Verwaltungsrecht

Verbot von Dachflächenfenstern in Baugestaltungssatzung

Aktenzeichen  9 ZB 14.498

Datum:
7.3.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 105350
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 81 Abs. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

Eine Baugestaltungssatzung darf das Verbot von liegenden Dachfenstern (Dachflächenfenstern), die von öffentlichen Verkehrsflächen aus eingesehen werden können, enthalten. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 9 K 12.1240 2013-11-13 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin begehrt festzustellen, dass sie für den Einbau von zwei liegenden Dachflächenfenstern keiner Abweichung von der Baugestaltungssatzung der Beklagten bedarf; hilfsweise beantragt sie, die Beklagte zu verpflichten, ihr eine Abweichung für den Einbau von zwei Dachflächenfenstern zu erteilen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Haupt- und Hilfsantrag abgewiesen, weil den Begehren der Klägerin der gerichtliche Vergleich vom 29. April 2004 entgegenstehe. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel der Klägerin.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
Die Klägerin beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Klägerin innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.
1. Das Vorbringen der Klägerin, der Prozessvergleich vom 29. April 2004 stehe dem Begehren der Klägerin nicht entgegen, weil sich die dem Vergleich zugrunde liegende entscheidungserhebliche Sach- und Rechtslage geändert habe, führt nicht zur Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.
a) Das Verwaltungsgericht verneint zu Recht eine maßgebliche Veränderung der Verhältnisse, die für den Inhalt des Prozessvergleichs maßgeblich waren, weil die Änderung der Baugestaltungssatzung der Beklagten nach Abschluss des Vergleichs in Bezug auf die Dachflächenfenster im Gebäude der Klägerin zu keiner entscheidungserheblichen Änderung der Rechtslage führt.
Nach § 5 Abs. 1 Buchst. c der Baugestaltungssatzung der Beklagten vom 17. September 2002, die im Zeitpunkt des Vergleichs vom 29. April 2004 galt, waren liegende Dachfenster generell unzulässig. Dieses baugestalterische Verbot wurde mit der Baugestaltungssatzung vom 5. April 2011 dahin eingeschränkt, dass liegende Dachfenster nur zulässig sind, wenn sie von öffentlicher Verkehrsfläche aus nicht einsehbar sind (§ 5 Abs. 1 Buchst. c Satz 1 der Baugestaltungssatzung vom 5. April 2011). Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die gegenständlichen Dachflächenfenster im Gebäude der Klägerin von öffentlichen Verkehrsflächen aus sichtbar sind, so dass keine entscheidungserhebliche Änderung der Rechtslage eingetreten ist. Diese rechtliche Bewertung trifft zu.
b) Die Auffassung der Klägerin, die Bewertung durch das Verwaltungsgericht greife zu kurz, weil die bloße Sichtbarkeit der Dachflächenfenster von öffentlichen Verkehrsflächen aus die Ablehnung einer Abweichung nach Änderung der Baugestaltungssatzung nicht mehr rechtfertigen könne, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils aufkommen.
aa) Entgegen dem Vorbringen der Klägerin stellt sich die Frage der Zulässigkeit einer Abweichung für den Einbau einsehbarer Dachflächenfenster und der hierzu anzustellenden Ermessenserwägungen gegenüber der bisherigen Rechtslage nicht neu.
Die Zulassung von liegenden Dachfenstern, die von der öffentlichen Verkehrsfläche aus einsehbar sind, war im Weg der Abweichung bereits vor der Änderung des § 5 Abs. 1 Buchst. c der Baugestaltungssatzung auf Grundlage der Baugestaltungssatzung vom 17. September 2002 möglich, also auch im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses am 29. April 2004. § 5 Abs. 1 Buchst. c der Baugestaltungssatzung vom 5. April 2011 nimmt nunmehr tatbestandlich Dachflächenfenster von der Verbotsregelung aus, die von öffentlichen Verkehrsflächen aus nicht einsehbar sind. Der Einbau von liegenden Dachfenstern, die – wie die klägerischen Dachflächenfenster – von öffentlichen Verkehrsflächen aus einsehbar sind, bedarf demgegenüber nach wie vor einer Abweichung von dem Verbot in § 5 Abs. 1 Buchst. c der Baugestaltungssatzung vom 5. April 2011. Insoweit haben sich durch die Änderung der Baugestaltungssatzung die bei der Entscheidung über einen Abweichungsantrag zu beachtenden Maßstäbe nicht zugunsten der Klägerin verschoben.
bb) Soweit eingewandt wird, gemäß § 14 Abs. 1 der Baugestaltungssatzung vom 5. April 2011 könnten „wie bisher“ Abweichungen zugelassen werden, ergibt sich daraus keine geänderte Sach- oder Rechtslage.
cc) Von Vorstehendem abgesehen trifft die klägerische Darstellung nicht zu, die Ablehnungsentscheidung der Beklagten sei ausschließlich mit der bloßen Einsehbarkeit der Dachflächenfenster begründet worden. Sowohl im Bescheid vom 6. Dezember 2002 als auch im Bescheid vom 28. Juni 2012 hat die Beklagte jeweils Stellungnahmen des fachkundigen Landesamts für Denkmalpflege eingeholt und sich mit den für und gegen eine Abweichung sprechenden Umständen auseinander gesetzt. Dabei hat die Beklagte der Bewahrung der historischen Dachlandschaft des Gesamtdenkmals Altstadt/Taubertal im konkreten Einzelfall ein höheres Gewicht beigemessen als dem Interesse der Klägerin an dem Einbau von Dachflächenfenstern.
dd) Mit den weiteren Ausführungen der Klägerin zu der ihrer Ansicht nach fehlerhaften Gewichtung der Eigentümerinteressen, zur Notwendigkeit einer angemessenen Belichtung ihrer Dachräume sowie zur nicht gegebenen Ortsbildbeeinträchtigung werden maßgebliche Veränderung der Verhältnisse, die für die Festsetzung des Inhalts des Prozessvergleichs maßgeblich waren, nicht aufgezeigt.
2. Nachdem sich die Sach- oder Rechtslage – wie ausgeführt wurde – nicht entscheidungserheblich zugunsten der Klägerin geändert hat, führt auch das Vorbringen, wonach der Vergleich vom 29. April 2004 den Anträgen der Klägerin aufgrund der geänderten Rechtslage nicht entgegenstehe, nicht zur Zulassung der Berufung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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