Aktenzeichen M 17 S 17.36695
VwGO VwGO § 80 Abs. 5 S. 1
Leitsatz
Wird der Antrag auf internationalen Schutz nicht als offensichtlich unbegründet abgelehnt, hat die Klage aufschiebende Wirkung, so dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht statthaft ist. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist afghanischer Staatsangehöriger, Zugehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und sunnitischen Glaubens. Er reiste nach eigenen Angaben am … Januar 2016 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 8. August 2016 Asylantrag.
Bei der Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am … November 2016 gab der Antragsteller im Wesentlichen an, dass er in der Provinz … sechs Monate bei Gericht gearbeitet habe. Er habe die Akten für den Staatsanwalt vorbereitet und über die Verhandlung Protokoll geführt. Die meisten Häftlinge seien Analphabeten gewesen und hätten nicht erkennen können, dass es der Richter gewesen sei, der sie verurteile. Deshalb hätte man auch ihm die Schuld daran gegeben, wenn eine Haftstrafe ausgesprochen worden sei. Viele der Häftlinge, die vor Gericht gewesen sein, hätten mit den Taliban zusammengearbeitet. Ungefähr zwei Monate, nachdem er mit der Arbeit angefangen habe, habe er einen Anruf bekommen, in dem gedroht worden sei, dass man ihn umbringe, wenn man ihn kriege. Danach habe er ungefähr alle zwei Monate einen Anruf bekommen. Auf Rat seines Vaters sei er zu seinem Chef gegangen. Dieser habe ein Schreiben aufgesetzt, in dem eine Versetzung nach … oder eine angrenzende Provinz beantragt worden sei. Dieser Antrag sei jedoch abgelehnt worden, weshalb sein Vater ihm gesagt habe, er solle Afghanistan verlassen. Der Vater sei seit der Regierungszeit Karzais für die Regierung tätig und bis 2003 Gesundheitsminister gewesen. Er habe viele Feinde, die auch für den Kläger eine Gefahr seien. Die Polizei habe er nicht informiert, weil er dieser nicht vertraue.
Mit Bescheid vom 29. März 2017 lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) und auf subsidiären Schutz (Nr. 3) ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (Nr. 4). Der Antragsteller wurde aufgefordert, innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung bzw. unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen, anderenfalls wurde ihm die Abschiebung nach Afghanistan bzw. in einen anderen Staat, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Zudem wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).
Zur Begründung führte das Bundesamt insbesondere aus, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter nicht vorlägen. In Afghanistan sei davon auszugehen, dass in den Städten … sowie in den Regionen Bamiyan und Panjshir interne Schutzmöglichkeiten bestünden. Der Antragsteller habe bis zu seiner Ausreise mit seiner Familie in … gewohnt und sei in dieser Zeit in … nicht bedroht worden. Er habe damit die Schutzmöglichkeit einer Großstadt wie … nicht ausreichend genutzt. Auch habe der Antragsteller die Möglichkeit des Polizeischutzes nicht in Anspruch genommen. Danach könne es dem Antragsteller zugemutet werden, sich in diesen sicheren Landesteil aufzuhalten. Der Antragsteller sei jung, gesund und arbeitsfähig und könne auf ein familiäres Netzwerk zurückgreifen. Schließlich verfüge er über eine überdurchschnittliche Schulbildung und abgeschlossenes Jurastudium. Damit sei nicht ersichtlich, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr im Großraum … in eine völlig aussichtslose Lage geraten würde. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Antragsteller auch dort seinen Lebensunterhalt sicherstellen könnte. Dieser sei somit auf die Nutzung internen Schutz zu verweisen. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Dem Antragsteller drohe nicht die Verhängung oder die Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung. Insbesondere bestünde eine Fluchtalternative. Auch eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts bestünden nicht. Ein Gefährdungsgrad für Zivilpersonen, der die Feststellung einer erheblichen individuellen Gefahr allein aufgrund einer Rückkehr nach … und der Anwesenheit dort rechtfertigen würde könne nicht angenommen werden. Die Sicherheitslage dort sei relativ zufriedenstellend. Individuelle gefahrerhöhende Umstände lägen nicht vor und der Antragsteller habe nicht glaubhaft dargelegt, bereits einen ernsthaften Schaden erlitten zu haben bzw. unmittelbar Gefahr gelaufen zu sein, einen solchen zu erleiden. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Afghanistan führten nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Dem Antragsteller drohe keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 3. April 2017, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am 4. April 2017, Klage (M 17 K 17.36694) und beantragte gleichzeitig,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung des Bescheids vom 29. März 2017 anzuordnen.
Eine Begründung erfolgte bisher nicht.
Die Antragsgegnerin stellte keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Verfahren M 17 K 17.36694 sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist bereits unzulässig.
Gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Klage in denjenigen Fällen anordnen bzw. wiederherstellen, in denen sie gemäß § 80 Abs. 2 VwGO entfällt. Da die Anträge des Antragstellers im Bescheid vom 29. März 2017 nicht als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurden, hat die Klage hier jedoch aufschiebende Wirkung (vgl. § 75 Abs. 1, § 38 Abs. 1 AsylG), so dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht statthaft ist.
Der (gerichtskostenfreien, § 83b AsylG) Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.