Verwaltungsrecht

Verweisung wegen örtlicher Unzuständigkeit

Aktenzeichen  M 9 S 17.50319, M 9 K 17.50318

Datum:
10.4.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 52 Nr. 2 S. 3, § 83 S. 1
GVG GVG § 17a Abs. 2 S. 1, § 17b Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

Nach § 52 Nr. 2 S. 3 VwGO ist in Streitigkeiten nach dem Asylverfahrensgesetz das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Das Verwaltungsgericht München ist örtlich unzuständig.
II.
Die Verwaltungsstreitverfahren M 9 S 17.50319 und M 9 K 17.50318 werden an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Regensburg verwiesen.

Gründe

I.
Die Antragstellerin bzw. Klägerin (im Folgenden: Antragstellerin) begehrt Rechtsschutz gegen die bevorstehende Überstellung nach Italien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens.
Die Antragstellerin ist (alles nach eigenen Angaben) nigerianische Staatsangehörige mit der Volkszugehörigkeit der Hausa (oder: Haussa) und geboren am … 1983. Auf ihre Angaben im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates und die persönliche Anhörung zur Klärung der Zulässigkeit des gestellten Asylantrags am 17. November 2016 (vgl. Bl. 8 – 11 der Bundesamtsakte) wird Bezug genommen. Sie habe ihr Heimatland erstmalig am 21. Dezember 2014 verlassen und sei über den Niger, Libyen, Italien und ein oder mehrere „unbekannte“ Länder nach Deutschland gereist, wo sie am 3. November 2016 angekommen sei und wo sie am 17. November 2016 beim Bundesamt für … (im Folgenden: Bundesamt) – Außenstelle München einen Asylantrag gestellt hat. Sie habe in Italien keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Außerdem wird auf die Angaben im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens – Zweitbefragung am 18. November 2016 (Bl. 38 – 40 der Bundesamtsakte) Bezug genommen. Auf die Frage, ob es Staaten gebe, in die sie nicht überstellt werden wolle, gab die Antragstellerin an: In keinen anderen Staat; auf Nachfrage erfolgte dafür keine Begründung.
Ebenfalls am 18. November 2016 fand außerdem noch eine Anhörung gemäß § 25 AsylG statt. Die dortigen Angaben der Antragstellerin zum Datum, wann sie das Heimatland verlassen hat und wann sie in Deutschland angekommen ist, weichen dabei von den Angaben im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates und die persönliche Anhörung zur Klärung der Zulässigkeit des gestellten Asylantrags ab. Auf die Niederschrift (Bl. 32 – 37 der Bundesamtsakte) im Übrigen wird Bezug genommen.
Bereits am 16. November 2016 fand seitens der Regierung von Oberbayern – Zentrale Ausländerbehörde Oberbayern / Zentrale Passbeschaffung Bayern eine Befragung zur Identitätsklärung statt. Auf das Befragungsprotokoll (Bl. 57 – 60 sowie die Anlage Bl. 61 der Bundesamtsakten) und die „Einschätzung“ zur Erstbefragung (Bl. 55f. der Bundesamtsakten) wird Bezug genommen.
Für die Antragstellerin folgt aus dem von der Antragsgegnerin bzw. Beklagten (im Folgenden: Antragsgegnerin) vorgelegten Verwaltungsvorgang ein EURODAC-Treffer für Italien (…).
Auf ein Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 22. Dezember 2016 an Italien erfolgte keine Reaktion.
Mit Bescheid vom … Januar 2017 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 3). Die Nr. 4 des Bescheids enthält die Befristungsentscheidung hinsichtlich des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG. Auf den Bescheid und seine Begründung wird Bezug genommen.
Mit Begleitschreiben vom 30. Januar 2017 wurde der Bescheid an die Antragstellerin versandt. Der Bescheid wurde der Antragstellerin mit Postzustellungsurkunde am 1. Februar 2017 zugestellt.
Die Antragstellerin ließ hiergegen mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 7. Februar 2017, beim Verwaltungsgericht München eingegangen am 8. Februar 2017, Klage (M 9 K 17.50318) erheben mit dem Antrag, den Bescheid des Bundesamtes vom 24. Januar 2017 aufzuheben.
Außerdem ließ die Antragstellerin beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Auf die Begründung von Klage und Antrag im Schriftsatz des Bevollmächtigten wird Bezug genommen Die Antragsgegnerin legte die Behördenakten vor, äußerte sich in der Sache aber nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im Antrags- und im Klageverfahren und der Behördenakten Bezug genommen.
II.
Das Verwaltungsgericht München ist örtlich unzuständig. Die beiden Verwaltungsstreitverfahren sind nach erfolgter Anhörung der Beteiligten von Amts wegen gemäß § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Regensburg zu verweisen.
Die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Regensburg ergibt sich aus § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO i.V.m. Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 AGVwGO, wonach in Streitigkeiten nach dem Asylverfahrensgesetz das Gericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat. Im Zeitpunkt der Klageerhebung bzw. Antragstellung am 8. Februar 2017 betreffend den Bescheid des Bundesamtes für … vom … Januar 2017 hatte die Antragstellerin ihren Aufenthalt nach dem kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Zuweisungsbescheid der Regierung von Niederbayern vom 15. November 2016 (Bl. 1 der Bundesamtsakten) spätestens am 17. November 2016 im Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsgerichts Regensburg, und zwar im Landkreis Passau und dort in Vilshofen, zu nehmen.
Eine Änderung ist seitdem und auch seit Klageerhebung bzw. Antragstellung nicht eingetreten, unabhängig davon, dass letztere nach dem in § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG statuierten Grundsatz der sog. perpetuatio fori keine Auswirkungen auf die Zuständigkeit des Gerichts hätte.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt gemäß § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17b Abs. 2 Satz 1 GVG der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Regensburg vorbehalten.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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