland gelangt sind, weshalb sie sich gemäß § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylG nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen können.
2.2.2. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG.
Nach § 3 Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, wenn sich ein Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftsland befindet. Die einzelnen Verfolgungshandlungen werden in § 3a AsylG näher umschrieben, die einzelnen Verfolgungsgründe werden in § 3b AsylG einer näheren Begriffsbestimmung zugeführt. Eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG kann nach § 3c AsylG ausgehen vom Staat (Nr. 1), von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (Nr. 2), oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern der Staat oder die ihn beherrschenden Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (Nr. 3).
Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die oben genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich drohen. Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft (ebenso wie bei der des subsidiären Schutzes, s.u.) in Orientierung an der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK („real risk“) der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen, wie er vormals auch in Art. 2 Buchst. c) RL 2004/83/EG enthalten war und nunmehr in Art. 2 Buchst. d) RL 2011/95/EU in der Umschreibung „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung“ zu Grunde liegt (vgl. BVerwG, U.v. 01.03.2012 – 10 C 7.11 – juris; VG Regensburg, U.v. 20.03.2013 – RN 8 K 12.30176 – juris; zum neuen Recht: VG Aachen, U.v. 09.12.2013 – 1 K 2546/12.A – juris). Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht aller Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, U.v. 20.02.2013 – 10 C 23.12 – juris; BVerwG, U.v. 05.11.1991 – 9 C 118.90 – juris; VG Ansbach, U.v. 30.10.2013 – AN 1 K 13.30400 – juris).
Die Tatsache, dass ein Drittstaatsangehöriger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ist gem. Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Ausländers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Betroffene erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Zur Privilegierung des Vorverfolgten bzw. Vorgeschädigten wird in Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU (sowohl für die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz als auch für die Gewährung subsidiären Schutzes) eine tatsächliche (aber im Einzelfall widerlegbare) Vermutung normiert, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden, sofern ein innerer Zusammenhang zwischen der erlittenen Verfolgung bzw. dem erlittenen Schaden und der befürchteten Verfolgung bzw. dem befürchteten Schaden besteht. Dadurch wird der Vorverfolgte / Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei der Rückkehr erneut realisieren werden (BVerwG, U.v. 07.09.2010 – 10 C 11.09 – juris; BVerwG, U.v. 27.04.2010 – 10 C 5.09 – juris; VG Ansbach, U.v. 30.10.2013 – AN 1 K 13.30400 – juris; VG Regensburg, U.v. 20.03.2013 – RN 8 K 12.30176 – juris; zum neuen Recht: VG Aachen U.v. 09.12.2013 – 1 K 2546/12.A – juris).
Das Gericht muss – für einen Erfolg des Antrags – die volle Überzeugung von der Wahrheit des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals und hinsichtlich der zu treffenden Prognose, dass dieses die Gefahr politischer Verfolgung begründet, erlangen. Angesichts des sachtypischen Beweisnotstandes, in dem sich Asylsuchende insbesondere hinsichtlich asylbegründender Vorgänge im Herkunftsstaat befinden, kommt dabei dem persönlichen Vorbringen des Asylsuchenden und dessen Würdigung für die Überzeugungsbildung eine gesteigerte Bedeutung zu.
Demgemäß setzt ein Asylanspruch bzw. die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft voraus, dass der Asylsuchende den Sachverhalt, der seine Verfolgungsfurcht begründen soll, schlüssig darlegt. Dabei obliegt es ihm, unter genauer Angabe von Einzelheiten und gegebenenfalls unter Ausräumen von Widersprüchen und Unstimmigkeiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, der geeignet ist, das Asylbegehren lückenlos zu tragen. Auf die Glaubhaftigkeit seiner Schilderung und die Glaubwürdigkeit seiner Person kommt es entscheidend an. Seinem persönlichen Vorbringen und dessen Würdigung ist dabei gesteigerte Bedeutung beizumessen. Der Asylbewerber muss die persönlichen Umstände seiner Verfolgung und Furcht vor einer Rückkehr hinreichend substantiiert, detailliert und widerspruchsfrei vortragen, er muss kohärente und plausible wirklichkeitsnahe Angaben machen.
Diese Voraussetzungen für eine Flüchtlingsanerkennung liegen bei den Klägern aufgrund ihres individuellen Vorbringens nicht vor.
Dass die Kläger vor ihrer Ausreise tatsächlich einer Verfolgungshandlung im Sinne von § 3a AsylG ausgesetzt waren, haben sie nicht glaubhaft gemacht. Die geschilderten Vorkommnisse erreichen nicht die Intensität von Verfolgungshandlungen nach § 3a AsylG. Die Kläger schilderten bei der Anhörung vor dem Bundesamt am 29. September 2016 sowie in der mündlichen Verhandlung am 2. Februar 2017 als Gründe für ihre Ausreise in erster Linie die gefährdete Sicherheitslage durch die Kriege im Jahr 2012 und 2014 sowie allgemeine gesellschaftliche und wirtschaftliche Schwierigkeiten, aber keine auf ihre Person bezogene Verfolgung.
Unterstellt, der Gazastreifen ist – obwohl ein neuer Palästinenserstaat noch nicht entstanden ist – als autonomes staatsfreies, jedoch „staatsähnliches“ Gebiet anzusehen, in dem die Hamas das Gewaltmonopol besitzt und in dem der Hamas asylerhebliche Verfolgungsfähigkeit hinsichtlich der in ihrem Gebiet aufhältigen Bevölke rung beizumessen ist (vgl. dazu VG Hannover, U.v. 11.01.2011 – 7 A 4031710; OVG Nds, U.v. 26.01.2012 – 11 LB 97/11 – juris), so führt auch dies vorliegend nicht zu einem Flüchtlingsanspruch der Kläger (VG Düsseldorf, U.v. 25.04.2013 – 21 K 4431/11.A – juris Rn. 53ff.).
Soweit der Kläger zu 1) vorträgt, bei einer Rückkehr in den Gazastreifen Übergriffe der Hamas zu befürchten, da er von Juni 2005 bis Juni 2007 freiwillig als Security-Personal bei der Nationalsicherheit, der Regierung im Gazastreifen gearbeitet hat, ist eine für die Flüchtlingsanerkennung erforderliche Verfolgung nicht beachtlich wahrscheinlich. So gab der Kläger zu 1) während der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt am 29. September 2016 an, von Mitgliedern der Hamas im Jahr 2007 lediglich beschimpft worden zu sein, als er sich geweigert habe, für die Hamas zu arbeiten. Auch in der mündlichen Verhandlung am 2. Februar 2017 schilderte der Kläger zu 1), dass er damals zwar Angst gehabt habe, den Mitgliedern der Hamas zu widersprechen, sich daraufhin aber zurückgezogen habe. Er sei den Hamas-Leuten aus dem Weg gegangen, indem er sich vorwiegend zu Hause aufgehalten habe. Er habe zwar das Gefühl gehabt, dass man ihn intensiv beobachte, so dass er sehr vorsichtig in seinen Äußerungen gewesen sei. Weitere Bedrohungslagen oder tätliche Übergriffe durch die Hamas zwischen 2007 und seiner Ausreise im Jahr 2012 schilderte der Kläger zu 1) hingegen nicht. Er habe in dieser Zeit unbehelligt im Gazastreifen leben können. Dies allerdings nur deshalb, weil er sich zurückgehalten und keine öffentliche Kritik geäußert habe. Politisch habe er sich nicht gegen die Hamas engagiert. Grund seiner Ausreise im Jahr 2012 seien die Kriege 2008 und 2012 gewesen. Die wirtschaftliche Situation der Menschen sei sehr schwierig gewesen und der Kläger zu 1) habe ständig Angst vor Raketenangriffen gehabt. Damit sind aus dem Vortrag des Klägers zu 1) keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, dass – insbesondere aufgrund seiner fünf Jahre zurückliegender Tätigkeit als Securi-ty-Personal bei der Nationalsicherheit – zum Zeitpunkt seiner Ausreise eine unmit telbar drohende Verfolgung im Herkunftsland bestanden hat. Eine Gefährdung, die sich schon so weit verdichtet hat, dass der Kläger zu 1) für seine Person ohne weiteres mit dem jederzeitigen Verfolgungseintritt aktuell habe rechnen müssen, lag nicht vor (vgl. BVerwG, U.v. 24.11.2009 – 10 C 24.08 – juris.). Der Kläger zu 1) hat weder bei seiner Anhörung durch das Bundesamt noch in der mündlichen Verhandlung konkrete Umstände benannt, die eine derart verdichtete Bedrohungslage beachtlich wahrscheinlich erscheinen ließen. Vielmehr war es ihm möglich, über fünf Jahre seit Machtergreifung der Hamas unverfolgt im Gazastreifen zu leben, ohne dass ihm gravierende Beeinträchtigungen widerfahren wären. Der Vorfall, wonach der Kläger zu 1) von Mitgliedern der Hamas im Jahr 2007 beschimpft worden sei, lag fünf Jahre vor dem Ausreisezeitpunkt im Jahr 2012, so dass sich diese niedrigschwellige Bedrohung nicht mehr fortgesetzt hat (vgl. dazu BVerwG, U.v. 25. Juli 2000 – 9 C 28/99 -juris Rn. 8; OVG NRW, U.v. 14.2.2006 – 15 A 2202/00.A – juris Rn. 32ff. m.w.N.; zum Kausalzusammenhang zwischen Verfolgung, Flucht und Asyl siehe auch bereits grundlegend BVerfG, B.v. 10.7.1989 – 2 BvR 502/86, u.a. – juris). Der Kläger zu 1) ist zudem unpolitisch und hat sich nicht gegen die Hamas engagiert oder öffentlich Kritik gegen sie geäußert. Soweit der Kläger zu 1) vortrug, dass manche seiner Freunde, die nach … zurückkehrten, von der Hamas verhaftet und gefoltert worden seien, begründet dies keinen Verfolgungsgrund für den Kläger zu 1), da das Verfolgungsschicksal individuell bei dem Asylantragsteller vorlegen muss und auch die Umstände der Freunde im Einzelfall mit denen des Klägers zu 1) nicht vergleichbar sein könnten. Zumal der Kläger zu 1) selbst vortrug, dass auch andere seiner Freunde keine Probleme mit der Hamas gehabt hätten. Eine unmittelbar drohende Verfolgung bei Ausreise kann dem Kläger zu 1) daher insgesamt nicht geglaubt werden. Vielmehr ist es naheliegend, dass er ausreiste, weil der Militärkonflikt zwischen Hamas und Israel eskalierte und er keine wirtschaftliche Zukunftsperspektive für sich und seine Familie sah. Dies reicht für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht aus.
Dies gilt in gleicher Weise für die Klägerin zu 2), die kein persönliches Verfolgungsschicksal vortrug, sondern als Grund ihrer Ausreise aus dem Gazastreifen ausdrücklich den Krieg, den verstärkten Raketenbeschuss und die Vertreibung aus ihrem Wohnhaus im Jahr 2014 angab. Ergänzend wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Die Kläger können sich insoweit auch nicht erfolgreich auf den Umstand der Asylantragstellung in Deutschland oder ihre illegale Ausreise berufen. Die Asylbeantragung ist ein subjektiver Nachfluchtgrund, der vom Tatbestand des Art. 16a GG nur dann erfasst wird, wenn sich der Ausländer vor dem Verlassen seines Heimatstaates aus politischen Gründen in einer latenten Gefährdungslage befunden hat. Auch bei der Entstehung des subjektiven Nachfluchtgrundes muss für den Asylsuchenden eine ausweglose Lage bestanden haben, der subjektive Nachfluchtgrund muss also die Folge einer im Heimatstaat vorhandenen Gefährdungslage gewesen sein (vgl. BVerwG, U.v. 31.03.1992 – 9 C 57.91 – juris noch zur Vorgängervorschrift Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG). Da für die Kläger nach den obigen Ausführungen keine latente Gefährdungslage vor dem Verlassen ihres Heimatstaates bestand, scheidet ein subjektiver Nachfluchtgrund bereits aus diesem Grund aus.
Hinzu kommt, dass die Kläger in der mündlichen Verhandlung am 2. Februar 2017 mitgeteilten, bei der United Nations Relief and Works for Palestine Refugees in the Near East (UNRWA) registriert zu sein und von dort verschiedene Lebensmittel erhalten zu haben. Bereits aus diesem Grund können den Klägern gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG keine Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG zuerkannt werden, da sie den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Art. 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießen. Von diesem Ausschlussgrund sind palästinensische Flüchtlin ge betroffen, die dem Mandat der UNRWA unterstehen (BT-Drucks. 16/5065, S. 214; Marx, AsylG, 7. Aufl., § 3 Rn. 68ff; VG Düsseldorf, U.v. 12.4.2016 – 17 K 5235/15.A -juris; BVerwG, U.v. 21.1.1992 – 1 C 21.87 – juris Rn. 37). Dieses Mandat der UNRWA erstreckt sich u.a. auf den Gazastreifen. Maßgebend für den Schutz oder den Beistand durch die UNRWA ist, dass der Flüchtling der Personengruppe angehört, deren Betreuung die UNRWA entsprechend ihrem Mandat übernommen hat. Dieser Schutz oder Beistand ist nicht im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG weggefallen, da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dem Kläger grundsätzlich eine Rückkehr in den Gazastreifen nicht möglich wäre.
2.2.3. Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG, da sie keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht haben, dass ihnen in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Eine den Klägern im Falle der Rückkehr nach Israel (Palästinensisches Autonomiegebiet/Gazastreifen) drohende Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) durch staatliche oder nichtstaatliche Akteure scheidet aufgrund der vorgenannten Erwägungen aus. Die Gefahr der Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG) haben die Kläger nicht geltend gemacht; hierfür ist auch nichts ersichtlich. Auch besteht für die Kläger als Zivilpersonen keine ernsthafte und individuelle Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit infolge eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
Ein internationaler Konflikt liegt gemäß den vier Genfer Konventionen vom 12. August 1949 einschließlich der Zusatzprotokolle I und II vom 8. Juni 1977 vor, wenn an ihm zwei oder mehr Staaten beteiligt sind, die gegeneinander Waffengewalt einsetzen. Von einem innerstaatlichen Konflikt ist nach den o.g. völkerrechtlichen Regelungen die Rede, wenn nicht zwei Staaten gegeneinander, sondern ein Staat auf seinem Staatsgebiet kämpft, etwa weil sein Gewaltmonopol bedroht wird und er im Innern um Souveränität ringt. Allerdings ist die Schwelle eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts erst ab einer gewissen Intensität erreicht. Nicht erfasst sind nach dem Zusatzprotokoll II innere Unruhen und Spannungen wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und andere ähnliche Handlungen (BVerwG, U.v. 24.6.2008 – 10 C 43/07, NVwZ 2008, 1241/1244; U.v. 27.4.2010 – 10 C 4/09 NVwZ 2011, 56/58).
Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt besteht in den palästinensischen Autonomiegebieten jedenfalls gegenwärtig nicht (mehr).
Die insoweit vorrangig in Betracht kommenden Auseinandersetzungen zwischen der den Gazastreifen dominierenden Hamas sowie gemäßigteren palästinensischen Organisationen, insbesondere der Fatah sind jedenfalls im Gazastreifen nach Ab-schluss des Versöhnungsabkommens (vgl. dazu etwa, FR v. 14.5.2011, SZ v. 29.4.2011, ICG v. 20.7.2011 sowie „Die Zeit (online)“ v. 25.11.2011) weitgehend eingestellt (so bereits OVG Nds, U.v. 26.1.2012 – 11 LB 97/11 – juris); im Juni 2014 einigten sich Fatah, Hamas und weitere palästinensische Fraktionen auf eine nationale Einheitsregierung aus parteiungebundenen Ministern (VG Düsseldorf, U.v. 12.4.2016 – 17 K 5235/15.A – juris; FAZ v. 8.12.2015; amnesty international report 2015 Palästina, https: …www.amnesty.de/jahresbericht/2015/pa-laestina). Angesichts der fortdauernden Annäherung zwischen Hamas und Fatah ist insoweit jedenfalls auch keine Verschlechterung der Lage absehbar.
Ob die nach dem Ende der Militäroperation der israelischen Verteidigungsstreitkräfte (Operation Protective Edge) am 26. August 2014 latent fortbestehenden, in ihrem Ausmaß nunmehr schwankenden Auseinandersetzungen zwischen Israel, und der Hamas als faktische Machthaber im Gazastreifen die Anforderungen eines internati onalen Konflikts im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG (bzw. des Art. 15 c Qualifikationsrichtlinie/Art. 1 Nrn. 3 und 4 ZP I) erfüllen, kann offen bleiben. Jedenfalls fehlt es zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts an der zusätzlich erforderlichen Gefahrendichte.
Dies gilt zunächst im Hinblick auf eine individuelle Gefahr für die Kläger. Zwar kann sich eine von einem – hier unterstellten internationalen – bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr individuell in der Person eines Ausländers verdichten und damit die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AsylG erfüllen, also für ihn eine erhebliche individuelle Gefahr im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG darstellen. Eine derartige Individualisierung kann sich bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Betroffenen ergeben. Dazu gehören in erster Linie persönliche Umstände, die die Kläger von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen, etwa weil sie von Berufs wegen – z.B. als Arzt oder Journalist – gezwungen sind, sich nahe der Gefahrenquelle aufzuhalten. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Antragsteller als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte – etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit – ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht bereits die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10C 13/10 – juris Rn. 18, m. w. N., sowie U.v. 27.4.2010 – 10 C 4/09 – juris Rn. 33). In jedem Fall setzt § 4 Abs. 1 AsylG für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr aber voraus, dass dem Betroffenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an den Rechtsgütern Leib oder Leben droht. Hieran mangelt es vorliegend. Es lässt sich schon nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit feststellen, ob die Kläger, die den Gazastreifen im Jahr 2012 bzw. 2014 unverfolgt verlassen haben und seitdem dorthin nicht mehr zurückgekehrt sind, bei einer dauerhaften Rückkehr in den Gazastreifen einer Berufstätigkeit und ggf. welcher nachgehen würden. Dass sie als Absolvent eines Geschichs und Geographiestudiums bzw. Krankenpflegerin einer besonderen Verfolgung ausgesetzt sein werden, ist weder ersichtlich noch wurde dies von den Klägern selbst vorgetragen.
Fehlen daher individuelle gefahrerhöhende Umstände in der Person der Kläger, so kann ausnahmsweise für sie gleichwohl eine außergewöhnliche Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Dazu ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich (vgl. BVerwG, U.v. 27.4.2010 – a. a. O., Rn. 33, sowie U.v. 14.7.2009 – 10 C 9/08 – juris, Leitsatz 1b). Zur Feststellung einer solchen Ausnahmesituation ist wiederum ebenso wie für die Folgen eines innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits (BVerwG, B.v. 02.01.2012 – 10 B 43/11 – juris Rn. 4) und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib und Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, sowie eine wertende Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Zahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung erforderlich, die auch die medizinische Versorgungslage einschließt. Insoweit können auch die für die Feststellung einer Gruppenverfolgung im Bereich des Flüchtlingsrechts entwickelten Kriterien entsprechend herangezogen werden (BVerwG, U.v. 27.4.2010 – a. a. O., Rn. 33, m. w. N.). Die Lage in den palästinensischen Autonomiegebieten ist insbesondere auch durch die laufend aktualisierten Angaben der dort tätigen Unterorganisationen der Vereinten Nationen, insbesondere der OCHAoPT, sowie des „Palestinian Center for Human Rights“ außerordentlich gut dokumentiert, umfasst etwa eine einzelfallbezogene Analyse von Todes- und Verletzungsfällen, so dass weder ein nennenswertes Dunkelzifferrisiko noch die Problematik besteht, nicht verlässlich zwischen der Gewaltanwendung ge genüber Kombattanten und Zivilisten unterscheiden zu können oder sog. Kollateralschäden einschließlich erheblicher psychischer Verletzungen in Folge des – unterstellten – bewaffneten Konflikts zu übersehen. Da danach – wie folgend im Einzelnen dargelegt wird – die erforderliche Gefahrendichte im Gazastreifen als maßgebliche (vgl. zuletzt BVerwG, U.v. 17.11.2011, a. a. O., Rn. 16, m. w. N.: ein Verhältnis von 1: 800 reicht nicht annähernd aus, U.v. 17.11.2011 – 1 0 C 11/10 – Rn. 20 f., zu einem Verhältnis von 1: 1.000).
Nach den aktuellsten dem Gericht vorliegenden Zahlen (OCHAoPT- Fragmented Li-ves Humanitarian Overview 2014, März 2015; Protection of Civilians Weekly Report, 12 – 25 January 2016; www.ochaopt.org) sind bedingt durch die unbefristete Waffenruhe am 26. August 2014 die Todesfälle von Palästinensern durch israelische Streitkräfte im Gazastreifen im Jahr 2015 erheblich zurückgegangen. 2014 waren im Gazastreifen insgesamt noch 2.256 Todesfälle (einschließlich Westjordanland: 2.314), davon (allein im Zeitraum vom Juli bis August) 1.492 Zivilisten zu verzeichnen gewesen; für das Jahr 2015 wird von 25 Todesfällen (gesamt, d.h. mit Westjordanland: 183) berichtet. Die Zahl der Verletzten betrug 2014 im Gazastreifen 11.097 (einschließlich Westjordanland: 17.125), im Jahr 2015 1.375 (einschließlich Westjordanland: 14.925).
Eine gravierende Verschlechterung der Lage zeichnet sich nicht ab. Insbesondere ist nicht konkret abzusehen, dass israelische Truppen in einer Großoperation erneut -wie zuletzt vom Juli bis August 2014 – den Gazastreifen angreifen oder ihn gar besetzen werden; dass eine solche Verschärfung der Lage nicht gänzlich auszuschließen ist, reicht hingegen nicht aus. Setzt man die Zahlen für das Jahr 2015 ins Verhältnis zu der Gesamtbevölkerung von etwa 1,8-1,9 Millionen im Gazastreifen und berücksichtigt man weiterhin, dass die Gefahr, Opfer von israelischen (Ge-gen) Angriffen zu werden, außerhalb der unmittelbaren Grenznähe und militärisch genutzter Ziele angesichts der geringen Größe des Gazastreifens zwar nicht ausgeschlossen, aber doch geringer ist, so fehlt es bei einem Verhältnis von deutlich weniger als 0,1% im Jahr auseinandersetzungsbedingt getöteten oder verletzten Zivilisten ersichtlich an der erforderlichen Dichte der willkürlichen Übergriffe für jeden dort Lebenden.
Gibt es somit schon im Gazastreifen als Heimatregion der Kläger innerhalb des palästinensischen Autonomiegebiets keine i. S. d. § 4 Abs. 1 AsylG erhebliche Gefahr, so braucht nicht geklärt zu werden, ob für die Kläger eine innerstaatliche „Fluchtalternative“ (im Westjordanland) bestünde.
2.2.4. Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf Feststellung, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG vorliegt.
Dem Vortrag der Kläger ist nicht zu entnehmen, dass sie bei einer Rückkehr nach Israel von staatlichen Stellen Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Strafe oder Behandlung im Sinne von Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) i.V.m. § 60 Abs. 5 AufenthG befürchten müssten oder dass sie sich insoweit erfolglos um Schutz durch den Staat bemüht hätten.
In Fällen, in denen – wie hier – gleichzeitig über die Gewährung unionsrechtlichen und nationalen Abschiebeschutzes zu entscheiden ist, scheidet bei Verneinung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 AsylG regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus (BVerwG, U.v. 31.01.2013 – 10 C 15/12 – juris Rn.36).
2.2.5. Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
2.2.5. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche, konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Vorschrift kann einen Anspruch auf Abschiebungsschutz begründen, wenn die Gefahr besteht, dass sich die Krankheit eines ausreisepflichtigen Ausländers in seinem Heimatstaat wesentlich verschlechtert. Für die Bestimmung der „Gefahr“ gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, d.h. die drohende Rechtsgutverletzung darf nicht nur im Bereich des Möglichen liegen, sondern muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein (BVerwG, B.v. 2.11.1995 – 9 B 710.94 – DVBl 1996,108). Eine Gefahr ist „erheblich“, wenn eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das wäre der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Eine wesentliche Verschlechterung ist nicht schon bei einer befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustandes anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden. Außerdem muss die Gefahr konkret sein, was voraussetzt, dass die Verschlechterung des Gesundheitszustandes alsbald nach der Rückkehr des Betroffenen in sein Heimatland eintreten wird (vgl. OVG Nds, U.v. 12.9.2007 – 8 LB 210/05 – juris Rn. 29 m.w.N.). Eine zielstaatsbezo-gene Gefahr für Leib und Leben besteht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa U.v. 29.10.2002 – 1 C 1.02 – DVBl 2003, 463) auch dann, wenn im Heimatland des Ausländers die notwendige Behandlung oder Medikation seiner Erkrankung zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist.
Das Abschiebungsverbot besteht für den in der Abschiebungsandrohung genannten Zielstaat Israel bzw. die palästinensischen Autonomiegebiete, insbesondere den Gazastreifen. Die Kläger haben glaubhaft erklärt, dass sie aus … stammen. Nachdem die Kläger keine Staatsangehörigkeit besitzen, wurde zutreffend der Staat, in dem er sich nach seinen Angaben vor der Ausreise gewöhnlich aufhielt als Zielstaat der Abschiebung bestimmt. Bei einer Rückkehr dorthin würde sich der gesundheitliche Zustand der Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit nicht wesentlich verschlechtern. Insoweit haben die Kläger jedenfalls nichts vorgetragen.
2.2.6. Die Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG ist rechtmäßig. Die Ausreisefrist von 30 Tagen ergibt sich aus § 38 Abs. 1 AsylG. Im Falle der Klageerhebung endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Ab-schluss des Asylverfahrens.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 VwGO). Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff der Zivilprozessordnung (ZPO).
3.