Aktenzeichen M 22 S 16.92
Leitsatz
Ein Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist nicht mehr statthaft und damit unzulässig, wenn der angefochtene Bescheid bereits unanfechtbar geworden ist und auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht kommt. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist Halterin einer Mischlingshündin. Mit Bescheid vom 4. Dezember 2015 verfügte die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin einen Leinenzwang für das Ausführen des Hundes mit Maßgaben dazu, unter welchen Voraussetzungen dem Hund Freiauslauf gewährt werden darf. Die sofortige Vollziehung der entsprechenden Regelungen wurde gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet.
Der Bescheid wurde den Bevollmächtigten der Antragstellerin, die für diese bereits im Verwaltungsverfahren tätig geworden waren, am 8. Dezember 2015 durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 8. Januar 2016 ließ die Antragstellerin Klage erheben und weiter beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 4. Dezember 2015 wiederherzustellen.
Ausweislich des von dem zuständigen Bediensteten der Poststelle beim Verwaltungsgericht angebrachten Vermerks auf der Originalklageschrift wurde die Sendung am 11. Januar 2016 (einem Montag) dem Nachtbriefkasten entnommen und zwar dem oberen Fach und ist demnach frühestens am 9. Januar 2016 (einem Samstag) eingeworfen worden. (An den Wochenenden samstags und sonntags erfolgt keine Entleerung. Sendungen, die bis 24.00 Uhr am vorhergehenden Freitag eingeworfen werden, fallen in das untere Fach, die danach bis zur Entleerung am Montag eingeworfenen Sendungen in das obere Fach.)
In der Klage- und Antragsbegründung wurde ausführlich dargelegt, weshalb es aus Sicht der Antragstellerin des Erlasses der Verfügung nicht bedurft habe.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Sie hat in der Antragserwiderung ausgeführt, dass die Klage wegen Fristablaufs unzulässig sein dürfte. Die Verfügung sei im Übrigen formell und materiell rechtmäßig. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung sei zwar zulässig, aber nicht begründet.
Mit Schreiben des Gerichts vom 15. Februar und vom 29. April 2016 wurden die Bevollmächtigten der Antragstellerin gebeten, zur Frage der Wahrung der Klagefrist Stellung zu nehmen. Eine Rückäußerung hierzu ist nicht erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird ergänzend auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag war abzulehnen, da er unzulässig ist.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage, wenn die sofortige Vollziehung der angefochtenen Verfügung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet wurde, wiederherstellen. Ein solcher Antrag ist aber nicht mehr statthaft und damit unzulässig, wenn der angefochtene Bescheid bereits unanfechtbar geworden ist und auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 VwGO) nicht in Betracht kommt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 80 Rn. 130 m.w.N.). Davon ist vorliegend auszugehen.
Gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO muss die Anfechtungsklage (wenn es keines Widerspruchsverfahrens bedarf, vgl. hierzu Art. 15 AGVwGO) innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes erhoben werden. Die Bekanntgabe des Bescheides der Antragsgegnerin vom 4. Dezember 2015, dem eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung:beigefügt wurde, erfolgte hier durch förmliche Zustellung zulässigerweise gegenüber den Bevollmächtigten der Antragstellerin (vgl. Art. 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwZVG) am 8. Dezember 2015.
Die Klagefrist lief damit am 8. Januar 2016 (einem Freitag) um 24:00 Uhr ab (zur Fristberechnung vgl. § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, §§ 187 Abs. 1 und 188 Abs. 2 Var. 2 BGB). Der Klageschriftsatz ist ausweislich des Vermerks über die Entnahme der Post aus dem vom Gericht vorgehaltenen Nachtbriefkasten aber frühestens am 9. Januar 2016 (einem Samstag) eingeworfen worden. Die Klage wurde folglich verspätet erhoben und ist daher unzulässig.
Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde nicht gestellt. Im Übrigen sind auch Gründe, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen könnten, nicht ersichtlich.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.