Verwaltungsrecht

Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis und familiäre Gemeinschaft

Aktenzeichen  10 CS 18.559, 10 C 18.560

Datum:
24.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 8622
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 28 Abs. 1 S. 1, § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
VwGO § 80 Abs. 5, § 146 Abs. 4 S. 6

 

Leitsatz

Hat der Beschwerdeführer zu seinem Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis keine Anhaltspunkte für eine gelebte familiäre Gemeinschaft mit seinem Sohn vorgetragen, sondern lediglich die Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts in Frage gestellt und sich auf Vorwürfe gegen seine frühere Ehefrau und das Jugendamt beschränkt, bleibt die Beschwerde gegen die Ablehnung seines Eilantrages erfolglos. (Rn. 10 – 11) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 1 S 18.19 2018-02-14 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Die Verfahren 10 CS 18.559 und 10 C 18.560 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
III. Der Antragsteller trägt die Kosten der Beschwerdeverfahren.
IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren 10 CS 18.559 wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antragsteller, ein marokkanischer Staatsangehöriger, verfolgt mit seinen Beschwerden seinen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (Au 1 K 17.1970) sowie den Antrag auf Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren weiter.
Gegenstand der Klage und des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO ist der Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. Dezember 2017, mit dem diese den Antrag des Antragstellers auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis abgelehnt und ihm unter Bestimmung einer Ausreisefrist seine Abschiebung angedroht hat.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, mit dem mit der Beschwerde angefochtenen Beschluss vom 14. Februar 2018 abgelehnt, weil die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben werde. Eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG bzw. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG komme nicht in Betracht, da die Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen nicht mehr bestehe und ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nicht entstanden sei. Für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG fehle es daran, dass der Antragsteller für seinen Sohn kein Sorgerecht besitze.
Sei der ausländische Elternteil nicht sorgeberechtigt, könne ihm nach § 28 Abs. 1 Satz 4 AufenthG im Wege des Ermessens eine Aufenthaltserlaubnis erteilt oder verlängert werden, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt werde. Vom Sorgerecht abgesehen, müsse ein gemeinsames Leben ähnlich wie in einer Familie mit gemeinsamem Sorgerecht der Eltern geführt werden. Es brauche nicht unbedingt eine häusliche Gemeinschaft gelebt zu werden; regelmäßige Besuche, Gespräche und Betreuungsleistungen könnten ausreichen. Diese Voraussetzungen seien jedoch vorliegend nicht erfüllt. Nach der Trennung der Ehegatten im Frühjahr 2016 habe zunächst überhaupt kein Kontakt zwischen dem Antragsteller und seinem Sohn stattgefunden. Zwischen Februar und Juli 2017 hätten insgesamt acht begleitete Umgangstreffen stattgefunden, nach dem letzten Treffen sei der begleitete Umgang aufgrund des Verhaltens des Antragstellers auf Veranlassung des Jugendamts eingestellt worden. Seither habe auch nach den eigenen Angaben des Antragstellers kein Kontakt mehr zu seinem Sohn bestanden.
Mangels hinreichender Erfolgsaussichten sei auch der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren abzulehnen.
Die zulässigen Beschwerden, die gemäß § 93 Satz 1 VwGO zur gemeinsamen Entscheidung verbunden werden, sind nicht begründet.
1. Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (10 CS 18.559) bleibt erfolglos.
Der Verwaltungsgerichtshof ist dabei gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO in seiner Prüfung auf die vom Beschwerdeführer vorgebrachen Gründe beschränkt. Der Beschwerdeführer hat sich in seiner Beschwerdebegründung mit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts auseinanderzusetzen; mangelt es daran, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 4 VwGO).
Es bestehen insoweit allerdings – worauf die Antragsgegnerin zu Recht hinweist – Zweifel daran, ob der Antragsteller in ausreichendem Maße auf die Gründe der Entscheidung des Verwaltungsgerichts eingegangen ist, denn er macht nur geltend, die Antragsgegnerin habe ihr Ermessen überhaupt nicht oder falsch ausgeübt. Jedoch ist das Verwaltungsgericht nicht auf Ermessenserwägungen eingegangen, weil es bereits den Tatbestand für eine Ermessenentscheidung nach § 28 Abs. 1 Satz 4 AufenthG verneint hat.
Allerdings können die weiteren Ausführungen in der Begründung der Beschwerde dahin verstanden werden, der Antragsteller wende sich (auch) gegen die Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts und damit gegen dessen Annahme, es fehle an einer gelebten familiären Gemeinschaft in Sinn des § 28 Abs. 1 Satz 4 AufenthG. Er kann diese Bewertung jedoch nicht in Frage stellen, insbesondere nicht den Umstand bestreiten, dass er seit den acht Terminen begleiteten Umgangs von Februar bis Juli 2017 keinen Kontakt mehr zu seinem Sohn hat. Seine Ausführungen beschränken sich auf Vorwürfe gegen seine frühere Ehefrau und das Jugendamt, die ungerechtfertigt seinen Kontakt zu seinem Sohn verhindern würden bzw. seinerzeit nur in sehr beschränktem Umfang zugelassen hätten, ohne irgendwelche Anhaltspunkte für eine bereits gelebte familiäre Gemeinschaft mit seinem Sohn vorzutragen.
Nichts anderes ergibt sich auch aus dem von ihm mittlerweile angestrengten familiengerichtlichen Verfahren. Die von dem Familiengericht eingeholte und vom Antragsteller selbst vorgelegte ausführliche Stellungnahme des zuständigen Jugendamtes vom 15. März 2018 kommt zu dem Ergebnis, dass seitens des Kindes „keine tragfähige Beziehung zum Vater besteht“, weshalb eine Umgangsgestaltung durch Besuche des Kindes beim Vater „sicherlich nicht kindeswohldienlich wäre“. Auch ein begleiteter Umgang sei „aktuell nicht indiziert“.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
2. Die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (10 C 18.560) ist ebenfalls unbegründet.
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 5 VwGO) aus den in dem Beschluss aufgeführten Gründen keine hinreichenden Erfolgsaussichten hatte und damit die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 ZPO nicht vorlagen. Es hat zu Recht festgestellt, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels für den Antragsteller weder nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 3, nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder nach § 28 Abs. 1 Satz 4 AufenthG vorliegen. Weder hat der Antragsteller – wie sich aus dem oben Dargestellten ergibt – etwas vorgetragen noch gibt es sonstige Anhaltspunkte dafür, dass die Feststellungen oder Bewertungen des Verwaltungsgerichts unzutreffend sein könnten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) für eine Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe eine Festgebühr anfällt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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