Aktenzeichen 7 ZB 17.515
Leitsatz
1 Die Vorbereitung auf die Reifeprüfung hat hauptsächlich allgemeinbildende und nicht allein fachliche Inhalte zum Gegenstand. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Betrieb einer Ersatzschule setzt nicht voraus, dass die Prüfung von der Schule selbst durchgeführt wird und sie durch eigene Zeugnisse den jeweiligen Bildungsabschluss bestätigt. Hierzu ist eine staatliche Anerkennung erforderlich (Art. 100 Abs. 2 S. 2 BayEUG). Staatlich lediglich genehmigte Ersatzschulen bereiten ihre Schüler auf die jeweilige Prüfung vor, die diese als externe Teilnehmer an öffentlichen oder staatlich anerkannten privaten Schulen ablegen. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
AN 2 K 15.1334 2016-12-08 Urt VGANSBACH VG Ansbach
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000‚- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Untersagung, die Bezeichnung „…“ für ihre an den Standorten M.‚ I. und N. angebotenen privaten Lehrgänge zu verwenden. Außerdem wehrt sie sich gegen die Verpflichtung‚ ab dem Zeitpunkt der Umbenennung Besucher der Website „…“ auf eine entsprechend umbenannte Internetseite umzuleiten‚ auf der klarzustellen ist‚ dass es sich um eine private Anbieterin handle‚ die auf staatliche Schulabschlüsse vorbereite‚ wobei nicht der Eindruck erweckt werden dürfe‚ dass das Institut selbst Prüfungen durchführe‚ die einem Schulabschluss gleichgestellt seien. Ebenso wendet sie sich gegen die Untersagung‚ Zeugnisse auszustellen‚ die mit Zeugnissen öffentlicher oder privater Schulen verwechselt werden können‚ insbesondere wenn sie die Unterschriften von „Schulleitungen“ enthielten, sowie Schulbescheinigungen zu erteilen.
Die Klägerin bietet Kurse an‚ die auf Schulabschlüsse‚ insbesondere Abitur‚ Mittlere Reife und den qualifizierenden Mittelschulabschluss vorbereiten sollen.
Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage gegen die Untersagungen und Verpflichtungen hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Unstreitig biete die Klägerin private Lehrgänge im Sinn des Art. 105 Satz 1 BayEUG an und betreibe keine Schule‚ weil sie dem allgemeinen Bildungsauftrag des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BayEUG für Schulen nicht nachkomme‚ sondern rein fachlich auf den jeweiligen Schulabschluss vorbereite. Die Untersagungsverfügung sei durch Art. 105 i.V.m. Art. 103 BayEUG gedeckt‚ weil durch die Verwendung des Begriffs „…“, u.a. im Namen der Klägerin, die Gefahr bestehe‚ dass der Lehrgang zur Vorbereitung auf das Abitur mit einem „…“ im Sinn des Art. 10 Abs. 3 BayEUG verwechselt werde‚ einer besonderen Art des Gymnasiums‚ das Erwachsene‚ die sich bereits im Berufsleben bewährt haben‚ im dreijährigen Unterricht zur allgemeinen Hochschulreife führt. Die Verfügung verstoße nicht gegen höherrangiges Recht wie Art. 12 und Art. 14 GG.
Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung macht die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts geltend (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Gericht habe hinsichtlich der Einrichtung der Klägerin nicht auf das Merkmal des allgemeinen Bildungsauftrags in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BayEUG Bezug nehmen dürfen‚ denn es sei unstreitig, dass die Klägerin keine Schule betreibe. Entscheidend sei der Begriff des „…s“. Art. 10 Abs. 3 BayEUG lege diesen Begriff nicht abschließend fest. Nach neuzeitlicher Interpretation‚ hinsichtlich derer sich die Klägerin auf den Duden bezieht‚ sei ein „…“ eine Bildungseinrichtung‚ die keine Schule sein müsse. Es gebe viele Beispiele von …s‚ die der Definition in Art. 10 Abs. 3 BayEUG nicht entsprächen. Bei Anlegen dieses Maßstabs müssten sämtliche …s in Bayern untersagt werden. Von einer Verwechslungsgefahr könne keine Rede sein. Dies beruhe auf einer reinen Annahme‚ die durch nichts belegt bzw. bewiesen werde. Die Klägerin rügt ausdrücklich‚ dass das Verwaltungsgericht ihren Vortrag‚ in all den Jahren der Verwendung dieser Bezeichnung sei kein Fall einer Verwechslung aufgetreten‚ nicht gewürdigt habe. Art. 12 GG werde berührt‚ weil das zu schützende Schulwesen keines Schutzes vor einer Verwechslungsgefahr bedürfe. Es sei unstreitig‚ dass die Klägerin mit ihrem Namen keinen Bezug zum Schulwesen habe. Art. 14 GG sei verletzt‚ weil der Eingriff in den Betrieb existenzgefährdend sei. Die Klägerin habe dargelegt‚ dass sie keine Schule betreibe und nicht entgegen den gesetzlichen Vorschriften gehandelt habe. Es sei nicht gerechtfertigt‚ allein aufgrund einer fiktiven‚ nicht belegbaren Verwechslungsgefahr in höherrangige Rechte einzugreifen. Außerdem werde nicht gewürdigt‚ dass es sich bei der Klägerin um eine private Bildungsträgerin handle‚ was allein schon ausreiche‚ zu erkennen‚ dass es sich nicht um eine staatliche Einrichtung oder Schule handeln könne.
Ferner bereiteten die Auslegung des Begriffs „…“ ebenso wie die Frage der Verwechslungsgefahr besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten.
Die Antragsgegnerin tritt dem entgegen und beantragt‚ den Antrag auf Zulassung der Berufung abzulehnen. Die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses tritt dem Zulassungsantrag ebenfalls entgegen‚ ohne jedoch einen eigenen Antrag zu stellen.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils können den Darlegungen in der Antragsbegründung nicht entnommen werden. Zur Begründung nimmt der Verwaltungsgerichtshof auf die zutreffenden Gründe der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Im Hinblick auf das Vorbringen in der Antragsbegründung wird ergänzend auf folgendes hingewiesen:
Für das Zulassungsverfahren kann dahinstehen‚ ob das Verwaltungsgericht auf den allgemeinen Bildungsauftrag für Schulen des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.Mai 2000 (GVBl S. 414, BayRS 2230-1-1-K), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. Mai 2017 (GVBl S. 106), Bezug nehmen durfte. Darauf kommt es nicht an‚ weil die Klägerin die Qualifizierung ihrer Tätigkeit als Lehrgang nicht in Frage stellen will. Nur am Rande sei daraufhin hingewiesen‚ dass die Vorbereitung auf die Reifeprüfung naturgemäß hauptsächlich allgemeinbildende und gerade nicht allein fachliche Inhalte zum Gegenstand hat. Deshalb wäre die Qualifizierung der Tätigkeit der Klägerin als Lehrgang und nicht als Betreiben einer (Ersatz)-Schule zu hinterfragen.
Der Begriff des …s mag im allgemeinen Sprachgebrauch weiter sein‚ als in Art. 10 Abs. 3 BayEUG definiert. Für den Anwendungsbereich des Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen ist allerdings die dort getroffene Definition maßgebend. In Bayern gibt es eine Reihe staatlicher‚ städtischer und auch privater …s‚ die dieser Definition genügen (Lindner/Stahl‚ Das Schulrecht in Bayern‚ Art. 10 BayEUG Rn. 8). Der in Art. 10 Abs. 3 BayEUG festgelegte Begriffsinhalt‚ nämlich, dass es sich bei einem … um ein Gymnasium besonderer Art handelt‚ das Erwachsene zur allgemeinen Hochschulreife führt‚ ist eindeutig und bedarf keiner weiteren Auslegung.
Gleiches gilt für die Frage der Verwechslungsgefahr. Es liegt auf der Hand‚ dass die Verwendung des Begriffs „…“ im Namen der Klägerin hinsichtlich ihrer Tätigkeit im Anwendungsbereich des Gesetzes geeignet ist‚ die Vorstellung zu erwecken‚ dass ihre Einrichtung die Voraussetzungen des Art. 10 Abs. 3 BayEUG erfüllt. Das wird nicht dadurch in Frage gestellt‚ dass bisher Verwechslungsfälle bezogen auf die Klägerin nicht bekannt geworden sind. Auch wenn es sich bei ihr um eine private Bildungsträgerin handelt‚ besteht die Verwechslungsgefahr im Hinblick auf …s‚ die beispielsweise als private Ersatzschule betrieben werden. Der Betrieb einer Ersatzschule setzt auch nicht voraus‚ dass die Prüfung von der Schule selbst durchgeführt wird und sie durch eigene Zeugnisse den jeweiligen Bildungsabschluss bestätigt. Gemäß Art. 100 Abs. 2 Satz 2 BmEUG ist hierzu eine staatliche Anerkennung erforderlich. Staatlich lediglich genehmigte Ersatzschulen bereiten ihre Schüler auf die jeweilige Prüfung vor‚ die diese als externe Teilnehmer an öffentlichen oder staatlich anerkannten privaten Schulen ablegen.
Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen in der Antragsbegründung nicht geeignet‚ Verstöße gegen höherrangiges Recht‚ insbesondere gegen Art. 12 und Art. 14 GG darzulegen.
Angesichts der Eindeutigkeit der gesetzlichen Regelungen weist die Streitsache keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf. Ebensowenig sind besondere tatsächliche Schwierigkeiten‚ insbesondere im Hinblick auf die Verwechslungsgefahr, zu erkennen.
Soweit die Klägerin mit ihrer ausdrücklichen Rüge‚ das Verwaltungsgericht habe ihren Vortrag‚ dass in all den Jahren der Verwendung der Bezeichnung kein Fall einer Verwechslung aufgetreten sei nicht berücksichtigt‚ sinngemäß den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geltend macht‚ liegt dieser schon mangels Entscheidungserheblichkeit nicht vor. Unabhängig davon ist das Gericht nicht gehalten‚ ausdrücklich auf alle Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten einzugehen. Eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs liegt nur dann vor‚ wenn die Umstände des Falles den eindeutigen Schluss zulassen‚ dass die Ausführungen eines Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen worden sind (Schmidt in Eyermann‚ VwGO‚ 14. Auflage 2014‚ § 108 Rn. 10). Solche Umstände sind weder ersichtlich noch können sie der Antragsbegründung entnommen werden.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 2‚ § 47 Abs. 1 und 3 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung ist das angefochtene Urteil rechtskräftig geworden (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).