Aktenzeichen 18 T 3423/17
Leitsatz
1 Fluchtgefahr gemäß § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 iVm § 2 Abs. 14 Nr. 3 AufenthG besteht nicht (mehr), wenn der Betroffene zwar zunächst gegen Mitwirkungspflichten bei der Beschaffung verstoßen hat, dann aber doch die Ausstellung eines Passpapiers ermöglicht und dieses der Ausländerbehörde zur Verfügung gestellt hat. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2 Es bestehen erhebliche Zweifel, ob es rechtsstaatlichen Grundsätzen entspricht, wenn die Bekanntgabe eines bereits verfügten Bescheides, der mit einem Rechtsmittel angegriffen werden kann, bis zum Zeitpunkt des Vollzugs der Abschiebung zurückgestellt und somit die Einlegung des Rechtsmittels vereitelt wird. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
3 Eine Erklärung, nach einer gewissen Zeit wieder in das Bundesgebiet einreisen zu wollen, erfüllt den Tatbestand des Haftgrundes des § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 iVm § 2 Abs. 14 Nr. 6 AufenthG nicht, da die Wiedereinreise den erfolgreichen Vollzug der beabsichtigten Abschiebung gerade voraussetzt. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
59 XIV 21/17 (B) 2017-06-01 Bes AGNUERNBERG AG Nürnberg
Tenor
1. Die Beschwerde der beteiligten Behörde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 01.06.2017, Az. 59 XIV 21/17 (B), wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag der beteiligten Behörde auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
3. Die beteiligte Behörde trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
4. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Betroffene ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am 01.12.2012 ohne Reisepass und Visum in das Bundesgebiet ein. Sein Asylantrag wurde mit Bescheid vom 01.10.2013, bestandskräftig seit 19.10.2013, abgelehnt. Seit 04.11.2013 ist der Betroffene vollziehbar ausreisepflichtig.
Eine Abschiebung des Betroffenen konnte zunächst nicht durchgeführt werden, da die erforderlichen Identitätspapiere nicht vorlagen. Trotz mehrfacher Aufforderung durch die Ausländerbehörden verweigerte der Betroffene die Mitwirkung an einer Passbeschaffung.
Erst im Dezember 2016, nachdem er mit Schreiben der beteiligten Behörde vom 25.10.2016 (erneut) hierzu aufgefordert und dadurch auf die Absicht der beteiligten Behörde zur Abschiebung des Betroffenen hingewiesen worden war, beantragte der Betroffene beim Afghanischen Generalkonsulat einen Reisepass, wobei er dort ein afghanisches Ausweispapier (Tazkira) vorlegte, das im Jahr 2007 ausgestellt war. Den daraufhin im März 2017 ausgestellten afghanischen Reisepass legte der Betroffene der beteiligten Behörde am 13.04.2017,zugleich mit einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 25a AufenthG vor. Zuvor hatte der Betroffene der beteiligten Behörde am 27.02.2017 unter Vorlage einer Quittung des Generalkonsulats mitgeteilt, dass er den Reisepass beantragt habe.
Der Antrag des Betroffenen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vom 13.04.2017 wurde mit Bescheid der beteiligten Behörde vom 23.05.2017 abgelehnt. Dieser Bescheid wurde dem Betroffenen zunächst nicht zugestellt, sondern der Polizei zugleich mit dem Ersuchen der beteiligten Behörde, den Betroffenen am 31.05.2017 zum Zweck der Abschiebung in Gewahrsam zu nehmen, zugeleitet mit der Bitte, den Bescheid dem Betroffenen nach Ingewahrsamnahme auszuhändigen.
Am 31.05.2017 um 06:00 Uhr konnte der Betroffene in seiner Unterkunft nicht angetroffen werden, wobei ein Mitbewohner der Polizei mitteilte, den Betroffenen dort seit zwei Tagen nicht mehr gesehen zu haben.
Am 31.05.2017 um 08:XX Uhr wurde der Betroffene durch Polizeibeamte in der von ihm besuchten Berufsschule in Gewahrsam genommen. Dabei zeigte er sich zunächst kooperativ und begleitete die Polizeibeamten zu deren Streifenfahrzeug.
Der Abtransport des Betroffenen wurde durch eine Sitzblockade durch Mitschüler des Betroffenen vereitelt. Als die Polizeibeamten den Betroffenen in ein anderes Streifenfahrzeug verbringen wollten, leistete er hiergegen Widerstand, indem er sich im Fahrzeug festhielt und die Polizeibeamten mit Tritten traktierte. Als auch das zweite Polizeifahrzeug durch eine Sitzblockade am Wegfahren gehindert wurde, wiederholte sich dieser Vorgang noch einmal. Der Polizei gelang es jedoch, den Betroffenen unter Anwendung unmittelbaren Zwangs in ein drittes Streifenfahrzeug . zu verbringen und abzutransportieren.
Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth erklärte auf Anfrage der Polizei, von einer Strafverfolgung wegen der im Raum stehenden Straftaten des Betroffenen vom 31.05.2017 absehen zu wollen, wenn der Betroffene zeitnah abgeschoben werden könne.
Auf der Polizeidienststelle äußerte der Betroffene laut Berichten der Polizei, er werde binnen eines Monats ohnehin wieder in Deutschland sein und Deutsche töten.
Zur Abschiebung des Betroffenen kam es nicht, da der Sammelflug nach Afghanistan infolge eines Bombenattentats nahe der Deutschen Botschaft in Kabul auf Weisung der Bundesregierung abgesagt wurde.
Am 01.06.2017 beantragte die beteiligte Behörde beim Amtsgericht Nürnberg gegen den Betroffenen die Anordnung von Sicherungshaft, hilfsweise im Wege der einstweiligen Anordnung. Der Antrag wurde auf mehrere Haftgründe gestützt:
Es liege der Haftgrund des § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 2 Abs. 14 Nr. 3 AufenthG vor, da der Betroffene stets im Besitz einer Tazikira gewesen sei, an der Ausstellung eines afghanischen Passpapiers jedoch über Jahre hinweg nicht mitgewirkt habe. Das Verhalten des Betroffenen im Rahmen der Ingewahrsamnahme am 01.06.2017 lasse daraufschließen, dass er künftigen Abschiebungsversuchen aktiv entgegenwirken werde.
Es liege zudem der Haftgrund des § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 2 Abs. 14 Nr. 5 AufenthG vor, da der Betroffene geäußert habe, er werde binnen eines Monats zurück sein und Deutsche töten.
Schließlich erfüllten die Widerstandshandlungen des Betroffenen bei Ingewahrsamnahme auch den Tatbestand des Haftgrundes des § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 2 Abs. 14 Nr. 6 AufenthG. Das gleiche gelte für den Umstand, dass der Betroffene sich in den Tagen vor der Abschiebung nicht in seiner Unterkunft aufgehalten habe.
Bei seiner Anhörung durch die zuständige Ermittlungsrichterin ließ der Betroffene erklären, er sei bei seiner Ingewahrsamnahme davon ausgegangen, dass ihm Unrecht getan werde, da er noch nichts von der Ablehnung seines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gewusst habe. Dieser sei ihm erst am Morgen des 01.06.2017 ausgehändigt worden.
Mit Beschluss vom 01.06.2017 lehnte das Amtsgericht Nürnberg den Antrag auf Anordnung von Sicherungshaft sowie den Hilfsantrag auf einstweilige Anordnung ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass kein Haftgrund vorliege:
Die Voraussetzungen des Haftgrundes gemäß § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 2 Abs. 14 Nr. 3 AufenthG lägen nicht vor, da der Betroffene zwischenzeitlich einen afghanischen Reisepass vorgelegt habe, obwohl er die Absicht der beteiligten Behörde, ihn abzuschieben, gekannt habe.
Es fehle zudem an einer ausdrücklichen Äußerung, sich der Abschiebung widersetzen zu wollen, im Sinne des § 2 Abs. 14 Nr. 5 AufenthG. Die Widerstandshandlungen des Betroffenen stellten keine ausdrückliche, sondern allenfalls eine konkludente Willensäußerung vor. Die Ankündigung, nach Deutschland zurückkehren zu wollen, besage gerade nicht, dass der Betroffene sich der Abschiebung entziehen wolle.
Auch der Haftgrund des § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 2 Abs. 14 Nr. 6 AufenthG liege nicht vor, da der Widerstand des Betroffenen durch unmittelbaren Zwang habe überwunden werden können. Dass ein Mitbewohner den Betroffenen zwei Tage lang nicht in der Unterkunft gesehen habe, bedeute nicht unbedingt, dass der Betroffene sich dort nicht aufgehalten habe. Zudem habe der Betroffene weiterhin seine Schule besucht, sodass nicht von einem Untertauchen zur Vereitelung der Abschiebung ausgegangen werden könne.
Am 01.06.2017 erklärte die Bundeskanzlerin in einer Pressekonferenz, dass es Abschiebungen nach Afghanistan bis zu einer Neubewertung der dortigen Sicherheitslage nur noch in Einzelfallen auf Basis einer Einzelfallprüfung geben werde. Straftäter und Gefährder sollten weiterhin zurückgeführt werden, ebenso abgelehnte Asylbewerber, die bei der Aufklärung der Identität nicht mit den deutschen Behörden zusammenarbeiteten.
Noch am 01.06.2017 legte die beteiligte Behörde gegen diesen Beschluss per Telefax Beschwerde ein, die sie am 02.06.2017 ergänzend begründete, und beantragte hilfsweise den „Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 427 FamFG“, Es liege ein Haftgrund gemäß § 62 Abs, 3 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 2 Abs. 14 Nr, 3 AufenthG vor. Das Amtsgericht habe die Fluchtgefahr nicht aufgrund des Umstand, dass der Betroffene zuletzt ein Passdokument vorgelegt habe, ausschließen dürfen, da der Betroffene bei Vorlage des Passes geglaubt habe, ihm stünde ein Aufenthaltstitel zu. Zuvor habe er jede Mitwirkung an der Passbeschaffung stets verweigert. Durch sein Verhalten am 31.05.2017 habe der Betroffene eindeutig gezeigt, dass er die Abschiebung verhindern wolle. .
Die beteiligte Behörde habe noch keine offizielle Mitteilung erhalten, wie Abschiebungen nach Afghanistan künftig zu handhaben seien, und wisse von der Erklärung der Bundesregierung nur aus der Presse. Laut Presseberichten wolle die Bundesregierung die Abschiebung von Straftätern, terroristischen Gefährdern und abgelehnten Asylbewerbern, die bei der Feststellung ihrer Identität nicht mitwirkten, nicht aussetzen. Der Betroffene falle unter die letzte Gruppe, zudem seien gegen ihn zwei Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung und wegen der Widerstandshandlungen vom 31.05.2017 anhängig, sodass er auch ein Straftäter sei.
II.
Die zulässige Beschwerde der beteiligten Behörde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Beschwerde ist zulässig gem. §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 FamFG. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 FamFG).
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Der Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 01.06.2017 entspricht der Sach- und Rechtslage. Auf die ausführliche und zutreffende Begründung des angefochtenen Beschlusses wird Bezug genommen.
Ergänzend ist das Folgende auszuführen:
a. Mit Recht hat das Amtsgericht das Vorliegen von Fluchtgefahr gemäß § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 2 Abs. 14 Nr. 3 AufenthG verneint. Zwar hat der Betroffene über Jahre hinweg gegen ihm bekannte Mitwirkungspflichten bei der Beschaffung eines Passdokuments in massiver Weise verstoßen. Nach der Rechtsprechung der Kammer kann von solchen Verstößen jedoch nicht mehr auf Fluchtgefahr geschlossen werden, nachdem ein Betroffener die Ausstellung eines Passpapiers der Passersatzpapiers ermöglicht und dieses der Ausländerbehörde zur Verfügung gestellt hat. Von dieser Rechtsprechung weicht die Kammer auch im vorliegenden Fall nicht ab, Das Amtsgericht weist zutreffend darauf hin, dass der Betroffene das Passpapier in Kenntnis der Absicht der beteiligten Behörde, ihn abzuschieben, beantragt und vorgelegt hat. Dass der Betroffene dabei darauf gehofft haben mag, auf Antrag einen Aufenthaltstitel zu erhalten, spielt keine Rolle. Weder lässt sich feststellen, wie die beteiligte Behörde meint, dass der Betroffene sicher vom Erfolg seines Antrags ausging, noch trifft zu, dass der Betroffene sein Passdokument heimlich beantragt und erst mit seinem Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels der beteiligten Behörde vorgelegt hätte. Denn aus deren Akten ergibt sich zweifelsfrei, dass der Betroffene die beteiligte Behörde bereits am 27.02.2017 (und damit vor Ausstellung des Passes und vor Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels) über das anhängige Verfahren zur Passerteilung informierte (vgl. E-Mail der E. S. an K. L. vom 27.02.2017).
Dass der Betroffene am 31.05-2017 mit Gewalt Widerstand gegen seine Verbringung auf die Polizeidienststelle leistete, ändert an dieser Bewertung nichts. Denn zunächst kooperierte der Betroffene mit den Polizeibeamten und befand sich bereits im Polizeifahrzeug. Erst durch den Widerstand Dritter gegen die Polizeimaßnahme ließ ersieh zu eigenen Widerstandshandlungen hinreißen. Zudem ist nicht auszuschließen, dass der Betroffene, wie sein Prozessbevollmächtigter ausgeführt hat, seine Ingewahrsamnahme zum Zweck der Abschiebung für rechtswidrig hielt-. Denn nach Aktenlage ist nicht zu widerlegen, dass dem Betroffenen im Zeitpunkt seiner Verbringung in das Polizeifahrzeug der Bescheid, mit welchem sein Antrag auf .Erteilung eines Aufenthaltstitels abgelehnt wurde, noch nicht übergeben worden war. Denn die beteiligte Behörde hatte von der Zustellung dieses Bescheides abgesehen und diesen der Polizei übermittelt mit der Bitte, diesen im Rahmen der Ingewahrsamnahme auszuhändigen. Wann der Bescheid tatsächlich ausgehändigt wurde, ergibt sich aus den Akten nicht.
Die Kammer erlaubt sich, ohne dass es für diese Entscheidung darauf ankäme, den Hinweis an die beteiligte Behörde, dass sie erhebliche Zweifel hegt, ob es rechtsstaatlichen Grundsätzen entspricht, wenn die Bekanntgabe eines bereits verfügten Bescheides, der mit einem Rechtsmittel angegriffen werden kann, bis zum Zeitpunkt des Vollzugs der Abschiebung zurückgestellt und somit die Einlegung des Rechtsmittels vereitelt wird.
b. Den Ausführungen des Amtsgerichts zum Haftgrund gemäß § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 2 Abs. 14 Nr. 5 AufenthG schließt sich die Kammer an: Das Gesetz verlangt eine nach seinem eindeutigen Wortlaut ausdrückliche Erklärung, dass der Betroffene sich der Abschiebung entziehen wolle. Hierzu genügen konkludente Handlungen nicht. Auch eine Erklärung, nach einer gewissen Zeit wieder in das Bundesgebiet einreisen zu wollen, erfüllt den Tatbestand des Haftgrundes nicht, da die Wiedereinreise den erfolgreichen Vollzug der beabsichtigten Abschiebung gerade voraussetzt.
c. Den Ausführungen des Amtsgerichts zum Haftgrund des § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 2 Abs. 14 Nr. 6 AufenthG ist ebenfalls nur wenig hinzuzufügen. Der gewaltsame Widerstand des Betroffenen gegen die Polizei erfüllt den Tatbestand des Haftgrundes dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nach nicht, da er durch unmittelbaren Zwang überwunden werden konnte und gar keine Vorbereitungshandlung, sondern vielmehr eine Reaktion auf die begonnene Abschiebungsmaßnahme darstellte. Dass sich der Betroffene gezielt nicht in seiner Unterkunft aufgehalten hätte, um die bevorstehende Abschiebung zu vereiteln, ist, wie das Amtsgericht dargelegt hat, nicht zu belegen und widerspricht zudem der Behauptung der beteiligten Behörde, der Betroffene sei sicher vom Erfolg seines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ausgegangen.
d. Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass es, läge ein Haftgrund vor, auch unverhältnismäßig wäre, den Betroffenen in Haft zu nehmen, da die beteiligte Behörde mangels entsprechender Instruktion durch die Bundesregierung und übergeordnete Behörden nach eigenem Eingeständnis selbst nicht weiß, wie in Zukunft Abschiebungen nach Afghanistan gehandhabt werden sollen.
Auch die Kriterien der „Einzelfallprüfung“, welche die Bundesregierung ausweislich ihrer Presseerklärung vor Abschiebungen nach Afghanistan vorgenommen haben möchte, sind noch völlig unklar. Ob, wann und wie der Betroffene nach Afghanistan abgeschoben werden kann, ob beispielsweise im Juni der beabsichtigte Sammelflug nach Afghanistan stattfinden wird, ist derzeit offen.
e. Keine Berücksichtigung konnte bei der Entscheidung der Kammer der Umstand spielen, dass der Betroffene laut Bericht der Polizei angekündigt hat, nach seiner Rückkehr Deutsche töten zu wollen. Denn eine Inhaftierung des Betroffenen zur Abwehr von Gefahren, die vom Betroffenen für Dritte ausgehen, wurde nicht beantragt und ist damit nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Zu entscheiden war nur die Frage, ob es der Anordnung der Haft zur Sicherung der Abschiebung bedarf.
III.
Da kein Haftgrund vorliegt, war auch der Hilfsantrag der beteiligten Behörde zurückzuweisen.
IV.
Die Kammer kann ausnahmsweise ohne persönliche Anhörung des Betroffenen entscheiden. Der Betroffene hat im Rahmen der Anhörung durch das Amtsgericht Nürnberg Angaben zur Sache gemacht. Er ist anwaltlich vertreten. Der Sachverhalt ist hinreichend ermittelt. Es kann daher ausgeschlossen werden, dass eine erneute Anhörung des Betroffenen zu Erkenntnissen führt, die für die Entscheidung von Bedeutung wären (§ 68 Abs. 3 S. 2 FamFG). Zudem greift die vorliegende Entscheidung nicht in die Rechte des Betroffenen ein.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 81 Abs. 1 S. 1. 84 FamFG.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus §§ 79 Abs. 1 s. 1. 36 Abs. 1 und 3 GNotKG.