Aktenzeichen M 30 K 17.46137
RVG § 30 Abs. 2
Leitsatz
Tenor
I. Das Verfahren wird eingestellt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Gegenstandswert wird auf EUR 2.500,- festgesetzt.
Gründe
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 20. Juli 2017 durch ihren Bevollmächtigten Klage wegen Untätigkeit der Beklagten in Bezug auf einen von ihr, ihren Angaben nach am 7. Oktober 2014 gestellten Asylantrag erhoben. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 5. Oktober 2017 über den Asylantrag entschieden habe, wurde die Hauptsache vom Bevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 25. Januar 2018 für erledigt erklärt. Die Beklagte hat am 27. Juni 2017 mit allgemeiner Prozesserklärung vorab einer Erledigung zugestimmt. Das Verfahren ist daher in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen.
Da ein Fall des § 75 VwGO vorliegt, greift die Kostenregelung des § 161 Abs. 3 VwGO, wonach die Kosten bei einer Untätigkeitsklage von der Beklagten zu tragen sind, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist diese Voraussetzung zwar dann nicht zu bejahen, wenn die Beklagte einen zureichenden Grund für die Nichtbescheidung hatte und der Klägerseite dieser Grund bekannt war oder bekannt sein musste (BVerwG, U.v. 23.7.1991 – 3 C 56.90 – NVwZ 1991,1180 (1181) – juris Rn 9). Insoweit ist die besondere Belastung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in den Jahren 2015 und 2016 zwar durchaus berücksichtigungsfähig (so auch VG München, B.v. 9.5.2017 – M 4 K 15.30864 – juris Rn 3; B.v. 4.8.2018 – M 7 K 17.36867 n.v.).
Bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 20. Juli 2017 über zweieinhalb Jahre nach der Asylantragstellung am 7. Oktober 2014 nach Angaben der Klägerin, dem die Beklagte nicht entgegengetreten ist, konnte die Klägerin aber dennoch trotz der ausserordentlichen Belastung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit einer Entscheidung über ihren Asylantrag rechnen.
Unerheblich ist für die Anwendung der Kostenregelung des § 161 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 75 VwGO, ob die Klägerin nach der Erledigterklärung der Untätigkeitsklage ein neues Klageverfahren gegen den Bescheid der Beklagten führt (str., a.A. u.a. VG München, B.v. 23.5.2017 – M 22 K 16.32643 -; VG Gelsenkirchen, B.v. 14.7.2016 – 3 K 4064/16 – juris Rn 4; VG Düsseldorf, B.v. 23.7.2015 – 22 K 3235/15/15 – juris Rn 9; VG Göttingen, B.v. 6.11.2003 – 3 A 200/03 – juris Rn 3). Das Bundesverwaltungsgericht führt zu der Problematik aus, dass für eine Kostenüberbürdung auf den Beklagten nach § 161 Abs. 3 VwGO mangels Kausalität der Untätigkeit keine Rechtfertigung mehr bestünde, wenn nach Ablehnung des beantragten Verwaltungsaktes der Kläger den Rechtsstreit fortsetzt und unterliegt (BVerwG, B.v. 23.7.1991 – 3 C 56/90 – juris). Dies greift jedoch nicht, wenn das Verfahren nicht durch Einbeziehung des Bescheids mit (sachdienlicher) Klageänderung von einer Untätigkeitsklage auf eine Verpflichtungsklage umgestellt und fortgeführt, sondern für erledigt erklärt und in einem neuen Verfahren betrieben wird (a.A. siehe zuvor). Die Klägerin bestimmt mit ihren Anträgen grundsätzlich den Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Dieser wurde im vorliegenden Verfahren gerade nicht geändert, sondern beinhaltet die Untätigkeit der Beklagten hinsichtlich des klägerischen Asylantrags. Aufgrund dessen hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen. Wird sie einem zusätzlichen Prozesskostenrisiko durch eine weitere Klage gegen ihren Bescheid ausgesetzt, läge dies in der inhaltlichen Entscheidung der Beklagten begründet, stünde aber mit ihrer vorangegangenen Untätigkeit gerade nicht in kausalem Zusammenhang. Ob bei der Kostenentscheidung im Rahmen einer Klage gegen den Bescheid der Beklagten Berücksichtigung finden könnte – z.B. unter Anwendung von § 155 Abs. 4 VwGO -, dass sich der Klägerin eine prozessökonomischere Vorgehensweise geboten hätte, ist im vorliegenden Einstellungsbeschluss zur Untätigkeitsklage nicht zu beurteilen.
Mit der allgemeinen Prozesserklärung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 27. Juni 2017 hat die Beklagte eine Herabsetzung des Gegenstandswerts in Fällen, die (nur) auf Fortsetzung des Asylverfahrens gerichtet sind, beantragt.
Die Reduzierung des Gegenstandswerts auf 2.500,- Euro entspricht den Gründen der Billigkeit i.S.v. § 30 Abs. 2 RVG, da das Bestehen materieller Ansprüche der Klägerin nicht Gegenstand im vorliegenden Verfahren war.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).