Verwaltungsrecht

Versagung einer Aufenthaltserlaubnis wegen langjähriger Identitätstäuschung

Aktenzeichen  Au 6 K 18.748

Datum:
24.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 27030
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 5 Abs. 1, Abs. 2, § 10 Abs. 3, § 25 Abs. 5, § 30 Abs. 1, § 36 Abs. 2, § 54 Abs. 2 Nr. 8, Nr. 9, § 60a Abs. 2
GG Art. 6
EMRK Art. 8

 

Leitsatz

In Fällen langjähriger Identitätstäuschung kommt der Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen eines Aufenthaltstitels im Rahmen des Visumverfahrens besonderes Gewicht zu.  (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder Duldung, so dass der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 10. April 2018 auch in seinen Nebenentscheidungen rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird Bezug genommen auf die Begründung des angefochtenen Bescheids (§ 117 Abs. 5 VwGO) und ergänzend ausgeführt:
Maßgebend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2018 – 1 C 16.17 – juris Rn. 13 m.w.N.).
1. Die Versagung der Aufenthaltserlaubnis ist rechtmäßig. Ihrer Erteilung stehen jedenfalls die Sperre des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG und die allgemeine Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG – Nichtbestehen eines Ausweisungsinteresses – i.V.m. § 54 Abs. 2 Nr. 8 und Nr. 9 AufenthG entgegen.
a) Die Sperre des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG greift im Fall des Klägers ein.
Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG darf einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist, vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 bzw. im Falle eines Anspruchs erteilt werden. Ein „Anspruch“ auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Sinne des § 10 Abs. 3 AufenthG setzt einen strikten Rechtsanspruch voraus, der nur vorliegt, wenn alle zwingenden und regelhaften Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels vorliegen, weil nur dann der Gesetzgeber selbst eine Entscheidung über das zu erteilende Aufenthaltsrecht getroffen hat (vgl. BVerwG, U.v. 16.12.2008 – 1 C-37/07 – BVerwGE 132, 382 juris Rn. 21). Der für die Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 10 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 AufenthG erforderliche strikte Rechtsanspruch verlangt deshalb auch, dass der Ausländer gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG mit dem erforderlichen Visum eingereist ist (vgl. BayVGH, B.v. 23.09.2016 – 10 C 16.818 – juris Rn. 10). Fehlt es daran, genügt die in § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vorgesehene Möglichkeit, in bestimmten Fällen im Ermessenswege vom Visumverfahren abzusehen, nicht, um einen Anspruch im Sinne von § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG zu begründen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B .v. 22.10.2014 – OVG 11 S. 59.14 – juris Rn. 4). Ein Anspruch auf Grund einer Ermessensvorschrift genügt auch dann nicht, wenn das Ermessen im Einzelfall „auf Null“ reduziert ist (BVerwG, B.v. 16.2.2012 – 1 B 22.11 – juris; BayVGH, B.v. 21.7.2015 – 10 CS 15.859 – juris Rn. 44 m.w.N.).
aa) Da der Asylantrag des Klägers abgelehnt wurde, greift grundsätzlich die Sperre des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG ein und reduziert die Titelerteilung auf einen strikten Anspruch oder auf humanitäre Zwecke (dazu sogleich).
Diese Ausnahme liegt hier nicht vor, denn ein Anspruch des Klägers ist jedenfalls wegen seiner langjährigen Identitätstäuschung und dem daraus resultierenden Ausweisungsinteresse – sowie zusätzlich der unerlaubten Einreise ohne Visum – auf eine Regel-Ausnahme-Entscheidung herabgestuft, die keinen strikten gesetzlichen Anspruch im o.g. Sinne mehr darstellt:
bb) Auch kommt nach Aktenlage ein Anspruch nach § 27, § 30 AufenthG nicht in Betracht, denn dem Kläger steht mangels Erfüllung der Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG kein Anspruch zu.
Zunächst ist – wie der Beklagte im angefochtenen Bescheid ausführt – der Lebensunterhalt des Asylbewerber-Leistungen beziehenden Klägers nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gesichert; die Kindesmutter ist ebenfalls nicht in der Lage, den Kläger zu unterhalten, bezog sie doch Sozialleistungen und wird auch bei Antritt ihrer Ausbildung, deren baldige Unterbrechung wegen einer erneuten Schwangerschaft absehbar ist, keine Unterhaltsleistung an den Kläger erbringen können.
Weiter besteht – wie der Beklagte ebenfalls im angefochtenen Bescheid ausführt – ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 8 und Nr. 9 AufenthG, da der Kläger langjährig über seine Identität getäuscht und die falsche Identität auch bei der Vaterschaftsanerkennung bzw. für den Geburtseintrag aufrechterhalten hat. Dies steht einem Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entgegen, ohne dass es darauf ankommt, ob er auch ausgewiesen werden könnte (vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2018 – 1 C 16.17 – juris Rn. 15 m.w.N.). Das Ausweisungsinteresse ist angesichts der langjährigen Identitätstäuschung und letztlich noch nicht abschließend geprüften und gesicherten Identität sowie Richtigkeit der vorgelegten Urkunden des Klägers auch noch hinreichend aktuell.
Diese Erwägungen betreffen auch die Ausnahme eines Anspruchs auf eine Aufenthaltserlaubnis nach dem fünften Abschnitt des Aufenthaltsgesetzes (Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen), wobei der Kläger keinen solchen Anspruch hat (zu § 25 Abs. 5 AufenthG sogleich).
Schließlich dürfte die Eheschließung des Klägers im Senegal in Abwesenheit nicht den Formvorschriften des deutschen ordre public entsprechen, daher wohl unwirksam sein und im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu einer Ehe nach § 27, § 30 AufenthG führen. Eine Eheschließung in Deutschland ist beantragt, aber mangels Urkundenlegalisierung und gültigen Passes der Kindesmutter nicht absehbar.
b) Dessen ungeachtet hat der Kläger keinen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG, da seine Abschiebung weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen unmöglich ist. Eine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung ergibt sich nicht aus einem Recht auf Familien- und Privatleben nach Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK.
Der Kläger ist weder als Asylberechtigter oder international Schutzberechtigter anerkannt, noch sind Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG festgestellt als Voraussetzung für einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 bis Abs. 3 AufenthG. Der Kläger ist auch vollziehbar ausreisepflichtig (s.o.) und strebt einen dauerhaften und damit nicht nur vorübergehenden Aufenthalt in der Bundesrepublik an, so dass auch eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 AufenthG nicht in Betracht kommt. Die Ausreise ist dem Kläger auch nicht aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf absehbare Zeit unmöglich (dazu sogleich), so dass auch kein Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG besteht:
Von einer rechtlichen Unmöglichkeit der Abschiebung ist insbesondere auszugehen, wenn Art. 6 GG oder Art. 8 EMRK der Entfernung des Ausländers aus der Bundesrepublik Deutschland entgegenstehen (vgl. BayVGH, B.v. 22.7.2008 – 19 CE 08.781 – juris Rn. 24). In Hinblick auf den zwar länger andauernden, aber nie legalen, durch seine langjährige Identitätstäuschung vorsätzlich erzwungenen Aufenthalt des Klägers in der Bundesrepublik und die hohe Bedeutung des Visumverfahrens im Ausländerrecht ist seine Abschiebung verhältnismäßig und ein rechtliches Abschiebungshindernis auch mit Blick auf die (angestrebte oder schon gelebte) familiäre Lebensgemeinschaft mit seiner Tochter und deren Mutter im Bundesgebiet nicht ersichtlich:
Art. 6 GG gewährt keinen grundrechtlichen Anspruch auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörde zwar, bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren, die bestehenden familiären Bindungen des Ausländers zu Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Mit dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG ist es aber grundsätzlich vereinbar, den Ausländer auf die Einholung eines erforderlichen Visums zu verweisen. Das Visumverfahren bietet Gelegenheit, die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen zu überprüfen. Das Aufenthaltsgesetz trägt dabei dem Gebot der Verhältnismäßigkeit Rechnung, indem es im Einzelfall erlaubt, von dem grundsätzlichen Erfordernis einer Einreise mit dem erforderlichen Visum (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG i.V.m. § 39 Nr. 5 AufenthV) abzusehen. Der mit der Durchführung des Visumverfahrens üblicherweise einhergehende Zeitablauf ist von demjenigen, der die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland begehrt, regelmäßig hinzunehmen (vgl. BVerfG, B.v. 17.5.2011 – 2 BvR 2625/10 – juris Rn. 14 m.w.N.). Erfüllt die Familie im Kern die Funktion einer Beistandsgemeinschaft, weil ein Familienmitglied auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen ist, und kann dieser Beistand nur in Deutschland erbracht werden, weil einem beteiligten Familienmitglied ein Verlassen Deutschlands nicht zumutbar ist, so drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, regelmäßig einwanderungspolitische Belange zurück (vgl. BVerfG, B.v. 17.5.2011 a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Andernfalls sind dem im Bundesgebiet lebenden Familienmitglied grundsätzlich Anstrengungen zumutbar, die familiäre Lebensgemeinschaft durch Besuche oder nötigenfalls zur Gänze im Ausland herzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 21.2.2013 – 10 CS 12.2679 – juris Rn. 33). Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass die vorherige Durchführung eines Visumverfahrens wichtigen öffentlichen Interessen dient. In Fällen wie dem vorliegenden soll die vorherige Durchführung des Visumverfahrens gewährleisten, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug vor der Einreise geprüft werden können, um die Zuwanderung von Personen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, von vornherein zu verhindern (vgl. BayVGH, B.v. 21.2.2013 a.a.O. Rn. 35).
Dies gilt umso mehr, als der Kläger im Jahr 2013 unter Vorspiegelung falscher Tatsachen (Identität, insbesondere Staatsangehörigkeit) in das Bundesgebiet eingereist ist und in den folgenden Jahren diese Täuschung über seine angebliche Heirat mit der Kindesmutter im Jahr 2015 hinaus bis zur Geburt seiner Tochter im Jahr 2017 aufrechterhielt. Eine Überprüfung der Einreisevoraussetzungen ist in einem derartigen Fall erst recht geboten.
Die Nachholung des Visumverfahrens aus dem Heimatland ist dem Kläger auch unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Schutzes von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK grundsätzlich zumutbar (vgl. BVerfG, B.v. 4.12.2007 – 2 BvR 2341/06 – InfAuslR 2008, 239 Rn. 6; BayVGH, B.v. 2.2.2010 – 10 ZB 09.2155 – juris Rn. 9). Dabei ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob es dem Ausländer zumutbar ist, seine familiären Bindungen durch Ausreise zu unterbrechen. Dabei ist eine Interessenabwägung durchzuführen. Je intensiver der Schutzbereich der familiären Lebensgemeinschaft betroffen ist, desto stärker müssen die berechtigen öffentlichen Belange für eine Ausreise sein. Besondere Umstände, die vorliegend ein Absehen von dem hier gewichtigen Erfordernis der Durchführung eines Visumsverfahrens gebieten würden, sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgetragen:
In Hinblick auf den Schutz der Familie nach Art. 6 GG ist zwar auch die Beziehung des nicht (standesamtlich bzw. urkundsmäßig legalisiert) mit der Kindsmutter verheirateten Vaters zu seinen Kindern geschützt, es besteht aber im vorliegenden Fall ein erhebliches öffentliches Interesse daran, dass der Kläger zunächst in den Senegal zurückkehrt. Er hat in Deutschland zwar einen abgelaufenen senegalesischen Reisepass vorgelegt, den er aber bereits während seines gesamten Aufenthalts in Deutschland pflichtwidrig unterdrückt und dessen Besitz er noch im Jahr 2017 wahrheitswidrig geleugnet hatte. Angesichts der langjährigen Täuschung des Klägers über Identität und Passbesitz besteht die konkrete Möglichkeit, dass auch die im nun vorgelegten, am 18. Oktober 2017 für fünf Jahre ausgestellten Reisepass (Kopie Behördenakte Bl. 430) oder den nur in Kopie vorgelegten weiteren senegalesischen Urkunden enthaltenen Angaben nicht der Wahrheit entsprechen. Angesichts der langjährigen vorsätzlichen Identitätstäuschung des Klägers gegenüber deutschen Behörden seit seiner Einreise bedarf die Identität des Klägers vor einer erstmaligen Legalisierung seines Aufenthalts einer besonders sorgfältigen Überprüfung. Eine wirksame Eheschließung des Klägers mit der Mutter seiner Tochter wurde bereits nicht urkundsmäßig abschließend belegt; das in der per Telefax vorgelegten Kopie einer Urkunde, ausgestellt wohl im Heimatstaat, enthaltene Heiratsdatum vom 24. Juli 2015 datiert auf einen Zeitpunkt, zu dem sich der Kläger während seines laufenden Asylverfahrens im Bundesgebiet aufhielt (Bl. 338 der Behördenakte), die zudem in Widerspruch zu den vorhergehenden diesbezüglichen Angaben des Klägers steht (vgl. auch OVG NRW, B.v. 10.4.2007 – 18 B 303/07 – juris). Da die Eheschließung in Abwesenheit der Ehegatten stattgefunden hat, ist die so geschlossene Ehe nach deutschem Recht nicht schutzwürdig. Es ist dem Kläger daher erst recht zumutbar, in seine Heimat auszureisen, sich dort die für ein Visumverfahren erforderlichen echten Dokumente zu besorgen, prüfen zu lassen und dann wieder in die Bundesrepublik einzureisen. Hinzu kommt, dass Kindesmutter und Kind beide senegalesische Staatsangehörige und damit ebenfalls im Herkunftsstaat des Klägers einreiseberechtigt sind, also ihn dorthin begleiten oder dort besuchen können.
Dass der Kläger für die Durchführung eines Visumsverfahrens vorübergehend von seinem Kind und der Kindesmutter, die nach Aktenlage ebenfalls die senegalesische, nicht aber die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, getrennt würde, führt in Hinblick auf Art. 6 GG nicht zur rechtlichen Unmöglichkeit der Abschiebung: Eine Trennung des Kindes vom jedenfalls personensorgeberechtigten Elternteil (von seiner Mutter) wurde nicht glaubhaft gemacht; eine gemeinsame Sorgeerklärung wurde nicht vorgelegt, insbesondere stellt die Erklärung vom 9. August 2017 keine wirksame gemeinsame Sorgeerklärung dar (Bl. 214 f. der Behördenakte). Die Vaterschaftsanerkennung lautet noch auf die früheren falschen Personalien des Klägers,
Ebenso wenig ist von der Beendigung einer rechtlich geschützten Nähebeziehung des Klägers mit dem Kind auszugehen. Dieses war vielmehr nach den Darlegungen des Klägers seit der Geburt bzw. Entlassung aus dem Krankenhaus zunächst mit der Mutter in einem Mutter-Kind-Heim (Familienhaus W. in …) und ist mittlerweile mit der Mutter in deren Wohnung in … wohnhaft, wohingegen der Kläger im Bereich des Beklagtes lebt und das Kind nur zeitweilig im Rahmen der vorgenannten Erlaubnisse, den zugewiesenen Bereich zu verlassen, besuchte. Etwas anderes lässt sich auch nicht der von der Bevollmächtigten des Klägers vorgelegten Bestätigung entnehmen. Vorstehendes gilt auch mit Blick auf die erneute Schwangerschaft der Kindsmutter. Eine zwingend notwendige Unterstützung des Kindes bzw. der Kindsmutter durch den Kläger wurde nicht aufgezeigt; allein aus dem nun vorgelegten ärztlichen Attest vom 25. September 2018, dem zu Folge es dem Wohl von Mutter und Kind zuträglich sei, könne der Kläger die zweite Schwangerschaft begleiten (VG-Akte Bl. 140) ergibt sich keine zwingend notwendige Unterstützung. Allein der nunmehr vorgetragene derzeitige tatsächliche Aufenthalt des Klägers bei Mutter und Kind in, ohne die erforderliche Erlaubnis, den zugewiesenen Bereich zu verlassen, bzw. ohne geänderte Zuweisungsentscheidung, vermag keine rechtlich geschützte Nähebeziehung im vorgenannten Sinn zu begründen.
c) Dass der Kläger den Aufenthaltstitel nicht im Bundesgebiet einholen kann, hat er seiner vorwerfbaren Identitätstäuschung in Deutschland zuzuschreiben, so dass die Titelerteilungssperre eingreift und einen strikten Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis ausschließt (vgl. § 39 Nr. 4 AufenthV i.V.m. § 10 Abs. 3 AufenthG; § 39 Nr. 5 AufenthV i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, s.o.).
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Duldung gem. § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG, da seine Abschiebung nicht aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist.
Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und dem Ausländer keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern (§ 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG). Die Abschiebung des Klägers ist jedoch weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen – insbesondere auch nicht mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 EMRK – unmöglich. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.
Dem Kläger ist die Ausreise auch tatsächlich möglich. Er hat einen noch gültigen Reisepass vorgelegt, der ihm zur Ausreise in den Senegal ausgehändigt werden kann. Tatsächliche Ausreisehindernisse und Abschiebungshindernisse sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Aus der Tatsache, dass ihn der Beklagte bisher nicht abgeschoben hat, obwohl ein Reisepass vorliegt, kann der nach § 50 Abs. 1 i.V.m. § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtige Kläger keinen Vertrauensschutz herleiten; im Gegenteil liegt es am Kläger, freiwillig auszureisen (arg. ex § 4 Abs. 1 AufenthG).
3. Auch die weiteren Nebenentscheidungen – Ausreiseaufforderung und Befristung der Einreisesperre im Fall der Abschiebung – sind nach § 4 Abs. 1 und nach § 11 Abs. 1 bis Abs. 3 AufenthG nicht zu beanstanden; Ermessensfehler des Beklagten hinsichtlich der Befristung sind weder substantiiert geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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