Aktenzeichen B 5 K 15.684
BGB BGB § 119, § 123, § 130
Leitsatz
1 Verpflichtet sich die Klägerin schriftlich gegenüber der Beklagten , die Kosten der Umbettung ihrer Tante zu tragen, so mangelt es der Klage gegen den diesbezüglichen Gebührenfestsetzungsbescheid infolge widersprüchlichen Verhaltens am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Klägerin kann zulässigerweise auch nicht die teilweise Erstattung der – ursprünglichen – Bestattungsgebühren verlangen, da der diesbezügliche Bescheid an ihren Bruder gerichtet war und sie eine Verletzung in eigenen Rechten nicht geltend machen kann. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
1. Der Klageantrag ist in Ziffer 3 auslegungsbedürftig. Die Klägerin begehrt insoweit Ersatz für Kommunikationskosten. In der Sache geht es ihr also um den Ersatz von ihr in diesem Verfahren angefallenen außergerichtlichen Aufwendungen. Diese gehören aber zu den Verfahrenskosten im Sinne des § 162 Abs. 1 VwGO, über deren Tragung mit der Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 1 VwGO zu entscheiden ist. Ein selbstständiger Kostenerstattungsanspruch, der vor dem Verwaltungsgericht verfolgt werden könnte, ist nicht ersichtlich. Im Interesse der Klägerin ist der Antrag zu 3 daher im Rahmen des § 88 VwGO als insoweit auch sachdienlicher Antrag auszulegen, die Beklagte zur Tragung der Kosten des Verfahrens zu verpflichten.
2. Die so verstandene Klage hat aber keinen Erfolg, da sie bereits unzulässig ist.
a) Hinsichtlich der Anfechtung des Bescheides vom 3. September 2015, mit dem die Beklagte Gebühren für die Umbettung der Tante der Klägerin geltend gemacht hat, mangelt es der Klägerin bereits am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Die Klägerin hat sich mit ihrer schriftlichen Erklärung vom 30. Juli 2015 gegenüber der Beklagten dazu verpflichtet, die Kosten der Umbettung ihrer Tante zu tragen. Die Klägerin hat damit in rechtsverbindlicher Form ihr Einverständnis mit der streitgegenständlichen Gebührenfestsetzung erklärt. Die dennoch hiergegen erhobene Klage stellt sich als widersprüchliches Verhalten dar, zumal die Klägerin nur Einwendungen gegen die Gebührenfestsetzung an sich, nicht aber gegen die konkrete Gebührenhöhe geltend macht. Die Ausübung des Klagerechts ist damit unzulässig (vgl. Rennert in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage, Vorbem. zu § 40, Rn. 22). Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen Widerruf oder eine Anfechtung ihres Einverständnisses mit der Gebührentragung berufen. Ein nachträglicher Widerruf scheidet nach dem Rechtsgedanken des § 130 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) aus, nachdem die Einverständniserklärung der Beklagten zugegangen ist. Auch eine Anfechtung in entsprechender Anwendung der zivilrechtlichen Vorschriften zur Anfechtung von Willenserklärungen in den §§ 119 ff. BGB kommt nicht in Betracht. Für einen Irrtum oder eine Täuschung der Klägerin bestehen hier keine Anhaltspunkte. Soweit die Klägerin geltend macht, seitens der Beklagten sei ihr mitgeteilt worden, die Umbettung finde nur statt, wenn sie ihr Einverständnis zur Gebührentragung erkläre, so kann hierin auch keine zur Anfechtung berechtigende widerrechtliche Drohung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB gesehen werden. Weder das Mittel der vorherigen Einverständniserklärung noch der Zweck der Sicherstellung der Gebührenzahlung durch die Klägerin, die als Gebührenschuldnerin nach § 3 Abs. 1 lit a) der Friedhofsgebührensatzung i. V. m. § 15 Satz 1, § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 lit. g) der Bestattungsverordnung (BestV) hierzu verpflichtet ist, sind für sich genommen widerrechtlich. Auch die Relation zwischen Zweck und Mittel begründet hier keine Widerrechtlichkeit. Angesichts des legitimen Interesses der Beklagten an der Zahlung der Gebühren für die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtung kann in der Verknüpfung von Einverständniserklärung und Vornahme der Umbettung keine Treu und Glauben widersprechende, sozialinadäquate Verbindung gesehen werden (vgl. Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage, § 123, Rn. 107).
Im Übrigen wäre eine Klage gegen den Gebührenbescheid vom 3. September 2015 auch in der Sache nicht begründet gewesen, da die Umbettung tatsächlich erfolgt ist, so dass Gebühren nach § 5 Abs. 1 und 5, § 6 Abs. 1 lit. c) und Abs. 3 lit. e) sowie § 7 Nr. 6 der Friedhofsgebührensatzung in der geltend gemachten Höhe entstanden sind und die Klägerin hierfür als Gebührenschuldnerin nach § 3 Abs. 1 lit a) der Friedhofsgebührensatzung i. V. m. § 15 Satz 1, § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 lit. g) BestV in Anspruch genommen werden. Dass die Umbettung vorgenommen wurde, weil der Teil des Friedhofs, in dem das Familiengrab belegen ist, bis 2015 für Bestattungen gesperrt war, ist dabei nicht mehr maßgeblich. Dies hätte allenfalls im Rahmen eines Vorgehens gegen die Entscheidung der Beklagten vom 15. April 2010 berücksichtigt werden können.
b) Soweit die Klägerin eine teilweise Erstattung der mit dem Bescheid vom 22. September 2011 erhobenen Gebühren begehrt, ist insoweit zwar eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft. Diese ist aber ebenfalls unzulässig, denn der Klägerin mangelt es an der nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen Klagebefugnis. Sie kann nicht geltend machen, durch den an ihren Bruder gerichteten Bescheid in eigenen Rechten verletzt zu werden.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Rechtsmittelbelehrung:
Nach § 124 und § 124a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth, Hausanschrift: Friedrichstraße 16, 95444 Bayreuth oder Postfachanschrift: Postfach 110321, 95422 Bayreuth, schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für die Stellung des Antrags auf Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgericht erster Instanz. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in den § 3 und § 5 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz bezeichneten Personen und Organisationen.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München oder Postfachanschrift in München: Postfach 340148, 80098 München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach, einzureichen.
Es wird darauf hingewiesen, dass die Berufung nur zuzulassen ist,
1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 704,00 EUR festgesetzt.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Streitwertbeschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth, Hausanschrift: Friedrichstraße 16, 95444 Bayreuth, oder Postfachanschrift: Postfach 110321, 95422 Bayreuth, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieses Beschlusses eingelegt werden.
Die Frist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postfachanschrift in München: Postfach 340148, 80098 München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach, eingeht.