Verwaltungsrecht

Unbegründeter Berufungszulassungsantrag von Asylbewerbern aus Sierra Leone

Aktenzeichen  9 ZB 19.30489

Datum:
27.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 3476
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
EMRK Art. 3
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
VwGO § 154 Abs. 2, § 159 S. 2

 

Leitsatz

Stützt sich das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung auf bestimmte Erkenntnismittel oder gerichtliche Entscheidungen, erfordert die Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Tatsachenfrage, dass das Zulassungsvorbringen zumindest einen überprüfbaren Hinweis auf andere Gerichtsentscheidungen oder auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte anderweitige Tatsachen- oder Erkenntnisquellen enthält, die den Schluss zulassen, dass die aufgeworfene Frage einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich ist und damit der Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf (wie BayVGH BeckRS 2018, 28784). (Rn. 4) (red. LS Clemens Kurzidem)

Verfahrensgang

RN 14 K 17.34764 2018-12-21 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Die Kläger sind Staatsangehörige Sierra Leones; der Kläger zu 3. ist der 2016 in Freetown, Sierra Leone, geborene Sohn der Kläger zu 1. und 2. Sie begehren die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und hilfsweise die Zuerkennung subsidiären Schutzes sowie die Feststellung von Abschiebungshindernissen. Mit Urteil vom 21. Dezember 2018 wies das Verwaltungsgericht ihre Klage ab. Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der von den Klägern geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) liegt nicht vor.
Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete, noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zugemessen wird (BayVGH, B.v. 22.1.2019 – 9 ZB 18.31719 – juris Rn. 2 m.w.N.). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
Die Kläger sehen eine grundsätzliche Bedeutung in der Tatsachenfrage, ob die Versorgungs- und Sicherheitslage in Sierra Leone aktuell so desolat ist, dass hieraus Abschiebungshindernisse gem. § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK bzw. § 60 Abs. 7 AufenthG für rückkehrende Familien mit Kleinkindern abzuleiten seien. Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass sich der Kläger zu 1. trotz der allgemein schlechten Wirtschaftslage und seiner nur rudimentären Schulbildung wegen seiner Berufserfahrung als Automechaniker und Kraftfahrer ein zumutbares Existenzminimum erwirtschaften könne. Auch sei der Klägerin zu 2. trotz zweier Kinder in geringem Umfang zumutbar, zum Familieneinkommen beizutragen, wie bereits durch das praktizierte Frisieren von Haaren erfolgt. Sowohl der Kläger zu 1. als auch die Klägerin zu 2. seien jung, gesund und arbeitsfähig und hätten bereits vor ihrer Ausreise unter Beweis gestellt, dass sie in der Lage seien, ihren Lebensunterhalt in Sierra Leone sicherzustellen. Abgesehen davon, dass das Zulassungsvorbringen dem nicht substantiiert entgegentritt, setzt es sich nicht mit den eingeführten Erkenntnismitteln auseinander. Stützt sich das Verwaltungsgericht – wie hier – bei seiner Entscheidung auf bestimmte Erkenntnismittel oder gerichtliche Entscheidungen, ist erforderlich, dass das Zulassungsvorbringen zumindest einen überprüfbaren Hinweis auf andere Gerichtsentscheidungen oder auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte sonstige Tatsachen- oder Erkenntnisquellen enthält, etwa entsprechende Auskünfte, Stellungnahmen, Gutachten, Presseberichte oder andere Gerichtsentscheidungen oder Erkenntnisse, die den Schluss zulassen, dass die aufgeworfene Frage einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich ist und damit einer Klärung im Berufungsverfahren bedarf (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2018 – 9 ZB 18.32733 – juris Rn. 13 m.w.N.). Dem genügt die bloße Wiedergabe eines Zitats aus einer „aktuellen Veröffentlichung“ des Auswärtigen Amtes, die die Schwierigkeiten der Existenzsicherung in Sierra Leone aufzeigt, wie sie auch vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegt wurden, nicht. Abgesehen davon ergibt sich hieraus auch keine grundsätzlich klärungsbedürftige Frage des Einzelfalls (vgl. BayVGH, B.v. 22.1.2019 – 9 ZB 18.31719 – juris Rn. 8).
Gleiches gilt für die Frage der Sicherheitslage im Hinblick auf die vom Kläger zu 1. angeführte Verfolgung durch die Poro Society; das Zulassungsvorbringen legt auch keine landesweite Aktivität des Geheimbundes dar. Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht den Vortag des Klägers zu 1. hierzu bereits als unglaubhaft angesehen, so dass diese Frage nicht entscheidungserheblich ist (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2018 – 9 ZB 18.32071 – juris Rn. 8).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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