Verwaltungsrecht

Untersagung von Veranstaltungen und Feierlichkeiten wegen unzureichender Feuerwehrzufahrt

Aktenzeichen  10 CS 17.1685

Datum:
21.12.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5, § 146
LStVG LStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 3
BayBO BayBO Art. 5

 

Leitsatz

1. Für die Beurteilung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens ist der Zeitpunkt der obergerichtlichen Entscheidung maßgeblich. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die mangelnde Eignung einer teilweise nur etwas mehr als 3 m breiten öffentlichen Straße als Feuerwehrzufahrt beruht entscheidend auf den fehlenden Ausweichmöglichkeiten im Falle eines Begegnungsverkehrs. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Vorschrift des Art. 5 BayBO und die zu ihrer Ausführung erlassenen Richtlienien befassen sich ausschließlich mit den Anforderungen an die von der Feuerwehr auf Privatgrund benötigten Flächen. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 4 S 17.1314 2017-08-11 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antragsteller verfolgt mit seiner Beschwerde die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage vor dem Verwaltungsgericht Regensburg (RO 4 K 17.1315) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 31. Juli 2017 weiter. Mit diesem Bescheid wurde ihm unter Anordnung des Sofortvollzugs untersagt, auf seinem Anwesen (B.-hof) „Veranstaltungen wie Hochzeiten, Betriebs-, Firmen-, Geburtstagsfeiern und sonstige Feiern durchzuführen oder zu lassen“.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO mit Beschluss vom 11. August 2017 abgelehnt. Die nach Art. 6, 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG getroffene sicherheitsrechtliche Anordnung sei nach summarischer Prüfung rechtmäßig, weil die Feuerwehrzufahrt über öffentliche Straßen unzureichend sei, insbesondere bestehe wegen fehlender Ausweichmöglichkeiten auf der teilweise nur etwas mehr als 3 m breiten Zufahrts Straße und wegen einer möglichen weiteren Verengung durch abgestellte Fahrzeuge die Gefahr der Behinderung von Rettungsfahrzeugen. Auch eine Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Vollzugsinteresse und dem privaten Aussetzungsinteresse gehe zu Lasten des Antragstellers aus.
Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof seine Prüfung zu beschränken hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen nicht die Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Der Antragsteller bringt vor, das Verwaltungsgericht verneine das Bestehen einer geeigneten Rettungszufahrt zu Unrecht. Das Verwaltungsgericht habe die (undatierte) Stellungnahme des 1. Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehr der Antragsgegnerin nach der Ortsbegehung am 3. August 2017 „übersehen“, die von einer „geeigneten Rettungszufahrt“ spreche. Zwar weise die Zufahrt zu dem Anwesen des Antragstellers teilweise nur eine Breite von ca. 3 m auf, erfülle damit aber gerade noch die Voraussetzungen einer geeigneten Rettungszufahrt. Diese Breite entspreche der Ausführungsrichtlinie zu Art. 5 BayBO „über Flächen für die Feuerwehr“; das Verwaltungsgericht habe jedoch die Feuerwehrzufahrt nicht in Übereinstimmung mit der genannten Richtlinie beurteilt, mit der es sich nicht auseinandergesetzt habe. Auch habe der Kreisbrandrat H. in einer dem Verwaltungsgericht offenbar nicht vorliegenden Stellungnahme festgehalten, dass inzwischen durch Verkehrszeichen der maßgebliche Straßenbereich als „Feuerwehranfahrtszone“ ausgeschildert sei und bei ausreichender Überwachung der Parkdisziplin einer weiteren Nutzung der Veranstaltungsräume nichts entgegenstehe. Die Abstellung von Fahrzeugen trotz Verbots in der ausgewiesenen Feuerwehrzufahrt könne nicht dem Antragsteller angelastet werden; vielmehr liege die Durchsetzung des Verbots im öffentlichen Interesse. Jedenfalls ändere ein denkbares verkehrsordnungswidriges Verhalten von Verkehrsteilnehmern nichts an der nach den Vorschriften ausreichenden Straßenbreite von 3 m.
Dieses Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, zu einer für den Antragsteller günstigeren Beurteilung der im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO maßgeblichen Erfolgsaussichten der Klage kommen; der Senat folgt der nach summarischer Prüfung gewonnenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichts, die Zufahrt zum Gebäudekomplex des Antragstellers sei für Feuerwehr- und Rettungsfahrzeuge unzureichend, weil insbesondere die fehlenden Ausweichmöglichkeiten zwangsläufig zu Behinderungen der Einsatzfahrzeuge führten. Demgemäß überwiegt das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug der angefochtenen Untersagung das private Interesse des Antragstellers, hiervon bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben.
Zunächst ist auf eine während des Beschwerdeverfahrens eingetretene Änderung der tatsächlichen Verhältnisse des vorliegenden Falles hinzuweisen; die Antragsgegnerin hat die (erst am 14. Juli 2017 erlassene) verkehrsrechtliche Anordnung zur Ausweisung einer Feuerwehranfahrtszone am 23. Oktober 2017 über eine Länge von etwa 200 m wieder aufgehoben. Diesen Umstand hat der Senat seiner Entscheidung zugrunde zu legen, denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ist derjenige des vorliegenden Beschlusses. Damit ist anders, als dies noch der Kreisbrandmeister, der örtliche Feuerwehrkommandant und das Verwaltungsgericht tun, nicht mehr von einer durch entsprechende verkehrsrechtliche Anordnung gesicherten Feuerwehranfahrtszone auszugehen. Das Beschwerdevorbringen, mit dem sinngemäß behauptet wird, durch die Einrichtung der Feuerwehranfahrtszone werde die Tauglichkeit der Zuwegung als Rettungsweg bestätigt und etwaige Verstöße gegen das Parkverbot könnten dem Antragsteller nicht zum Nachteil gereichen, geht daher letztlich ins Leere.
Entscheidend für die fehlende Eignung der öffentlichen Straße als Feuerwehrzufahrt sind die vom Verwaltungsgericht in den Mittelpunkt seiner Begründung gestellten fehlenden Ausweichmöglichkeiten im Falle eines Begegnungsverkehrs; hiervon geht offenbar der Antragsteller selbst aus, nachdem er im September 2017 – allerdings ohne entsprechende behördliche Erlaubnis – inzwischen eingestellte Versuche unternommen hatte, die Gemeindeverbindungs Straße im fraglichen Bereich zu verbreitern und Ausweichmöglichkeiten zu schaffen (vgl. Schreiben der Bevollmächtigten der Antragsgegnerin v. 11.10.2017, Anl. AG 3). Der Senat teilt die Auffassung des Erstgerichts, im Falle eines Feuers auf dem B.-Hof könnten die Besucher einer Veranstaltung in großer Zahl versuchen, sich mithilfe ihrer PKW in Sicherheit zu bringen, wodurch entgegenkommende Rettungsfahrzeuge erheblich behindert würden. Eine weitere Zu- und Abfahrtsmöglichkeit zum bzw. vom B.-Hof konnte bisher trotz entsprechender Bemühungen des Antragstellers nicht realisiert werden.
Soweit das Beschwerdevorbringen auf Ziffer 2. der zur Ausführung von Art. 5 BayBO erlassenen „Richtlinien über Flächen für die Feuerwehr“ und die dort genannte Mindestbreite von Zufahrten (3 m) hinweist, hilft dies im vorliegenden Fall nicht weiter. Wie sich bereits aus der Überschrift von Art. 5 BayBO („Zugänge und Zufahrten auf den Grundstücken“) und erst recht aus seinem Inhalt im Einzelnen ergibt, befassen sich diese Norm und damit auch die zu ihrer Ausführung erlassenen Richtlinien ausschließlich mit den Anforderungen an die von der Feuerwehr auf Privatgrund benötigten Flächen, insbesondere mit dem Ziel, rückwärtig liegende Gebäude für die Feuerwehr erreichbar zu machen. Aussagen über die Beschaffenheit öffentlicher Straßen im Hinblick auf eine ausreichende Möglichkeit, an das Grundstück, das mit dem in Brand geratenen Gebäude bebaut ist, zur wirksamen Brandbekämpfung heranzufahren, enthalten sie nicht (vgl. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 BayB: „Von öffentlichen Verkehrsflächen…“).
Die mit Sofortvollzug ausgesprochene sicherheitsrechtliche Untersagung der Nutzung des B.-Hofs für gewerbliche Zwecke (Durchführung von Veranstaltungen und Feierlichkeiten) berücksichtigt schließlich auch den Umstand, dass der Antragsteller für die von ihm vorgenommene Nutzung nicht die erforderliche baurechtliche Genehmigung besitzt. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin hatte im Frühjahr 2017 das gemeindliche Einvernehmen für das vom Antragsteller beantragte, im Außenbereich gelegene Vorhaben u.a. mit der Begründung verweigert, es fehle an der ausreichenden Erschließung. Die im vorliegenden Verfahren streitgegenständliche sicherheitsrechtliche Untersagung ergänzt somit letztlich zulässigerweise die vom Landratsamt S. mit Bescheid vom 25. Juli 2017 ausgesprochene bauordnungsrechtliche Untersagung der Nutzung bestimmter Räume des Gebäudes.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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