Verwaltungsrecht

Unzulässiger Antrag gegen Abschiebungsanordnung wegen Ablauf der Antragsfrist

Aktenzeichen  M 9 S 17.50081

Datum:
7.2.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 29 Abs. 1, § 34a Abs. 2
VwGO VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

Die Wochenfrist nach § 34a Abs. 2 S. 1 AsylG iVm § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO beginnt mit der Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung an den Betroffenen. (Rn. 14) (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die bevorstehende Überstellung nach Italien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens.
Der Antragsteller ist (alles nach eigenen Angaben) nigerianischer Staatsangehöriger mit der Volkszugehörigkeit der Edo und geboren am … … 1990. Auf seine Angaben im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens – Erstbefragung am 12. Juli 2016 (vgl. die Niederschrift Bl. 7 – 10 der Bundesamtsakte) wird Bezug genommen. Er habe sein Heimatland erstmalig am 16. November 2014 verlassen und sei über den Niger, Libyen, Italien, wo er sich ca. fünf Monate aufgehalten habe und Österreich nach Deutschland gereist, wo er am 15. August 2015 angekommen sei und wo er am 12. Juli 2016 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) – Außenstelle Regensburg einen Asylantrag gestellt hat. In der Erstbefragung gab der Antragsteller weiter an, er habe in Italien keinen Asylantrag gestellt; ihm seien in keinem Mitgliedstaat Fingerabdrücke abgenommen worden.
Für den Antragsteller folgt aus dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgang ein EURODAC-Treffer für Italien (IT* …; vgl. Bl. 36 der Bundesamtsakten).
Am 15. Juli 2016 fanden eine Anhörung gemäß § 25 AsylG sowie das persönliche Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens – Zweitbefragung statt. In der Zweitbefragung gab der Antragsteller auf die Frage, ob es Staaten gebe, in die er nicht überstellt werden wolle, Italien an. Zur Begründung gab er an, dass er ein Mann sei, er könne nicht ohne Arbeit bleiben und jeden Tag betteln. Er wolle, dass sein Leben besser wird, dafür sei er bereit, jede Arbeit zu übernehmen. Im Übrigen wird auf beide Niederschriften (Bl. 37 – 42 sowie Bl. 43 – 45 der Bundesamtsakte) Bezug genommen.
Auf ein Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 12. August 2016 an Italien erfolgte keine Reaktion.
Mit Bescheid vom … Dezember 2016 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 3). Die Nr. 4 des Bescheids enthält die Befristungsentscheidung hinsichtlich des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG. Auf den Bescheid und seine Begründung wird Bezug genommen.
Mit Begleitschreiben vom selben Tag wurde der Bescheid an den Antragsteller versandt. Laut der bei den Bundesamtsakten befindlichen Kopie der Postzustellungsurkunde (Bl. 90f.) wurde der Bescheid dem Antragsteller am 30. Dezember 2016 zugestellt.
Der Antragsteller ließ hiergegen mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 13. Januar 2017, bei Gericht eingegangen per Telefax am selben Tag, Klage (Az.: M 9 K 17.50080) erheben mit dem Antrag, den Bescheid des Bundesamts vom … Dezember 2016 aufzuheben.
Außerdem ließ der Antragsteller beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage – Anordnung der Abschiebung nach Italien – anzuordnen.
Auf die Begründung von Klage und Antrag im Schriftsatz vom 13. Januar 2017 wird Bezug genommen.
Die Antragsgegnerin legte die Behördenakten vor, äußerte sich in der Sache aber nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in diesem und im dazugehörigen Klageverfahren und der Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Der Antrag ist bereits unzulässig. Die Antragsfrist, die gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO eine Woche beträgt und mit der Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung beginnt, war zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits abgelaufen.
Der Bescheid vom 29. Dezember 2016 mit der hier streitgegenständlichen Abschiebungsanordnung in der Nr. 3 und einer, wie aus den von der Antragsgegnerin vorgelegten Behördenakten hervorgeht, ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung:wurde dem Antragsteller am 30. Dezember 2016 zugestellt. Die Antragsfrist endete folglich – weil der Freitag, 6. Januar 2017 ein Feiertag ist – mit Ablauf des Montags, 9. Januar 2017 (vgl. § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB). Im Zeitpunkt des Eingangs des Antrags bei Gericht am 13. Januar 2017 war die Antragsfrist somit längst abgelaufen.
Darauf, dass der Antrag auch unbegründet wäre (vgl. zu der vorliegenden Konstellation bspw. VG München, B.v. 02.02.2017 – M 9 S. 17.50067; B.v.22.11.2016 – M 9 S. 16.50779), kommt es daher nicht mehr an.
Der Antrag ist mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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