Verwaltungsrecht

Untersagung der Rinderhaltung wegen mangelhafter Wasserversorgung

Aktenzeichen  23 ZB 16.2520

Datum:
30.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 8681
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
TierSchG § 2 Nr. 1, § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 1, Nr. 3

 

Leitsatz

1 Wird ein Tierhaltungsverbot auf die Zuwiderhandlung gegen eine bestandskräftige Anordnung nach § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TierSchG gestützt, liegt daneben regelmäßig auch der Tatbestand des § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Hs. 1 Alt. 1 TierSchG vor. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2 Im Falle eines klageabweisenden Urteils ist zur Ermittlung der Reichweite der Bindungswirkung der Entscheidung über den Streitgegenstand neben dem Tenor auf die Urteilselemente Tatbestand und Entscheidungsgründe zurückzugreifen. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Regelungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierschNutztV) sind auf der Grundlage von § 2a TierSchG ergangen. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
4 Den Amtstierärzten kommt bei der Beurteilung der Frage, ob die Anforderungen des § 2 TierSchG und der sonstigen tierschutzrechtlichen Vorschriften eingehalten sind, schon von Gesetzes wegen eine vorrangige Beurteilungskompetenz zu. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 4 K 16.374 2016-10-25 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf EUR 5.000,- festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils und Verfahrensmangel) gestützte Antrag hat keinen Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens, auf dessen Würdigung es für die rechtliche Überprüfung des Antrags allein ankommt, nicht. Solche sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG (Kammer), B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Bescheid des Landratsamts vom 15. Februar 2016, in dem ein Tierhaltungsverbot einschließlich Abgabe- und Verbringungspflicht bezüglich der vom Kläger gehaltenen Rinder verfügt wird, abgewiesen, weil der Kläger dadurch, dass er seit 2011 seine Rinder über den Futterbarren tränke, anstatt wie im bestandskräftigen Bescheid des Landratsamts vom 18. Juli 2012 angeordnet, die Wasserversorgung so zu gestalten, dass jedem Rind zu jeder Zeit ausreichend Wasser zur Verfügung steht, mehrere Verstöße im Sinne von § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG begangen habe. Die Rinder seien nicht täglich entsprechend ihrem Bedarf mit Wasser in ausreichender Menge und Qualität versorgt worden (§ 2 Nr. 1 TierSchG und § 2a TierSchG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 TierschNutztV) und der Kläger habe der im Bescheid vom 18. Juli 2012 angeordneten Art der Wasserversorgung zuwidergehandelt – die Tränkung über den Futterbarren werde, auch nach Aussage des Klägers, bis heute durchgeführt. Die Zuwiderhandlungen des Klägers seien auch gröblich, weil sie bereits über ca. fünf Jahre andauerten. Die vom Kläger praktizierte Wasserversorgung habe bei seinen Rindern auch zu länger anhaltenden Leiden geführt. Weitere Zuwiderhandlungen seien zu befürchten, weil der Kläger die Tränkung über den Futterbarren weiterhin für ausreichend bzw. für besser halte. Schließlich sei die Anordnung auch verhältnismäßig.
Das ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Insbesondere kann sie nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Hs. 1 TierSchG demjenigen, der den Vorschriften des § 2 TierSchG, einer Anordnung nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG oder einer Rechtsverordnung nach § 2a TierSchG wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird.
a) Das Verwaltungsgericht hat das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Hs. 1 TierSchG rechtsfehlerfrei bejaht. Dabei hat das Verwaltungsgericht neben den weiteren Tatbestandsvoraussetzungen das Vorliegen aller drei Varianten der Vorschrift (Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften des § 2 TierSchG; Zuwiderhandlung gegen eine Anordnung nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG; Zuwiderhandlung gegen eine Rechtsverordnung nach § 2a TierSchG) angenommen, wie aus Seite 6, erster Absatz des Urteils hervorgeht, wo das Verwaltungsgericht feststellt, dass der Kläger die Tiere nicht täglich entsprechend ihrem Bedarf mit Wasser in ausreichender Menge und Qualität und Menge versorgt habe – was das Verwaltungsgericht als Verstöße gegen § 2 Nr. 1 TierSchG und gegen § 2a TierSchG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 TierSchNutztV einstuft – und er außerdem der im Bescheid vom 18. Juli 2012 angeordneten Art der Wasserversorgung zuwidergehandelt habe.
Das Verwaltungsgericht hat das Vorliegen der drei genannten Varianten der Vorschrift auch zu Recht festgestellt, wobei es für die Bejahung des Tatbestands wegen der alternativen Formulierung („oder“) genügt, wenn eine der drei Varianten gegeben ist.
Soweit der Kläger einwendet, das Verwaltungsgericht hätte nicht ohne weitere Erörterung davon ausgehen dürfen, dass die vom Kläger vorgenommene Tränkung der Rinder den Tierschutzgesetzen widerspricht, dringt er damit nicht durch.
Soweit der Kläger darauf verweist, dass die Bindungswirkung des vom Verwaltungsgerichts herangezogenen, bestandskräftigen Bescheids vom 18. Juli 2012 sich nur auf den Entscheidungssatz, d.h. den Tenor des Bescheids, beziehe, vermag er damit die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der Kläger eine Zuwiderhandlung gegen eine Anordnung nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG begangen und damit § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Hs. 1 Var. 2 TierSchG verwirklicht habe, nicht in Frage zu stellen. Denn auch soweit man, wie der Kläger verlangt, die Bindungswirkung eines Verwaltungsakts allein auf den Entscheidungssatz, also den Tenor des Bescheids beschränkt und, entgegen der hierzu herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 43 Rn. 58; Stelkens a.a.O., § 35 Rn. 143 m.w.N.), die Begründung des Bescheids auch nicht ergänzend heranzieht, hat der Kläger dem Bescheid vom 18. Juli 2012, der eine Anordnung im Sinne von § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG (damals gültige Fassung § 16a Satz 2 Nr. 1 TierSchG) darstellt, zuwidergehandelt. Laut dem Tenor in Nr. 1 dieses Bescheids wurde der Kläger verpflichtet, „in seinem landwirtschaftlichen Betrieb die Wasserversorgung für alle Rinder so zu gestalten, dass jedem Rind zu jeder Zeit ausreichend Wasser (bei Schalentränken Durchflussleistung von min. 10 l/min.) von einwandfreier Qualität zur freien Aufnahme bis zum Sättigungsgrad zur Verfügung steht (ad libitum Tränkung)“; für die Erfüllung dieser Maßnahme wurde dem Kläger in der Nr. 2 des Bescheidstenors eine Frist von vier Monaten ab Bestandskraft des Bescheids gesetzt. Da der Kläger entgegen dieser Verfügung in der Folgezeit bis heute überhaupt nichts an der Wasserversorgung für seine Rinder geändert hat – der Kläger behauptet das nicht einmal selbst, vielmehr gibt er an, inzwischen sogar ausschließlich über den Futterbarren zu tränken -, hat er jedenfalls diesem Bescheid, und zwar auch hinsichtlich des Entscheidungssatzes, zuwidergehandelt. Denn ausweislich des Bescheidstenors in dessen Nummern 1 und 2 geht bereits aus dem Entscheidungssatz hervor, dass der Kläger die bestehende Wasserversorgung anders als bisher gestalten muss, sonst hätte es jedenfalls keiner Fristsetzung für die Erfüllung einer Maßnahme bedurft. Letztlich räumt der Kläger dies in den Ausführungen auf Seite 6 der Antragsschrift unter 5. sogar ein; soweit dort Einwände gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 18. Juli 2012 vorgebracht werden, führt das nicht weiter, da dieser Bescheid unstreitig bestandskräftig ist. Dass der Bescheid dem Kläger nicht vorschreibt, in welcher Weise genau der Kläger die Wasserversorgung neu gestalten muss – was rechtlich auch nicht möglich wäre, da es „die eine“ allein zulässige Art der Wasserversorgung für Rinder nicht gibt – schadet dabei nichts, denn wie soeben dargestellt, gibt der Bescheid auch bereits aus dessen verfügendem Teil klar ersichtlich vor, dass der Kläger die damals (und auch heute noch) bestehende Wasserversorgung seiner Rinder ändern muss. Das hat der Kläger unterlassen, weshalb er zweifelsohne einer Anordnung i.S.v. § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG zuwidergehandelt und damit § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Hs. 1 Var. 2 TierSchG verwirklicht hat.
Unabhängig davon liegt hier, wie in der Regel (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, Tierschutzgesetz, 3. Auflage 2016, § 16a TierSchG Rn. 43), wenn das Haltungsverbot auf die Zuwiderhandlung gegen eine bestandskräftige Anordnung nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG gestützt wird, daneben auch der Tatbestand des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Hs. 1 Var. 1 TierSchG, d.h. ein Verstoß gegen § 2 TierSchG, vor, den das Verwaltungsgericht auch festgestellt hat (UA Seite 6, erster Absatz): Das Verwaltungsgericht hat einen Verstoß gegen § 2 Nr. 1 TierSchG angenommen, weil die Tiere nicht täglich entsprechend ihrem Bedarf mit Wasser in ausreichender Menge und Qualität versorgt würden. Dass das Verwaltungsgericht auch insofern ausgeführt hat, dass feststehe, dass die vom Kläger vorgenommene Tränkung den Vorgaben des Tierschutzgesetzes nicht entspreche, weshalb dies nicht mehr erneut erörtert werden müsse, ist dabei nicht zu beanstanden. Denn unabhängig von der Frage der Reichweite der Bindungswirkung des bestandskräftigen Bescheids vom 18. Juli 2012, die hier im Falle von § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Hs. 1 Var. 1 TierSchG, anders als bei § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Hs. 1 Var. 2 TierSchG, unmittelbar keine Rolle spielt, durfte das Verwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht davon ausgehen, dass die vom Kläger auch weiterhin unverändert praktizierte Wasserversorgung tierschutzrechtlich nicht akzeptabel ist. Das ergibt sich nämlich aus der vorhergehenden, rechtskräftigen Entscheidung des Verwaltungsgerichts (U.v. 23.10.2012 – RO 4 K 12.1265, bestätigt von BayVGH, B.v. 2.9.2013 – 9 ZB 12.2554 – juris). Das durfte das Verwaltungsgericht für die von ihm im angegriffenen Urteil getroffene Feststellung eines Verstoßes gegen § 2 Nr. 1 TierSchG auch zu Grunde legen. Im Falle eines klageabweisenden Urteils ist anerkannt, dass zur Ermittlung der Reichweite der Bindungswirkung der Entscheidung über den Streitgegenstand neben dem Tenor auf die Urteilselemente Tatbestand und Entscheidungsgründe zurückzugreifen ist (Rennert in: Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 121 Rn. 21 f. m.w.N.). Aus diesen geht hervor, dass der maßgeblich auf einen Verstoß gegen § 2 Nr. 1 TierSchG gestützte Bescheid (vgl. Seite 3 des Bescheids, Bl. 52 der vorgelegten Behördenakten) vom 18. Juli 2012 rechtmäßig ist. Dass im Bescheid vom 18. Juli 2012 zur Ausfüllung des Tatbestands des § 2 Nr. 1 TierSchG auch auf eine Leitlinie und ein Merkblatt zurückgegriffen wird, die der Kläger nicht gelten lassen will, steht dem Umstand, dass rechtskräftig feststeht, dass der auf eine Verwirklichung des § 2 Nr. 1 TierSchG durch den Kläger gestützte Bescheid vom 18. Juli 2012 rechtmäßig ist, nicht entgegen. Daher bestehen gegen das Vorgehen des Verwaltungsgerichts im angegriffenen Urteil, angesichts des unveränderten Sachverhalts weiterhin von einem Verstoß gegen § 2 Nr. 1 TierSchG durch die vom Kläger praktizierte Art der Wasserversorgung auszugehen, keine Bedenken. Dass der Kläger im Zulassungsantrag meint, das Verwaltungsgericht hätte den Verstoß unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers nochmals komplett prüfen müssen, trifft vor diesem Hintergrund nicht zu. Dass der Kläger gegenüber dem Verwaltungsgericht vorgebracht hätte, dass die von ihm praktizierte Art der Wasserversorgung der Rinder auf Grund neuer Erkenntnisse nun ganz anders zu beurteilen wäre, macht der Kläger im Zulassungsantrag nicht geltend. Vielmehr wiederholt er im Wesentlichen die Argumente, die bereits im früheren Klageverfahren erfolglos dafür vorgebracht wurden, warum der Kläger die von ihm praktizierte Art der Wasserversorgung für tierschutzgerecht hält. Auch die auf Seite 4 unten und Seite 5 des Zulassungsantrags gemachten Ausführungen beinhalten nichts inhaltlich Neues. Auch der Verweis auf eine (in den Behördenakten nicht nachvollziehbare, möglicherweise ist der 31.7.2013 gemeint) Cross Compliance Kontrolle am 13. Juli 2013 ändert nichts daran, dass ein Verstoß gegen § 2 Nr. 1 TierschG vorliegt. Außerdem und unabhängig davon, dass es darauf im Rahmen des Zulassungsverfahrens nicht ankommt, geht beispielsweise aus dem Schreiben vom 26. Mai 2014 (Bl. 242 der Behördenakte) hervor, dass dem Kläger sehr wohl wegen der vorschriftswidrigen Wasserversorgung ein Verstoß gegen Cross Compliance Verpflichtungen vorgeworfen wurde.
Da sowohl der Tatbestand einer Zuwiderhandlung gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 HS. 1 Var. 1 TierSchG als auch gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 HS. 1 Var. 2 TierSchG vom Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt wurden, kommt es nicht mehr darauf an, ob auch eine Zuwiderhandlung gegen § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Hs. 1 Var. 3 TierSchG (Zuwiderhandlung gegen eine Rechtsverordnung nach § 2a TierSchG) vorliegt, da es ausreicht, wenn eine der drei Varianten gegeben ist. Mithin kommt es in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen im Zulassungsantrag hierzu nicht an, unabhängig davon, dass in Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannt ist, dass die Regelungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierschNutztV) sehr wohl auf der Grundlage von § 2a TierSchG ergangen sind (vgl. nur BVerwG, U.v. 30.4.2009 – 7 C 14.08 – juris Rn. 30 f; Metzger in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand 222. EL Dezember 2018, TierSchNutztV – T 95d., Vorbemerkung Rn. 7; vgl. auch Metzger, a.a.O. TierSchG § 2 Rn. 33 und § 2a Rn. 2). Dass damit europarechtliche Richtlinien umgesetzt werden, steht dem nicht entgegen.
b) Auch die übrigen Voraussetzungen der Vorschrift sowie eine ordnungsgemäße Ausübung des Ermessens hat das Verwaltungsgericht zu Recht bejaht.
Soweit geltend gemacht wird, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht von einer groben Zuwiderhandlung gegen die o.g. Tatbestandsvarianten ausgegangen, ist darauf hinzuweisen, dass nach der Vorschrift des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Hs. 1 TierSchG die Zuwiderhandlung entweder wiederholt oder grob sein muss, um den Tatbestand zu erfüllen. Eine wiederholte Zuwiderhandlung liegt aber eindeutig vor, wie das Verwaltungsgericht festgestellt hat, indem es ausgeführt hat, dass die Zuwiderhandlung „nun bereits über einen Zeitraum von ca. 5 Jahren“ andauert. Die falsche Bezeichnung der gemeinten wiederholten Zuwiderhandlung als gröbliche Zuwiderhandlung ist dabei unschädlich, jedenfalls ist die Subsumtion im Ergebnis richtig.
Auch das Tatbestandsmerkmal, dass der Kläger den Tieren erhebliche oder länger andauernde Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat und dies kausal aus der Zuwiderhandlung herrührt, hat das Verwaltungsgericht zu Recht bejaht. Die hiergegen geltend gemachten Einwände greifen nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat hierzu festgestellt, dass die vom Kläger praktizierte Wasserversorgung bei den Rindern zu länger anhaltenden Leiden geführt hat. Es stützt sich dabei auf die Ausführungen des zuständigen beamteten Tierarztes (§ 15 Abs. 2 TierSchG), was der Rechtsprechung, die den Amtstierärzten bei der Beurteilung der Frage, ob die Anforderungen des § 2 TierSchG und der sonstigen tierschutzrechtlichen Vorschriften eingehalten sind, schon von Gesetzes wegen eine vorrangige Beurteilungskompetenz einräumt (vgl. BayVGH, B.v. 12.11.2013 – 9 CS 13.1946 – juris Rn. 16 m.w.N.), entspricht. Das Verwaltungsgericht hat entgegen der Darstellung in der Begründung des Zulassungsantrags auch subsumiert, wodurch die vom Kläger praktizierte Wasserversorgung bei seinen Rindern zu länger anhaltenden Leiden geführt hat, nämlich sowohl dadurch, dass den Rindern zeitweise kein Wasser zur Verfügung steht als auch dadurch, dass sie zu wenig Wasser bekommen. Das geht aus den Ausführungen des beamteten Tierarztes auch ausreichend hervor. Zudem beziehen sich dessen Ausführungen aus dem Zusammenhang des Sitzungsprotokolls (dort insbesondere Seite 3, zweiter Absatz), das insofern im Wesentlichen im Urteil wiedergegeben wird, entgegen der Auffassung des Klägers ersichtlich auch auf die Rinder des Klägers. Der beamtete Tierarzt hat ausgeführt, dass den Rindern bei der vom Kläger praktizierten Tränkung nicht durchgehend Wasser zur Verfügung steht, vielmehr gibt es Zeiträume, in denen kein Wasser vorhanden ist. Darüber hinaus hat der beamtete Tierarzt auch ausdrücklich ausgeführt, dass das Wasser beim Kläger nicht in der erforderlichen Menge vorhanden ist und dass eine Kuh, wenn sie zu wenig Wasser bekommt, dürstet, was wiederum zu länger anhaltenden Leiden führt. Schließlich hat der beamtete Tierarzt auch ausgeführt, dass das Rinderhalteverbot die letzte Möglichkeit ist, die Kühe von „diesem länger andauernden Leiden zu befreien“. Soweit der beamtete Tierarzt in seinen Ausführungen auch allgemeine Aussagen trifft, dienen diese ersichtlich dazu, einen Vergleichsmaßstab für die Beurteilung der Versorgung der Rinder des Klägers zu geben, sie bieten dagegen keinen Anlass zu Zweifeln daran, dass der beamtete Tierarzt seine Aussage zum Bestehen länger anhaltender Leiden in Bezug auf die Rinder des Klägers getroffen hat. Dass der beamtete Tierarzt kein erneutes schriftliches Gutachten erstellt hat, ist unschädlich. Die Ausführungen in der mündlichen Verhandlung beziehen sich auf die vom Kläger nach wie vor praktizierte Tränkung; soweit ausgeführt wird, dass der Kläger mittlerweile ausschließlich über die Futterbarren tränke, ändert das nichts an der Aktualität der Aussagen des beamteten Tierarztes, da eben genau hierin die Zuwiderhandlung liegt. Im Übrigen beachten die Einwände des Klägers nicht die oben dargestellte vorrangige Beurteilungskompetenz des beamteten Tierarztes, dessen Ausführungen keine fachlich belegten gegenteiligen Aussagen, sondern nur Behauptungen entgegengestellt werden.
Schließlich ist auch die Ermessensausübung des Landratsamts nicht zu beanstanden. Soweit hiergegen eingewendet wird, dass in dem bestandskräftigen Bescheid vom 18. Juli 2012 keine Aussage zu Schmerzen, Leiden o.ä. getroffen wird, ist das unbeachtlich, weil entsprechende Aussagen in dem streitgegenständlichen Bescheid und Urteil getroffen werden. Auch soweit geltend gemacht wird, in dem streitgegenständlichen Bescheid werde auf erhebliche Leiden abgestellt, während das Gericht länger anhaltende Leiden festgestellt habe, ändert das nichts an der zutreffenden Feststellung der ordnungsgemäßen Ausübung des von § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Hs. 1 TierSchG eröffneten Ermessens. Der Tatbestand der Vorschrift verlangt in diesem Zusammenhang, dass durch die jeweilige Zuwiderhandlung den gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt wurden, ausweislich der Formulierung „oder“ handelt es sich um alternative Tatbestandsvoraussetzungen. Zwar kann ein Ermessensfehler unter Umständen auch aus einem fehlerhaft festgestellten Sachverhalt folgen (vgl. Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 40 Rn. 99 m.w.N.), ein solcher liegt aber, wie oben dargestellt, nicht vor, außerdem legt der Zulassungsantrag nicht dar, worin die Bejahung der Tatbestandsvoraussetzung der länger anhaltenden Leiden an statt von erheblichen Leiden konkret einen Ermessensfehler begründen soll.
2. Die Berufung ist auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wegen eines Verstoßes gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht gemäß § 86 VwGO zuzulassen.
Soweit der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe die gebotene Sachaufklärung unterlassen, die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Rinderhaltungsverbots nicht geprüft und sämtliche in der Klage vorgebrachten Argumente nicht beachtet, führt das nicht zu einem Verfahrensfehler, weil das Verwaltungsgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus davon ausging, dass auf Grund der bestandskräftigen Anordnung mit Bescheid des Landratsamts vom 18. Juli 2012 die Voraussetzungen des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Hs. 1 TierSchG, den das Verwaltungsgericht insoweit sehr wohl geprüft hat, vorliegen. Daher kam es für das Verwaltungsgericht konsequenterweise auf die übrigen Argumente des Klägers nicht an. Dass das Verwaltungsgericht zu einem anderen Ergebnis kommt als der Kläger, stellt keinen Grund für die Zulassung der Berufung dar.
3. Der Antrag wird daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abgelehnt. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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