Aktenzeichen 11 ZB 17.30810
Leitsatz
1. Eine Zulassung der Berufung kommt nur in Betracht, wenn hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund geltend gemacht und gegeben ist. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es besteht keine generelle Pflicht des Gerichts, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder die mögliche Würdigung des Sachverhalts hinzuweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Einschätzung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Entscheidungsfindung nach Schluss der mündlichen Verhandlung ergibt. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
W 7 K 16.32462 2017-04-03 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Denn die Kläger haben nur einen der die verwaltungsgerichtliche Entscheidung jeweils für sich selbständig tragenden Gründe mit der Verfahrensrüge gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO angegriffen. Sie machen geltend, das Verwaltungsgericht habe ihren Vortrag anders als das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge überraschend und ohne entsprechenden Vorhalt in der mündlichen Verhandlung für unglaubhaft erachtet und sie dadurch in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Abgesehen davon, dass auch das Bundesamt ihre Angaben angezweifelt und lediglich als wahr unterstellt hat (siehe Seite 4 des Bescheides vom 1. Dezember 2016 betreffend die Kläger zu 1 bis 4), hat das Gericht die Klage nicht nur wegen mangelnder Glaubhaftigkeit ihres Vortrags, sondern unter Bezug auf die Gründe des angefochtenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG) auch deshalb abgewiesen, weil sie staatliche Hilfe gegen die angeblichen Verfolgungshandlungen hätten in Anspruch nehmen können (§ 3d AsylG). Eine Zulassung der Berufung kommt indes nur in Betracht, wenn hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund geltend gemacht und gegeben ist (vgl. BVerwG, B.v. 17.12.2010 – 9 B 60/10 – juris Rn. 3 m.w.N.; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 124a Rn. 7).
Im Übrigen fehlt es auch an einer unzulässigen Überraschungsentscheidung. Hiervon kann unter anderem dann nicht gesprochen werden, wenn das Gericht Tatsachen, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten, in einer Weise würdigt, die nicht den subjektiven Erwartungen eines Prozessbeteiligten entspricht oder von ihm für unrichtig gehalten werden (BVerwG, B.v. 25.5.2017 – 5 B 75/15 D – juris Rn. 11). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht keine, auch nicht aus Art. 103 Abs. 1 GG abzuleitende, generelle Pflicht des Gerichts, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder die mögliche Würdigung des Sachverhalts hinzuweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Einschätzung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Entscheidungsfindung nach Schluss der mündlichen Verhandlung ergibt (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2001 – 1 B 347/01, 1 PKH 46/01 – juris Rn. 5; B.v. 28.12.1999 – 9 B 467/99 – Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 51 = juris Rn. 2; B.v. 11.5.1999 – 9 B 1076/98 – juris Rn. 10). Dass es im Asylverfahren, soweit entscheidungserheblich, stets auch um die Glaubwürdigkeit des Asylsuchenden und die Glaubhaftigkeit seines Vortrags geht, ist selbstverständlich und bedarf grundsätzlich nicht des besonderen Hinweises durch das Gericht (BVerwG, B.v. 26.11.2001, a.a.O.; vgl. auch OVG NW, B.v. 16.12.2016 – 1 A 2199/16.A – juris Rn. 27). Insbesondere vor dem Hintergrund, dass bereits das Bundesamt nicht von der Wahrheit ihrer Angaben überzeugt war, mussten die Kläger damit rechnen, dass das Verwaltungsgericht ihren Vortrag einer kritischen Prüfung unterziehen würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
Mit dieser gemäß § 80 AsylG unanfechtbaren Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).