Verwaltungsrecht

Verpflichtung des Eigetümers zur Tragung der Kosten für Maßnahmen zur Instandhaltung eines Baudenkmals

Aktenzeichen  2 ZB 16.152

Datum:
26.6.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 116967
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3, § 124a Abs. 4
DSchG Art. 4 Abs. 2, Abs. 3 S. 3, Art. 6
BGB § 199 Abs. 1 Nr. 1
AGBGB Art. 71 Abs. 1 S. 2, S. 4

 

Leitsatz

1 Es ist mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar‚ dem Eigentümer die Darlegungs- und Beweislast dafür aufzubürden‚ dass er von seinem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch machen und es praktisch auch nicht veräußern kann. (Rn. 3) (red. LS Andreas Decker)
2 Aus dem Wortlaut des Art. 4 Abs. 3 S. 3 DSchG ergibt sich‚ dass nur die Kosten verlangt werden können‚ die tatsächlich entstanden sind. Das setzt die Durchführung der Maßnahmen voraus und ermöglicht regelmäßig erst eine nachgelagerte Zumutbarkeitsprüfung. (Rn. 6) (red. LS Andreas Decker)

Verfahrensgang

4 K 14.1440 2015-12-02 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 17.856‚- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung (§§ 124‚ 124a Abs. 4 VwGO) hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Rechtmäßigkeit der erstgerichtlichen Entscheidung vom 2. Dezember 2015.
Gemäß Art. 4 Abs. 3 Satz 3 DSchG hat der Kläger die Kosten der Maßnahmen zur Instandhaltung seines Baudenkmals zu tragen‚ die der Beklagte mit Bescheiden vom 24. November 2003 und 11. August 2004 zur Duldung durch den Kläger angeordnet hat. Die Voraussetzung‚ dass der Kläger selbst zur Durchführung der Maßnahmen gemäß Art. 4 Abs. 2 DSchG hätte verpflichtet werden können‚ liegt vor. Insbesondere war dem Kläger die Durchführung der Erhaltungsmaßnahmen im Sinn von Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 DSchG zumutbar. Entgegen der Auffassung des Klägers ist er aufgrund seiner Mitwirkungspflicht und Duldungspflicht gehalten‚ der Behörde die Grundlagen für die Zumutbarkeitsprüfung zu liefern. Es ist mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar‚ dem Eigentümer die Darlegungs- und Beweislast dafür aufzubürden‚ dass er von seinem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch machen und es praktisch auch nicht veräußern kann (vgl. BVerwG‚ B.v. 28.7.2016 – 4 B 12.16 – BayVBl 2017‚ 206; BayVGH‚ U.v. 12.8.2015 – 1 B 12.79 – BayVBl 2016‚ 20; B.v. 4.9.2012 – 2 ZB 11.587 – juris). Soweit der Kläger geltend macht‚ die vom Erstgericht genannte Rechtsprechung beziehe sich nur auf Verpflichtungsklagen auf Erteilung einer Erlaubnis zum Abbruch von Denkmälern‚ führt dies nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der erstgerichtlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat zumindest für den vorliegenden Fall zu Recht die zitierten Grundsätze auf die Konstellation nach Art. 4 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 DSchG übertragen. Denn diese entsprechen der grundsätzlichen Aufgabenverteilung zwischen Denkmaleigentümer und Denkmalschutzbehörde bei Maßnahmen an Baudenkmälern nach Art. 4 bis 6 DSchG. Zudem hatte der Kläger bereits im Jahr 2001 einen Erlaubnisantrag im Hinblick auf den Abbruch des Gebäudes gestellt‚ den er erst mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 23. Januar 2012 zurücknahm. Außerdem ist sowohl im Bescheid vom 24. November 2003 als auch im Bescheid vom 11. August 2004 die Stellungnahme des Kreisbaumeisters dazu angeführt‚ welche zukünftigen Nutzungen für das Gebäude in Betracht kommen. Ferner hat die Behörde in beiden Bescheiden eine überschlägige Zumutbarkeitsprüfung vorgenommen. Damit hat sie genau der Forderung des Klägers entsprochen‚ zumindest mit typisierenden Annahmen und in gewissem Umfang groben Schätzungen (vgl. OVG NRW‚ B.v. 22.8.2007 – 10 A 3453/06 – BauR 2007‚ 2045 zu dem Eigentümer selbst auferlegten Erhaltungsmaßnahmen) vor Durchführung der Maßnahmen die Zumutbarkeit zu prüfen. Soweit der Kläger die Berücksichtigung weiterer Gesichtspunkte wünschte‚ hätte er sie mithin darlegen müssen. Dazu hätte ihn auch bereits sein Antrag auf Erteilung einer Abbrucherlaubnis veranlassen müssen.
Die Ausführungen des Klägers dazu‚ dass er seine Mitwirkungspflicht erfüllt habe‚ sind nicht nachvollziehbar. Der Kläger ist mit inzwischen bestandskräftigem Bescheid vom 28. November 2007 verpflichtet worden‚ Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen. Im Rahmen des Klageverfahrens gegen diesen Bescheid erklärte er sich bereit‚ den Auftrag für eine Voruntersuchung zur Sanierung des streitgegenständlichen Baudenkmals zu erteilen und diese Voruntersuchung dann innerhalb eines Jahres dem Landratsamt vorzulegen. Danach sollte der Kläger binnen drei Monaten die erforderliche Wirtschaftlichkeitsberechnung vorlegen. Das Landessamt für Denkmalpflege sicherte für diese Voruntersuchung eine Förderung von mindestens 80% zu. Zu der Voruntersuchung kam es insbesondere deshalb nicht‚ weil zwischen Kläger und Beklagtem keine Einigkeit bezüglich des zu beauftragenden Architekturbüros hergestellt werden konnte. Angesichts eines Fördersatzes von mindestens 80% liegt es auf der Hand‚ dass sich das Landesamt für Denkmalpflege das Einverständnis hinsichtlich des zu beauftragenden Architekten vorbehalten durfte. Schließlich legte der Kläger mit Schreiben vom 12. Dezember 2013 auszugsweise Einkommensteuerbescheide nur für die Jahre 2007 und 2008 sowie eine Aufstellung über seine Einnahmen und Ausgaben im Jahr 2012 vor. Im Übrigen blieb er bei seiner Auffassung‚ dass es Sache des Landratsamts und nicht des Denkmaleigentümers sei‚ dazulegen und zu beweisen‚ dass die Erhaltung des Denkmals aus tatsächlichen und wirtschaftlichen Gründen zumutbar sei und bei objektbezogener Betrachtung die Kosten von Sanierung und Erhaltung den erzielbaren Nutzungsertrag nicht überstiegen. Angesichts dieses Geschehensablaufs kann von einer ausreichenden Erfüllung der Mitwirkungspflicht nicht ausgegangen werden.
Soweit der Kläger sich dagegen wendet‚ dass das Verwaltungsgericht die subjektive Zumutbarkeit für ihn bejaht habe‚ hat sein Vorbringen keinen Erfolg. Zunächst ist zu berücksichtigen‚ dass der Kläger nur zur Kostentragung für Instandhaltungsmaßnahmen‚ aber nicht zu einer vollständigen Instandsetzung des Gebäudes verpflichtet wird. Soweit der Kläger auf den Zeitpunkt der Jahre 2003 oder 2004 abstellen will‚ fehlt es insoweit völlig an Angaben zur subjektiven Zumutbarkeit. Soweit der Kläger auf den Zeitpunkt des Bescheidserlasses im Jahr 2014 abstellen will‚ ist sein Vorbringen unsubstanziiert. Im Zulassungsantrag wird nur behauptet‚ aber nicht dargelegt‚ wieso er entgegen der Auffassung des Erstgerichts den Erstattungsbetrag nicht aufbringen könne. Die letztlich mit Schreiben vom 28.April 2015 dem Landratsamt vorgelegte Aufstellung über Einnahmen und Ausgaben im Jahr 2014 ist überdies nicht mit Belegen versehen. Zahlreiche erhebliche Positionen dieser Aufstellung sind jedoch nicht aus sich heraus verständlich. Die von ihm ebenfalls vorgelegten Einkommenssteuerbescheide datieren aus dem Jahr 2015 und betreffen die Steuerjahre 2010 sowie 2011. Sie sind demnach für die Situation im Jahr 2014 nicht maßgeblich.
Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Erstgericht auch zutreffend entschieden‚ dass der Erstattungsanspruch nach Art. 4 Abs. 3 Satz 3 DSchG weder erloschen noch verjährt ist. Unabhängig davon‚ ob man die Regelung des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB oder des Art. 71 Abs. 1 Sätze 2 und 4 AGBGB zugrunde legen will‚ ist die Voraussetzung für den Beginn der Frist der Verjährung oder des Erlöschens die Entstehung des Anspruchs. Entstanden ist ein Anspruch‚ sobald er im Weg der Klage geltend gemacht werden kann. Zu den erforderlichen tatbestandlichen Voraussetzungen nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 DSchG für die Entstehung des Anspruchs im vorliegenden Fall gehört insbesondere auch der Vorbehalt der Zumutbarkeit (vgl. BayVGH‚ B.v. 2.4.2004 – 26 CS 04.375 – juris). Es handelt sich hierbei nicht lediglich um eine rechtsvernichtende Tatsache. Die untere Denkmalschutzbehörde war aber nicht gehalten‚ vor Erlass des Bescheids nach § 4 Abs. 3 DSchG vom 24. November 2003 die Frage der Zumutbarkeit im Rahmen der Instandsetzungsanordnung vollumfänglich zu stellen und dazu Auskünfte über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers einzuholen. Denn aus dem Wortlaut des Art. 4 Abs. 3 Satz 3 DSchG ergibt sich‚ dass nur die Kosten verlangt werden können‚ die tatsächlich entstanden sind. Dies setzt die Durchführung der Maßnahmen voraus und ermöglicht regelmäßig erst eine nachgelagerte Zumutbarkeitsprüfung (vgl. BayVGH‚ B.v. 2.4.2004 – 26 CS 04.375 – juris). Im Rahmen des Art. 4 Abs. 3 Sätze 1 und 2 DSchG kommt es – anders als bei Maßnahmen nach Art. 4 Abs. 2 DSchG und bei der Frage der Entscheidung über eine Abbrucherlaubnis nach Art. 6 DSchG – somit auf eine im Vorfeld vom Kläger vorgetragene Unzumutbarkeit von Erhaltungsmaßnahmen nicht entscheidend an. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten‚ wenn eine Gesamtsanierung des Gebäudes nicht zumutbar oder eine sinnvolle Nutzung des Gebäudes nicht möglich wäre (vgl. BayVGH‚ B.v. 20.8.2010 – 15 CS 10.1669 – juris). Hierzu hat der Kläger aber keine Unterlagen vorgelegt.
2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Dass es sich bei der Frage der subjektiven Zumutbarkeit im Sinn von Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 DSchG um eine tatbestandliche Voraussetzung handelt‚ auf die Art. 4 Abs. 3 Satz 3 DSchG verweist‚ ergibt sich aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut und ist in der Rechtsprechung geklärt (vgl. BayVGH‚ B.v. 2.4.2004 – 26 CS 04.375 – juris).
Ebenso ist die Frage der Darlegungs- und Beweislast des Eigentümers dafür‚ dass er von seinem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch machen und es praktisch auch nicht veräußern kann‚ in der Rechtsprechung geklärt (vgl. BVerwG‚ B.v. 28.7.2016 – 4 B 12.16 – BayVBl 2017‚ 206). Dass diese Grundsätze zumindest in der vorliegenden Konstellation auf die Zumutbarkeitsprüfung im Rahmen des Kostenerstattungsanspruchs nach Art. 4 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 DSchG übertragen werden können‚ wurde oben unter Ziffer 1. ausgeführt. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ergeben sich aus Art. 4 und 5 DSchG weitreichende verfahrensrechtliche Mitwirkungs- und Darlegungspflichten des Denkmaleigentümers‚ gerade im Hinblick auf die Prüfung der denkmalrechtlichen Zumutbarkeit (vgl. BayVGH‚ U.v. 12.8.2015 – 1 B 12.79 – BayVBl 2016‚ 20).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47‚ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

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