Verwaltungsrecht

Unzulässiger Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 AufenthG mangels Rechtsschutzbedürfnis

Aktenzeichen  B 4 S 15.934

Datum:
1.3.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG AufenthG § 7 Abs. 2 S. 2, § 31 Abs. 1, § 84 Abs. 1 Nr. 1
VwGO VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Alt. 1

 

Leitsatz

Es besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 AufenthG, da die gleichzeitige Anfechtungsklage gegen die Verkürung der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis bereits kraft Gesetzes nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO aufschiebende Wirkung hat. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Ablehnung der Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis.
Die Antragstellerin ist südafrikanische Staatsangehörige. Sie reiste mit einem Schengen-Visum am 02.04.2013 ins Bundesgebiet ein, heiratete am 04.07.2013 standesamtlich in B. den deutschen Staatsangehörigen R.D. und bezog mit ihm eine gemeinsame Ehewohnung.
Am 11.07.2013 erteilte ihr die Antragsgegnerin eine bis 10.07.2014 gültige Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG, die am 06.05.2014 bis 11.07.2016 verlängert wurde.
Am 29.07.2015 erklärten die Antragstellerin und ihr Ehemann übereinstimmend gegenüber der Antragsgegnerin, sie lebten seit 01.04.2015 getrennt.
Mit Bescheid vom 25.11.2015, der der Antragstellerin am 27.11.2015 zugestellt wurde, verkürzte die Antragsgegnerin die Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin nachträglich auf den Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides (Ziff. 1) und forderte sie auf, die Bundesrepublik Deutschland bis spätestens einen Monat nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Bescheides zu verlassen (Ziff. 2). Für den Fall, dass sie ihrer Ausreiseverpflichtung nicht innerhalb der Ausreisefrist nachkommen sollte, wurde ihr die Abschiebung nach Südafrika oder in einen anderen Staat, in den sie ein reisen dürfe oder der zu ihrer Übernahem verpflichtet sei, angedroht (Ziff. 3). Auf die Gründe des Bescheids, in denen die Antragsgegnerin eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin als eigenständiges Aufenthaltsrecht gemäß § 31 Abs. 1 AufenthG ablehnte, wird verwiesen.
Mit Telefax vom 02.12.2015 hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin Klage erhoben und zunächst beantragt, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25.11.2015 aufzuheben (Az. B 4 K 15.921). Mit Telefax vom 04.12.2015 hat er gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zusätzlich zunächst beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO herzustellen.
Am 12.01.2016 wies das Gericht darauf hin, dass die Anfechtungsklage gegen die nicht für sofort vollziehbar erklärte Verkürzung der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung entfalte, so dass für einen Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Eine Verpflichtungsklage auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 AufenthG habe dagegen keine aufschiebende Wirkung. Es sei jedoch zweifelhaft, ob innerhalb der Klagefrist eine entsprechende Verpflichtungsklage erhoben worden sei.
Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin am 21.01.2016 nunmehr beantragt, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25.11.2015, zugestellt am 27.11.2015, aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verurteilen, der Antragstellerin eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 31 AufenthG zu erteilen.
Zugleich hat er gemäß § 80 Abs. 5 VwGO nunmehr beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 31 AufenthG herzustellen.
Zur Begründung führt er aus, der Antrag im Hauptsacheverfahren werde neu gefasst. Denn der Klageantrag und der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO seien erkennbar darauf gerichtet der Antragstellerin das Verbleiben in der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen. Außerdem habe die Antragsgegnerin zwar über die Ablehnung des Antrages gemäß § 31 AufenthG in den Gründen entschieden, jedoch nicht im Tenor. Zudem sei auch in der Rechtsbehelfsbelehrung nicht darauf hingewiesen worden, dass insoweit ein gesonderter Klageantrag erforderlich sei.
Am 16.02.2016 hat die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führt sie aus, mit dem Antrag vom 21.01.2016 habe der Prozessbevollmächtigte den ursprünglichen Antrag nicht nur neu gefasst, sondern geändert. Dieser Änderung stimme die Antragsgegnerin nicht zu. Wegen der unzulässigen Antragsänderung sei der Antrag abzulehnen.
Doch auch wenn man die Änderung des Antrages für zulässig halte, sei der Antrag vom 21.01.2016 unzulässig. Denn die Klage auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 31 AufenthG sei von der anwaltlich vertretenen Antragstellerin erst am 21.01.2016 und damit verfristet erhoben worden. Deshalb sei auch der Antrag, hinsichtlich der Verpflichtungsklage die aufschiebende Wirkung herzustellen, unzulässig.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Behördenakte und auf die Gerichtsakten, auch im Verfahren B 4 K 15.921, verwiesen.
II.
1. Der Antrag ist unzulässig und bereits deshalb abzulehnen.
Die Neufassung des ursprünglichen Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO vom 04.12.2015 durch Schriftsatz vom 21.01.2016 versteht das Gericht nicht als Antragsänderung i. S. v. § 91 Abs. 1 VwGO, die nur zulässig wäre, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält, sondern als Konkretisierung des zuvor allgemein gefassten Antrags dahingehend, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis begehrt wird, die gemäß § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 VwGO keine aufschiebende Wirkung entfaltet.
Dies ergibt sich daraus, dass der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 04.12.2015 den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25.11.2015 in seiner Gesamtheit angefochten und dadurch zu verstehen gegeben hat, dass nicht nur die Verkürzung der Aufenthaltserlaubnis, sondern auch die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG angegriffen wird. Das Verpflichtungsbegehren wird in der nachgereichten Klagebegründung vom 21.01.2016 verdeutlicht. Damit liegt auch keine Verfristung der Klage gegen die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis vor.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis der Klägerin nach § 31 Abs. 1 AufenthG ist jedoch unzulässig, weil derzeit kein Rechtsschutzbedürfnis besteht.
Da die Klage gegen die Verkürzung der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis aufschiebende Wirkung hat, wird die Antragstellerin trotz der gleichzeitig erfolgten Ablehnung ihres Antrages auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis erst im Zeitpunkt der Bestandskraft der Verkürzungsverfügung oder jedenfalls mit Ablauf des ursprünglichen, auf den 11.07.2016 befristeten Aufenthaltstitels vollziehbar ausreisepflichtig (VG München, B. v. 11.01.2012 – M 10 S 11.5857 – juris Rn.17).
Es ist nicht Sinn eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO, hinsichtlich der derzeit nicht gegebenen vollziehbaren Ausreisepflicht, mit Blick auf die abgelehnte Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis einen Beschluss „auf Vorrat“ herbeizuführen. Die Antragstellerin hat frühestens mit Ablauf der Geltungsdauer ihrer Aufenthaltserlaubnis die Möglichkeit, einen neuen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zu stellen, sofern nicht zuvor die Bestandskraft der Verkürzungsverfügung eingetreten ist.
Der Antrag ist daher als unzulässig abzulehnen.
2. Als unterliegender Teil trägt die Antragstellerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens.
3. Die Höhe des Streitwertes richtet sich nach § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Ziffern 8.1 und 1.5 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).

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