Verwaltungsrecht

Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit

Aktenzeichen  10 ZB 20.752

Datum:
23.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 14548
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FreizügG/EU § 6 Abs. 1, Abs. 5
EMRK Art. 8 Abs. 1
GG Art. 6
VwGO § 108 Abs. 1

 

Leitsatz

Die Aufklärungsrüge nach § 86 Abs. 1 VwGO greift nicht durch, wenn ein Tatsachengericht von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Kläger in der mündlichen Verhandlung zu beantragen unterlassen hat (BVerwG BeckRS 2013, 46319). (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 10 K 18.6014 2020-01-16 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung wenden sich die Kläger in der Sache gegen den Bescheid der Beklagten vom 6. November 2018, mit dem hinsichtlich des Klägers zu 1. (im Folgenden: Kläger) der Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet festgestellt, die Einreise und der Aufenthalt befristet untersagt sowie der Kläger zum Verlassen der Bundesrepublik D. aufgefordert und ihm für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung nach Bosnien-Herzegowina angedroht wurde. Die hiergegen erhobenen Klagen der Kläger blieben in erster Instanz ganz überwiegend erfolglos. Auf die Klage der Klägerin zu 2. (im Folgenden: Klägerin), der kroatischen Ehefrau des Klägers, hin hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 16. Januar 2020 den Bescheid aufgehoben, soweit die Befristung des Aufenthalts- und Einreiseverbots vier Jahre überstieg, die Klage jedoch im Übrigen als zulässig aber unbegründet abgewiesen. Die Klage des Klägers hat das Verwaltungsgericht mit dem gleichen Urteil als unzulässig abgewiesen.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.
1. Hinsichtlich der Abweisung der Klage des Klägers durch das Verwaltungsgericht folgt dies bereits daraus, dass kein Zulassungsgrund im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt wurde. Das Zulassungsvorbringen verhält sich in keiner Weise zu der tragenden Annahme des Verwaltungsgerichts, die Klage des Klägers sei bereits wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig. Vielmehr bezieht sich das Vorbringen allein auf die Ausführungen des Erstgerichts zur Rechtmäßigkeit der Verlustfeststellung im Rahmen der Prüfung der Begründetheit der Klage der Klägerin und erfüllt damit offensichtlich nicht die Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.
2. Der Antrag ist auch unbegründet, soweit er die Abweisung der Klage der Klägerin betrifft, weil sich aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag weder die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (a)) noch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (b)) noch ein Verfahrensmangel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (c)) ergeben.
a) Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Solche Zweifel bestünden dann, wenn die Klägerin im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16). Dies ist jedoch nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die Klage der Klägerin sei zulässig, obwohl die Verlustfeststellung ihren Ehemann betreffe. Die Verlustfeststellung sei jedoch rechtmäßig. Dabei hat das Verwaltungsgericht offengelassen, ob sich der Kläger auf den besonderen Schutz für Daueraufenthaltsberechtigte mit einer 10-jährigen Aufenthaltszeit im Bundesgebiet nach § 6 Abs. 5 FreizügG/EU berufen könne, weil die Verlustfeststellung auch rechtmäßig sei, wenn sie an den besonders strengen Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU gemessen werde. Die Verlustfeststellung sei aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit gerechtfertigt. Das Verhalten des Klägers, der mit Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 29. Juni 2018 wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit versuchtem Raub mit Todesfolge, mit gefährlicher Köperverletzung, mit besonders schwerem Raub und mit versuchtem bewaffneten Sichverschaffen von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt worden sei und bei dem gleichzeitig aufgrund seiner Drogenabhängigkeit die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach Verbüßung eines Teils der Freiheitsstrafe angeordnet worden sei, stelle eine gegenwärtige, tatsächliche und hinreichende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit dar, die Grundinteressen der Gesellschaft berühre. Vom Kläger gehe auch gegenwärtig eine Wiederholungsgefahr aus, da er nicht erfolgreich therapiert sei, erhebliche Schulden habe und nach der Haftentlassung möglicherweise nur schwer eine Arbeit finden werde. Die Verlustfeststellung sei ermessensfehlerfrei ergangen, insbesondere verstoße sie weder gegen Art. 8 EMRK noch gegen Art. 6 GG. Der Kläger sei zwar faktischer Inländer, eine Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina sei ihm jedoch zumutbar, zumal dort noch ein Onkel lebe, zu dem der Vater des Klägers Kontakt habe. Die Bindungen des Klägers zur Klägerin und der im Juni 2015 geborenen gemeinsamen Tochter, die auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitze, wögen nicht so schwer, dass sie das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung überwögen. Das Gericht könne weder eine tiefere Verbundenheit der Ehegatten, noch eine intensive Vater-Kind-Beziehung feststellen.
Die Kläger tragen hierzu vor, das Verwaltungsgericht verkenne, dass der Kläger seit der Inhaftierung eine persönliche Entwicklung durchlaufen habe, was sich insbesondere daran zeige, dass er seit der Inhaftierung nicht rückfällig oder strafrechtlich auffällig geworden sei. Eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht. Bestätigt werde dies durch die positive Stellungnahme der Entziehungsanstalt. Weiter habe das Gericht auch nicht berücksichtigt, dass der Kläger sich erstmals in Haft befinde. Das Verwaltungsgericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass die gesamte Familie des Klägers im Bundesgebiet lebe. In Bosnien-Herzegowina lebe lediglich ein Onkel, zu dem kein Kontakt bestehe. Aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit in Bosnien-Herzegowina und der immer noch anhaltenden Spaltung des Landes würde es für den Kläger sehr schwer werden, dort Fuß zu fassen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe die Beklagte nicht ermessensfehlerfrei entschieden. Sie habe in ihrer „Stellungnahme vom 07.09.2015 zum Bewährungsbeschluss des Amtsgerichts Neuburg a.d. Donau“ (sic), lediglich ausgeführt, dass dieser den Wegfall der Wiederholungsgefahr nicht belege. Das Gericht habe aufgrund der nur eineinhalbstündigen mündlichen Verhandlung nicht annehmen dürfen, dass eine tiefe Verbundenheit der Kläger nicht bestehe. Entsprechendes gelte für die Annahme, es bestehe keine intensive Vater-Kind-Beziehung. Die Klägerin wolle an der Ehe festhalten, andernfalls hätte sie nicht gegen die Verlustfeststellung geklagt. Für die gemeinsame Tochter sei die Beziehung zum Vater sehr wichtig.
Diese Einwände begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht einen Zusammenhang zwischen der Straffälligkeit und der Drogenabhängigkeit des Klägers angenommen und auf die Rechtsprechung des Senats zur Wiederholungsgefahr bei nicht therapierten Suchterkrankungen abgestellt (stRspr, siehe z.B. BayVGH, B.v. 26.11.2019 – 10 C 19.2267 – juris Rn. 10 m.w.N.). Dass die Therapie des Klägers allenfalls am Anfang steht, bestätigt auch die Stellungnahme der Entziehungsanstalt vom 15. Januar 2020, die zusammenfassend ausführt, die erzielten Fortschritte bedürften der weiteren Stabilisierung und der Erprobung unter gesteigerten Lockerungsbedingungen.
Auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Verlustfeststellung erweise sich auch unter Berücksichtigung der persönlichen Bindungen des Klägers im Bundesgebiet als verhältnismäßig, begegnet keinen ernstlichen Zweifeln. Das Zulassungsvorbringen, das Verwaltungsgericht habe nicht lediglich aufgrund einer rund eineinhalbstündigen mündlichen Verhandlung in Abrede stellen dürfen, dass die Kläger sich wieder versöhnt hätten und eine tatsächliche enge Verbundenheit bestehe, ändert hieran nichts. Ob zwischen einem Ausländer und seinem Ehegatten eine tatsächliche enge Verbundenheit besteht, die im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu Gunsten des Ausländers zu berücksichtigen wäre, entscheidet das Gericht gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es ist bei der Würdigung aller erheblichen Tatsachen frei (Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 108 Rn. 4). Soweit eine fehlerhafte Überzeugungsbildung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, genügt für den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO allein der Vortrag, die Tatsachen seien anders als vom Verwaltungsgericht angenommen oder der Sachverhalt sei anders zu bewerten, nicht. Mit Einwänden gegen die freie, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnene richterliche Überzeugung wird die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts erst dann in Frage gestellt, wenn Gründe dafür aufgezeigt werden, dass die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Überzeugungsbildung fehlerhaft ist, etwa weil das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich von einem unzutreffenden bzw. auch unzureichend ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist oder die Beweiswürdigung gedankliche Lücken oder Ungereimtheiten aufweist (BayVGH, B.v. 13.1.2020 – 10 ZB 19.1599 – juris Rn. 7). Letzteres ist insbesondere bei einer Verletzung von Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, gegebenenfalls heranzuziehenden gesetzlichen Beweisregeln oder sachwidriger Beweiswürdigung anzunehmen (BayVGH, B.v. vom 25.10.2017 – 5 ZB 17.340 – juris Rn. 39; OVG Bln-Bbg, B.v. 29.9.2017 – OVG 5 N 40.16 – juris Rn. 9). Derartige Mängel zeigt die Begründung des Zulassungsantrags jedoch nicht auf. Das Verwaltungsgericht hat sich darauf gestützt, dass die Ehegatten während der mündlichen Verhandlung nicht den Eindruck tiefer Verbundenheit gemacht hätten. Zwar hätten sie sich an den Händen gehalten, die Initiative hierfür sei aber nur vom Kläger ausgegangen, während die Klägerin sich eher abgewandt habe. Auch sei für das Gericht nicht nachvollziehbar, warum sich die Klägerin, die im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren noch angegeben hatte, erhebliche Angst vor dem Kläger zu haben, ohne weiteres mit dem Kläger versöhnt haben sollte. Selbst im Falle einer Versöhnung sei nicht von einer engen Lebensgemeinschaft auszugehen, da die Eheleute bereits seit Januar 2017 nicht mehr zusammenleben würden. Dem setzt die Klägerin lediglich ihre eigene Tatsachenwürdigung entgegen, ohne einen Fehler in der Überzeugungsbildung des Verwaltungsgerichts aufzuzeigen.
Entsprechendes gilt für das Zulassungsvorbringen (im Rahmen einer Aufklärungsrüge) zu behaupteten fehlerhaften Feststellungen zur Vater-Tochter-Beziehung. Das Verwaltungsgericht hat nach einer entsprechenden Anhörung der Kläger und aufgrund der aktenkundigen Angaben der Klägerin im Ermittlungsverfahren gegen den Kläger den Schluss gezogen, eine enge Vater-Kind-Beziehung bestehe nicht und sich dabei insbesondere auf das vom Kläger geschilderte Verhalten des Kindes bei Telefonaten und den Umstand, dass der Kläger im Januar 2017 die gemeinsame Wohnung verlassen habe, als das Kind gerade einmal eineinhalb Jahre alt gewesen sei, gestützt. Auch zuvor habe der Kläger ausweislich der Angaben der Klägerin im Ermittlungsverfahren abhängigkeitsbedingt Schwierigkeiten gehabt, eine Bindung zu seiner Tochter aufzubauen. Deshalb sei davon auszugehen, dass das Kind – unabhängig von der Verlustfeststellung – die Trennung vom Vater bereits als endgültigen Verlust empfunden habe. Auch hier setzt das Zulassungsvorbringen lediglich die eigene Würdigung des Sachverhaltes an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung, ohne einen Fehler in der richterlichen Überzeugungsbildung aufzuzeigen.
Mit der Behauptung, dass der Kläger es „sehr schwer“ haben werde, in Bosnien-Herzegowina wieder Fuß zu fassen, wird weiter nicht dargelegt, dass dem Kläger eine Rückkehr dorthin unzumutbar wäre. Vielmehr sprechen seine unbestrittenen Kenntnisse der bosnischen (und deutschen) Sprache, sein Alter, sein in Deutschland erworbener Abschluss als Automobilbauer und seine beruflichen Erfahrungen dafür, dass ihm eine wirtschaftliche Integration in B.-H. gelingen kann.
Schließlich ist anhand des Zulassungsvorbringens auch nicht erkennbar, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts aus sonstigen Gründen unrichtig wäre. Bei dem Verweis der Kläger auf eine „Stellungnahme vom 07.09.2015 zum Bewährungsbeschluss des Amtsgerichts Neuburg a.d. Donau“ handelt es sich offensichtlich um eine Textpassage aus einem anderen Verfahren ohne Bezug zum Urteil des Verwaltungsgerichts.
b) Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt ebenfalls nicht vor.
Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2020 – 10 ZB 19.2235 – Rn. 4; B.v. 14.2.2019 – 10 ZB 18.1967 – juris Rn. 10; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 72). Gemessen daran kommt dem vorliegenden Fall keine grundsätzliche Bedeutung zu.
Die vom Zulassungsantrag aufgeworfenen und vom Verwaltungsgericht thematisierten, letztlich jedoch offen gelassenen Fragen zur Berechnung der 10-jährigen Aufenthaltsdauer im Sinne des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU sind nicht entscheidungserheblich. Unabhängig von der Beantwortung der Fragen wäre die Klage der Klägerin im erfolgten Umfang abzuweisen gewesen, denn die Verlustfeststellung genügt – wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat – auch den (bezogen auf die gestuften Anforderungen der Absätze 1, 4 und 5 von § 6 FreizügG/EU strengsten) Anforderungen des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU. Hinsichtlich der Klage des Klägers stellen sich die entsprechenden Fragen schon wegen der Unzulässigkeit der Klage nicht.
c) Verfahrensfehler im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegen ebenfalls nicht vor bzw. sind schon nicht hinreichend dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
Die Aufklärungsrüge nach § 86 Abs. 1 VwGO, wie sie die Kläger im Hinblick auf die unterlassene Einholung eines Gutachtens zur Vater-Kind-Bindung erhoben haben, greift schon deswegen nicht durch, weil ein Tatsachengericht seine Aufklärungspflicht grundsätzlich dann nicht verletzt, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Kläger in der mündlichen Verhandlung zu beantragen unterlassen hat (vgl. etwa BVerwG, B.v. 20.12.2012 – 4 B 20.12 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 11.10.2017 – 1 ZB 15.1773 – juris Rn. 3). Im vorliegenden Fall wurde ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung kein Beweisantrag gestellt. Das Verwaltungsgericht konnte sich bei der Beurteilung der Vater-Tochter-Bindung – wie dargestellt – auf die Angaben der Kläger in der mündlichen Verhandlung und die aktenkundigen Angaben der Klägerin im Ermittlungsverfahren stützen. Dass sich dem Verwaltungsgericht angesichts dessen unabhängig von einem Beweisantrag eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen, wird mit dem Zulassungsantrag nicht dargelegt.
In der unterlassenen Einholung eines solchen Gutachtens liegt schließlich – entgegen der Auffassung der Kläger – auch kein Gehörsverstoß. Denn aus dem Prozessgrundrecht des Art. 103 Abs. 1 GG folgt keine allgemeine Aufklärungspflicht des Gerichts (vgl. BVerwG, B.v. 15.7.2016 – 5 P 4.16 – juris Rn. 3 m.w.N.; B.v. 16.8.2011 – 6 B 18.11 – juris Rn. 9 m.w.N.). Ein (hier ohnehin nicht vorliegender) Aufklärungsmangel begründet grundsätzlich keinen Gehörsverstoß im Sinne des § 138 VwGO (BayVGH, B.v. 18.7.2019 – 10 ZB 19.32567 – juris Rn. 9).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 39 Abs. 1 sowie § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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