Aktenzeichen 20 ZB 17.30516
Leitsatz
Die Einschätzung der Sachlage ist Gegenstand der richterlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung nach § 108 Abs. 1 S. 1 VwGO und als solche einer Klärung im Wege der Grundsatz- oder Divergenzrüge nicht zugänglich. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
RO 12 K 16.33053 2017-03-22 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird verworfen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. März 2017 (Az. RO 12 K 16.33053) ist unzulässig, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund entgegen § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG nicht ausreichend dargelegt wurde.
1. Die Darlegung einer Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) erfordert, dass aufgezeigt wird, welchen abstrakten Rechtssatz das erstinstanzliche Gericht in der angefochtenen Entscheidung aufgestellt hat und von welchem abstrakten Rechtssatz eines Divergenzgerichtes dieser Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift abweicht. Dazu ist eine Gegenüberstellung der divergierenden Rechtssätze erforderlich, aus der die Abweichung deutlich wird (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 73). Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Klägers nicht.
2. Der Kläger macht eine Abweichung von den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Januar 2013 (Az. 10 C 15.12 – juris) sowie vom 13. Juni 2013 (Az. 10 C 13.12 – juris) geltend. Er entnimmt den genannten Entscheidungen den Rechtssatz, dass auch eine extrem schlechte Versorgungslage im Heimatland einen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG begründen könne, weil unter besonderen Voraussetzungen schlechte humanitäre Bedingungen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung gemäß Art. 3 EMRK zu werten sein könnten. Sodann zitiert der Kläger aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8. Januar 2015 (Az. RN 7 K 14.30016), in welchem u.a. ausgeführt wird, dass im Fall der Bejahung einer drohenden unmenschlichen Behandlung durch die humanitären Bedingungen im Zielstaat der Abschiebung nicht nur ein Anspruch auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots, sondern auf Gewährung subsidiären Schutzes bestehe (unter Verweis auf BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – Rn. 36; U.v. 13.6.2013 – 10 C 13.12 – Rn. 25; EGMR, U.v. 5.9.2013 – K.A.B./Schweden, Nr. 886/11 – Rn. 67; vgl. dazu aber auch die Rechtsprechung des Senats – BayVGH, B.v. 18.10.2017 – 20 ZB 17.30873 – Rn. 14, wonach die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG wegen des Verweises auf § 3c AsylG in § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG grundsätzlich einen Akteur voraussetzt, von dem – was im Einzelfall darzulegen wäre – die Gefahr eines ernsthaften Schadens ausgeht). Es folgen Ausführungen zu den humanitären Bedingungen sowie zur Sicherheitslage in Somalia. Daran anschließend beschreibt der Kläger seine persönliche Situation im Falle einer Rückkehr nach Somalia.
Damit ist eine Divergenz von den genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts nicht dargelegt. Der Kläger nennt keinen abstrakten Rechtssatz, den das Erstgericht in der angegriffenen Entscheidung aufgestellt habe. Er setzt sich auch nicht inhaltlich mit der angegriffenen Entscheidung auseinander. Deshalb übersieht der Kläger auch, dass das Verwaltungsgericht nach Verweis auf seine oben genannte, vom Kläger zitierte Entscheidung vom 8. Januar 2015 (Az. RN 7 K 14.30016) auf die persönlichen Umstände des Klägers – soweit diese aufgrund seiner Angaben bekannt sind – eingegangen ist und in Anbetracht dieser Umstände davon ausgegangen ist, dass bei ihm eine existenzielle Ausnahmesituation trotz der allgemeinen Lage in Somalia nicht gegeben sei (Urteilsabdruck S. 12). Maßgeblich für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts war damit, dass dem Kläger aufgrund seiner individuellen Verhältnisse im Falle seiner Rückkehr nach Somalia keine gegen Art. 3 EMRK verstoßende Behandlung durch die schlechten humanitären Bedingungen droht. Diese Einschätzung der Sachlage durch das Erstgericht ist Gegenstand der richterlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO und als solche einer Klärung im Wege der Grundsatz- oder Divergenzrüge nicht zugänglich. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Sachverhaltswürdigung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind hingegen kein Zulassungsgrund im Asylprozess (vgl. § 78 Abs. 3 AsylG).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
Mit dieser Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).