Aktenzeichen 14 K 16.00902
BJagdG BJagdG § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Leitsatz
1 Für die Beurteilung des gröblichen Verstoßes nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG ist die Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nach § 153a StPO unerheblich. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ob der Betroffene den Verstoß gegen waffenrechtliche Vorschriften bewusst oder nur fahrlässig begangen hat, ist unerheblich. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3 In der mündlichen Verhandlung vor Gericht neu hinzutretende Tatsachen sind bei der Prognoseentscheidung über die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit zu berücksichtigen. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Bescheid des Beklagten vom 11. Mai 2016 wird aufgehoben,
1.in Nummer 1, soweit die Waffenbesitzkarte Nr. 1233 für die in Nummer 5 dieser Waffenbesitzkarte näher bezeichnete Narkosewaffe widerrufen wird,
2.in Nummer 2, soweit dem Kläger aufgegeben wird, diese Narkosewaffe Berechtigten zu überlassen oder unbrauchbar zu machen und
3.in Nummer 6.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
1. Die Klage ist zulässig, aber lediglich im tenorierten Umfang begründet.
Die Klage ist insoweit begründet, als unter Nummer 1 des Bescheides vom 11. Mai 2016 die Waffenbesitzkarte Nr. … für die in Nummer 5 dieser Waffenbesitzkarte näher bezeichnete Narkosewaffe widerrufen wird und als dem Kläger unter Nummer 2 des Bescheides aufgegeben wird, diese Waffe Berechtigten zu überlassen oder unbrauchbar zu machen. Auch im Hinblick auf die begehrte Aufhebung der Zwangsgeldandrohung in Nummer 6 des streitgegenständlichen Bescheides ist die Klage erfolgreich (dazu 1.4.).
Im Übrigen ist der Bescheid des Beklagten vom 11. Mai 2016 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die rechtlichen Voraussetzungen für den Widerruf der Erteilung der Waffenbesitzkarten des Klägers (dazu 1.1.) – mit Ausnahme des Widerrufs der Waffenbesitzkarte Nr. 1233 für die in Nummer 5 dieser Waffenbesitzkarte näher bezeichnete Narkosewaffe – sowie die Ungültigkeitserklärung und Einziehung des Jagdscheines (dazu 1.3.) liegen vor ebenso wie die Voraussetzungen für die jeweiligen Nebenverfügungen (dazu 1.2. und 1.3.).
1.1. Der unter Nummer 1 des Bescheides verfügte – nicht im Ermessen der Behörde stehende – Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse auf der Rechtsgrundlage des § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG ist – mit Ausnahme des Widerrufs der Waffenbesitzkarte für die Narkosewaffe – rechtlich nicht zu beanstanden, weil der Kläger durch sein dem streitgegenständlichen Bescheid zugrunde gelegtes Verhalten gezeigt hat, dass er die für eine waffenrechtliche Erlaubnis erforderliche Zuverlässigkeit nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht mehr besitzt.
Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zwingend zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung einer Erlaubnis hätten führen müssen. Ein solcher Versagungsgrund ergibt sich unter anderem aus § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG, der für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne von § 5 WaffG und die persönliche Eignung gem. § 6 WaffG voraussetzt.
Nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel Personen nicht, die gröblich gegen die Vorschriften des Waffengesetzes verstoßen haben. Ein gröblicher Verstoß im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG liegt vor, wenn sich in dem Verstoß die fehlerhafte Einstellung zu waffenrechtlichen Ordnungsvorschriften widerspiegelt, wobei ein Verstoß, der eine vorsätzliche Straftat darstellt, in der Regel als gröblich anzusehen ist (vgl. Gade/Stoppa, WaffG, 2011, Rdnr. 31 zu § 5). Aber auch ein fahrlässiges Zuwiderhandeln kann im Einzelfall für die Annahme eines gröblichen Verstoßes genügen (so wohl auch Steindorf/Heinrich/ Papsthart, 9. Aufl. 2010, § 5 Rdn. 25). Entscheidend ist eine nach objektivem Gewicht und Vorwerfbarkeit schwerwiegende Zuwiderhandlung (vgl. BVerwG, U.v. 26.3.1996 – 1 C 12.95 – juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 21.11.2016 – 21 ZB 15.931; U.v. 14.1.1999 – 19 ZS 99.6 -, juris; VG Augsburg, U.v. 19.10.2012 – Au 4 K 12.508 -, juris).
Die Prüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit – hier die Beurteilung, ob ein Verstoß gröblich im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG ist – ist anhand einer umfassenden Einbeziehung und Bewertung aller Tatsachen vorzunehmen, die für die zu treffende zukunftsbezogene Beurteilung bedeutsam sein können. Die erforderliche Prognose hat sich insbesondere am ordnungsrechtlichen Zweck des Waffengesetzes zu orientieren (vgl. § 1 Abs. 1 WaffG), nämlich die Allgemeinheit vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu bewahren (BayVGH, B.v. 16.9.2008 – 21 ZB 08.655 – juris; VGH BW, B.v. 3.8.2011 – 1 S 1391/11 –, NVwZ-RR 2011, 815/816 unter Hinweis auf BT-Drs. 14/7758 S. 51). Das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko ist nur bei Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdienen, dass sie mit der Waffe stets und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1989 – 1 C-36/87 – BVerwGE 84, 17/20; U.v. 26.3.1996 – 1 C-12/95 – BVerwGE 101, 24/33). Dabei setzt der Mangel der Zuverlässigkeit nicht den Nachweis voraus, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Waffen und Munition nicht sorgsam bzw. verantwortungsbewusst umgehen wird (BayVGH, B.v. 16.9.2008 – 21 ZB 08.655 – juris). Vielmehr genügt, dass bei verständiger Würdigung aller Umstände eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen nicht ordnungsgemäßen Umgang mit Waffen besteht, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss (BayVGH, B.v. 7.11.2007 – 21 ZB 07.2711 – juris; VGH BW, B.v. 3.8.2011 – 1 S 1391/11 – NVwZ-RR 2011, 815/816).
Nach diesen Maßstäben stellt das dem Widerruf seiner Waffenbesitzkarten zugrunde liegende Verhalten des Klägers, wie es sich sowohl aus den Akten als auch aus dem gesamten Vortrag der Beteiligten ergibt, einen gröblichen Verstoß im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG dar. Durch sein Auftreten und seine Einlassungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht konnte der Kläger die Zweifel am künftigen ordnungsgemäßen Umgang mit Waffen nicht ausräumen, er hat sie zur Überzeugung der Kammer vielmehr weiter begründet und vertieft. Wie der Kläger selbst in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, wurde ihm das Butterflymesser in den 70er Jahren von seinem Vater geschenkt und befindet sich seitdem im Besitz des Klägers. Bei dem Butterflymesser handelt es sich um eine Waffe, die nach § 2 Abs. 3 WaffG i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.4.3 zum Waffengesetz verboten ist. Der Kläger hatte diese verbotene Waffe nicht nur in seinem Besitz, sondern führte sie auch in der Öffentlichkeit, nämlich in seinem Reisegepäck, mit sich. Damit hat er entgegen § 2 Abs. 3 WaffG die tatsächliche Gewalt über eine verbotene Waffe ausgeübt und diese am 20. Juli 2017 auch mit sich geführt. Die Staatsanwaltschaft hat deshalb damals auch ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen vorsätzlichen Besitzes in Tateinheit mit Führen einer verbotenen Waffe gemäß § 52 Abs. 3 Nr. 1 WaffG i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.4.3 zum WaffG i.V.m. § 52 StGB eingeleitet.
Unerheblich für die Beurteilung des gröblichen Verstoßes nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG ist, dass das strafrechtliche Ermittlungsverfahren nach § 153a StPO eingestellt wurde. Weder die Verwaltungsbehörde noch das Verwaltungsgericht sind insoweit an die strafgerichtliche Entscheidung gebunden, sondern haben vielmehr selbständig zu prüfen, ob der Betroffene eine waffenrechtlich bedeutsame Verfehlung begangen hat und ob diese die Annahme der Unzuverlässigkeit rechtfertigt (vgl. BVerfG, B.v. 16.1.1991 – 1 BvR 1326/90 –, NJW 1991, 1530/1532; BVerwG, U.v. 26.3.1996 – 1 C 12.95 –, juris; BayVGH, B.v. 3.2.2016 – 21 CS 15.2618 -, juris; VG München, U.v. 25.11.2015 – M 7 K 14.5555 -, juris). Da mit einer Einstellung des strafrechtlichen Verfahrens gegen den Kläger nach § 153a StPO – anders als bei einer Einstellung des Verfahrens nach § 170 Abs. 2 Satz 1 StPO – nicht der Anlass zur Erhebung einer Klage entfallen ist, sondern nur das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung durch Auflagen und Weisungen beseitigt wurde und die Schwere der Schuld einer Einstellung des Verfahrens nicht entgegenstand, kann der Sachverhalt im Verwaltungsverfahren ohne Bindungswirkung herangezogen werden (BVerwG, U.v. 26.3.1996 – 1 C-12/95 -, juris; BayVGH, B.v. 7.4.2003 – 21 CS 02.3210 -, juris; Apel/Bushart, Waffenrecht, 3. Auflage 2004, Rdnrn. 9 und 10 zu § 5) und – unter sicherheitsrechtlicher Aspekten – auch anders bewertet und gewichtet werden. Auch wenn im Einzelfall bei einem Verstoß gegen das Waffengesetz die Schuld im strafrechtlichen Sinn als gering anzusehen ist, kann die Verfehlung ordnungsrechtlich durchaus zur fehlenden Zuverlässigkeit führen (vgl. auch BayVGH, B. v. 8.9.2011 – 21 ZB 11.1286 –, juris). Im Übrigen setzt eine Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a StPO nicht die Geringfügigkeit der Schuld voraus, sondern erfordert lediglich, dass die Schwere der Schuld einer Einstellung nicht entgegensteht mit der Folge, dass sie auch bei einem mittleren Schuldmaß und damit oberhalb der geringfügigen Kriminalität verfügt werden darf (vgl. BayVGH, B. v. 15.9.2014 – 21 ZB 14.1305 -, juris).
Unerheblich für die Beurteilung des gröblichen Verstoßes ist auch, dass der Besitz eines solchen Butterflymessers zu dem Zeitpunkt, in dem der Kläger es von seinem Vater geschenkt bekam, noch straffrei war und erst mit dem Gesetz zur Neuregelung des Waffenrechts (WaffRNeuRegG) vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970, 4592; 2003 I S. 1957) unter Strafe gestellt wurde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts handelt es sich hier um eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums. Entscheidend ist, dass dem bisherigen Eigentümer die Möglichkeit gegeben wird, den Gegenstand wirtschaftlich zu verwerten (BVerwG, U.v. 6.12.1978 – 1 C 3477 -, NJW 1979, 1563; BT-Drs. 14/7758, S. 91).
Besondere Umstände, die es entgegen der vom Gesetz vorgegebenen Regelvermutung der Unzuverlässigkeit (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG) rechtfertigen könnten, nach wie vor von der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers auszugehen, sind nicht ersichtlich. Eine solche Ausnahme kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann in Betracht, wenn die konkreten Umstände des Verstoßes die Verfehlung ausnahmsweise in einem derart milden Licht erscheinen lassen, dass die nach der Wertung des Gesetzgebers in der Regel durch eine solche Tat begründeten Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen bezüglich des Umgangs mit Waffen und Munition nicht gerechtfertigt sind (vgl. BVerwG, B.v. 19.9.1991 – 1 CB 24/91 -, juris; B. v. 14.2.1996 – 1 B 134/95 –, juris; BayVGH, B.v.19.8.2013 – 21 CS 13.1305 – juris; B. v. 4.3.2016 – 21 CS 15.2718 -, juris). Erforderlich ist danach eine Würdigung der Schwere der konkreten Verfehlung und der Persönlichkeit des Betroffenen, wie sie in seinem Verhalten zum Ausdruck kommt (BayVGH, aaO).
Der Beklagte hat das Verhalten des Klägers in dem streitgegenständlichen Bescheid unter Berücksichtigung dieser Grundsätze umfassend gewürdigt und ist nach sorgfältiger Abwägung aller Umstände des Einzelfalls nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass hier kein Ausnahmefall von der Regelvermutung der Unzuverlässigkeit vorliegt.
Soweit der Klägervertreter in diesem Zusammenhang geltend macht, der Kläger sei in der Vergangenheit beim Umgang mit Waffen und Munition nicht negativ aufgefallen, kann dies allein keine Ausnahme von der Regelunzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG rechtfertigen. Bereits ein einziger gröblicher Verstoß begründet die Regelvermutung (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.1994 – 1 C 31.92 – juris; BayVGH, B.v. 4.3.2016 – 21 CS 15.2718 -, juris). Insbesondere handelt es sich – entgegen der Auffassung des Klägers und seines Bevollmächtigten – bei dem Besitz und dem Führen eines verbotenen Gegenstandes, hier eines Butterflymessers, nicht um ein Bagatelldelikt (vgl. auch VG Köln, B.v. 6.5.2009 – 20 L 183/90 zum Führen eines Schlagrings). Auch kommt es in sicherheitsrechtlicher Hinsicht nicht darauf an, ob der Kläger den Verstoß gegen die waffenrechtlichen Vorschriften bewusst begangen oder nur fahrlässig gehandelt hat. Nach den im Waffenrecht geltenden Grundsätzen kann hier keine Nachlässigkeit toleriert werden. Die hohe Verantwortung, die mit dem Privileg des Waffenbesitzes verbunden ist, erfordert dass ein Waffenbesitzer alle zumutbaren Vorsichtsmaßnahmen trifft, damit Verstöße gegen waffenrechtliche Vorschriften ausgeschlossen sind.
Der Kläger vermochte es auch durch seine Ausführungen in der mündlichen Verhandlung nicht, die Zweifel an seiner Vertrauenswürdigkeit in Bezug auf den Umgang mit Waffen auszuräumen und das Gericht von seiner waffenrechtlichen Zuverlässigkeit zu überzeugen. So versuchte er in der mündlichen Verhandlung, ebenso wie in seiner an den Landrat des Landkreises … gerichteten E-Mail (Bl. 45 der Behördenakte), in der er das Butterflymesser als „Kindermesser“ bezeichnete, den ihm zur Last gelegten Verstoß gegen das Waffengesetz zu bagatellisieren. Darüber hinausgehend wurden in der mündlichen Verhandlung weitere Tatsachen bekannt, die den Schluss auf seine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit bekräftigen. So wurde seitens der Beklagtenvertreter vorgetragen, dass der Kläger bereits in der Vergangenheit (im Jahr 2013) durch ein nachlässiges Verhalten im Umgang mit seiner von ihm in seiner Tierarztpraxis verwendeten Narkosewaffe aufgefallen sei. Er habe diese Waffe entgegen den gesetzlichen Vorschriften für alle Mitarbeiter frei zugänglich und nicht in einem verschlossenen Schrank aufbewahrt. Dieser Verstoß sei damals seitens des Beklagten nicht geahndet worden, weil man darauf vertraut habe, der Kläger werde sich in Zukunft einwandfrei im Umgang mit Waffen verhalten. Auch bei seinen Einlassungen in der mündlichen Verhandlung zu diesem Vorfall mit der Narkosewaffe fällt auf, dass der Kläger dazu neigt, sowohl den streitgegenständlichen Verstoß gegen das Waffenrecht (Besitz eines verbotenen Gegenstandes) als auch den früheren Verstoß (nicht ordnungsgemäße Aufbewahrung seiner Narkosewaffe) zu bagatellisieren. So hat er das in die Waffenbesitzkarte eingetragene Narkosegewehr etwa dahin beschrieben, es sei „keine Schusswaffe, sondern eine Gardena-Wasserspritze verbunden mit einer Fußpumpe und einem Plastikrohr“.
Diese in der Verhandlung neu hinzugetretenen Tatsachen mussten vom Gericht bei seiner Prognoseentscheidung über die waffenrechtliche Zuverlässigkeit berücksichtigt werden unabhängig davon, ob sie von dem Beklagten im Verwaltungsverfahren oder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgetragen worden sind (vgl. Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 11. Aufl. 2000, § 113 Rn. 22).
Nach alledem ist die Auffassung des Beklagten, die Umstände der Straftat böten im vorliegenden Fall keinen Anlass, von der Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG eine Ausnahme zu machen, nicht zu beanstanden. Der vom Kläger begangene gröbliche Verstoß gegen das Waffenrecht zusammen mit den in der mündlichen Verhandlung am 24. März 2017 bekannt gewordenen Tatsachen lassen nach Überzeugung der Kammer den Schluss zu, dass der Kläger sich auch in Zukunft im Umgang mit Waffen als nicht zuverlässig erweisen wird.
Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung hat die Kammer zu Gunsten des Klägers und unter dem Lichte des Grundrechts der Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 GG berücksichtigt, dass der Kläger seine Narkosewaffe (eingetragen unter Nummer 5 der Waffenbesitzkarte Nr. 1233) nach seinen Angaben zur Ausübung seines Berufes als Tierarzt benötigt. Insoweit wurde der streitgegenständliche Bescheid aufgehoben, denn von diesem Narkosegewehr geht eine geringere Gefährdung aus, als von einer Feuerwaffe.
1.2. Die in dem Bescheid getroffenen waffenrechtlichen Nebenverfügungen begegnen ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Die Anordnungen zur Unbrauchbarmachung der Waffen bzw. zu deren Überlassung erweisen sich auf der Grundlage des § 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 WaffG als offensichtlich rechtmäßig – mit Ausnahme der oben erwähnten Narkosewaffe. Die eingeräumte Frist von zwei Wochen nach Bestandskraft des Bescheides erscheint angesichts der gesetzlichen Verpflichtung zur „unverzüglichen“ Rückgabe als mehr als angemessen. Rechtsgrundlage für die dem Kläger in Nummer 4 des Bescheides aufgegebene Verpflichtung, die Waffenbesitzkarten bis zwei Wochen nach Bestandskraft des Bescheides beim Landratsamt … abzugeben, ist § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG. Danach hat der Inhaber alle Ausfertigungen der Erlaubnisurkunde der zuständigen Behörde unverzüglich zurückzugeben hat, wenn Erlaubnisse nach dem Waffengesetz zurückgenommen oder widerrufen werden.
1.3. Da nach Überzeugung der Kammer feststeht, dass der Kläger gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG die für eine waffenrechtliche Erlaubnis erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt, war auch der Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen (§ 18 Abs. 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BJagdG). Die Verfügung, den Jagdschein spätestens zwei Wochen nach Bestandskraft des Bescheides beim Landratsamt abzugeben (ebenfalls Nummer 4 des Bescheides), beruht auf § 18 Satz 1 BJagdG. Die sich hieraus ergebende Verpflichtung der Behörde zur Einziehung des Jagdscheins schließt die Ermächtigung zur Anordnung der Rückgabe ein. Die unter Nummer 5 des Bescheides angeordnete Sicherstellung der Waffen für den Fall der Nichterfüllung der Pflicht nach Nummer 2 des Bescheides beruht auf § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG.
1.4. Die Zwangsgeldandrohung zur Durchsetzung der Rückgabe der Waffenbesitzkarten und des Jagdscheins (Nummer 6 des Bescheides) beruht auf Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, 36 VwZVG. Problematisch ist jedoch, dass das Zwangsgeld einheitlich, also ohne Differenzierung, sowohl für die Nichterfüllung der Pflicht zur Abgabe der drei Waffenbesitzkarten als auch für die Nichterfüllung der Pflicht zur Abgabe des Jagdscheins angedroht wurde. Richtigerweise hätte das Zwangsgeld jeweils für die Nichtabgabe eines Dokuments angedroht werden müssen (Art. 19 Abs. 1 Nr. 2, Art. 31 VwZVG, Art. 36 VwZVG). Insoweit war der Bescheid aufzuheben.
2. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Da die Beklagte nur zu einem sehr geringen Teil unterlegen ist, waren die Kosten dem Kläger insgesamt aufzuerlegen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.